Abschied von der Hannigbahn in Saas-Fee

Saas-Fee – ein klingender Name in den Ohren vieler Wintersportler. Das Dorf im Saastal zählt zu den bekanntesten Skiorten der Schweiz. Umgeben von einer einmaligen Gletscherwelt liegt Saas-Fee auf einer weitläufigen Hochebene. Den vielleicht schönsten Ausblick auf das ewige Eis geniesst man von der gut 2300 Meter hohen Hannigalp. Und auch der Weg dorthin ist für Nostalgie- und Seilbahnfreunde ein ganz spezieller. Denn mit der Hannigbahn dreht an dieser Stelle eine der ältesten Kabinenbahnen der Alpen ihre Runden.

1969 nimmt diese Anlage den Betrieb auf. Mit ihrer Talstation am westlichen Dorfrand von Saas-Fee liegt sie damals wie heute etwas abseits der restlichen Aufstiegshilfen. Denn den Gästen die beeindruckenden Gletscher näher zu bringen, diese Idee ist im Saastal bereits seit den 50er Jahren Realität. Die erste grosse Anlage erschliesst 1954 den Spielboden, kurz darauf ermöglicht eine Luftseilbahn zur Längfluh den Aufstieg bis zum Rand des Feegletschers. Mit der Plattjenbahn folgt 1963 die Erschliessung eines weiteren Aussichtsgipfels, bevor kurz darauf ein noch viel größeres Projekt in Angriff genommen wird. Die Idee dabei – die Gletscher sollen fortan als Touristenmagnet auch zum Skifahren genutzt werden können. 1969 – also im gleichen Jahr wie die Hannigbahn – wird auch die beeindruckende Felskinnbahn eröffnet und mit ihr auch das erste Sommerskigebiet von Saas-Fee.

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Als die Hannigbahn ein Skigebiet erschloss

Die neu erstellte Hannigbahn ist jedoch nicht mit dem restlichen Skigebiet verbunden. Ein Umstand, der sich einige Jahre später noch rächen wird. Als Zubringer und Hauptbeschäftigungsanlage erstellt die Firma Giovanola eine ihrer typischen Kleinkabinenumlaufbahnen mit Schwerkraftklemme. Das System hat sich zu dieser Zeit seit zwei Jahrzehnten in der Praxis bewährt. Und so entsteht auch in Saas-Fee eine Standard-Anlage wie an vielen anderen Orten im Wallis und der restlichen Schweiz. Die Stationen fügen sich mit ihrer Bauweise im Chaletstil bestens in die Umgebung ein. Die Gewichtsabspannung erfolgt in der Talstation, angetrieben wird die Bahn wie in fast allen anderen Fällen am Berg.

Nicht ganz alltäglich ist dafür die Trassierung. Die gesamte Strecke ist ungewöhnlich steil, sodass die Bahn auf gerade einmal 1100 Metern Länge satte 515 Höhenmeter überwindet. Die für Giovanola-Kabinenbahnen gewohnt hohe Trassierung sorgt dafür, dass die Anlage nur sechs Stützen sowie den Ausfahrniederhalter vor der Talstation besitzt. Markant ist insbesondere die letzte Stütze vor der Bergstation, die mit drei Stützenköpfen ein ungewöhnliches Bild abgibt. Auch die Station an sich, die sich auf halber Höhe des Steilhangs befindet, ist spektakulär anzusehen.

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Nostalgie-Freuden an der Hannigbahn

Im Inneren der Station dröhnt der typisch laute Giovanola-Antrieb. Für Nostalgieliebhaber ist es eine wahre Freude, der einfach gestrickten Mechanik bei der Arbeit zuzusehen. Die Klemmen werden mittels schräger Ebenen verzögert und beschleunigt, innerhalb der Station übernehmen heute Kettenförderer den automatischen Transport der Kabinen. Die Hannigbahn ist mittlerweile eine der letzten Anlagen dieses Typs, an dem dieses Schauspiel noch beobachtet werden kann. Es ist faszinierend, wie die Giovanola-Klemmen einzig die Schwerkraft nutzen, um die Kabinen während der Fahrt sicher am Seil zu befestigen. Durch eine kurzzeitige Entlastung bei der Stationsein- und -ausfahrt werden die Klemmen geöffnet, damit sie das Seil umschliessen können.

