Bruson • Appendix der 4 Vallées?

Bis nach Sembrancher ist es der gleiche Weg, den wir am Vortag bereits zurückgelegt haben. Statt allerdings in Richtung Grosser St. Bernhard zu fahren, biegen wir in besagtem Ort in Richtung Le Châble ab, um dort auch heute wieder zwei Skigebiete aufzusuchen. Genau genommen fällt uns der Wechsel zwischen den beiden Gebieten dieses Mal aber noch leichter als am Vortag. Heute haben wir nicht nur einen gemeinsamen Skipass für beide Destinationen, sondern müssen nicht einmal zwischendurch das Auto benutzen. Seit dieser Saison starten nämlich gleich zwei Seilbahnanlagen in Le Châble. Eine ist die altbekannte Kabinenbahn nach Verbier, die hier seit 2001, der Vorgänger sogar bereits seit 1975, seine Runden dreht.

Neu hinzugekommen ist in diesem Winter die Kabinenbahn nach Mayens de Bruson, der neue Zubringer in das kleine Skigebiet von Bruson, einem Dorf oberhalb des Talbodens. Bislang wurde das Gebiet mit einer Doppelsesselbahn von Städeli erschlossen, die oberhalb von Bruson begann, sodass keine direkte Anbindung an Verbier und die Quatre Vallées existierte. Damit war Bruson zwar im Skipass der vier Täler inbegriffen, den umständlichen Weg in das kleine Skigebiet dürfte von Verbier aus kommend jedoch kaum jemand auf sich genommen haben. Und für einen ganzen Tag ist das Gebiet eigentlich zu klein.

Neue Verbindung von Le Châble nach Bruson

So kommt es uns sehr entgegen, dass nunmehr eine direkte Verbindung besteht, bei der lediglich von einer Kabinenbahn in die andere umgestiegen werden muss. Am Vormittag wollen wir daher ein paar Stunden in Bruson verbringen. Den Rest des Tages und unserer Tour möchten wir dann in den vier Tälern ausklingen lassen. Dort haben wir auch nach drei Tagesausflügen noch immer bei weitem nicht alles gesehen. Hinzu kommt, dass es sich dabei wohl um eines der genialsten Skigebiete überhaupt handelt, sodass auch ein weiterer Besuch keinesfalls langweilig werden würde.

In Le Châble angekommen sind wir erst einmal ein wenig erstaunt, wie stark der Parkplatz bereits eine Viertelstunde nach Betriebsbeginn gefüllt ist. Auch wenn sich schnell herausstellt, dass wohl viele Feriengäste aus Verbier ihr Auto hier unten parkieren, müssen wir an der Kasse rund zehn Minuten Wartezeit in Kauf nehmen, bis wir unsere Skipässe schliesslich in den Händen halten können. Die Kabinenbahn nach Bruson ist dagegen zu dieser frühen Stunde noch eher schwach frequentiert, sodass wir eine der geräumigen achtplätzigen Kabinen alleine in Anspruch nehmen können.

Das kleine Skigebiet von Bruson

Die Bahn führt eher unspektakulär mit mässiger Steigung durch den Wald, ehe sie nach einer Kuppe den kleinen Skilift Moay überspannt und die Bergstation erreicht. Dank der knapp 2,5 Kilometer Streckenlänge überwindet sie aber beachtliche 823 Höhenmeter. Der angesprochene Skilift Moay hatte bis in der letzten Saison noch die wichtige Aufgabe, die Skifahrer von der Bergstation der Zubringersesselbahn zu den beiden anderen Anlagen zu befördern. Da man diese nun auch direkt von der Kabinenbahn aus erreicht, ist er weit weniger stark frequentiert und dient eher als Übungslift. Wie die erste Sesselbahn wurde er 1962 von Städeli gebaut und erst 2009 durch eine Garaventa-Anlage ersetzt. Die Zubringer-Sesselbahn wurde 1988 von Städeli umgebaut und leicht verlängert.

