Abschied von der Sonnkogelbahn in Zell am See

Eine Akustik, die ihresgleichen sucht. Für jeden Seilbahnliebhaber ist der Antriebssound in der Bergstation der Sonnkogelbahn hoch über Zell am See Musik in den Ohren. Mittlerweile gehört dieser einmalige Klang aber der Vergangenheit an. Denn mit Ende der Wintersaison 2022/2023 stellt die Sonnkogel-Dreiersesselbahn ihren Betrieb ein, um einem Nachfolger Platz zu machen. Grund genug, diesen ausgefallenen Oldtimer noch einmal zu besuchen.

Bergstation Sesselbahn Sonnkogel

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Ein besonderes Seilbahn-Exemplar

Schon die Talstation und ihre Technik machen auch jedem nicht-seilbahnbegeisterten Fahrgast klar, dass es sich bei der Sonnkogelbahn um ein besonderes Seilbahn-Exemplar handelt. Denn die monumentalen Umlenkscheiben hinter dem eigentlichen Zugangsbereich laden zum Staunen ein. Sie lenken das Förderseil in die Vertikale, wo es mit einem massiven Gegengewicht abgespannt wird. Das Prinzip der Gewichtsabspannung ist bei kuppelbaren Sesselbahnen heute nahezu ausgestorben. Hydraulisch betriebene Spannzylinder fallen deutlich platzsparender aus und sind daher seit Jahrzehnten das Mittel der Wahl.

Anfang der 80er Jahre sieht das noch ganz anders aus. Und weil gerade Sesselbahnen mit ihren engen Fahrzeugabständen und dementsprechend grossen Lastunterschieden lange Spannwege benötigen, sind die Hersteller gezwungen, die Spanneinrichtung aus den Stationen hinaus zu verlegen. Normalerweise muss dafür ein Schacht ausgehoben werden. Bei der Sonnkogelbahn macht man sich die topografischen Gegebenheiten zu Nutze und platziert die Gewichtsabspannung über einem steilen Abhang im Freien.

Talstation einer Doppelmayr-Sesselbahn aus den 80ern

Umlenkscheibe zum Spanngewicht

Umlenkscheibe mit Spanngewicht

Eine neuartige Klemme für die Sonnkogelbahn

Doch das ist längst nicht die einzige Neuheit, die der Konstrukteur Doppelmayr im Jahr 1984 am Sonnkogel präsentiert. Wie so viele andere Hersteller in Österreich setzt Doppelmayr ab den 70er Jahren bei den neu eingeführten kuppelbaren Umlaufbahnen auf Klemmentechnologie aus der Schweiz. Die VR102-Klemme des Berner Seilbahnpioniers Von Roll kommt an zahlreichen Vierer-Kabinenbahnen in Lizenz zum Einsatz, bis Doppelmayr in Kooperation mit der Firma Schweiger eine daran angelehnte erste eigene Idee auf den Markt bringt. Bis Anfang der 80er Jahre stattet man Sesselbahnen mit dieser Konstruktion aus, für sechsplätzige Kabinenbahnen entsteht eine eigene, an die VR102 angelehnte Doppelklemme.

Neben konstruktiven Nachteilen sorgt aber vor allem die Aussicht auf den Einsatz von Einfachklemmen bei bis zu vierplätzigen Fahrbetriebsmitteln dafür, dass Doppelmayr schon kurz darauf mit einer neuen Idee aufwartet. Die DS-103-Klemme ist mit ihrer integrierten permanent wirkenden Klemmkraftprüfung eine deutliche Weiterentwicklung. 1983 kommt sie erstmalig bei einer Dreiersesselbahn in Lech zum Einsatz. Und schon im Jahr darauf sind die neuen Klemmen auch am Sonnkogel in Zell am See anzutreffen.

Doppelmayr-Kuppelklemme DS103

Sesselbahn zum Sonnkogel

Bergstation Sesselbahn Sonnkogel

Die Sonnkogelbahn als eine der letzten kuppelbaren Dreiersesselbahnen Österreichs

Knapp vier Jahrzehnte später ist die Sonnkogelbahn eine der letzten Dreiersesselbahnen in Österreich, bei der dieses wegweisende Klemmensystem noch im Einsatz ist. Durch den Ersatz der Anlage im Jahr 2023 verschwindet ein weiteres Exemplar, das über lange Jahre unzählige Fahrgäste in einem renommierten Skigebiet transportiert hat. Von aussen sieht man der Anlage ihr Alter kaum an – sieht man einmal von den konstruktiven Besonderheiten der Stationen ab.

