Rien ne va plus – Gestrandet in Neuseelands Wildnis

Nachdem ich kurz nach dem Aufgehen der Sonne durch die rauschenden Wellen des Pazifiks geweckt werde, mache ich mich also auf zu einem neuerlichen Werkstattbesuch und fahre dafür in das rund 60 Kilometer entfernte Martinborough, wo meine Navigation insgesamt drei Kfz-Werkstätten ausfindig gemacht hat. Nach einer knappen Stunde problemloser Fahrt erreiche ich die kleine Stadt, die bekannt für den Weinbau in der Region ist. Als ich die erste Werkstatt erreiche, riecht es schon wieder unangenehm aus der Motorhaube. Zwar qualmt nichts, aber es ist jedes Mal beim Anhalten ein Geruch nach verbranntem Gummi in der Luft.

Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass das Kühlsystem ein Leck hat und durch die immer geringere Menge an Kühlwasser der Motor sofort überhitzt, sobald der Fahrtwind nachlässt. Als ich den Mechaniker mit dem Problem konfrontiere, winkt er gleich ab. „Too busy at the moment“. Kein Termin vor nächster Woche. Na gut, so lange warte ich bestimmt nicht. Dann muss ich eben hoffen, dass die Karre den Weg über den Pass von Featherston nach Upper Hutt noch überlebt, denn die beiden anderen Werkstätten in Martinborough entpuppen sich als fehlerhafte Einträge in der Navigationssoftware.

Aussichtslose Situation

In Featherston muss ich an einem Bahnübergang anhalten, was meine Hoffnung auf eine Weiterfahrt gewaltig sinken lässt, denn nun qualmt es wieder aus der Motorhaube, zum ersten Mal bei laufendem Motor. Die Sache scheint sich also definitiv zu verschlimmern. Aber was hilft es mir, hier in diesem Kaff gibt es keine Werkstatt, irgendwie muss ich einfach nach Upper Hutt kommen.

Als auf halbem Weg zur Passhöhe noch eine Baustelle folgt, an der ich längere Zeit anhalten muss, ist die Sache endgültig vorbei. Nun qualmt es auch aus dem Gebläse in der Fahrerkabine und die Kühlertemperatur steigt innert Sekunden auch auf der Anzeige auf den Maximalwert. Irgendwie rette ich mich noch aus der Baustelle, mit offenem Fenster, um den Gestank nicht einzuatmen, ehe ich eine Haltebucht finde und erst einmal den Motor abschalte, die Kühlerhaube öffne und selbst Frischluft schnappe. Okay, jetzt habe ich ein gewaltiges Problem, denn hier komme ich so ohne weiteres wohl nicht mehr weg. Anhalten und helfen kann mir hier auch niemand, denn die Straße ist so kurvenreich und unübersichtlich, dass ich froh bin, überhaupt einen halbwegs sicheren Ort zum Stoppen gefunden zu haben. Trotzdem ist es beängstigend, wie die dicken Lastwagen mit minimalem Abstand an meinem lädierten Toyota vorbeirauschen.

Gestrandet in der neuseeländischen Wildnis

Ende im Gelände

Mein nächstes, noch viel größeres Problem ist aber, dass ich – wie soll es auch anders sein – natürlich keinen Handyempfang habe. Hilfe kann ich also vorerst auch keine rufen. So warte ich erst einmal ab, bis sich der Qualm etwas gelegt hat und die Kühlertemperatur wieder in den Normalbereich gesunken ist. Damit ist nun genau die Situation eingetreten, vor der ich mich auf der Reise am meisten gefürchtet habe. Alleine irgendwo liegen zu bleiben, ohne die Möglichkeit, Hilfe zu holen.

Meine einzige Hoffnung ist es, auf irgendeinem Weg die Passhöhe zu erreichen, denn dort befindet sich ein größerer Parkplatz, auf dem mit Sicherheit Leute anhalten und mir weiterhelfen können. So fasse ich mir schließlich Mut und starte den Motor erneut, um wenigstens so weit zu fahren, bis die Kühlertemperatur wieder zu hoch ist. Dafür muss ich mich eben Stück für Stück die letzten fünf Kilometer hinauf hangeln.

Rettung in Sicht

Nur kurze Zeit später ist dieser Punkt dann auch schon wieder erreicht, sodass ich rund drei Kilometer vor dem Ziel wiederum einen Halt einlegen und abwarten muss, bis der Kühler kälter geworden ist. Im nächsten Anlauf schaffe ich es gerade eben so bis auf den Parkplatz. Mit kochendem Kühler und inzwischen auch einer Warnmeldung der Motorelektronik. Aber egal, jetzt bin ich meiner Rettung schon einen gewaltigen Schritt näher. Glück im Unglück habe ich, als kurze Zeit nach mir ein neuseeländisches Pärchen eintrifft, das mir dankenswerterweise ein Handy zur Verfügung stellt, damit ich Hilfe rufen kann. Mein Handy hat nämlich immer noch keinen Empfang.

