Die Mythenregion zählt zu den landschaftlich schönsten Regionen der Zentralschweiz. Egal ob die Aussicht auf vergletscherte Dreitausender, den namensgebenden Grossen Mythen mit seinem einmaligen Relief oder den Vierwaldstättersee, ein Ausflug hierher lohnt sich im Sommer genauso wie im Winter. Und dank mehrerer Seilbahnen ist die Region auch ganzjährig bequem erreichbar.
Mit der Seilbahn von Rickenbach zur Rotenflue
Die wohl bekannteste Aufstiegshilfe im südwestlichen Bereich ist zweifelsohne die Rotenfluebahn, die mit einer gewagten Trassierung in die Höhe führt. Der Grosse Mythen ist dabei stets im Blick. Die Talstation der Bahn befindet sich in der Ortschaft Rickenbach oberhalb von Schwyz, direkt an der Passstrasse zur Ibergeregg, die weiter in Richtung Einsiedeln führt. Das moderne Erscheinungsbild der Seilbahn offenbart bereits, dass die heutige Rotenfluebahn noch ein junges Gesicht in der Schweizer Seilbahnwelt ist. 2014 nimmt diese Anlage den Betrieb auf und ist mit einer Länge von über 2,8 Kilometern und einer Höhendifferenz von 958 Metern ein echtes Seilbahn-Schmuckstück.
Und dabei geht es im unteren Teil der Strecke noch überaus gemächlich zu und her. Über sanfte Wiesen schweben die Kabinen hier kontinuierlich in die Höhe. Mit einer Talstationshöhe von nur 613 Metern über dem Meer ist die Anlage im Winter eigentlich ein reiner Zubringer in das Skigebiet rund um die Rotenflue und die nahegelegene Ibergeregg. Naturschnee für eine Abfahrt bis ins Tal liegt in dieser Höhenlage viel zu selten, sodass die Anlage am Abend auch für die Talfahrt rege genutzt wird. Um im oberen Teil der Strecke mit ihrem deutlich steileren Verlauf dennoch eine Möglichkeit für Wiederholungsfahrten anzubieten, entscheidet man sich bei der Errichtung der Anlage zum Bau einer einseitigen Zwischenstation auf Höhe des Weilers Rätigs. Die bergfahrenden Kabinen werden hier in rund 1060 Metern über dem Meer vom Förderseil gelöst und für den Ein- und Ausstieg abgebremst. Auch im Sommer wird die Station von Wanderern rege genutzt.
Zwei Pendelbahnen für die Mythenregion
Die Zwischenstation ist der Auftakt zur zweiten, deutlich spektakuläreren Streckenhälfte der Rotenfluebahn. Und sie ist ebenfalls eine Erinnerung an die Zeit, in der ganz in der Nähe eine vollwertige Seilbahnstation anzutreffen ist. Die heutige Anlage ist nämlich keineswegs die erste Seilbahn, die den knapp 1600 Meter hohen Gipfel erschliesst. Bereits im Jahr 1957 entsteht hier eine erste Pendelbahn. Ein Stück weiter südlich als die heutige Anlage führt sie vom Weiler Huserenberg auf die Rotenflue. 667 Höhenmeter überwindet die von der Firma Küpfer erstellte Bahn auf gerade einmal 1,6 Kilometern Strecke.
Nicht weniger als sieben Stützen benötigt sie, um den Gipfel mit ihren beiden kleinen 15-plätzigen Kabinen zu erreichen. Die Seilbahn ist ihrerseits die Fortsetzung einer bereits bestehenden kleinen Pendelbahn von Rickenbach zum Huserenberg. Weil die Anlage fortan nicht mehr nur von den Einwohnern, sondern zunehmend von Wanderern genutzt wird, ist die kleine untere Sektion schon bald hoffnungslos überlastet. 1964 erfolgt daher ein Neubau mit grösseren Kabinen.
Während vier Jahrzehnten zählt die Rotenfluebahn in der Folge zu den beliebtesten Ausflugszielen im Kanton Schwyz. Die verkehrstechnisch günstige Lage direkt oberhalb der Stadt Schwyz beschert ihr Jahr für Jahr zahlreiche aussichtshungrige Fahrgäste. Doch die Lage an dem teils steil abfallenden Hang wird mit der Zeit immer mehr zum Problem. Weil der Untergrund permanent in Bewegung ist, verschieben sich die Stützen speziell auf der zweiten Teilstrecke immer wieder aus der Bahnachse hinaus. Dem rutschenden Hang wird bei der Trassenplanung in den 50er Jahren schlicht zu wenig Beachtung geschenkt, was sich nach der Jahrtausendwende rächt. Ein Weiterbetrieb der Anlagen ist ohne grössere Sanierungsmassnahmen über das Jahr 2004 hinaus schliesslich nicht mehr möglich. In der Folge bleiben die Kabinen der Rotenfluebahn in den Stationen gefangen.
Ein Jahrzehnt ohne Seilbahn zur Rotenflue
Von den ersten Ideen bis zur Realisierung einer Seilbahn ist es häufig ein langer Weg. Bis eine neue Seilbahn wieder auf die Rotenflue führt, vergeht nach der Stilllegung der beiden Pendelbahnen aber sogar nicht weniger als ein Jahrzehnt. Mit einer neuen Linienführung versucht man die bis dato bestehenden Nachteile der Pendelbahnen zu beseitigen. Einerseits umgeht die neue Anlage den problematischen Rutschhang, andererseits erschliesst sie das angrenzende Skigebiet besser und auf direkterem Weg. Zur Steigerung der Förderleistung entscheidet man sich beim Neubau für eine Einseilumlaufbahn mit achtplätzigen Kabinen. 800 Personen kann die Anlage stündlich transportieren. Mehr als vier mal so viel wie alte Pendelbahn und das trotz recht grosser Kabinenabstände.
Mit maximal 5 m/s geht es seither wieder von Rickenbach auf die Rotenflue. 16 Stützen sind innerhalb von knapp elf Minuten bei einer Fahrt überwunden. Talwärts nimmt die Fahrt gut eine Minute weniger Zeit in Anspruch, da die Kabinen hier ohne Zwischenhalt in luftiger Höhe über die bergseitige Zwischenstation schweben. Rein technisch gesehen ist die Rotenfluebahn damit eine klassische Einseilumlaufbahn der Firma Garaventa ab Stange. Doch ihre grosse Länge einerseits und die ausgefallene Trassierung andererseits macht sie zu einer einmaligen Seilbahn, bei der schon die Fahrt ein Erlebnis ist. Genau wie ihre beiden Vorgänger ist sie aber allen voran eine geschätzte Aufstiegshilfe, wenn es um einen schnellen Zugang in die Mythenregion geht. Egal ob im Winter zum Skifahren oder im Sommer als Ausgangspunkt zu zahlreichen lohnenden Wanderungen.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.