Hintertuxer Gletscher • Skifahren aus der Dose

Gletscherski in Österreich

Gletscherskigebiete gibt es in Österreich eine ganze Reihe, aber nur an einem Ort ist das ganze Jahr über Skibetrieb möglich. Fährt man durch das Zillertal und biegt anschliessend in das Tuxertal ab, erreicht man am Talende den Ort Hintertux, von wo aus es in zwei Sektionen bis an den Fuss des Tuxerferners hinauf geht. Oben angekommen stehen dem Skifahrer zahlreiche Aufstiegshilfen zur Verfügung, die Pisten jedes Schwierigkeitsgrades erschliessen.

Nach dem Besuch des Stubaier Gletschers am Tag zuvor sind wir gespannt, ob uns in Hintertux ähnliche Verhältnisse in Sachen Wetter, Andrang und Schneequalität erwarten. Wie sich während der Anfahrt schnell herausstellt, ist der Ansturm auf die Talstation ähnlich gross wie im Stubaital. Auch hier müssen wir wieder auf einen weit von der Station entfernten zweiten Parkplatz ausweichen, da das Areal in Hintertux bereits vollständig gefüllt ist. Wieder geht es mit dem Bus zur Talstation, wieder dauert es letztlich von der Unterkunft zwei Stunden, bis wir endlich an der Kasse stehen. Immerhin geht es hier zügiger voran als am Stubaier Gletscher und auch eine Warteschlange an den Zubringerbahnen ist quasi nicht vorhanden.

Der Gletscherbus von Hintertux

Aus seilbahntechnischer Sicht ist Hintertux in erster Linie für seine drei Funitels bekannt, die den Gast bis auf den Gletscher befördern und daher als Gletscherbus vermarktet werden. Die erste Sektion ist gleichzeitig die neueste der drei Funitelanlagen. Gebaut wurde die Anlage als kapazitätsstarker Zubringer von 2007 bis 2008. Gut 500 Höhenmeter und neun Zwischenstützen überwinden die charakteristisch dunkelblauen CWA-Kabinen, bis die Sommerbergalm erreicht ist. Die Strecke ist durchwegs steil und dank der schnellen Geschwindigkeit von sechs Metern in der Sekunde dauert die Fahrt gerade einmal fünf Minuten. 24 Personen finden in jeder Kabine Platz, 3200 Personen können stündlich je Richtung transportiert werden. Mit Baujahr 2008 ist die Anlage übrigens das bis heute letzte gebaute Funitel in ganz Österreich. Nachdem dieser Seilbahntyp in den 90er Jahren weite Verbreitung fand, setzen die Skigebietsbetreiber heute bei exponierten Trassierungen eher auf die im Betrieb günstigere Zweiseilumlaufbahn nach dem System Von Roll. Seit 2008 wurde in ganz Europa nur noch eine einzige klassische Funitelanlage mit Umlaufbetrieb neu erstellt.

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Talstation in Hintertux. Mit dem Funitel geht es hinauf zur Sommerbergalm.

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Die Strecke ist steil und exponiert. Und leider macht auch das Wetter entgegen der Ankündigung keinen guten Eindruck.

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Angekommen auf der Sommerbergalm.

Von der Sommerbergalm zum Tuxerfernerhaus

Es war im Jahr 1995, als die erste Funitelanlage von Hintertux feierlich eröffnet werden konnte. Die heutige zweite Funitel-Sektion von der Sommerbergalm zum Tuxerfernerhaus ersetzte eine Einersesselbahn der Firma Felix Wopfner. Diese war mit ihrer Länge von über 2,5 Kilometern zur Zeit des Baus eine technische Meisterleistung, nach knapp 30 Jahren Betrieb genügte sie aber nicht mehr den Anforderungen des modernen Skiläufers. So errichtete die Firma Doppelmayr ihr erstes Funitel, das gleichzeitig auch das erste seiner Art in ganz Österreich war.

Bei der ersten Funitelanlage der Welt im französischen Val Thorens setzten die Konstrukteure 1990 noch auf zwei separate Seilschlaufen. Um dafür zu sorgen, dass beide Seile genau gleich schnell laufen, werden die beiden Antriebe elektronisch gekoppelt. Das Prinzip wurde vom Vorgänger des Funitels, dem von Denis Creissels entwickelten DMC, übernommen und kam auch Mitte der 90er Jahre noch bei verschiedenen Funitels zum Einsatz. Doppelmayr setzte dagegen bereits beim ersten hauseigenen Funitel in Hintertux auf die angesprochene Doppelschlaufe eines einzigen Zugseils, die man in leicht abgewandelter Form bereits 1988 erfolgreich bei der Gaislachkoglbahn in Sölden erprobt hatte.

