Mein letzter voller Tag auf neuseeländischem Boden bricht standesgemäß wie nahezu alle vergangenen Tage auf der Südinsel mit strahlendem Sonnenschein an. Auch wenn die Nacht nach den Eskapaden des Vorabends etwas kurz war, breche ich schon früh zu Fuß zur nahegelegenen Pazifikküste auf, um dort die Morgenstimmung einzufangen. Zum letzten Mal auf dieser Reise stehe ich an der Küste des größten Ozeans der Welt. Und wie schon bei meinen zahlreichen vergangenen Aufenthalten rauschen auch heute wieder die kleinen Wellen sanft am Sandstrand.
Sonnenaufgang an der Pazifikküste
Wirklich lange kann ich den Anblick allerdings nicht genießen. Wenn ich heute Abend auf dem kostenlosen Campingplatz übernachten will, muss ich zwangsläufig heute schon den Camper für die Rückgabe parat machen. Hört sich nicht nach viel Arbeit an, kostet mich aber letztlich doch etwa eineinhalb Stunden, sodass ich gerade noch so die Checkout-Zeit um 10 Uhr einhalten kann, ehe ich frisch geduscht zu meinem einzigen Ausflugsziel des heutigen Tages aufbrechen kann. Die Christchurch Gondola, eine Kabinenbahn, die einen Gipfel der Port Hills zwischen Christchurch und der Hafenstadt Lyttelton erschließt.
Vorher muss ich allerdings noch eine Tankstelle aufsuchen, was ich eigentlich erst morgen direkt vor der Fahrzeugrückgabe machen wollte, aber nach der ganzen Fahrerei gestern Abend ist der Tank nun doch schon vorher leer. Und zwar leer im wahrsten Sinne des Wortes, denn zu meiner Überraschung tanke ich 59,61 Liter. Entweder ist der 60-Liter-Tank gewachsen oder die Tankanzeige spinnt jetzt komplett. Seitdem das Tanklicht angegangen ist habe ich gerade einmal 15 Kilometer zurückgelegt. Hui, das wäre es jetzt noch gewesen, wenn ich ohne Sprit liegen geblieben wäre!
Die Christchurch Gondola
Obwohl die Kabinenbahn erst um 10 Uhr den Betrieb aufnimmt, ist der Parkplatz eine halbe Stunde später bei meiner Ankunft schon gut gefüllt. Der Rucksack ist schnell gepackt, sodass ich nach einigen Foto- und Videoaufnahmen zu meiner letzten Seilbahnfahrt auf neuseeländischem Boden aufbrechen kann. Die Bahn ist ein Unikum. Leider nicht in technischer Hinsicht, aber für Neuseeland, denn sie erschließt im Gegensatz zu allen anderen Anlagen einen echten Gipfel.
Nach dem obligatorischen Foto, das hier von jedem Fahrgast angefertigt wird, um es ihm dann bei der Rückkehr teuer anzudrehen, schwebe ich auch schon gemütlich mit einer der Kabinen dem Gipfel entgegen. Auch wenn die Kabinen für sechs Personen ausgelegt sind, werden sie nur mit deren vier beladen. Ob das eine Folge des Erdbebens ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Anlage war jedenfalls während über zwei Jahren außer Betrieb, nachdem die Port Hills durch das Beben teilweise um bis zu einen Meter angehoben wurden. Daher ist es durchaus möglich, dass durch die Verschiebungen – ähnlich wie in den Alpen bei einigen Anlagen aufgrund des auftauenden Permafrostbodens – nur noch eine geringere Personenanzahl pro Kabine zugelassen ist. Heute erfreut sich die 1992 gebaute Bahn jedoch wieder großer Beliebtheit. Nahezu jede bergfahrende Kabine ist an diesem Vormittag besetzt.
