Dem geglückten Wallis-Wochenendauftakt in Bellwald folgt eine ruhige Nacht in Visp. Meine Unterkunft südlich der Ortsmitte liegt ideal für meinen geplanten Aufbruch in die Vispertäler am heutigen frühen Samstagmorgen. Es kündigt sich ein sonniger Tag an. Im Tal ist es aber noch kalt und schattig, als ich mich ins Auto setze, um die gut halbstündige Fahrt nach Saas Fee in Angriff zu nehmen.
Anders als Mitte der Woche vorhergesagt sieht es für den morgigen Sonntag nun nicht mehr so gut aus. Schon heute soll sich im Laufe des Tages eine Föhnwetterlage einstellen, die Wolken in Richtung Wallis transportiert. Und gerade in Saas Fee mit seiner Lage ganz im Süden werden sie zuerst eintreffen. Doch ich bleibe positiv gestimmt. Wichtig ist nun zunächst einmal, dass ich heute in Saas Fee gutes Wetter habe. Wo es morgen hingehen soll, habe ich ohnehin noch nicht entschieden. Irgendwo wird aber wohl schon trotz Föhn Skibetrieb möglich sein.
Saas Fee leuchtet in der Morgensonne
Als ich im grossen Parkhaus am Ortsrand von Saas Fee eintreffe, ist vom Wind rein gar nichts zu spüren. Strahlend blau präsentiert sich der Himmel, die Bergspitzen leuchten in der Morgensonne. Hinter dem Allalinhorn geht gerade der Mond unter. Perfekte Voraussetzungen für einen genialen Skitag. Und meine Hoffnungen in Sachen Betrieb bestätigen sich ebenfalls zunächst. Bereits auf dem Weg ins Saastal begegnen mir unzählige voll beladene Personenwagen, die am heutigen Samstag in Richtung Heimat aufbrechen. Auch im Parkhaus kann ich auf dem obersten Deck nach kurzer Suche einen strategisch guten Platz finden. Das ist wichtig, denn heute werde ich nicht nur einmal zum Auto zurückkehren.
Es ist gerade erst kurz nach acht Uhr, sodass ich gemütlich die Skischuhe anziehen und in Richtung Skigebiet aufbrechen kann. Ein Nachteil, den Saas Fee leider immer noch nicht in den Griff bekommen hat. Eine schnelle Verbindungsbahn vom Parkplatz zu den Hauptbeschäftigungsanlagen wäre gold wert. So gibt es nur einen Skibus, der aber erst ab 8.30 Uhr fährt. Also heisst es wieder einmal Ski schultern und in Richtung Alpinexpress stapfen. Immerhin geht es bergab. Und die Aussicht auf die Gletscherwelt entschädigt für so manches.
Unerwartete Menschenmassen am Alpinexpress
Der Alpinexpress ist seit Beginn der 90er Jahre die erste Wahl, wenn es am Morgen um den Einstieg in das Skigebiet geht. Die anderen beiden Anlagen zum Plattjen und zum Spielboden liegen noch weiter entfernt, von der Felskinnbahn ganz zu schweigen. Dass mich aber um 8.15 Uhr bereits rund zweihundert Personen vor dem Gebäude erwarten, hätte ich im schlimmsten Albtraum nicht erwartet. Was ist denn hier bitte los? Einen Moment lang überlege ich, zur Spielbodenbahn weiterzulaufen. Da ich aber nicht sicher bin, ob dort überhaupt Tagestickets verkauft werden, entscheide ich mich zunächst dazu, die ersten Foto- und Videoaufnahmen anzufertigen. Denn der Alpinexpress läuft bereits, nur fahren darf noch niemand damit.
Genau so habe ich Saas Fee noch von meinem letzten Besuch fast auf den Tag genau vor neun Jahren noch in Erinnerung. Der Standardblick vom Parkhaus auf das Allalinhorn, die Gletscher und die markanten Stützen von Alpinexpress und Felskinnbahn.
Noch liegt der Alpinexpress im Schatten und es ist empfindlich kühl. Mir steigt der unnachahmliche Geruch des kalten Stahls in die Nase.
