Hoch über dem Rhônetal, am südlichen Ende des Lötschentals, liegt der kleine Weiler Jeizinen. Umgeben von zahlreichen Dreitausendern geniesst man von der Sonnenterrasse einen traumhaften Blick auf den fast 1000 Meter tiefer liegenden Talboden des Oberwallis.
Per Seilbahn von Gampel nach Jeizinen
Steil fällt der Hang hier nach Süden ab, unwegsam ist das Gelände. Und so ist es nicht wirklich erstaunlich, dass der schnellste und bequemste Weg vom Tal nach Jeizinen heute über eine Luftseilbahn führt. 1962 nimmt diese Anlage den Betrieb auf. Sie ist für die Dorfbewohner eine willkommene Erleichterung, lässt sich mit ihr doch der zuvor so beschwerliche lange Weg ins Tal und wieder zurück vermeiden. Zuvor sind es nämlich nur kleine Feldwege, die die Verbindung zum Rest der Welt sicherstellen. Und auch wenn zur gleichen Zeit auch eine Fahrstrasse via Bratsch und Erschmatt entsteht, der stilvollere Weg nach Jeizinen ist bis heute die stündlich verkehrende Seilbahn von Gampel bis in 1500 Meter Höhe.
Seilbahnen zur Erschliessung von Weilern oberhalb des Rhônetals sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine Seltenheit. Auch von Turtmann nach Oberems, von Raron nach Eischoll und Unterbäch oder von Gamsen nach Mund entstehen solche Luftseilbahnen, deren touristische Bedeutung aber meist gering ist. Ausnahmen bestätigen aber die Regel, denn in der Aletschregion sind derartige Anlagen der Auftakt zu einer erfolgreichen Entwicklung grosser Skigebiete. Jeizinen liegt irgendwo zwischen diesen beiden Welten. Denn auch hier hat die Seilbahn eine touristische Entwicklung angestossen.
In den grossen Skiatlanten sucht man den Namen Jeizinen vergeblich
Auch auf diesem sonnigen Hang entsteht in den 60er Jahren ein kleines Skigebiet. Unbemerkt von den meisten Touristen beginnt die Geschichte des Skigebiets auf der Feselalp an einem ersten Schlepplift. Aber anders als an vielen anderen Orten im Oberwallis bleibt die Beschaulichkeit hier bis in die heutige Zeit erhalten. In den grossen Skiatlanten sucht man den Namen Jeizinen daher vergeblich. Doch gerade das macht dieses Skigebiet so speziell und liebenswert.
Als Zubringer in das kleine Paradies dient eine kurze Zweiersesselbahn, deren Talstation sich ein Stück westlich des Ortskerns befindet. Ein Parkplatz neben der Station bietet Platz für all jene, die den kurvenreichen Weg über die Strasse wählen. Auch von der Seilbahn aus dem Tal ist die Station aber über einen kurzen Fussmarsch erreichbar. Rund 230 Höhenmeter überwinden die charakteristischen Sessel mit ihren hellblauen Plastiklatten auf dem Weg zur Bergstation. Konstruiert wird die Sesselbahn im Jahr 1978 von der Firma Städeli. Der renommierte Seilbahnhersteller aus dem Kanton Zürich ist seinerzeit schweizweit führend im Bau solcher Anlagen und erstellt eine typische Bahn, die von der Talstation aus angetrieben wird. Über 600 Meter führt der Weg anschliessend idyllisch durch den lichten Nadelwald nach Üflänge.
Genussvolle Schwünge vor Walliser Panorama
Hier oben beginnt das eigentliche Skivergnügen. Mehrere kleine Seillifte ermöglichen die ersten Schwünge bei einem genussvollen Panorama. Wer die erste Stufe gemeistert hat, der trifft etwas oberhalb auf einen ersten ausgewachsenen Schlepplift. Auch dieser Tellerlift stammt wie die Zubringerbahn aus der Produktion von Städeli und nimmt 1974 an dieser Stelle den Betrieb auf. Mit rund 340 Metern Länge und einer Höhendifferenz von 90 Metern ist er eine ideale Übungsanlage und bei grösserem Andrang eine Entlastung für den eigentlichen Höhenpunkt des Skigebiets auf der Feselalp.
Dieser befindet sich nur einen Steinwurf entfernt. Wenige Meter oberhalb der Zubringer-Sesselbahn und einem der Bergrestaurants befindet sich die Talstation des Schlepplifts Obere Feselalp. Der Lift ist nicht nur aus Skifahrersicht der mit Abstand spannendste des ganzen Skigebiets, sondern auch aus seilbahntechnischer Sicht ein echtes Schmuckstück.