Als eigentliche Beschäftigungsanlagen dienen zwei weitere Konstruktionen aus Oetwil am See. Über 500 Höhenmeter überwindet die fix geklemmte Dreiersesselbahn Moay-Pasay, die den grössten Teil der Pistenkilometer erschliesst. In einer kleinen Mulde hinter der Sesselbahn-Bergstation bedient der Skilift Grand Tsay einige Abfahrten und ermöglicht auch den Zugang zu zwei interessanten Varianten, die wieder zur Sesselbahn Moay-Pasay führen.

Pistenplan: http://www.infosnow.ch/~apgmontagne/?la … -veysonnaz

Im Eiltempo nach Mayens de Bruson

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Unterwegs nach Mayens de Bruson. Die Spuren vom Bau sind noch deutlich zu sehen.

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Die Strecke zeichnet sich durch einen stetigen Wechsel von Trage- und Wechsellaststützen aus.

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Nach 13 der 15 Zwischenstützen taucht in der Ferne die Bergstation auf. Dank 6 m/s sind die 2,5 Kilometer recht zügig bewältigt.

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Auch vor Verbier am Gegenhang gibt die Bahn eine gute Figur ab. Die Bergstation ist allerdings leider Uni-G-Standardkost, während man die Talstation im Stil des bestehenden Gebäudes der Kabinenbahn Le Châble-Verbier gehalten hat.

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Schon nach wenigen Metern Abfahrt zum Skilift Moay kommen wir an der Bergstation der nun stillgelegten Sesselbahn Bruson-La Côt vorbei. Warum dieser direkte Zubringer aus Bruson überhaupt stillgelegt wurde, ist mir nicht ganz klar. Die Abfahrt dürfte zwar nicht besonders spannend gewesen sein, aber dennoch sind die Anwohner in Bruson so um ihren Zubringer gebracht worden. Die einzige Möglichkeit zum Einstieg ins Skigebiet ist nun eine Fahrt nach Le Châble. Zudem hat die Bahn mit Baujahr 1988 ihre Lebensdauer auch noch nicht wirklich erreicht. Vielleicht will man die Situation diese Saison noch abwarten und hat sie darum noch nicht abgebaut?

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Sesselbahn Bruson-La Côt. Der Vorgänger von 1962 war etwas kürzer und endete unterhalb der Strasse, hinter dem sichtbaren Haus. Die noch bestehende Bahn verwendet einige Stützenschäfte des Vorgängers weiter.

Alleine am Schlepplift Moay

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Der Schlepplift Moay, nichts sonderlich Spezielles. Eine typische Garaventa-Anlage von 2009, die einen Städeli-Skilift auf identischer Trasse ersetzte.

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Die Strecke ist kurz, aber nicht allzu flach. Als Übungslift taugt er damit auch nur bedingt. Nimmt mich Wunder, ob es den noch lange gibt!

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Ausstieg des Skilifts Moay. Wie schon vom Vortag in Liddes gewöhnt sind wir wieder mal nahezu die einzigen.

Der Paradehang an der Sesselbahn Moay-Pasay

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Das ändert sich an der Sesselbahn Moay-Pasay. Hier herrscht reger Betrieb an den Paradehängen des Gebiets. 1990 gebaut ersetzte die Bahn einen Poma-Schlepplift aus dem Gründungsjahr des Gebiets, der etwas weiter oberhalb startete.

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Unterwegs in der Sesselbahn Moay-Pasay, eine typische moderne Städeli-Sesselbahn. Die 547 Höhenmeter sind anständig, bei einer Streckenlänge von über 1,5 Kilometern wird die Fahrt aber trotz Förderbandeinstieg zur Geduldsprobe. Da wäre mir der Poma-Schlepplift deutlich lieber!

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Die Sesselbahn Moay-Pasay mit einer ihrer beschneiten Abfahrten. Die Kanonen finden sich hier bis zum Gipfelgrat in 2160 Metern Höhe.

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Impressionen während der Fahrt mit der Sesselbahn Moay-Pasay.

