Wer an Skifahren im Oberwallis denkt, dem kommen vermutlich in erster Linie die grossen Namen wie Zermatt, Saas-Fee oder die Aletschregion in den Sinn. Doch neben diesen renommierten Wintersportorten finden sich rund um Rotten und Vispa noch zahlreiche weitere kleine Perlen, in denen seit Jahrzehnten skigefahren wird. Oberhalb von Visp befinden sich in der Augstbordregion mit Bürchen, Unterbäch und Eischoll gleich drei solche kleinen Skigebiete.
Unterbäch im Zentrum der Augstbordregion
Unterbäch liegt in der Mitte der drei Skigebiete und ist über einen langen Ziehweg auch mit Eischoll verbunden. Die etwas ungewöhnliche Verbindung zwischen den beiden Gebieten ist nicht die einzige Kuriosität an diesem Hang. Doch dazu später mehr. Als Zubringer in das Skigebiet dient bereits seit den 50er Jahren eine Sesselbahn zur Brandalp. 1954 erstellt die Firma Habegger an dieser Stelle eine ihrer seltenen Einersesselbahnen. Die Bausubstanz der heutigen Sesselbahn stammt hingegen weitgehend aus den 80er Jahren. 1985 ersetzt die Firma Küpfer die in die Jahre gekommene Einersesselbahn durch ein Exemplar mit zweiplätzigen Fahrzeugen. Bartholet saniert die gut 1,1 Kilometer lange Anlage im Jahr 2011 und spendiert ihr dabei unter anderem neue Sessel.
Der Zugang zur Sesselbahn gestaltet sich etwas anders als in vielen anderen Skigebieten. Von der Dorfmitte ist die Talstation nach einem kurzen Fussmarsch erreicht. Parkplätze in direkter Nähe zur Sesselbahn sucht man in Unterbäch dagegen vergeblich. Ein geräumiges Parkhaus am Dorfrand steht für die Skitouristen bereit, die Talstation kommt am Ausgang nach wenigen Augenblicken in Sichtweite. Schneller und stressfreier erreicht man den Ort aber ohnehin auf einem anderen Weg. Ebenfalls bereits in den 1950er Jahren erstellt Habegger eine Luftseilbahn von Raron im Rhônetal hinauf nach Unterbäch. Die Bergstation der im Jahr 2000 durch Inauen-Schätti komplett umgebauten Anlage liegt ebenfalls nur einen Steinwurf von der Sesselbahn zur Brandalp entfernt.
Erste Schwünge in Unterbäch
Etwas unscheinbar dreht im unteren Teil neben der Sesselbahn noch ein kurzer Übungslift seine Runden. Er entsteht 1967 als Ergänzung für ungeübte Skifahrer und ermöglicht an einem flachen Hang eine komfortable Aufstiegshilfe für die ersten Schwünge. Konstruiert wird er von der Firma Garaventa nach Bauweise Doppelmayr und ist heute eines der ältesten noch in Betrieb befindlichen Exemplare des Herstellers aus der Zentralschweiz. 36 Höhenmeter überwindet er auf gut 200 Metern Streckenlänge.
Auf und Ab mit der Sesselbahn Brandalp – Breitensteg
Eine wirkliche Erweiterung erfährt das Skigebiet von Unterbäch aber erst Mitte der 70er Jahre. Von der in 1600 Meter Höhe gelegenen Brandalp geht es seither auf recht kuriose Art und Weise weiter den Berg hinauf. Eine fix geklemmte Zweiersesselbahn übernimmt heute den Transport der Wintersportler in Richtung Breitensteg. Allein schon die Tatsache, dass der Auftrag zum Bau der Sesselbahn 1993 an den Südtiroler Seilbahnhersteller Leitner geht, ist damals im Wallis eher ungewöhnlich. Noch viel erstaunlicher ist allerdings die unkonventionelle Trassierung dieses Seilbahnexemplars. Denn anfänglich erweckt die Sesselbahn zwar tatsächlich den Anschein, dass sie steil bergaufführt. Doch bereits nach wenigen Minuten Fahrt ändert sich dieser Eindruck schlagartig.