Die Strecke der zweiten Sektion charakterisiert sich durch einen besonders hohen Bodenabstand im unteren Streckendrittel. Hinter der Talstation fällt das Gelände zunächst stark ab, das Funitel überspannt den Taleinschnitt jedoch in luftiger Höhe. Die ehemalige Einersesselbahn führte genau wie die heute parallel verlaufende Kleinkabinenbahn zunächst hinab in die Senke und anschliessend wieder nach oben. Dank der hohen Trassierung kommt das heutige Funitel auf 2,3 Kilometern Strecke mit gerade einmal acht Zwischenstützen aus. Gut sechs Minuten dauert es, bis die 580 Höhenmeter überwunden sind und das Tuxerfernerhaus in 2600 Metern Höhe erreicht ist.

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Blick auf die zweite Sektion Funitel von der Sommerbergalm zum Tuxerfernerhaus. Parallel dazu verläuft wie auf der ersten Sektion eine Einseilumlaufbahn mit Kleinkabinen, allerdings in Form eines deutlich interessanteren Exemplars. Es handelt sich dabei um nicht weniger als eine der ältesten Kabinenbahnen Österreichs, gebaut von der Firma Girak. Und im Vordergrund schon wieder so eine dieser fix geklemmten Sechsersesselbahnen … Naja, zum Glück ist sie geschlossen ;-) . Die Anlage dient als Rückbringer zur Station von den Abfahrten, die in dem sichtbaren Kessel enden.

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Unterwegs in Richtung Tuxerfernerhaus. Überall wurden bereits die Lanzen angeworfen, um weitere Abfahrten zu öffnen – wie man sieht, bislang ohne Erfolg.

Angekommen am Tuxerfernerhang

Am Tuxerfernerhaus ist das einzige Ganzjahresskigebiet Österreichs erreicht, doch es geht noch mit einer dritten Sektion Funitel weiter nach oben. Die 1999 fertiggestellte Anlage ist zweifelsohne die spektakulärste der drei Funitels von Hintertux und wohl auch eine der beeindruckendsten Seilbahnanlagen überhaupt. Wir nehmen allerdings erst einmal eine andere Anlage, die aber ebenfalls in Richtung der Gefrorenen Wand führt. Die Bahn wurde im Jahr 2011 von der Firma Doppelmayr erstellt und besitzt 46 zehnplätzige Kabinen mit Sitzheizung. Obwohl die Bahn nicht bis ganz auf den Gipfel der Gefrorenen Wand geht, kommt ihr im Skigebiet eine grosse Bedeutung zu. Als einer von zwei Zubringern zu den Skipisten ist sie bereits gut ausgelastet, zudem eignet sie sich aber auch für Wiederholungsfahrten. Unter anderem erschliesst die Bahn nämlich eine der Paradeabfahrten des Gletschers, den Tuxerfernerhang.

An jener Stelle wurde Ende der 60er Jahre die erste seilgezogene Aufstiegsanlage des Hintertuxer Gletscherskigebiets eröffnet. Ein Schlepplift, der schon nach wenigen Betriebsjahren einer Einersesselbahn der Firma Felix Wopfner weichen musste. Diese Einersesselbahn war die erste Sesselbahn Österreichs mit Stützen auf Gletschereis und wurde 1980 durch eine parallele Doppelsesselbahn ergänzt. Die Einersesselbahn wurde bereits beim Bau des Funitels Gletscherbus zur Gefrorenen Wand abgebaut, die Doppelsesselbahn wich der heutigen Kabinenbahn im Jahr 2011.

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Strecke der Kabinenbahn Gefrorene Wand. Das Wetter lässt leider zu wünschen übrig.