Fantastischer Rundumblick von den Port Hills
An der optisch wenig ansprechenden Bergstation angelangt genieße ich einen fantastischen Rundumblick, der bei der relativ klaren Sicht heute von der Kaikoura Peninsula im Osten über die Southern Alps hinweg bis zum Hafen von Lyttelton reicht, der sich rund 500 Meter weiter unterhalb befindet. Auch die Kabinenbahn gibt bei den immer noch hervorragenden Lichtverhältnissen ein schönes Bild ab, sodass ich es nicht unterlassen kann, auch in dem schroffen Gelände unterhalb der Bergstation für den perfekten Standort etwas herumzuklettern.
Nach etwa eineinhalb Stunden beschließe ich schweren Herzens, die schönen Ausblicke hinter mir zu lassen und die Talfahrt anzutreten. Unten angekommen will mir die Fotografin natürlich gleich ihre Aufnahme von mir andrehen, was ich aber dankend ablehne. Irgendwie frage ich mich, ob tatsächlich jemals so ein Foto verkauft wird? Die Selfie-Fraktion braucht doch niemanden, der sie für 30 NZD in der Kabine fotografiert?!
Abschied von Christchurch
Nach meiner Mittagspause, bei der ich den letzten Rest des Brots aus Tekapo vertilge (das auch nach so langer Zeit immer noch um Längen besser schmeckt als alles, was ich zuvor in Neuseeland an Brot gegessen habe), steuere ich wieder einmal einen der Selbstbedienungs-Waschsalons an. Auch diesmal könnte ich gut und gerne noch ein paar Tage mit der vorhandenen Wäsche leben, aber wenn ich heute noch einmal wasche, dann komme ich in Australien bei sparsamem Umgang wohl ohne erneutes Aufsuchen eines Waschsalons aus. Das spart einerseits Zeit und andererseits auch eine neue Packung Waschpulver, denn die offene von hier kann ich natürlich schlecht im Flugzeug transportieren.
Letzte Übernachtung in Neuseeland
Mit einem Stapel frischer Wäsche mache ich mich im Anschluss auf zu meinem letzten neuseeländischen Campingplatz. In rund 25 Minuten erreiche ich die Chamberlains Ford Rest Area, ein Areal in der Nähe von Lincoln, einem Vorort von Christchurch, der zu meinem Erstaunen eine Universität beherbergt. Auf dem kostenlosen Campingplatz ist ein Platz schnell gefunden, denn viel Andrang herrscht zu dieser noch recht frühen Zeit nicht. So putze ich auch noch die verbliebenen Bereiche des Campers, ehe ich meinen Koffer soweit wie möglich schon einmal packe, damit ich morgen früh nicht mehr allzu viel zu tun habe.
Irgendwie sieht er ja jetzt schon etwas traurig aus, der Camper, so leer im Inneren. Langsam aber sicher stellt sich wirklich ein leises Abschiedsgefühl ein. Nicht einmal mehr 24 Stunden werde ich im Land der langen weißen Wolke, Aotearoa, verbringen. Sieben Wochen sind inzwischen seit meiner Ankunft im März am Flughafen von Auckland vergangen, sieben Wochen voller spannender Entdeckungen, unvergesslicher Erlebnisse, andererseits aber auch nicht wenigen Pannen, die aber bei den deutlich zahlreicheren positiven Eindrücken und Erinnerungen schnell in den Hintergrund geraten. Und doch freue ich mich nun natürlich auch auf Australien, ein neues Land, mit wahrscheinlich recht ähnlicher Kultur, aber eben doch etwas anderes, das es nun während der verbleibenden drei Wochen meiner Reise zu erkunden gilt. Melbourne, ich komme!
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.
Hi Felix,
Welcome to Aussie Land – me faster than your blog – hihihi.
„HANG LOOSE“ in the Land Down Under and enjoy mate. And remember to enjoy a cold pint of XXXX on us. I promise you, you will never forget it. ????
In the meantime I will be „Waltzing Mathilda“ – oopppsss – I mean of course waltzing Fiza.
Fiza and Ulf