Mit dem Schlepplift zur Oberen Feselalp
Doch immer der Reihe nach. Bereits beim Blick von der Talstation auf den weiteren Verlauf wird schnell deutlich, dass dieser Schlepplift für fortgeschrittene Skifahrer gedacht ist. Anfänglich noch sanft ansteigend geht es im weiteren Verlauf immer steiler zwischen den Lärchen den Berg hinauf. Insgesamt überwindet der Lift nicht weniger als 425 Höhenmeter auf einer Streckenlänge von gut 1,4 Kilometern. Er ist damit die Hauptbeschäftigungsanlage auf der Feselalp und erschliesst eine ganze Reihe an anspruchsvollen Genusspisten.
Doch wie angesprochen ist das nicht das Einzige, was diese Anlage so einmalig macht. Die Besonderheiten sind für den Seilbahnenthusiasten bei genauerem Hinsehen schnell erkennbar. Auch dieser Schlepplift stammt aus der Feder des Seilbahnkonstrukteurs Städeli und ist seit dem Jahr 1975 im Einsatz. Anders als die meisten anderen Anlagen aus jener Zeit hat er bis heute jedoch nie einen grösseren Umbau erfahren. Er kommt daher optisch noch immer vollständig original daher. Die Fachwerkstützen, die Schilder, die Rollenbatterien. Es ist eine Reise durch die Zeit, ein knappes halbes Jahrhundert zurück. Noch dazu besitzt der Lift als einer der letzten überhaupt noch hydraulische Gehänge vom Typ SL-9H. Die erste Generation von Hydrogehängen aus dem Hause Städeli, die die Seilbahnwelt in den 70er Jahren revolutionierte. Und der Fahrkomfort ist auch heute noch auf hohem Niveau.
Technisch wie historisch interessante Aufstiegshilfen
Technisch zweifellos nicht weniger interessant ist die Kurve des Schlepplifts im oberen Streckendrittel. Über drei Portalstützen verteilen sich an dieser Stelle schräge Rollenbatterien, die das Seil bei der Bergfahrt nach links ablenken. Die Konstruktion ist imposant – und mit ihrer langen Niederhalterollenbatterie auch für die Ohren ein Genuss.
Der Vorgänger der heutigen Anlage verlief an dieser Stelle weiter geradeaus. Richtig gehört, die Anlage aus dem Jahr 1975 ersetzte bereits einen anderen Schlepplift, der ein gutes Jahrzehnt zuvor den Grundstein für das heutige Skigebiet legte. Damals führt der Weg ins Skivergnügen noch über einen Forstweg nach Üflänge, wo sich die Talstation des Schlepplifts auch heute noch befindet. Erst seit der Eröffnung der Zubringersesselbahn im Jahr 1978 sind die Lifte auf der Feselalp auch direkt per Seilbahn von Jeizinen aus erreichbar.
Auf idyllischen Wegen zurück nach Jeizinen
Der Forstweg dient übrigens auch heute noch als Talabfahrt zurück nach Jeizinen. Eine echte Piste entlang der Sesselbahn gibt es nicht. Die braucht es bei den Möglichkeiten am Schlepplift Feselalp aber auch gar nicht. Idyllisch und ruhig geht es hier zu und her, eine Skigebietsperle ferab jeglicher Hektik. Die Entschleunigung und Abgeschiedenheit zwischen 1800 und 2200 Metern über dem Meer macht Jeizinen zu einem ganz speziellen Ort. Von dem Städeli-Freilichtmuseum für Seilbahnfans ganz zu schweigen.
Im Tiefflug hinab ins Rhônetal
Und so führt der Weg nach einem langen Skitag bei frühlingshaften Firnverhältnissen wieder zurück zur Luftseilbahn und damit nach Gampel. Als einzige Anlage an diesem Hang stammt sie nicht von Städeli, sondern aus der Feder der Thuner Maschinenfabrik Habegger. Eine knarzende, aber liebevoll in Schuss gehaltene Nostalgiebahn, die ihrem Zweck noch immer genausogut nachkommt wie vor über einem halben Jahrhundert. Im Tiefflug geht es über die sechs Fachwerkstützen fast 900 Höhenmeter hinab ins Tal. Allein schon diese Fahrt macht den Ausflug nach Jeizinen zu einem Erlebnis.
Und doch verirren sich nur wenige Touristen an diesen aus der Zeit gefallenen Ort, obwohl die Zubringerseilbahn gut von einer vielbefahrenen Verkehrsachse einsehbar ist. Prominent ragen die Fachwerkstützen über den Horizont, wenn man die Kehren zum Lötschberg-Autoverlad hinauffährt. Viele Touristen haben diese Seilbahn bereits gesehen. Die meisten jedoch vermutlich ohne ihr grössere Beachtung zu schenken. So bleibt Jeizinen mit seinem Skigebiet ein echter Geheimtipp. Eine Oase der Ruhe auf einer Sonnenterrasse, die hoffentlich noch viele weitere Jahre in dieser Form erhalten bleiben wird.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.