Die Milchstraße ist die Galaxie, in der sich das Sonnensystem mit der Erde befindet. Entsprechend ihrer Form als flache Scheibe, die aus Milliarden von Sternen besteht, ist die Milchstraße von der Erde aus als bandförmige Aufhellung am Nachthimmel sichtbar. Das Band der Milchstraße erstreckt sich als unregelmäßig breiter Streifen über dem Firmament und ist je nach Jahreszeit und Standort auf der Erde unterschiedlich gut zu sehen. Von der Südhalbkugel blickt man stärker in Richtung des hellen galaktischen Zentrums der Milchstraße, aber auch auf der Nordhalbkugel lässt sich das eindrückliche Spektakel am Nachthimmel erleben.
Die Milchstraße oder den Sternenhimmel zu fotografieren, das ist nicht unbedingt ein trivialer Prozess. Grundsätzlich bieten sich viele Möglichkeiten, Astrofotografie zu betreiben. Seien es Aufnahmen einzelner Sterne, Planeten mithilfe von Teleskopen, Teleobjektiven, Sternenspuren durch Langzeitbelichtungen oder Panoramaaufnahmen des kompletten Nachthimmels. Für viele dieser Methoden ist eine aufwendige und teure fotografische Ausrüstung unumgänglich. Dieses Tutorial beschränkt sich daher auf die Möglichkeit, die Milchstraße in ihrer Gesamtheit am Nachthimmel kombiniert mit Landschaft im Vordergrund zu fotografieren. Das geht nämlich auch schon mit einem relativ günstigen Setup bestehend aus einem Stativ und einer Kamera. Vorausgesetzt, die Aufnahme wird gründlich vorbereitet.
Die Milchstraße am Nachthimmel finden
In Deutschland schiebt sich die Milchstraße im späten Frühjahr gegen Mitternacht im Südosten über den Horizont und steigt dann weiter auf. Im Mai und Juni verläuft sie noch relativ flach über dem Horizont. Über Sommer wird der Verlauf kontinuierlich steiler und das Sternenband wandert Richtung Süden. Beste Voraussetzungen für Fotos mit Landschaft im Vordergrund bieten sich daher vor allem im Frühling und Frühsommer.
Wo die Milchstraße zu einem bestimmten Zeitpunkt zu finden ist, kann glücklicherweise mit Programmen und Apps im Vorfeld simuliert werden. Eine kostenlose Möglichkeit stellt das Programm Stellarium (www.stellarium.org) für Windows dar. Mit dieser Software kann für jeden beliebigen Ort auf der Erde für jeden beliebigen Zeitpunkt der Standort aller von der Erde aus sichtbaren Himmelskörper visualisiert werden. Ob Mond, Planeten unseres Sonnensystems oder weit entfernte Sterne, mit Stellarium lassen sie sich ganz einfach identifizieren. Auch das Band der Milchstraße lässt sich entsprechend mit dem Programm sichtbar machen. Stellarium eignet sich auch bestens dazu, den Zeitpunkt von Sonnenauf- und -untergang vorab zu prüfen.
Eine andere Möglichkeit stellt die App Photopills (www.photopills.com) dar, die sowohl für iOS als auch für Android erhältlich ist. Der Kaufpreis von 9,99$ ist ein Schnäppchen für das, was die App bietet. Speziell für Astrofotografie entwickelt ermöglicht sie es, vor Ort den Verlauf der Milchstraße am Himmel zu simulieren. Die Handykamera wird dabei dazu genutzt, den realen Vordergrund einzublenden, sodass man direkt sehen kann, wie das Foto später aussehen könnte. Damit ist die Bildkomposition ein Kinderspiel!
Lichtverschmutzung und Luft
Doch selbst wenn man weiß, wo sich die Milchstraße theoretisch befinden sollte, ist es oftmals ein schwieriges Unterfangen, sie mit bloßem Auge am Nachthimmel zu entdecken. Wer in einer nachts hell beleuchteten Stadt lebt, der hat den Blick auf den Sternenhimmel womöglich noch nie wirklich genießen können – weil es auch nachts nicht dunkel genug ist. Die Wahl eines geeigneten Standorts mit möglichst geringer Lichtverschmutzung ist daher von fundamentaler Bedeutung für eine gute Aufnahme der Milchstraße. Hierfür eignen sich Lichtverschmutzungskarten, z. B. lightpollutionmap.info.