Also rufe ich wie schon aus der Telefonzelle in Tauranga den Mietwagen-Service an, der mich an den AA Roadservice weiterleitet, welcher mir nach einer langwierigen Beschreibung meines Standorts zusichert, dass innerhalb der nächsten 15 Minuten bis einer Stunde jemand vorbeikommt. Uff, in dem Moment fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich bedanke mich bei den beiden Neuseeländern, die ihre Weiterfahrt in Richtung Featherston antreten, ehe ich mich erst einmal etwas erhole.

Leidensgenossen am Aussichtspunkt

Wie es der Zufall will, hält wenige Augenblicke später ein weiteres Auto neben mir und qualmt verdächtig aus der Motorhaube. Tja, die beiden Insassen haben exakt dasselbe Problem – auch hier kocht der Kühler, Kühlflüssigkeit läuft aus und verdampft an den heißen Teilen des Motors. Die zwei sind aber mutiger als ich und treten die Weiterfahrt nach unten an, ohne den Schaden überprüfen zu lassen. Bergab werde er dann schon wieder kalt, lässt mich der Mann vom Fach wissen und wünscht mir zum Abschied „good luck“. Das kann ich wahrlich gebrauchen. Als nach einer Stunde immer noch kein Pannenservice eingetroffen ist, mache ich mir erneut Sorgen, ob ich hier heute nochmal wegkomme.

Gegen 14 Uhr, rund eineinhalb Stunden nach meinem Anruf, taucht aber doch plötzlich ein Abschleppwagen auf, der direkt auf mich zusteuert. Der Fahrer stellt sich mir als Dave vor und macht sich umgehend ans Werk. Seine ersten Worte bestätigen meine Vermutung. Das Kühlwasser ist leer und irgendwo muss demnach ein Leck sein. Dieses ist dann auch schnell ausfindig gemacht, denn an einem der Schläuche ist ein ziemlich üppiger Riss vorhanden.

Dave macht mit dem Schlauch kurzen Prozess, schneidet ihn an der fraglichen Stelle ab und klemmt den verkürzten Teil provisorisch wieder fest, ehe er das Kühlwasser auffüllt und meint, jetzt sollte es erst einmal wieder rund laufen. Ein paar Tests unter Volllast des Motors fallen auch positiv aus, sodass ich endlich in Richtung Wellington weiterfahren kann. Dave bietet mir netterweise an, noch einige Kilometer hinter mir herzufahren, für den Fall, dass doch nicht alles funktioniert. Seine Handgriffe zeigen aber Wirkung und so komme ich erleichtert in Upper Hutt an, wo ich mich von Dave verabschiede und erst einmal tanken gehe, denn der Sprit geht mir langsam auch wieder zu Neige.

Endlich in Wellington

Nach so viel Aufregung beschließe ich, direkt zur Mietwagen-Filiale in Wellington zu fahren, um dort das weitere Vorgehen zu besprechen. Mit der provisorischen Lösung kann ich zwar noch ein wenig fahren, aber um weitere 3.000 Kilometer rund um die Südinsel zu heizen brauche ich schon eine verlässliche Ausstattung. Bei der Filiale angekommen fährt die zuständige Dame mein Auto schnell in eine nahegelegene Werkstatt, um den Schaden dort überprüfen zu lassen. Ich erhole mich im Büro währenddessen ein wenig von den Strapazen. Nach 20 Minuten kommt sie zurück und meint, zunächst solle ich erst einmal weiterfahren. Die Werkstatt könne das defekte Teil morgen früh auswechseln. So vereinbare ich mit ihr, morgen um 10 Uhr noch einmal vorbeizuschauen, um die Sache anzugehen. Da ich für morgen ohnehin einen Besuch der Stadt Wellington geplant habe, bedeutet das für mich glücklicherweise keinen großen Umweg.

Gegen 16 Uhr suche ich mir im Hafen von Wellington einen Parkplatz, um wenigstens eine Kleinigkeit zu Mittag zu essen, denn das ist bislang völlig auf der Strecke geblieben. Hier fällt mir auf, dass die Klimaanlage immer noch ein wenig verbrannt riecht. Aber vermutlich muss ich diese nur einmal bei offenem Fenster voll laufen lassen, um den restlichen Qualm vollständig zu entfernen. So schalte ich sie erst einmal ab und genieße noch ein wenig die Nachmittagssonne in Wellington, ehe ich mich zu einem der wenigen Campingplätze in der Region aufmache. Von den dreien, die in Frage kommen, ist es der günstigste in Wellington und trotzdem der teuerste auf meiner gesamten Reise bislang. Aber das ist mir nach den Erlebnissen des Tages letzten Endes herzlich egal. Am Campingplatz angekommen koche ich mir müde und erschöpft mein Abendessen, bevor ich zeitig zu Bett gehe. Morgen geht es ja früh schon wieder los.

Segelhafen von Wellington

Segelhafen von Wellington

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