Historie an der Gefrorenen Wand

Im Jahr 1976 wurde die bis dato bestehende Einersesselbahn zur Gefrorenen Wand durch eine zweite Sektion ergänzt. Diesmal fiel die Wahl auf eine Doppelsesselbahn der Firma Doppelmayr, die entlang eines felsigen Abhangs oberhalb des Gletschers trassiert wurde. Ihre Bergstation besitzt die Anlage in einer Höhe von 3250 Metern, wobei sie eine Höhendifferenz von knapp 280 Metern überwindet. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse im Tal ist die Station förmlich an den Fels geklebt und der Einstiegsbereich befindet sich in luftiger Höhe weit über dem Boden. Auch die Trasse selbst ist nichts für schwache Nerven. Die Sesselbahn verläuft quer an einem steilen Abhang entlang und der Gletscher liegt heute aufgrund seines Rückgangs weit unterhalb. Die Lage der Bergstation ist nicht weniger dramatisch. Schon wenige Meter dahinter fällt der schmale Grat auf der anderen Seite der Gefrorenen Wand fast senkrecht ab.

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Die Sesselbahn Gefrorene Wand, ein schöner Oldtimer. Warum es statt dem angekündigten Sonnenschein nun wie verrückt schneit, bleibt uns ein Rätsel.

Auf der Suche nach der Sonne

In der Hoffnung, etwas mehr Sicht zu haben, machen wir uns auf zur etwas abgelegenen Sesselbahn Schlegeis. Die fix geklemmte Dreiersesselbahn erschliesst eine eigene Geländekammer auf der Rückseite des restlichen Skigebiets. Aufgrund seiner Exposition in Richtung Süden hat sich der Gletscher dort bereits stark zurückgezogen und die Skiabfahrt ist nur dank konsequenter Vermattung über die Sommermonate ab dem Herbst befahrbar. Der Gletscherrückgang sorgte auch dafür, dass die Sesselbahn Schlegeis heute nicht mehr an ihrem ursprünglichen Standort steht. 1987 gebaut wurde sie nach nur 15 Jahren im Sommer 2002 um etwa 150 Meter versetzt. Dadurch kann eine bessere Anbindung an die zugehörige Skipiste erfolgen. Obwohl die Bahn heute nicht mehr über Gletschereis führt, besitzt sie noch immer einige Gletscherstützen, die nun aber auf Fels stehen. Gebaut wurde die Anlage übrigens von der Firma Doppelmayr. Einige Stützen sind jedoch Konstruktionen der Firma Wito.

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Talstation der Sesselbahn Schlegeis.

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Strecke der Sesselbahn Schleigeis, unter anderem mit einer der ehemaligen Gletscherstützen.

Zweifelhaftes Vergnügen am Kaserer

Mangels Alternativen machen wir uns zunächst einmal ans andere Ende des Gletscherskigebiets, zu den Anlagen am Kaserer auf. Unser erstes Ziel ist der Schlepplift Kaserer 1, der seit dem Jahr 2005 an dieser Stelle seine Runden dreht. Konstruiert wurde der Lift von der Firma Doppelmayr und besitzt mit fast 500 Metern die mit Abstand grösste Höhendifferenz aller Gletscherschlepplifte in Hintertux. Als Besonderheit besitzt er einen Zwischeneinstieg, der sich am unteren Gletscherende befindet. Die eigentliche Talstation liegt ein gutes Stück weiter unterhalb, der Bereich bis zum Zwischeneinstieg kann allerdings mangels Schneeunterlage im Sommer und Herbst nicht befahren werden. Der heutige Schlepplift Kaserer 1 ist übrigens nicht der erste mit diesem Namen. Bereits 1977 erstellte die Firma Doppelmayr einen Schlepplift mit dem gleichen Namen, der allerdings einen anderen Verlauf hatte. Unter anderem besass die alte Anlage eine Zwirbelkurve.

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Zwischeneinstieg des Schlepplifts Kaserer 1 mit der obligatorischen Warteschlange. Leider sind die Pisten in diesem Bereich schmal und daher völlig überlastet. Gepaart mit der schlechten Sicht ist das Fahren hier alles andere als ein Vergnügen.

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Strecke des Schlepplifts Kaserer 1.

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Beim Warten am Schlepplift Kaserer 1 fällt der Blick auch auf die Sesselbahn Lärmstange. Die Doppelsesselbahn von Doppelmayr ist nur in den Wintermonaten in Betrieb und erschliesst auch ausschliesslich Abfahrtsrouten. Das ist wohl auch der Grund dafür, warum hier noch keine Achtersesselbahn mit Sitzheizung ihre Runden dreht ;-) .