Gleich neben der Bergstation befindet sich ein Bergrestaurant, das mit seinem grandiosen Panorama auf die umliegenden Gletscher und Viertausender zum Verweilen einlädt. Als zusätzliche Beschäftigungsanlage erstellt die Firma Poma noch 1969 einen ihrer klassischen kuppelbaren Stangenschlepplifte. Nach steilem Verlauf durch den Wald biegt der Lift kurz vor der Bergstation scharf nach rechts ab, um schliesslich neben der Terrasse des Restaurants die Station zu erreichen. Als einer der wenigen Poma-Schlepplifte besitzt er seinen Antrieb hier oben am Berg, die charakteristische fliegende Umlenkscheibe zur Abspannung befindet sich in der Talstation.

Bergrestaurant Hannig

Skigebiet Saas-Fee im Sommer

Letzte Stütze der Hannigbahn

Bergstation Hannig

Unverwirklichte Projekte in Saas-Fee

1969 hat man aber noch weit grössere Pläne, was sich an der Wahl des Standorts der Bergstation der Hannigbahn auch zeigt. Der Hang steigt oberhalb noch gute 400 Höhenmeter steil an. Eine zweite Sektion wäre prädestiniert, wird aber in der Folge nie gebaut. Genausowenig wie eine Luftseilbahn von Saas-Grund auf den Mällig, die die beiden Skigebiete im Saastal verbunden und die Hannigalp zu einem zentralen Dreh- und Angelpunkt gemacht hätte. So führt das kleine Skigebiet ein Schattendasein. Bis Anfang der 90er Jahre bleibt es in seinem Ursprungzustand bestehen, danach geht man in Saas-Fee neue Wege. Die kurzen Dorflifte rund um die Talstation der Hannigbahn sind mittlerweile alle verschwunden, mit dem Alpinexpress wird das grosse Skigebiet von Saas-Fee weiter aufgewertet. Für die Hannigbahn interessieren sich immer weniger Skifahrer, sodass der Skibetrieb 1992 endgültig eingestellt wird. Der Poma-Schlepplift an der Bergstation verschwindet, die Hannigbahn selbst darf jedoch weiterleben.

Im darauffolgenden Sommer wird sie von der Firma Von Roll generalüberholt und auf einen vollautomatischen Betrieb umgerüstet. Ein neuer Anstrich verpasst den Stationsbauten auch optisch neuen Glanz. Gleichzeitig wird die Zahl der Kabinen reduziert. 25 neue vierplätzige Exemplare liefert die Firma CWA. 685 Personen kann die Bahn mit ihnen stündlich je Richtung bei einer Seilgeschwindigkeit von 3,2 Metern pro Sekunde befördern. Das ist ausreichend, denn durch den Wegfall des Skibetriebs ist die Bahn weniger frequentiert als zuvor. Die Hannigbahn bleibt dennoch ein beliebtes Ausflugsziel im Sommer wie im Winter. Fortan sind es Wanderer, Schlittler und stille Geniesser der Bergwelt, die die Bahn aufsuchen. Die Ruhe ist ein willkommener Kontrast zum restlichen Skigebiet Saas-Fee mit seiner umfangreichen Berginfrastruktur.

Bergstation Hannig

Bergstation Hannig

Bergstation Hannig

Bergstation Hannig

Bergstation Hannig

Das Ende der charmanten Hannigbahn

Lange wird der derzeitige Zustand aber nicht mehr bestehen können. Die Giovanola-Klemme ist trotz ihres jahrzehntelangen und weltweit tadellosen Einsatzes den Behörden ein Dorn im Auge. Über 2025 hinaus wird in der Schweiz voraussichtlich keine solche Bahn mehr fahren dürfen. Die Hannigbahn soll bereits im Sommer 2023 durch eine neue Anlage mit zehnplätzigen Kabinen ersetzt werden. Die Aussicht auf die Gletscher wird es dann weiterhin geben. Doch der nostalgische Charme der Giovanola-Klemmen wird auch hier verschwinden.

Bergstation Hannig

Blick auf Saas-Fee

Gletscher in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

Hannigbahn in Saas-Fee

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