Bereits vor der Streckenmitte erreichen die Sessel nämlich den höchsten Punkt. Von nun an geht es kontinuierlich und gegen Ende immer steiler wieder bergab, sodass die Bergstation nur gerade 155 Meter höher liegt als die Talstation. Und das bei fast 1,6 Kilometer Streckenlänge. Die kuriose Trassierung quer zum Hang entlang hat jedoch ihren Grund. Ab 1974 bedient ein extrem steiler Poma-Kurvenlift diesen Nordhang im Wald. Der Lift ist der einzige Zubringer zu den weitläufigen und beliebten Abfahrten an den restlichen Anlagen weiter oberhalb. Die steile Trassierung ist jedoch gefährlich und entsprechend unbeliebt bei den Gästen. Und so kommt es dazu, dass man sich knapp zwei Jahrzehnte später zum Bau dieser Sesselbahn entschliesst.
Anstatt erneut auf eine kurze, steile Sektion zu setzen, entsteht dieses Kuriosum. Quer am Hang entlang führt die Sesselbahn von der Brandalp direkt nach Breitesteg. Auf diese Weise kann sie auch von Wanderern als Zugang zu dem weitläufigen Hochtal im oberen Bereich des Skigebiets genutzt werden. Gleichzeitig dient sie bei schlechter Schneelage als behelfmässiger Rückbringer zur Brandalp. Allzu häufig sollte dieser Fall heute jedoch nicht mehr eintreten, denn mittlerweile weisen sämtliche strategisch wichtige Abfahrten in Unterbäch eine Beschneiungsanlage auf.
Der Schlepplift Unter Senntum
Weiter hinauf geht es auf der dritten Sektion seit 1975 in Form eines Schlepplifts. Und wieder ist es seinerzeit ein anderer Hersteller, der den Auftrag zum Bau erhält. Wie die Fachwerkportalstützen schnell verraten, handelt es sich um eine astreine Konstruktion des Seilbahnpioniers Gerhard Müller. Ein fahrbarer massiver Antriebsblock in der Talstation trägt ebenfalls die Handschrift des Konstrukteurs aus dem Kanton Zürich. Der Schlepplift Unter Senntum ist ganz im Gegensatz zum damaligen Poma-Schlepplift auf der zweiten Teilstrecke deutlich flacher trassiert. Auf einer Länge von 1,5 Kilometern überwindet er aber doch ziemlich genau 300 Höhenmeter und erschliesst eine nette Abfahrt in einer geschützten Muldenlage zwischen 1700 und 2000 Metern über dem Meer.
Trotzdem wird der Lift in erster Linie dann aber doch als Zubringer zum eigentlichen Höhepunkt des Skigebiets in der Augstbordregion genutzt, dem Schlepplift Seefeld, der sich gleich anschliesst. Mit seinen heutigen hydraulischen Gehängen von Borer und einer eher gemütlichen Fahrgeschwindigkeit kann der Lift stündlich maximal 600 Personen befördern. Damit ist er definitiv kein Rekordhalter, aber angesichts seiner Aufgabe im Skigebiet ist die Förderleistung im Normalfall völlig ausreichend.
Der Höhepunkt von Unterbäch
Die spannendsten Hänge erreicht man dann letztlich aber erst mit der vierten Sektion der Seilbahnkette, dem angesprochenen Schlepplift Seefeld. Die Anlage nimmt drei Jahre nach dem Schlepplift Unter Senntum den Betrieb auf und dringt bis in eine Höhe von 2443 Meter über dem Meer vor. Im Schatten des knapp 3000 Meter hohen Augstbordhorns, das der Region ihren Namen verleiht, erschliesst der Schlepplift Seefeld eine ganze Reihe an abwechslungsreichen und teils steilen Abfahrten in einem abgelegenen Hochtal. Allein schon die Abgeschiedenheit macht die Fahrt zu einem echten Erlebnis.
Doch auch aus anderen Gründen ist der Weg in die Höhe bei diesem Schlepplift speziell. Das liegt vor allem an seiner flotten Fahrgeschwindigkeit. Nach dem doch sehr gemächlichen Aufstieg mit den beiden fix geklemmten Sesselbahnen und dem unteren der beiden Schlepplifte lädt dieser Hang zum Kilometerfressen ein. Und auch aus technischer Sicht ist dieser sehr schwere Schlepplift interessant. Konstruiert wird er 1978 von der Firma Küpfer und besitzt eine einmalige Stützenform mit zwei parallelen Rundrohrschäften. Die Konstruktion besitzt optisch die Ausmasse einer fix geklemmten Sesselbahn, wenngleich ein Sommerbetrieb mit Sesseln an dieser Stelle wohl nie beabsichtigt gewesen ist.