Wo es eine Nummer eins gibt, da gibt es meist auch eine Nummer zwei. Am Kaserer ist das nicht anders und wenig überraschend befindet sich ein paar hundert Meter weiter der Schlepplift Kaserer 2. Gebaut wurde er im Jahr 1982, ebenfalls von der Firma Doppelmayr. Mit 350 Höhenmetern kommt er nicht ganz an seinen grösseren Bruder heran, besitzt aber für einen Gletscherschlepplift eine immer noch stattliche Länge und Höhendifferenz. Bis heute ist er weitgehend im Originalzustand erhalten, lediglich die Bergstation wurde wegen des Gletscherrückgangs vor einigen Jahren versetzt.

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Schlepplift Kaserer 2. Hier ist zum Glück etwas weniger los als beim Namensvetter links nebenan.

Chaos im Tuxerfernerhaus

In der Hoffnung, dass das Wetter am Nachmittag doch noch etwas besser wird, wollen wir eigentlich frühzeitig zu Mittag essen. Da wir keine Alternativen ausfindig machen können, machen wir uns auf zum Tuxerfernerhaus, dem zentral gelegenen Restaurant am Fusse des Skigebiets. Schon von aussen wirkt die Situation dort chaotisch, und einmal innen angekommen vergeht uns der Appetit gerade wieder. Im bedienten Teil ist kein Platz ausfindig zu machen, in der Selbstbedienung geht die Warteschlange aus dem Gebäude heraus. Im Flur sitzen die Leute mit ihren Tabletts bereits auf dem Boden, weil weder innen noch auf der Terrasse noch Sitzplätze zur Verfügung stehen. Na wunderbar! Macht natürlich unheimlich Sinn, die Möglichkeit zu haben, stündlich 7.000 Personen auf den Gletscher zu befördern, aber nur ein einziges Restaurant mit ein paar hundert Plätzen zu öffnen. Diese Rechnung kann einfach nicht aufgehen!

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Situation am Tuxerfernerhaus – chaotisch!

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Auch die Kabinenbahn an der Gefrorenen Wand ist nach wie vor bis auf den letzten Platz besetzt. Äh ja, genauso stelle ich mir Skifahren nicht vor.

Das Funitel zur Gefrorenen Wand

Daher geht es mit der dritten Sektion Funitel nach oben, die wir bislang noch nicht gefahren sind. Die Bahn weiss mit ihrer spektakulären Trassierung zu begeistern. Auf einer Höhe von 2600 Metern beginnt die Anlage, überwindet auf ihrem Weg zur Bergstation 635 Höhenmeter und 12 Zwischenstützen. Nur gerade einmal fünf Minuten dauert es, bis die Bergstation an der Gefrorenen Wand in 3235 Metern Höhe erreicht ist. Und mit einer Förderleistung von 3000 Personen pro Stunde ist die Bahn auch eine der kapazitätsstärksten im Skigebiet.

Doch nicht nur die nackten Zahlen sind es, die beeindrucken, es ist vor allem das unvergleichliche Fahrterlebnis. Nachdem die Kabine die Talstation verlassen hat und ans Seil geklemmt ist, durchfährt sie zunächst einen 60 Meter langen lawinensicheren Tunnel, bevor sie ans Tageslicht kommt. Es dauert nicht lange, bis eine steile Felswand überwunden wird, die bei der Bahn für eine maximale Steigung von 90% sorgt. Es folgt ein weiteres langes Spannfeld, bis die maximale Höhe kurz vor der Bergstation erreicht wird. Von dort aus geht es nahezu waagerecht entlang eines steil abfallenden Felsgrats, bis die Gefrorene Wand schliesslich erreicht ist.

Auch wenn sich die dritte Sektion auf den ersten Blick in technischer Hinsicht nicht von ihren beiden Schwesteranlagen unterscheiden lässt, so besitzt sie eine ganz spezielle Besonderheit. Normalerweise zeichnen sich Funitels dadurch aus, dass sich wegen der komplexen Seilführung Antrieb und Abspannung der Seile in unterschiedlichen Stationen befinden. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse am Gipfel war man an der Gefrorenen Wand jedoch zu einer anderen Vorgehensweise gezwungen. Daher besitzt das Funitel eine einmalige kombinierte Antriebs- und Abpannungseinrichtung in der Talstation. Der Antrieb ist dabei verschiebbar auf einem Spannschlitten installiert.

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Eine volle Kabine erreicht die Bergstation an der Gefrorenen Wand.