Und auch wenn sie heute vielleicht nicht mehr allen Komfortansprüchen genügt, ist die Sesselbahn zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung ein echter Meilenstein für Zell am See. 452 Höhenmeter überwinden die Sessel auf gut 1,2 Kilometern Strecke, wodurch die Anlage in weiten Teilen der Strecke eine durchaus stattliche Steigung aufweist. Viel wichtiger ist seinerzeit aber die mit knapp 2200 Personen pro Stunde enorm hohe Förderleistung, die sämtliche anderen Seilbahnsysteme in den Schatten stellt. Die maximale Fahrgeschwindigkeit von 3,7 m/s reduziert die Fahrzeit bis zum 1835 Meter hohen Gipfel zudem erheblich. Und auch der Ein- und Ausstiegsvorgang gestaltet sich dank der geringen Geschwindigkeit der Sessel im Stationsumlauf deutlich komfortabler.

Das Grundprinzip hat sich bis heute kaum verändert. Auch wenn der Transport der Fahrzeuge in den Stationen mittlerweile mit mehr Elektronik und weniger Mechanik erfolgt. Letztere lässt sich bei der Sonnkogelbahn bestens bei der Arbeit beobachten. Kettenförderer, Klemmen, Reifen für die Beschleunigung und Verzögerung der Sessel – diesem Schauspiel beizuwohnen, ist für jeden Seilbahnliebhaber ein Erlebnis. Garniert natürlich mit dem eindrücklichen Antriebssound in der Bergstation.

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Zur Skigebietshistorie von Zell am See

Die Ausblicke vom Sonnkogel werden sich auch bei der neuen Bahn nicht verändern. In den Genuss des Panoramas auf den Zeller See und die umliegenden Alpengipfel wird man daher auch in Zukunft noch kommen. Genauso, wie es übrigens schon beim Vorgänger der Dreiersesselbahn der Fall ist. Dieser nimmt gemeinsam mit der Pendelbahn zur Sonnenalm Ende der 1950er Jahre den Betrieb auf. Schon damals ist es eine Sesselbahn, allerdings mit einplätzigen Fahrzeugen und natürlich in der fix geklemmten Variante. Damals ist das Skigebiet von Zell am See noch nicht mit den heutigen Ausmassen zu vergleichen. Die lange Pendelbahn zur Schmittenhöhe, die als erste ihrer Art im Land Salzburg bereits 1927 den Betrieb aufnimmt ist seinerzeit die Hauptattraktion.

Mit der Erschliessung der Sonnenalm durch eine weitere Pendelbahn nimmt das Gebiet langsam Formen an. Und beide altehrwürdigen Seilbahnklassiker sind – wenn auch in modifizierter Form – heute noch immer in Betrieb. Ein ähnlich langes Leben ist der Sonnkogel-Sesselbahn trotz ihrer damals so fortschrittlichen Technik nicht vergönnt. So bleibt nur die Erinnerung an einen wegweisenden Seilbahn-Klassiker, der 2023 seinem angestammten Nachfolger Platz macht. Bei diesem werden im Winter weiterhin Sessel zum Sonnkogel schweben, im Sommer dagegen Kabinen. Eine gewisse Besonderheit wird sich also weiterhin an diesem Hang finden. Ob die neue Anlage aber an die Tradition der wegweisenden Seilbahntechnik in Zell am See anknüpfen können wird, muss sich erst noch herausstellen.

Schmittenhöhebahn in Zell am See

Sonnenalmbahn in Zell am See

Kitzsteinhorn mit Gletscherskigebiet von der Schmittenhöhe gesehen

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

Sonnkogelbahn in Zell am See - Schmittenhöhe

1 Gedanke zu „Abschied von der Sonnkogelbahn in Zell am See“

  1. Hi Felix, vielen Dank für diesen schönen Bericht über die Sonnkogelbahn in Zell am See, mit der ich Ende der 80er gefahren bin. Seitdem habe ich es nicht mehr auf die Schmittenhöhe geschafft. Muss mal wieder hin. Sportliche Grüße, wagge.de.

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