Starke Lichtverschmutzung durch Städte und Dörfer unterhalb des Schaumbergs bei Tholey im Saarland trüben den Blick auf die Milchstraße
Neben der Lichtverschmutzung trübt auch die Luft den Blick auf die Milchstraße. Ein besserer Blick lässt sich daher erzielen, wenn weniger Luft „im Weg“ ist. Je höher der Standort, desto dünner wird die Luft. Das ist der Grund dafür, warum sich im Gebirge ein besonders guter Blick auf die Sterne ergibt. Ebenso spielt die Luftfeuchtigkeit eine entscheidende Rolle. Je trockener die Luft ist, desto besser ist der Blick auf die Milchstraße. In diesem Zusammenhang gilt es noch zu beachten, dass wärmere Luft absolut mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Kältere Temperaturen sind daher bei gleicher relativer Luftfeuchtigkeit von Vorteil.
Der Mond und seine Bedeutung für die Milchstraßenfotografie
Noch deutlich wichtiger für Erfolg oder Misserfolg beim Fotografieren der Milchstraße ist allerdings unser Erdtrabant. Die Mondphase und sein Standort am Nachthimmel sind von zentraler Bedeutung. Steht der Mond in der Nähe der Milchstraße, ist selbige kaum noch erkennbar, weil der Mond die Umgebung zu sehr aufhellt. Optimale Verhältnisse bieten sich dann, wenn der Mond nicht über dem Horizont steht oder bei Neumond. Gute Verhältnisse bieten sich gegebenenfalls auch, wenn man den Mond bei der Aufnahme im Rücken hat, wenn er also genau gegenüber der Milchstraße am Firmament steht. Man kann den Mond in dem Fall dazu nutzen, die Umgebung etwas aufzuhellen. Allerdings darauf achten, dass kein Vollmond herrscht – das ist in der Regel zu hell. Wann der Mond wo steht und welche Mondphase gerade vorherrscht, kann problemlos mit den angesprochenen Programmen Stellarium und Photopills herausgefunden werden.
Milchstraße bei Vollmond über dem Mount Cook Village in Neuseeland – die Umgebung ist zu hell und die Milchstraße daher nur schemenhaft erkennbar
Die Wahl eines geeigneten Vordergrunds
Zu guter Letzt ist auch die Bildkomposition von großer Bedeutung für das spätere Foto. Wie so oft in der Fotografie kann man sich auch beim Fotografieren der Milchstraße an dem Leitsatz „Vordergrund macht Bild gesund“ orientieren. Aufgrund der erwünschten Dunkelheit ist das Auffinden eines interessanten Vordergrundes für die Aufnahme allerdings ein schwieriges Unterfangen. Einige Ideen seien hier aufgelistet:
- Hochspannungsleitungen oder große Bäume als schwarze Silhouetten
- Felsen, Steine, Gebäude oder Bäume, die ggf. durch eine Lampe während der Aufnahme angeleuchtet werden
- Aussichtspunkte mit Blick auf weiter entfernte Dörfer / Städte mit Lichtquellen (Aussichtspunkt sollte allerdings so hoch liegen, dass sich die Lichtverschmutzung durch die Städte nicht negativ auswirkt)
Fazit
Zusammengefasst sollte der gewählte Standort folgende Anforderungen erfüllen:
- Freier Blick auf einen großen Teil des Himmels
- Geringe Lichtverschmutzung durch Lichtquellen, insbesondere beleuchtete Städte meiden
- Möglichst große Höhe über dem Meer
- Interessanter, statischer Vordergrund, der ggf. durch Stirnlampen, Taschenlampen oder vorhandenes Umgebungslicht angeleuchtet werden kann
- Fester Untergrund für das Stativ
Die astronomischen Verhältnisse und das Wetter sollten zusätzlich folgende Anforderungen erfüllen:
- Keine Wolken (logisch)
- Neumondphase oder Mond unter dem Horizont oder Mond „im Rücken“
- Klare, trockene Luft
- Wenig oder kein Wind (speziell wenn Bäume als Vordergrund genutzt werden, deren Äste sich bei Wind bewegen und dadurch bei der Aufnahme verwischen)
Weiter zu Teil 2: Fototechnik und Ausrüstung
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.