Auf die Sekunde genau um 8.30 Uhr öffnen sich die Pforten und die Meute setzt sich mit ihren Skischuhen in ohrenbetäubendem Lärm in Bewegung. Die meisten machen sich gleich auf in Richtung Drehkreuz. So muss ich an der Kasse nicht allzulange warten. Zumal alle fünf Schalter besetzt sind. Immerhin! Denn auch wenn es noch so früh am Morgen ist, habe ich es heute ziemlich eilig. Skifahren möchte ich nur bis zum frühen Nachmittag. Danach soll es zum eigentlichen Grund des Besuchs gehen, der Hannigbahn, die bereits seit den 90er Jahren nicht mehr zum Skigebiet gehört. Dort werden zwei weitere Forumanen der Bahn heute die letzte Ehre erweisen.
Der Alpinexpress – Prototyp des Systems „3S“
Zunächst aber widme ich mich mit dem Alpinexpress einer sicher ebenso spannenden Anlage, bei der Ersatzpläne aber glücklicherweise noch auf sich warten lassen. 1991 eröffnete die Firma Von Roll hier die erste Seilbahn nach dem System „3S“ – eine Zweiseilumlaufbahn mit zwei Tragseilen und einem Zugseil. Der Prototyp verband die Vorteile von Kleinkabinenumlaufbahnen mit jenen der klassischen Grosskabinenpendelbahn. Eine kontinuierliche, hohe Förderleistung bei gleichzeitig weitgehend bodenunabhängiger Trassierung mit langen Spannfeldern. Eine Idee, die ihren Siegeszug erst 15 Jahre später wirklich flächendeckend beginnen konnte. Saas Fee legte schon viele Jahre zuvor den Grundstein.
Eine Technikstudie des Laufwerks, bevor es endlich auf die Fahrt in Richtung Felskinn gehen kann.
Schon bald wird deutlich, warum man sich 1991 hier für den Bau einer derart monströsen Seilbahn entschied. In dem schroffen und lawinengefährdeten Gelände kommt man so mit nur vier Zwischenstützen aus.
Stütze 2 weist den mit Abstand grössten Gefällsbruch auf. Die Idee mit der mittig angebrachten Bergebahn übernahm Garaventa drei Jahre später bei der ersten hauseigenen Funitelanlage in Verbier.
Der Blick auf die Gletscherwelt verleitet schon an dieser Stelle zum Staunen. Noch sind die Pisten jungfräulich unverspurt.
Schattige Fahrt zum Felskinn
Ein kleiner Zeitsprung und schon befinde ich mich in der zweiten Sektion in Richtung Felskinn. Erst drei Jahre nach dem Bau des Erstlingswerks folgte die zweite Bahn. Optisch sieht sie fast gleich aus, technisch ist sie aber bereits eine deutliche Weiterentwicklung gegenüber dem Prototyp. Aus diesem Grund gibt es auch keine Verbindung zwischen den beiden Sektionen. Für den Fahrgast macht sich der technische Unterschied besonders bei der höheren Streckengeschwindigkeit bemerkbar.
Nach und nach tauchen am Horizont die prominenten Berge des nördlichen Wallis auf. Parallel zum Alpinexpress schaufelt ganz unscheinbar die Felskinnbahn die erste Ladung Skigäste des heutigen Tages auf den Berg. Da die meisten Fahrgäste der ersten Sektion des Alpinexpress ebenfalls in Richtung Felskinn weiterfahren, schwant mir Übles für die dritte Sektion …
Ausblick aus der Bergstation Felskinn nach Norden.
Was macht man am besten, um sich nach vielen Wochen im Flachland gemächlich an die grosse Höhe zu gewöhnen? Genau – man fährt natürlich als erstes direkt auf 3.500 Meter. Oder so. Aber ich habe keine wirkliche Wahl, denn kürzer als jetzt wird die Schlange an der Metro Alpin so schnell vermutlich nicht mehr. Metro? Ja, ab jetzt geht es unter der Erde weiter. Nach dem Erfolg der unterirdischen Standseilbahn von Zermatt nach Sunnegga 1980 folgte in Saas Fee vier Jahre später eine ähnliche Anlage. Eine Seilbahn, die das Bergpanorama in keiner Weise beeinträchtigt. Eine Seilbahn, die zweckmässig und schnell an Höhe gewinnt. Die ursprüngliche Planung sah eigentlich eine Luftseilbahn vom Felskinn zum Mittelallalin vor. Schlussendlich entschied man sich für diese teure, aber landschaftsverträglichere und wetterunabhängige Alternative.