An der Bergstation der Sesselbahn Schlegeis finden wir schliesslich zufällig einen kleinen Imbiss. Der Innenraum ist zwar ebenfalls vollständig besetzt, doch nach einiger Zeit können wir uns einen kleinen Abstelltisch am Eingang sichern. Es zieht und das Essen ist von durchwachsener Qualität, aber zumindest haben wir nun etwas im Magen.

Hoch hinaus zum Olperer

Nach der Mittagspause führt uns der Weg zum Doppelschlepplift Olperer. Dieser erschliesst mehrere Abfahrten am gleichnamigen Berg, der sich gegenüber von der Gefrorenen Wand auf der anderen Seite des Gletschers befindet. An dieser Stelle wurde in den 80er Jahren zunächst ein einzelner Lift erstellt, der ein Jahrzehnt später durch eine zweite Anlage gedoppelt wurde. Beide Schlepplifte sind Konstruktionen von Wito.

Auf den ersten hundert Metern Strecke überwinden die beiden Schlepplifte noch keine nennenswerte Höhendifferenz, kurz darauf wird die Trasse aber deutlich steiler. 222 Höhenmeter überwindet der ältere, rechte Lift, die jüngere Nummer zwei auf der linken Seite endet bereits ein paar Meter unterhalb. Gemeinsam mit den Schleppliften an der Gefrorenen Wand erschliessen die Olperer-Schlepplifte den höchsten Bereich des Hintertuxer Gletschers. Die Bergstationen befinden sich in nahezu der gleichen Höhe und ermöglichen bei einer Fahrt hinab bis zum Ende des Gletschers am Tuxerfernerhaus eine Gesamthöhendifferenz von über 600 Metern – das ist Rekord in Österreich.

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Die beiden Olperer-Schlepplifte mit ihren auf Gletschereis schwimmenden Stützen. Die Warteschlangen sind auch hier lang, doch die Schlepplifte schaufeln gemeinsam einiges nach oben. Dank der zahlreichen Abfahrten verteilen sich die Massen aber gut.

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Weil die Wolkendecke gerade aufreisst, entschliessen wir uns zu einigen Wiederholungsfahrten an den Olperer-Schleppliften. Obwohl die Lifte nur gut 200 Höhenmeter überwinden, sind die Abfahrten unerwartet abwechslungsreich und schön zu fahren. Speziell bei der leichten Neuschneeauflage sind die Schwünge hier ein Vergnügen.

Ein letzter Versuch an der Sesselbahn Lärmstange

Der Vollständigkeit halber bewegen wir uns am späteren Nachmittag auch noch einmal in den Bereich am Kaserer, wo mit der Sesselbahn Lärmstange-Kaserer noch eine weitere Anlage abzuhaken ist. Die mit Baujahr 2015 neueste Anlage im Skigebiet von Hintertux ist eine typische 6er-Sesselbahn aus dem Hause Doppelmayr und verläuft mehr oder weniger parallel zum Schlepplift Kaserer 1. Jedoch ist sie etwas kürzer und besitzt daher knapp 100 Meter weniger Höhendifferenz.

Obwohl die Sesselbahn zahlreiche Gletscherabfahrten bedient, ist sie so trassiert, dass alle Stationen und Stützen auf Fels stehen können. Dadurch spart man sich nicht nur die speziellen Stahlkonstruktionen auf dem Gletscher, auch das aufwendige Versetzen der schwimmenden Gletscherstützen kann auf diese Weise vermieden werden. Noch vor einigen Jahrzehnten wäre eine Trassierung an dieser Stelle jedoch ohne Gletscherstützen undenkbar gewesen. Erst der Gletscherrückgang ermöglichte den Bau der Sesselbahn an dieser Stelle.

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Talstation der Sesselbahn Lärmstange-Kaserer. Auch wenn die Bahn nicht ganz ausgelastet ist, bringt sie gemeinsam mit den beiden Kaserer-Schleppliften viel zu viele Personen auf die wenigen, schmalen Pisten. Die Abfahrt gleicht daher eher einem Überlebenskampf als unbeschwertem Skivergnügen.

