Nachdem sich der Campingplatz am Vorabend noch relativ stark gefüllt hat, ist am nächsten Morgen schon früh wieder Treiben, sodass auch ich etwas früher als geplant aufbreche. Eigentlich will ich noch eine Dusche nehmen, da das Wasser hier am Campingplatz aber extrem viel Eisen enthält, verzichte ich darauf. Schon beim Händewaschen ist mir der ganz eigenartige, metallische Geruch des Wassers aufgefallen, der daraus resultiert, dass – laut Infotafel im Bad – Wasser gespart werden muss und deshalb diese eisenhaltige Quelle zum Duschen genutzt werden muss. Heute Abend werde ich zwar wieder keine Möglichkeit haben, zu duschen, aber meine Güte, ich bin alleine unterwegs. Wird schon niemanden stören.
Links oder rechts?
Der Weg führt mich heute zunächst über recht unspektakuläre Straßen mitten durch das Flachland der neuseeländischen Nordinsel entlang des SH 1. In Sanson komme ich aber kurz ins Stocken, da mich das Navigationsgerät weiter entlang des SH 1 Richtung Wellington leiten will. Ich bin dagegen der Meinung, der Weg ginge über Palmerston North. Ein Blick auf die Landkarte zeigt aber, dass der Weg über den SH 1 tatsächlich etwas kürzer sein dürfte, sodass ich mich für diese Variante entscheide. Auf diesem Weg habe ich in Te Horo noch ein letztes Mal die Chance, der Westküste der Nordinsel einen Besuch abzustatten. Der Ausblick ist zwar nicht umwerfend, aber nach den Tagen im Gebirge mal wieder das Meer zu sehen, ist nicht verkehrt. Wenngleich ich ja heute Abend am Cape Palliser auch wieder direkt am Meer nächtigen werde.
Bis dahin sind es aber noch rund 130 Kilometer Wegstrecke und aufgrund des immer schlechter werdenden Wetters habe ich langsam aber sicher meine Zweifel, ob denn das etwas wird mit dem sternenklaren Himmel heute Abend. Noch wesentlich mehr Sorgen bereitet mir aber die Tatsache, dass ich von Paraparaumu nach Upper Hutt eine Straße einschlagen muss, die ich so gar nicht erwartet habe.
Auf der Karte sieht die Route nach einer Hauptverkehrsachse aus, entpuppt sich aber als winziges, einspuriges Gebirgssträßchen, das mit seinen engen Kehren eine Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h erlaubt. Wäre ich mal lieber meinem Instinkt gefolgt und wäre über Palmerston North und den SH 3 gefahren. Glücklicherweise herrscht zwar wenig Gegenverkehr und prinzipiell mag ich es auch, solche Straßen zu fahren, in diesem Fall sorge ich mich aber um den Zustand meines Fahrzeugs, das mit den Gebirgsstraßen ja wie inzwischen bewiesen so seine liebe Mühe hat. In Upper Hutt komme ich aber doch ohne Probleme an und biege schließlich auf den gut ausgebauten SH 2 ein, dem ich in Richtung Martinborough folge.
Die nächste Panne bahnt sich an …
Unterwegs halte ich an einem Aussichtspunkt an, von dem ich auf zwei künstlich angelegte Seen blicke. Wesentlich spektakulärer ist aber die weitere Fahrt auf dem SH 2, der hier mitten durch ein Gebirge entlang eines langgezogenen Bergkamms führt und dabei eine massive Höhendifferenz überwindet. Auf der Passhöhe angelangt steuere ich einen großen Parkplatz an, wo ich ein wenig die Aussicht genießen will, als ich plötzlich wieder jede Menge Dampf aus der Motorhaube steigen sehe.
Verdammt, scheinbar ist das Problem doch nicht ausgestanden und der Dampf in Whakapapa war doch nicht nur das Kondenswasser. Zu dem weißen Rauch gesellt sich ein entsetzlicher Gestank, sodass ich meine Fahrt schnellstmöglich fortsetze. Die Ursache des Problems scheint mir aber inzwischen klar zu sein. Sobald ich eine längere Strecke bergauf fahre, wird der Motor so heiß, dass er nur noch durch den Fahrtwind ausreichend gekühlt wird. Solange ich nicht anhalte, ist daher alles in Ordnung, erst wenn der Fahrtwind nachlässt, beginnt der Motor zu überhitzen und lässt durch das Überdruckventil Kühlwasser aus, welches dann verdampft und für den Gestank sorgt. Es muss also irgendein Defekt am Kühlsystem vorliegen, den ich definitiv in einer Werkstatt überprüfen lassen muss.
Auf dem Weg ins Paradies
Nach der Fahrt bergab in Richtung Martinsborough hat sich das Problem auch wieder gelegt, wie sich bei einem kurzen Fotostopp zeigt. Das einzige, was mich immer noch wundert, ist, dass die Kühlertemperatur die gesamte Fahrt über Normalwerte anzeigt und auch sonst keinerlei Störmeldungen aufblinken. Aber gut, zum Cape Palliser geht es der Küste entlang und damit mehrheitlich eben, sodass ich mir für heute keine Sorgen mache. Morgen werde ich dann in Martinsborough eine Werkstatt aufsuchen, um die Sache zumindest einmal begutachten zu lassen. Nervt mich ja schon gewaltig, dass ich innerhalb von nicht einmal drei Wochen zwei Mal mit dem Mietwagen in die Werkstatt muss.