Pulverabfahrten am Schlepplift Seefeld
Mit 443 Höhenmetern auf einer Streckenlänge von rund zwei Kilometern reiht sich der Lift aber dennoch in die Riege der spektakulären Anlagen der Augstbordregion ein. Die beiden Schlepplifte mit der grössten Höhendifferenz der ganzen Schweiz stehen in den benachbarten Gebieten Eischoll und Bürchen und auch der Schlepplift Seefeld muss sich mit seiner Trassierung nicht vor seinen Kollegen verstecken. Weit bis zu diesen ist es von der Bergstation übrigens nicht. Das von Bürchen aus erschlossene Törbeltälli befindet sich gleich hinter dem Berggrat ein Tal weiter östlich. Eine Verbindung mit Bürchen ist während Jahrzehnten ein Dauerbrenner, doch bisweilen nicht Realität geworden. Konkreter sind derzeit die Planungen einer fünften Sektion am Altstafelhorn im Westen des Talkessels.
Die lange Seilbahnreise mit ihrem Bergauf und Bergab könnte dann nochmal etwas länger werden. Von Unterbäch bis hierher ist man nämlich schon jetzt ziemlich genau eine Dreiviertelstunde unterwegs. Aus Skifahrersicht ist die Erschliessung sicher etwas gewöhnungsbedürftig. Aber nach Unterbäch fährt man nicht zum Kilometerfressen. Das Skigebiet ist in seinem Aufbau absolut einzigartig und allein schon deshalb einen Besuch wert. Und die schönen Nordhänge mit ihrer auch im Frühling hervorragenden Schneequalität entschädigen für die lange und kuriose Anreise.
Kuriose Verbindungswege im Wald
Spannend ist aber ohnehin noch ein weiterer Aspekt. Wie angesprochen ist Unterbäch auch mit dem nahegelegenen Skigebiet von Eischoll verbunden. Die Verbindung ist dabei genauso zweckmässig wie kurios. Ein langer Forstweg zweigt von der Abfahrt an der obersten Schleppliftsektion ab und führt mit kontinuierlichem Gefälle quer am Hang entlang durch den Wald. Etwa auf halbem Weg nach Eischoll kreuzt er die Abfahrt in der entgegengesetzten Richtung von Eischoll nach Unterbäch. Auch bei dieser handelt es sich um einen Forstweg, der wiederum von der oberen Sektion des Skigebiets Eischoll erreichbar ist. In der Mitte verläuft der Weg sogar annähernd horizontal und wird auf diesem Abschnitt sogar in beide Richtungen gleichzeitig genutzt.
Das Skigebiet Eischoll im Westen der Augstbordregion
Eischoll selbst ist gemessen an der Zahl der Anlagen kleiner als das Skigebiet von Unterbäch. Eine Sesselbahn und ein Schlepplift erschliessen hier die Hänge oberhalb der Ortschaft. Beide Anlagen besitzen eine interessante Geschichte, doch speziell der Schlepplift auf der zweiten Sektion ist auch aus technischen Gesichtspunkten besonders interessant.
Als Zubringer in das Skigebiet dient seit dem Jahr 2017 eine fix geklemmte Vierersesselbahn aus dem Hause Garaventa. Auf einem knappen Kilometer Streckenlänge überwinden die Sessel ziemlich exakt 300 Höhenmeter. Die Förderleistung der Anlage liegt mit 600 Personen pro Stunde in einem sehr moderaten Bereich, doch mehr ist an diesem Nordhang auch gar nicht notwendig. Eischoll ist keineswegs ein überlaufenes Skigebiet, sondern bietet auch in der Hochsaison stets genügend Platz für ausgelassene Schwünge auf den Abfahrten. Die Sesselbahn trägt mit ihrer geringen Fahrgeschwindigkeit definitiv zum entschleunigenden Charakter dieses kleinen Skigebiets bei.
So dauert es doch eine ganze Weile, bis die Bergstation Striggen erreicht ist. Antrieb und Abspannung sind in dieser kompakten Station kombiniert untergebracht. Mit gerade einmal sieben Stützen kommt die Anlage dank einer kontinuierlichen Steigung aus. Grössere Gefällsbrüche sucht man auf der Strecke vergebens. Und so sind auch die zugehörigen Pisten geprägt von einem durchgehenden Gefälle. An ausgewählten Tagen in der Saison wird die Hauptabfahrt auch zum Nachtski beleuchtet.
