Unzählige kleine rote Kabinen verraten schon auf den ersten Blick: Bei der Nockalmbahn handelt es sich um ein besonders nostalgisches Exemplar. Während die charakteristischen Fahrzeuge in den 70er Jahren zum Erscheinungsbild unzähliger Skigebiete in den Alpen zählen, sind sie mittlerweile eine echte Rarität. Und mit Baujahr 1977 ist die Anlage mitten im Skigebiet von Bad Kleinkirchheim auch eine der ältesten noch in Betrieb befindlichen solchen Seilbahnen in Österreich. Eine Einseilumlaufbahn, die im Laufe ihres langen Lebens immer wieder technische Veränderungen erfährt, aber auch ein knappes halbes Jahrhundert nach ihrer Eröffnung noch immer einen historischen Charme versprüht.
Die Mechanik bei der Arbeit beobachten
Schon der Antriebssound in der Talstation ist ein Genuss für jeden Seilbahnliebhaber. Laut dröhnt die Antriebsanlage hier vor sich hin, während die Kabinen eine nach der anderen durch verschiedene Fördereinrichtungen automatisch durch die Station transportiert werden. Anders als bei modernen Anlagen lässt sich die Mechanik hier noch bestens bei der Arbeit beobachten. Und so fällt wohl jedem Besucher spätestens im Einstiegsbereich auf, dass es sich bei dieser Bahn um ein ganz spezielles Exemplar handelt. Steht die Ampel auf grün, beschleunigt die Kabine per Reifenförderer auf die Seilgeschwindigkeit und verlässt schon wenige Augenblicke später die Station für eine Fahrt in Richtung Nockalm. Etwas holprig geht’s unter den beiden Niederhaltern auf den ersten Streckenmetern hinweg, doch gerade das macht das Fahrterlebnis bei dieser Anlage eben aus!
Die Nockalmbahn ist 1977 die erste Anlage, die an dieser Stelle den Betrieb aufnimmt. Das Skigebiet von Bad Kleinkirchheim ist zu jener Zeit in zwei nicht miteinander verbundene Bereiche aufgeteilt. Der nördliche Sektor Brunnach nimmt in der ersten Hälfte der 60er Jahre den Betrieb mit zwei Einersesselbahnen und mehreren Schleppliften auf, der südliche Sektor an der Kaiserburg folgt gegen Ende des Jahrzehnts. Schon damals weist der Kurort Bad Kleinkirchheim unweit des Millstätter Sees eines der grössten Skiareale in Kärnten auf. Entsprechend gross ist das Einzugsgebiet, und so tummeln sich schon zu jener Zeit unzählige Touristen wie Einheimische auf den Abfahrten.
Eine neue Seilbahn für Bad Kleinkirchheim
Wenig erstaunlich gilt es daher, für die immer weiter steigende Nachfrage zusätzliche Aufstiegshilfen bereitzustellen. Die Nockalmbahn soll daher als zweiter Zubringer von der Ortschaft Staudach in den nördlichen Teil des Skigebiets führen. Über eine neue Schleppliftkette soll die Bergstation der Nockalmbahn via Wiesernock-Gipfel an die bestehenden Anlagen im Bereich Brunnach angebunden werden.
Die relativ sanft verlaufende Strecke durch den Wald wäre noch wenige Jahre zuvor höchstwahrscheinlich mit einer fix geklemmten Sesselbahn erschlossen worden. Doch zu Beginn der 70er Jahre setzen sich auch in Österreich immer häufiger die komfortableren kuppelbaren Einseilumlaufbahnen mit höherer Förderleistung durch. In den restlichen Alpenländern sind derartige Seilbahnen zu jener Zeit bereits weit verbreitet. Die Behörden in Österreich stehen der Technologie dagegen lange Zeit skeptisch gegenüber. Dementsprechend befassen sich die einheimischen Hersteller auch nicht mit der Entwicklung eigener Kuppelsysteme.
Klemmen-Chaos an der Nockalmbahn
Als die Verantwortlichen endlich grünes Licht geben, greifen die Seilbahnkonstrukteure daher in Lizenz auf bestehende Systeme aus den Nachbarländern zurück. Der renommierte niederösterreichische Hersteller Girak sichert sich das Schraubklemmensystem des Schweizer Seilbahnpioniers Gerhard Müller. Der charakteristische Klemmapparat, der in der Schweiz bereits seit den 1950er Jahren zum Einsatz kommt, wird von Girak daraufhin leicht modifiziert eingesetzt. Um die Vorgaben der Behörden zu erfüllen, entwickelt der Hersteller eine neue direkte Klemmkraft-Prüfeinrichtung und meldet diese auch zum Patent an.
Auch an der Nockalmbahn in Bad Kleinkirchheim kommt die Schraubklemme 1977 zum Einsatz. Es ist die mittlerweile zehnte solche Anlage aus dem Hause Girak. Schon damals zeichnet sich aber ab, dass die fast drei Jahrzehnte alte Technik langfristig keine Zukunft mehr haben wird. Obwohl durch die Weiterentwicklungen von Girak auch der Einsatz bei sechsplätzigen Kabinen möglich wäre, ist die Schraubklemme eine technologische Sackgasse. Aus diesem Grund entwickelt Girak zu Beginn des folgenden Jahrzehnts ein eigenes, neuartiges Kuppelsystem. Die bistabile Nockenklemme mit ihrem charakteristischen Hebel an der Aussenseite lässt höhere Fahrgeschwindigkeiten zu, ist im Betrieb weniger störanfällig und einfacher zu warten.
Die nostalgischste Seilbahn Kärntens?
Auch die bereits bestehenden Anlagen rüstet Girak in der Folge auf das neue Klemmensystem um. Weil die Behörden zu Beginn der 80er Jahre aber noch immer darauf bestehen, dass vierplätzige Fahrzeuge mit zwei Klemmapparaten ausgestattet werden müssen, erhält vorerst jede Kabine zwei Nockenklemmen. Erst später darf die Zahl der Klemmen bei der Nockalmbahn auf eine pro Fahrzeug reduziert werden – und dabei bleibt es dann auch dauerhaft.
Und so hat sich die Nockalmbahn trotz ihrer zentralen Lage im Skigebiet Bad Kleinkirchheim bis heute halten können. Fast 600 Höhenmeter überwinden die roten Kabinen auf der gut 1,7 Kilometer langen Strecke und sind dabei mit maximal 4 m/s unterwegs. Das ergibt eine Förderleistung von rund 1400 Personen pro Stunde und Richtung. 1977 stellt das das Maximum des technisch Möglichen dar. Als vollautomatisch betriebene Anlage mit ihren Reifenbeschleunigern und Fördereinrichtungen in den Stationen ist die Nockalmbahn seinerzeit eine Revolution. Wartezeiten an der Talstation gehören trotz allem an guten Tagen zum typischen Erscheinungsbild. Ein Ersatz durch eine Anlage mit hörerer Förderleistung ist daher nur noch eine Frage der Zeit. Bis es soweit ist, gilt es, die Nostalgie und die spannende Historie der Nockalmbahn noch zu geniessen.
Auch interessant ...
Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.