Mit einer unterirdischen Standseilbahn in 3500 Meter Höhe
Ich bin persönlich kein grosser Freund dieser Bahnen, weil für mich zum Erlebnis Seilbahnfahren der Genuss des Panoramas schlichtweg dazu gehört. Andererseits ist der Marsch durch die unzähligen Stollen am Felskinn, bis die Talstation der unterirdischen Bahn erreicht ist, auch wieder originell. Dort angekommen verpasse ich den abfahrenden Wagen um wenige Minuten. Wirklich viel Zeit vergeht nicht, bis der Warteraum wieder gefüllt ist. Gefühlt ist jeder zweite der hier Wartenden ein Skitourengänger.
Nicht jeder steigt jedoch an der Bergstation aus. Auf halber Strecke gibt es einen Zwischenausstieg für eine Tourenabfahrt, der gerade jetzt am Morgen rege in Anspruch genommen wird. Wohl um ein grösseres Chaos zu vermeiden und die Pistenfahrer davon abzuhalten, in der Mitte auszusteigen, fährt die Bahn aber zuerst immer in die Bergstation. Dort bleiben die Tourengänger für eine Zwischenfahrt im Wagen und fahren wieder bis zur Mitte zurück. Das ist zwar einerseits eine nette Idee, sorgt aber andererseits für immense Wartezeiten. Während ich warte, füllt sich der Stollen weiter und weiter.
Nun, einen Wettbewerb gewinne ich mit diesem Foto nicht. Aber es verdeutlicht ein wenig die spezielle Fahrt in 3500 Meter Höhe – unter vielen Metern Gestein und ewigem Eis hindurch.
Angekommen in der Bergstation. Und wie immer geht mir beim Aufstieg über die Treppe ordentlich die Pumpe.
Sagenhafte Ausblicke vom Mittelallalin
Der Blick auf das Nebelmeer über der Poebene entschädigt aber schnell für die Strapazen.
Auch bei dem Anblick der Eismassen und des Gletscherskigebiets weiss ich, dass sich der spontane Wochenendtrip bereits gelohnt hat.
Über eine noch nahezu unbefahrene Abfahrt erreiche ich die beiden parallelen Schlepplifte Mittelallalin 2 und 3, die zum höchsten Punkt des Skigebiets führen. Der rechte der beiden ist auch jetzt um 9.15 Uhr noch nicht betriebsbereit. Die Schlange ist zwar nicht allzu lang und vielleicht ist es meine perfektionistische Ader, aber trotzdem. Für 73 CHF erwarte ich einfach, dass die Lifte auch pünktlich öffnen.
Besonderheit der beiden Lifte sind ihre jeweils fliegende erste Stütze. Um keine schwer beherrschbaren Niederhalter im Gletschereis verankern zu müssen, sind die Stützen an Halteseilen aufgehängt.
Nach neun Jahren stehe ich wieder am höchsten Punkt des zweithöchsten Gletscherskigebiets der Alpen. Frische Morgenluft weht mir ins Gesicht, aber keine Spur vom angekündigten Föhn.
Eine Runde durch das Sommerskigebiet von Saas Fee
Eine lohnende Pulverschneeabfahrt führt mich zum tiefsten Punkt des heutigen Sommerskigebiets. Der Schlepplift Mittelallalin 1, seines Zeichens ebenfalls ein Von-Roll-Produkt, transportiert mich wieder nach oben.
Mit seiner fliegenden Stütze am Ausstieg und der im Fels verankerten Bergstation ist er fast noch eine Nummer kurioser als die beiden weiter oben gelegenen Anlagen. Demnächst soll der Lift durch zwei neue, parallele Schlepplifte ersetzt werden. Die Bergstationen sollen dabei weiter unten zum Stehen kommen und eine bessere Erreichbarkeit ermöglichen.