Als ich die Küste entlang in Richtung Ngawi fahre, sind aber alle Sorgen schnell wieder vergessen, denn die Landschaft hier unten am Südzipfel der Nordinsel ist atemberaubend. Steil abfallende Küstenabschnitte wechseln sich mit sanften Stränden und Dünen ab, ehe ich am Ortsende von Ngawi schließlich an einem herrlichen Ort meinen heutigen Campingplatz erreiche. Direkt am Pazifikufer gelegen und mit ein paar Tischen und Bänken sowie einer Toilette ausgestattet ist die Wiese nicht gerade das, was man sich unter einem gut ausgestatteten Campingplatz vorstellt, aber die Übernachtung ist hier völlig kostenfrei.
Angekommen in Ngawi
So koche ich mir erst einmal ein längst überfälliges Mittagessen. Entgegen meiner sonstigen Angewohnheit, abends zu kochen, aber heute Abend werde ich die Möglichkeit dazu nicht haben, wenn ich wie geplant ab dem Sonnenuntergang am Leuchtturm des Cape Palliser fotografieren will. Im Supermarkt habe ich beim letzten Einkauf einen Fisch entdeckt, der gut ausgesehen hat, dessen Name mir aber überhaupt nichts gesagt hat. Snapper – oder zu Deutsch Schnapperfisch – nennt sich diese Sorte, die lediglich in Salzgewässern im Raum Australien und Neuseeland vorkommt, wie ich dank Wikipedia herausfinde. Geschmacklich stellt sich der Fisch als absolut hervorragend heraus, sodass ich ihn mit etwas Reis und dem sanften Rauschen der Wellen im Hintergrund genieße. Ja, jetzt habe ich irgendwie den Eindruck, im Paradies angekommen zu sein!
Die Pelzrobben des Cape Palliser
Nach dem Essen fertige ich zunächst noch einige Aufnahmen an der Küste an, ehe ich gegen 17 Uhr in Richtung Cape Palliser aufbreche. Der Leuchtturm liegt von Ngawi aus noch etwa sechs Kilometer entfernt und ist über eine abschnittsweise nur geschotterte Straße zu erreichen. Diese ist aber so gut eingefahren, dass es sich fährt wie auf Asphalt. Unterwegs komme ich an einer Pelzrobbenkolonie mit zahlreichen Tieren vorbei, die hier auf einem Felsvorsprung faulenzen. So machen sie sich auch nicht viel daraus, dass ich sie fotografiere, und frönen lieber ihrem Nachmittagsschläfchen. Lediglich ein paar Jungtiere balgen sich unter lautem Getöse, bis Papa einschreitet und für Ordnung sorgt.
Am Parkplatz unterhalb des Leuchtturms angelangt muss ich kurze Zeit später feststellen, dass der Himmel entgegen der Ankündigung alles andere als klar ist. Im Gegenteil, die Schleierwolken vom Nachmittag haben sich inzwischen noch verdichtet, sodass ein Blick auf die Milchstraße utopisch erscheint. Aber wer weiß, erfahrungsgemäß verschwinden die Wolken nach Sonnenuntergang recht schnell. Und der ist von hier oben sicher auch alleine schon eine Reise wert.
Sonnenuntergang am Cape Palliser
Bis zum Leuchtturm, der sich 87 Meter über dem Meer befindet, ist eine Treppe mit insgesamt rund 250 Stufen zu erklimmen. Keuchend, aber belohnt mit einer spektakulären Aussicht auf das Meer und die umliegenden Berggipfel erreiche ich schließlich die Plattform am Fuße des Turms und mache mich gleich ans Fotografieren. Dann kommt mir die Idee, den Sonnenuntergang doch in einer Zeitrafferaufnahme festzuhalten. Die Wellen des Pazifiks im Vordergrund, die vorüberziehenden Wolken am Himmel, der Ausblick, alles passt perfekt.
Nur meinen Fernauslöser habe ich natürlich im Auto liegen lassen. Also die 250 Stufen wieder hinunterlaufen, Fernauslöser holen und den gleichen Weg wieder zurück. Eine Viertelstunde später habe ich dann soweit alles aufgebaut, die Kamera eingestellt und kann mit der Zeitraffer-Aufnahme beginnen. Anfänglich ist die Szenerie zwar schon sehenswert, wirklich spektakulär wird es aber erst, als die Sonne am Horizont unter den Wolken hervorkommt und den Leuchtturm sowie die Umgebung in ein warmes Abendlicht taucht.
Kurz vor Sonnenuntergang kommen noch drei Männer angerannt, die es völlig außer Atem und gerade eben noch so schaffen, ebenfalls die letzten Sonnenstrahlen des Tages einzufangen. Sie verschwinden auch recht schnell wieder, während ich mir Gedanken über die weitere Vorgehensweise mache. Zu Abend gegessen habe ich ein wenig Brot und Käse, in dieser Hinsicht ist somit alles „erledigt“. Da sich die Wolken aber auch nach einer weiteren halben Stunde Wartezeit nicht im Geringsten verziehen, breche ich schließlich meine Zelte ab und fahre wieder zurück zum Campingplatz in Ngawi. Die Milchstraße muss dann eben bis zur Südinsel warten. Dort habe ich dann im Gebirge hoffentlich irgendwann die Möglichkeit, sie ausgiebig zu abzulichten. Für den heutigen Tag lasse ich es aber gut sein und lege mich nach dem Begutachten der neuen Fotos schlafen.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.