Zurück zur Gefrorenen Wand

Daher machen wir uns trotz des nach wie vor vorherrschenden Nebels wieder auf in Richtung der Gefrorenen Wand. Hier erklimmen noch zwei weitere Schlepplifte den höchsten Punkt des Skigebiets. Beide stammen aus der Feder des österreichischen Herstellers Wito und sind für einen Gletscherschlepplift ungewöhnlich steil. Gut 240 Höhenmeter überwinden sie auf einer Strecke von 750 Metern, bevor die im Fels verankerte Bergstation erreicht ist. Die beiden Talstationen schwimmen genau wie sämtliche Stützen der beiden Anlagen im Gletschereis und werden durch Halteseile und regelmässiges Versetzen in der richtigen Position gehalten. Im Hochsommer, wenn die Abfahrt zum Tuxerfernerhaus nicht möglich ist, kommt den beiden Liften zusätzlich eine Aufgabe als Rückbringer zu. Dann ist eine Rückkehr ins Tal nämlich nur mit dem Gletscherbus von der Gefrorenen Wand aus möglich.

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An der Talstation der Gefrorenen-Wand-Schlepplifte.

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Spät, aber immerhin noch vor der letzten Abfahrt, reisst die Wolkendecke schliesslich auf und die Sicht wird schlagartig besser.

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Daher fahren wir zum Abschluss noch einmal mit dem Funitel auf die Gefrorene Wand.

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Die tiefstehende Sonne ermöglicht plötzlich so manch interessantes Fotomotiv. Dennoch haben wir gegen 15.30 Uhr genug und machen uns wieder auf zum Tuxerfernerhaus. Ins Tal zurück geht es diesmal nicht mit dem Funitel, sondern mit den beiden älteren Kleinkabinenbahnen.

Zur Erschliessung des Hintertuxer Gletschers

Auf der zweiten Teilstrecke von der Sommerbergalm bis zum Tuxerfernerhaus verrichtet seit dem Mitte der 70er Jahre eine altehrwürdige Kabinenbahn von Girak ihre treuen Dienste. Die 1965 respektive 1968 eröffneten Einersesselbahnen der Firma Felix Wopfner zur Sommerbergalm und weiter zum Tuxerfernerhaus konnten dem Besucheransturm nicht lange standhalten. Daher entschied man sich Anfang der 70er Jahre dazu, eine parallele Kabinenbahn zu erstellen, die die Förderleistung deutlich erhöhte und die Fahrzeit dramatisch verringerte. 1973 konnte die erste Sektion zur Sommerbergalm eröffnet werden, die zweite Sektion zum Tuxerfernerhaus folgte zwei Jahre später.

Der österreichische Hersteller Girak setzte zur damaligen Zeit in Lizenz die Schraubklemme des Schweizer Konstrukteurs Gerhard Müller ein. Durch die restriktive Gesetzgebung in Österreich konnten kuppelbare Kabinenbahnen erst ab Anfang der 70er Jahre gebaut werden – zu einer Zeit also, als im westlichen Nachbarland schon zahlreiche Klemmensysteme weite Verbreitung gefunden hatten. Um den technischen Rückstand schnellstmöglich aufholen zu können, bedienten sich die österreichischen Hersteller also den eidgenössischen Klemmen. Doppelmayr nutzte die Von-Roll-Klemme in Lizenz, Girak setzte wie angesprochen auf das Müller-Exemplar.

Bereits 1986, also gerade einmal nach einem Jahrzehnt, mussten die beiden Sektionen jedoch erneut umgebaut werden. Auch diesmal zeichnete der Gesetzgeber verantwortlich, denn die Müller-Schraubklemme wurde Ende der 80er Jahre in Österreich verboten. Die bestehenden Anlagen mussten daraufhin umgebaut werden und wurden von der Firma Girak mit der in der Zwischenzeit selbst entwickelten Nockenklemme ausgestattet. Auch in Hintertux waren beide Sektionen seither mit der Nockenklemme ausgestattet. Die erste Sektion zur Sommerbergalm wich 2007 einem der Funitels, die zweite Sektion zum Tuxerfernerhaus besteht jedoch bis heute. Damit ist sie nicht nur eine wunderschöne, nostalgische Anlage, sondern nach der Spieljochbahn in Fügen auch die zweitälteste ihrer Art in ganz Österreich.

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Bergstation der Kabinenbahn Sommerbergalm-Tuxerfernerhaus.

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Unterwegs ins Tal mit dem Funitel vis-à-vis.