Von Katzen und Pistenraupentaxis
Noch bis Mitte der 90er Jahre gab es vom Sektor Spielboden – Längfluh keine direkte Verbindung per Seilbahn zum Mittelallalin oder in den Sektor Felskinn. Die Verbindung stellte während Jahrzehnten ein Pistenraupentaxi sicher, die sogenannte Feechatz. Der von Von Roll erstellte Schlepplift wird im Volksmund noch immer so genannt. Offiziell hört er auf den Namen Längfluh – Panoramaplatz.
Auch wenn der Schlepplift zum grössten Teil auf Gletschereis steht, ist er nicht Bestandteil des Sommerskigebiets. Dafür ist er einfach zu flach und uninteressant – Gandegg 2.0 ;-) .
In Sachen Länge kann er dem erwähnten Lift in Zermatt zwar nicht ganz das Wasser reichen, mit über 2,3 Kilometern zählt er aber zu den längsten Gletscherschleppliften der Welt. Davon zeugt auch seine monströse Talstation mit einer so wohl einmaligen Gewichtsabspannung.
Während der langen Fahrt sind es aber eher die Ausblicke, die begeistern, als der Schlepplift selbst.
Wer findet das Skigebiet von Saas Grund am Hohsaas?
Fragwürdiges Vergnügen an der Sesselbahn Morenia
Über die im Hintergrund sichtbare Abfahrt erreiche ich die Bergstation der Sesselbahn Morenia. Auf dem Weg dorthin zerlege ich den Reissverschluss meiner Jacke unfreiwillig in seine Einzelteile und schneide mir dabei unglücklich in den Finger. Es dauert eine Weile, bis ich wieder startklar bin. Und auch wenn ich sonst recht entspannt bin – gepaart mit den unerwarteten Wartezeiten bin ich nun gewaltig in Verzug.
Mit der Sesselbahn Morenia mache ich daher kurzen Prozess. Die Standard-Anlage aus dem Hause Garaventa dürfte auch so ziemlich die uninteressanteste in Saas Fee sein. Als Hauptbeschäftigungsanlage im Sektor Egginer ist sie aber der Idiotenhügelbagger schlechthin. Irgendwie ist es ja schon erstaunlich. Kaum gibt es eine einzige Sechsersesselbahn in einem Gebiet, zieht diese magisch sämtliche selbsternannten Rennfahrer und andere Wahnsinnige an.
Trotz der recht vollen Sesselbahn verteilen sich die Leute zumindest oberhalb der Talstation aber recht gut. Das liegt allerdings vor allem auch daran, dass die Bahn inzwischen die einzige verbliene Anlage ist. Sie ersetzte in erster Linie den deutlich kürzeren Bühler-Schlepplift Kanonenrohr viele Jahre nach dessen Abbau. Die erst 1994 gebauten Schlepplifte Egginer 1 und 2 sind mittlerweile aber auch Geschichte, obwohl die Sesselbahn mit diesen eigentlich gar nichts direkt zu tun hat. Mit dem Erfolg, dass man die dortigen Pisten zwar immer noch fahren kann, aber jedes Mal den uninteressanten unteren Teil mitnehmen muss.
Gegenwart und Vergangenheit am Egginerjoch
Auch zum Schlepplift Egginerjoch ist die Sesselbahn Morenia abgesehen vom Felskinn mittlerweile der einzige Zubringer. Der Von-Roll-Schlepplift war einst Teil des ersten Sommerskigebiets von Saas Fee, lange vor der Erschliessung des Mittelallalins. Ganz auf Gletschereis stand er zwar nie, mittlerweile ist er aber komplett auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Die beiden verbliebenen Gletscherstützen dürften eher auf rutschendem, aufgetautem Permafrostboden stehen.
Nichtsdestotrotz ist der Schlepplift mit seiner Kessellage eine schöne Ergänzung. Insbesondere, weil er auch eine komplett andere Hangexposition als alle anderen Anlagen in Saas Fee besitzt.
Unweigerlich fällt der Blick natürlich auch auf die Bergstation des ehemaligen Schlepplifts am Hinterallalingletscher. Sie steht tatsächlich noch immer – obwohl der Lift mittlerweile seit fast 20 Jahren nicht mehr fährt. Ob man sich jemals die Mühe macht, dieses Denkmal in der Felswand abzureissen? Ich hoffe nicht!