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Vor der Bergstation besitzt die Sesselbahn Moay-Pasay dann die für Städeli eher unüblichen Rundrohrstützen.

Der abgelegene Schlepplift Grand Tsay

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Etwas unscheinbar dreht der Skilift Grand Tsay seine Runden in diesem abgelegen Hochtal.

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Dank seiner Nordhanglage bedient der Skilift Grand Tsay einige schöne Pulverhänge, die wir in der Folge bei einigen Wiederholungsfahrten testen. Unverkennbar handelt es sich beim Lift um ein klassisches Städeli-Exemplar, hier mit leichten T-Stützen. Untypisch für diese Talstationsbauweise findet sich der Antrieb aber kombiniert mit der Abspannung am Berg.

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Skilift Grand Tsay am höchsten Punkt des Gebiets vom Bruson auf 2200 Metern Seehöhe. Von hier gelangt man auch wieder zur Bergstation der Sesselbahn Moay-Pasay zurück, lohnender als dieser Ziehweg sind allerdings die Pisten, die abgelegen zur Talstation selbiger Bahn führen.

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Eine der Abfahrten am Skilift Grand Tsay. Diese sind leider oft quer zum Hang trassiert und hängen daher ein wenig.

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Die „Hintenrum“-Abfahrten sind dafür umso besser. Völlig abgelegen sind sie durch den lichten Wald trassiert, zahlreiche Variationsmöglichkeiten findet man vor, was man beim Blick auf den Pistenplan gar nicht erwartet!

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Im unteren Streckendrittel münden die Abfahrten dann wieder auf die Hauptpiste an der Sesselbahn Moay-Pasay.

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Nach einer weiteren Fahrt nach Pasay machen wir uns nach knapp zwei Stunden interessanten Erlebnissen in Bruson wieder auf den Weg ins Tal, den wir zwangsläufig mit der Kabinenbahn nach Le Châble bewältigen müssen. Zwar existiert eine Abfahrtsroute, doch für diese reicht Mitte März der Schnee bis auf 800 Meter Höhe einfach nicht mehr aus.

Zwei Anlagen und eine Menge Möglichkeiten

Die Erwartungen an Bruson sind im Vorfeld des Besuchs nicht allzu gross gewesen. Mehr oder weniger nur zwei Anlagen, die sich für Wiederholungsfahrten anbieten. Dazu keine Talabfahrt, alles in allem wirkt das Gebiet auf dem Pistenplan nur wie ein Appendix an die Quatre Vallées. Einen Teil, den man nicht unbedingt gesehen haben muss. Doch der Eindruck täuscht gewaltig, denn die Abfahrten sind äusserst vielfältig, viel länger als es der Pistenplan vermuten lässt und landschaftlich sehr reizvoll gelegen. Es bei zwei Seilbahnen möglich zu machen, während knapp zehn Minuten Abfahrt keine dieser beiden Anlagen zu Gesicht zu bekommen, grenzt schon fast an ein Ding der Unmöglichkeit, doch Bruson weiss dadurch zu begeistern.

Durch die neue Zubringeranlage gewinnt das Skigebiet durch die massiv verbesserte Erreichbarkeit zudem an Bedeutung sowohl für Tagesgäste als auch für Wochenurlauber aus Verbier. Schnell lässt es sich via Le Châble nach Bruson und zurück gondeln, eine ideale Voraussetzung. Insgesamt ist Bruson vom „Gefällt-mir“-Grad auf einer Stufe mit Liddes zu sehen. Zwar strahlt der Ort nicht die Ruhe aus, wie es das Skigebiet an der Chaux de Bavon tut, doch die Abfahrten sind ebenso interessant und spannend zu fahren, zudem sind sie im Schnitt ein wenig länger, die Auswahl kann sich wie im Val d’Entremont sehen lassen. Wer also die Quatre Vallées aufsucht, sollte sich einen Besuch von Bruson nicht entgehen lassen, man wird nicht enttäuscht. Und dank der neuen Verbindung zählt nun auch die Ausrede der umständlichen Anreise nicht mehr!

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