Seit dem Jahr 2000 übernimmt den Personentransport von Hintertux zur Sommerbergalm eine 8er-Kabinenbahn der Firma Doppelmayr. Wie das seit 2008 parallel verlaufende Funitel besitzt die Bahn eine relativ steile Trasse und überwindet knapp 450 Höhenmeter. Bei ihrem Bau ersetzte sie eine Zweiersesselbahn von Doppelmayr. Diese war ihrerseits 1981 die Ersatzanlage für die allererste Sesselbahn von Hintertux – die 1965 gebaute Einersesselbahn zur Sommerbergalm aus dem Hause Felix Wopfner.

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In der Bergstation der Kabinenbahn Hintertux-Sommerbergalm.

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Talfahrt nach Hintertux.

Skifahren aus der Dose

Naja – so könnte man den Skitag in Hintertux in Kurzform zusammenfassen. Natürlich hat das völlig unerwartete schlechte Wetter sein Übriges dazu beitragen, dass dieser Skitag nicht wirklich in nachhaltig positiver Erinnerung bleiben kann. Aber auch bei Sonnenschein wäre das Fazit vermutlich nicht wesentlich anders ausgefallen. Hintertux ist ein Paradebeispiel dafür, wie man durch den Bau völlig überdimensionierter Anlagen ein Skigebiet uninteressant machen kann. Mir ist es ein Rätsel, wie diese Art von skifahren dem Grossteil der skifahrenden Bevölkerung gefallen kann. Man steht ewig an den Aufstiegshilfen an, nur um im Anschluss auf vereisten und verfahrenen Pisten irgendwie zu versuchen, wieder kollisionsfrei ins Tal zu kommen. Freiheit und Naturgenuss stelle ich mir anders vor.

Doch irgendwie scheint es den Massen zu gefallen, sonst kämen sie ja nicht alle in Scharen angefahren. Vielleicht liegt es einfach daran, dass sie diese Massenabfertigung als Normalfall ansehen und die Perlen abseits des Mainstreams nicht kennen? Ähnlich wie am Stubaier Gletscher bleibt jedenfalls zumindest für mich festzuhalten, dass sich ein Besuch des Hintertuxer Gletschers nur in Sachen Seilbahnen wirklich lohnt.

 

2 Gedanken zu „Hintertuxer Gletscher • Skifahren aus der Dose“

  1. du solltest mal an pfingsten auf den hintertuxer bei schönem wetter und offener abfahrt bis zur sommerbergalm – dein fazit wäre ein anderes! alles leer, tolle pisten, schnelle lifte, totale ruhe im tfh.
    vg
    tom

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    • Hallo Tom,

      das kann ich glaube ich ziemlich entschieden mit einem „Nein“ beantworten ;-) . Bei schönerem Wetter könnte man sicher über manches hinwegsehen. Aber das Grundproblem bleibt am Hintertuxer Gletscher wie bei so vielen anderen Skigebieten (insbesondere in Österreich) bestehen. Ein Freund hat das vor Jahren mal sehr treffend als „Kaufhausatmosphäre“ beschrieben. Durch die modernen und austauschbaren Seilbahnen und die perfektionierte, auf Massen ausgelegte Infrastruktur entsteht der Eindruck, dass man die Umwelt nur durch ein Schaufenster betrachtet. Durch Erdarbeiten langweilig glatt gebügelte und daher austauschbare Pisten, Absperrungen, Fangzäune, … Das alles ist nicht das, was ich mir unter Skifahren vorstelle und hat für mich schon gar nichts mit einem alpinen Erlebnis zu tun. In Hintertux bin ich nicht eine Piste gefahren, die ich in ähnlicher Form nicht schon in x anderen Skigebieten gesehen hätte. Ich habe lieber eine Seilbahn oder einen Schlepplift, der mich auf irgendeinem exponierten Gipfel ohne Schnick-Schnack abstellt und Pisten mit einzigartigem Charakter erschließt. Dafür stehe ich dann auch gerne mal eine halbe Stunde an.

      Im letzten Herbst, wo sonst ohnehin nichts offen war, war es ganz ok, mal dort gewesen zu sein. Aber wenn ich Alternativen wie 2.000-Höhenmeter-Abfahrten, Kleinode, die keiner kennt, irgendwelche kultigen, klapprigen Seilbahnen von anno dazumal oder Berge wie den Mont Gélé habe, dann denke ich nicht einmal im Traum daran, in ein Industrieskigebiet wie Hintertux zu fahren.

      Viele Grüße,
      Felix

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