Blick zur Brittaniahütte und dem Gelände, das eigentlich schon seit Jahren durch neue Seilbahnen erschlossen sein soll. Aber angesichts der finanziellen Lage der Bergbahnen dürfte das noch lange Wunschdenken bleiben.
Das schönste Motiv in Saas Fee – Felskinn und Alpinexpress
Nach dem Abstecher zum Egginerjoch geht es wieder zurück zur Felskinnbahn und zum Alpinexpress. Die beiden parallelen Anlagen stellen in Sachen Seilbahn-Fotomotive im Alpenraum einen der absoluten Höhepunkte dar. Die bald 50-jährige Felskinnbahn mit ihrer neuen, roten Kabine, die über 1000 Höhenmeter den Berg hinaufschwebt, parallel dazu der monströse und doch so filigran anmutende Alpinexpress aus den 90ern und im Hintergrund das Allalinhorn. Weltweit einmalig!
Klick. Das Zielfoto des heutigen Tages im Kasten!
Aber auch die erste Sektion vom Tal hinauf macht mit ihrer Bergebahn keine schlechte Figur. Auch heute noch ist der Bereich nach der vierten Zwischenstütze der Felskinnbahn benannt. Maste 4 – die wohl berühmteste Seilbahnstütze der Welt. Der dortige Zwischeneinstieg diente lange vor dem Alpinexpress als Rückbringer vom damaligen Gletscherskigebiet zum Felskinn.
Vom Schlepplift Mittaghorn zurück ins Tal
Etwas unscheinbar führt der Schlepplift Mittaghorn sein Dasein. Ein wenig zu Unrecht, denn der Tellerlift von Von Roll erschliesst eine sehr lohnende Abfahrt.
Über selbige treffe ich auf die Talabfahrt nach Saas Fee. Nach meiner ausführlichen Runde möchte ich als nächstes den noch verbliebenen Bergen Plattjen und Spielboden einen Besuch abstatten.
Stets begleitet werde ich dabei von der Felskinnbahn. Mittlerweile steht sie ein wenig im Schatten des Alpinexpress, für mich ist sie aber mit 3,6 Kilometern Länge und 1146 Höhenmetern mit das Mass aller Dinge im Alpenraum.
Kurzer Abstecher zur Plattjenbahn
In technischer Sicht kann man das von der Plattjenbahn nicht unbedingt behaupten. Nichtsdestotrotz erschliesst sie mit knapp 800 Höhenmetern aber einen nicht weniger interessanten Hang, der dank seiner nordseitigen Exposition auch am Nachmittag noch gute Schneeverhältnisse bietet.
Die Doppelmayr-Kabinenbahn mit sechsplätzigen Kabinen besitzt eine recht unspektakuläre Strecke, die nach und nach immer flacher wird. 1999 ersetzte die Bahn die letzte je in der Schweiz gebaute VR101. Allerdings keine Anlage mit Sesseln, sondern mit zweiplätzigen Seitwärtskabinen.
Der Ausblick ins Saastal und auf das Bietschhorn am Horizont sind vom Plattjen so gut wie sonst nirgendwo im Skigebiet von Saas Fee.
Auch der Furggstalden oberhalb von Saas Almagell ist vom Plattjen aus bestens sichtbar. Eines der ganz wenigen Skigebiete im Wallis, in das ich wohl nie mehr fahren muss. Technisch uninteressante Anlagen, die Pisten fast ausschliesslich mit Ziehwegcharakter.
Plattjenbahn mit Hannig im Hintergrund. Dort sind inzwischen die Forumskollegen mit der Dokumentation der Bahn an ihrem womöglich vorletzten Betriebstag beschäftigt. Bei mir wird es noch ein wenig dauern.
Zu Zeiten der VR101 diente diese Sesselbahn im oberen Teil als Beschäftigungsanlage am Plattjen. Seit 1999 zeugt nur noch die Talstation von ihrer Existenz.