Rekord-Schlepplifte in der Augstbordregion
Die Sesselbahn Striggen endet auf einer kleinen Kuppe, von der aus nach kurzer Fahrt die zweite Sektion in Form des angesprochenen Schlepplifts ins Blickfeld gerät. Bereits auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass es sich bei dieser Anlage keineswegs nur um eine kleine, leichte Ergänzung handelt. Vielmehr ist bereits die überaus massive Konstruktion der Talstation ein Indiz dafür, dass es sich beim Schlepplift Erez um eine wahrlich aussergewöhnliche Seilbahnanlage handelt. Denn auf seiner über 1,7 Kilometer langen Strecke überwindet er fast 600 Höhenmeter. Übertroffen wird dieser Wert bei Schleppliften in der Schweiz derzeit nur von einer weiteren Anlage. Dem Schlepplift Törbeltälli im nahegelegenen Bürchen, der die 600er-Marke um 48 Meter überschreitet.
Genau wie der Rekordhalter stammt auch die zweite Sektion in Eischoll aus dem Hause Küpfer. Der Seilbahnhersteller aus dem Berner Oberland zeichnet 1980 gleich für zwei neue Anlagen in Eischoll verantwortlich. Auch auf der ersten Sektion dreht damals eine Küpfer-Seilbahn ihre Runden. Eine fix geklemmte Zweiersesselbahn ermöglicht den Zugang ins Skigebiet, bis sie 2017 dem heutigen Exemplar mit vierplätzigen Sesseln weicht. Ihrerseits ist sie übrigens auch nicht die erste Anlage auf der heutigen ersten Teilstrecke, denn bereits 1966 nimmt dort ein erster Schlepplift von Bühler den Betrieb auf. Da die Schneesicherheit trotz der Nordhanglage aber nicht immer gegeben ist, entschliesst man sich zu Beginn der 80er Jahre zu der umfassenden Erneuerung und Erweiterung des Skigebiets.
600 Höhenmeter Schlepplift im Wald von Eischoll
Der Schlepplift auf der oberen Sektion ist seither zweifelsohne das Zugpferd in Eischoll, bedient er doch eine ganze Reihe an abwechslungsreichen Abfahrten. Steile Abschnitte im Wald wechseln sich mit weitläufigen Hängen im unteren Teil ab. Auch der Schlepplift selbst taucht nach einem gemächlichen Beginn in den steilen Wald unterhalb des Ergischalphorns ein. Steil geht es dort hinauf, und die Sonne vermag kaum durch die dichten Nadelbäume hindurchzuscheinen. Vom Wintersportler unbemerkt beginnt sich im Hintergrund ein immer beeindruckenderes Panorama aufzubauen. Erst auf der anschliessenden Abfahrt rücken die umliegenden Berge wirklich ins Blickfeld.
Trotz seiner Bergstationshöhe in 2130 Metern über dem Meer verlässt der Schlepplift Erez den Wald nicht mehr. Die Baumgrenze liegt an diesem geschützten Hang ungewöhnlich hoch, sodass die Bergstation mit ihrer fixen Umlenkscheibe recht unscheinbar bleibt. Angetrieben und abgespannt wird das Förderseil nämlich in der Talstation. Warum der Lift gerade an dieser Stelle endet, ist auch bei genauerem Hinsehen nicht ganz eindeutig zu beantworten. Der Hang würde durchaus noch weitere 200 Höhenmeter mit konstanter Steigung nach oben führen. Doch bei 600 Höhenmetern gibt es andererseits wahrlich keinen Grund für Beschwerden. Vielleicht ergibt sich ja aber doch noch irgendwann eine Möglichkeit zum Bau einer dritten Sektion, die das Skigebiet noch einmal deutlich erweitern würde.
Streng genommen ist der Schlepplift Erez übrigens bereits die dritte Sektion. Denn genau wie Unterbäch ist auch Eischoll vom Rhônetal aus mit einer kleinen Luftseilbahn erreichbar. Die Anlage startet in der Ortschaft Raron gleich neben jener nach Unterbäch, kommt aber noch deutlich nostalgischer daher. Gebaut wird sie ursprünglich durch Von Roll in den 1960er Jahren.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.