Die neue Spielbodenbahn in Saas Fee
2009 durfte ich an dieser Stelle noch mit der letzten original erhaltenen VR102 der Schweiz fahren. Die Anlage von Saas Fee auf den Spielboden stellte 1976 das letzte von Von Roll erstellte Exemplar aus dieser Baureihe dar. Danach folgten die nie eingesetzte VR103 und die nicht wirklich viel erfolgreiche Weiterentwicklung VR104. Mit dem Ersatz 2016 durch eine 10er-Kabinenbahn von Garaventa spendierte man der Bahn eine Zwischenstation samt Sektionentrennung an der Talstation der Felskinnbahn. So ganz erschliesst sich mir deren Notwendigkeit nicht, denn zumindest als Skifahrer kam man bislang ja genauso gut über die Biffig-Schlepplifte zur Felskinnbahn und im Sommer ist diese ohnehin nicht in Betrieb. Vielleicht kommen die Finanznöte doch nicht von ungefähr?
Erfreulich ist immerhin, dass die neue Bahn eine ähnlich hohe Trassierung aufweist wie ihre Vorgängerin. Leider aber mit der Zahnstocher-Stützenvariante und nicht den deutlich schöneren Dreibeinexemplaren aus den 70ern.
Auch der Stützendrilling vor der Bergstation erinnert an die VR102.
Die Gletscherwelt der Längfluh zum Greifen nah
Gerade noch eben so erwische ich die Kabine der Luftseilbahn zur Längfluh. 1957 entstand hier die erste kleine Pendelbahn, die heutige Anlage stammt aus dem Jahr 1977. Eigentlich sollte sie durch eine dritte Sektion der 10er-Kabinenbahn mitersetzt werden, dafür hat das Geld dann aber glücklicherweise nicht gereicht. So bleibt uns dieser Dinosaurier mit seinen beiden markanten Fachwerkstützen hoffentlich noch eine Weile erhalten.
Die Sesselbahn Längfluh. 2005 gebaut ist sie mittlerweile die dritte Anlage an dieser Stelle und ersetzte eine Bühler-Sesselbahn auf gleicher Trasse.
Der Ausblick auf die Gletscherwelt an dieser entlegenen Stelle ist phänomenal, …
… die zugehörige Bahn dagegen eine zeitraubende Katastrophe. Hach ja, fix geklemmte Vierersesselbahnen – ich werde nie ein Freund werden.
Eine Runde durch das Übungsgelände von Saas Fee
Ganz stark sein jetzt ;-) . Nun geht es für eine kurze Runde auch ins Übungsgelände. Alles will gefahren sein. Heute ist allerdings nur der Baco-Schlepplift Leeboden in Betrieb.
Aus dieser Perspektive erinnert Saas Fee sehr stark an die zahllosen französischen Retortengebiete mit ihrem Front de Neige. Ein derart umfangreiches Übungsgelände dürfte für Schweizer Verhältnisse auch ziemlich einmalig sein.
Die ebenfalls von Baco stammenden Schlepplifte Stafelwald befinden sich bereits im Sommerschlaf. Oder im Beischlaf? ;-)
So kann man den Skitag aber natürlich nicht abschliessen. Mit dem Schlepplift Biffig geht es daher für eine letzte Runde zur Felskinnbahn. Und wie bisher noch jedes Mal mache ich den gleichen Fehler und nehme den linken Lift. Also nochmals schieben bei mittlerweile gefühlten 30 Grad.
1200 Höhenmeter Seilbahngenuss mit der Luftseilbahn Felskinn
Die Felskinnbahn fährt mir vor der Nase weg. Das ist aber nicht wirklich ein Problem, denn so kann ich vom Perron aus miterleben, wie sich dieser Koloss in Bewegung setzt. Die Rollen schmatzen auf den frisch gefetteten Tragseilen, die Kabine wird immer kleiner und langsam bringt die höhere Seilgeschwindigkeit die Stahlteile in der Station zum Vibrieren.
Über zehn Minuten dauert es, bis die Gegenkabine im Tal eintrifft und die Türen auf ein Neues verriegelt werden. Steil geht es empor, im Eiltempo passieren wir Maste 4 und lassen anschliessend rechter Hand den Alpinexpress hinter uns. Inzwischen ist es 14 Uhr. Seit fast sechs Stunden bin ich nun unterwegs und brauche damit deutlich mehr Zeit als ursprünglich vorgesehen. Eine letzte Abfahrt liegt noch vor mir, bevor ich die Hannigbahn aufsuchen will. Aber zunächst lasse ich den anderen Kabineninsassen den Vortritt. Ganz alleine stehe ich nun auf dem kalten Perron im Schatten der Stationswände, lasse meine Gedanken schweifen und blicke auf den Abhang mit seinem Geröll unter mir. Genau so, wie ich es als Kind am Klein Matterhorn und am Trockenen Steg in Zermatt immer zu tun pflegte. Erinnerungen werden wach. Eine Mischung aus Wehmut und Dankbarkeit, diese Momente auch 20 Jahre später immer noch so erleben zu dürfen.
Hunderte Meter weiter unten toben sich die Skifahrer auf den breiten Abfahrten aus. Und langsam setzt sich die rote Kabine wieder in Bewegung, um im Tal die nächsten Gäste zu fassen. Eine Weile schaue ich ihr noch auf ihrem Weg zu. Dann geht es auch für mich zurück nach Saas Fee.
Ausblick von der Station Felskinn.
Stollen und Relikte am Felskinn
Durch den legendären Stollen geht es kontinuierlich hinab zum Pistenbeginn.
Wieder über Tage blicke ich hinauf zu den Überresten der beiden ehemaligen Schlepplifte Egginer 1 + 2. Ein langes Leben war ihnen nicht vergönnt. Die Relikte werden aber wahrscheinlich ähnlich wie am Hinterallalin noch lange von ihrer Existenz zeugen.
Noch ein Stück weiter oberhalb – die Bergstation des ehemaligen Stollenlifts. Gebaut in den 80ern als Rückbringer von der Gletscherabfahrt zur Station Felskinn sollte er eigentlich in erster Linie dem Sommerski dienlich sein. Schon 1996 wurde er aufgrund des Gletscherrückgangs und des zwischenzeitlichen Baus der Egginerlifte abgebaut. Der Antrieb verharrt auch 22 Jahre später noch immer auf seinem Adlerhorst im Fels.
Ski gegen Wanderschuhe tauschen und ab zur Hannigbahn
Über 20 Minuten benötige ich, um mich durch den Sulz zur Talstation des Alpinexpress hinab zu kämpfen. Schweissgebadet klopfe ich meine Ski ab und marschiere wieder in Richtung Parkhaus. Der Skibus fährt natürlich wieder nicht. Das tut er erst nach 14.30 Uhr. Vermutlich wird aber auch nur ein Bruchteil der hier Wartenden den ersten Bus nehmen können. So laufe ich eben zurück, so wie ich es bisher noch bei jedem Aufenthalt gemacht habe. Mittlerweile werden die Forumanen an der Hannigbahn zurecht ungeduldig. Das Treffen wird wegen meiner Verspätung nur kurz ausfallen.
Nachdem die Ski verstaut und die Skischuhe gegen Wanderschuhe getauscht sind, breche ich zur Hannigbahn auf. Die Talstation ist glücklicherweise gut beschildert. Seit meinem letzten Besuch hat man hier nachgebessert. Unterhalb der Station werde ich bereits erwartet. Ein kurzes Gespräch, dann müssen die anderen leider auch schon wieder aufbrechen. Sie warnen mich schon einmal vor, dass wir heute bei weitem nicht die einzigen sind, die die Hannigbahn fotografisch für die Ewigkeit festhalten wollen. Aber kein Wunder, die Anlage ist nunmal mittlerweile ein Diamant in der Schweizer Seilbahnwelt.
Giovanola-Nostalgie am Hannig
Im Inneren der Talstation dieser Giovanola-Kabinenbahn. 1992 erfolgte eine Sanierung durch Von Roll, bei der die Kabinen erneuert wurden und eine Aufrüstung auf einen vollautomatischen Betrieb mit Reifen- und Kettenförderern erfolgte. Mit ihren frisch gestrichenen Trägern und Schienen macht die Bahn nun wirklich nicht den Eindruck, ersatzbedürftig zu sein. Würde sie in einem anderen Land stehen, wäre ein Ersatz wahrscheinlich auch gar keine Diskussion.
Eine Besonderheit der Bahn ist zweifelsohne ihre Trassierung. Nur sechs Stützen überwindet sie bei über 500 Höhenmetern. Nach unten wird die Seilspur etwas kleiner, bevor die Kabinen im formschönen Chalet verschwinden.
Beim Blick nach oben wird die spektakuläre Trassierung deutlich.
Warum man die Bergstation gerade hier auf halbe Höhe des steil abfallenden Hangs hingestellt hat, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Eine Erweiterung bis auf den 2800 Meter hohen Mällig war ebenso einmal projektiert wie eine Verbindung mit Saas Grund. Mittlerweile gibt es nicht mal mehr eine gemeinsame Tageskarte. Aber gut, wäre die Verbindung jemals zu Stande gekommen, gäbe es diese schöne Bahn vermutlich schon lange nicht mehr.
Die Giovanola-Konstruktion hat einen unglaublichen Wiedererkennungswert. Diesen Stationsausblick konnte man in der Schweiz dutzendfach geniessen. Heute sind noch vier Bahnen übrig geblieben. Und jährlich werden es weniger.
Grandioses Panorama vom Hannig auf Saas Fee
Das Panorama auf das Skigebiet von Saas Fee ist von hier oben definitiv ein Foto wert. Links Plattjen, am unteren Bildrand das Übungsgelände, weiter oberhalb Felskinn, Längfluh und der Mittelallalin. Vor 30 Jahren hätte hier ein Poma-Schlepplift das Bild gekreuzt. Etwas unterhalb des Bergrestaurants besass er eine scharfe Rechtskurve, um mehr oder weniger auf der Terrasse zu enden. Untypisch für Poma besass er den Antrieb in der Bergstation und eine fliegende Seilscheibe im Tal.
Alpinexpress, Morenia und Felskinn. Mittlerweile ist es eine Schlacht im Sulz. Ich geniesse derweil mein wohlverdientes Mittagessen im Bergrestaurant Hannig.
Ausblicke auf Spielboden und Längfluh …
… sowie auf den Mittelallalin mit seinen Skipisten.
Mit einer kurzen Tour rund um die Bergstation beende ich kurz vor Betriebsschluss um 16.30 Uhr meine Foto- und Videoaktivitäten.
Im Tiefflug geht es nun nach Saas Fee hinab.
Mit einem letzten, wehmütigen Blick verabschiede ich mich von der Hannigbahn. Vielleicht für immer.
Fazit
Müde, aber zufrieden komme ich wieder am Parkhaus an. 15 CHF kostet mich der Tagessatz – gemeinsam mit der Tageskarte bin ich also um 88 CHF ärmer. Immer noch um Längen günstiger als Zermatt, aber trotzdem ein happiger Preis. Ist Saas Fee diesen Preis wert? Diese Frage muss wahrscheinlich jeder für sich selbst beantworten. Da ich in erster Linie wegen der Seilbahnen komme, bin ich nicht besonders preissensitiv. Gerade bei einer derartigen Dichte an interessanten Seilbahnen geht der Preis für mich in Ordnung.
Das Panorama ist zweifelsohne ziemlich einmalig. Das Skigebiet in seiner Kessellage, umringt von unzähligen Viertausendern, die Gletscher. All diese Dinge sind ein Alleinstellungsmerkmal von Saas Fee. Und letztlich lebt auch das Skifahren (zumindest für mich) in erster Linie genau davon. Die Pisten mögen für sich genommen nichts spezielles sein. Wirklich einmalige Passagen findet man nur selten. Aber es macht eben doch einen Unterschied, ob die gleiche Piste in einem Wald- und Wiesenskigebiet oder mitten im Hochgebirge liegt. Nicht nur, was die Schneequalität im Frühjahr anbelangt.
Alles in allem ist Saas Fee für mich ein Ort, an den ich immer wieder gerne zurückkomme. Eine Woche Urlaub würde ich hier nicht machen – trotz des verlockenden Saisonkartenangebots für 222 CHF. Das gilt aber genau so für alle anderen Skigebiete. Die Wallistouren leben für mich von den Tagesausflügen. Und so werde ich das Saastal in ein paar Jahren ganz sicher einmal wieder für einen solchen Tagesausflug aufsuchen.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.
Ich finde, dass ist ein interessanter und gut verfasster Bericht – hab auch ein paar Erinnerungen an Saas-Fee, und die Gletscherwelt ist schon wirklich einmalig. Und Hinter-Allain natuerlich auch!