Kalpetran – Embd – Kleinseilbahnen im Mattertal

Das Mattertal. Heimat des vielleicht bekanntesten Gipfels der Welt. Doch neben dem Touristenmagneten Zermatt bietet die Region im südlichen Wallis noch zahlreiche weitere spannende Entdeckungsmöglichkeiten.

Blick ins Mattertal mit Breithorn am Horizont

Riedgletscher bei Grächen im Sommer

Die Seilbahn-Lebensader von Embd

Gleich am Eingang des Tals liegt südlich von Stalden die Ortschaft Embd. Das Dorf befindet sich auf der Westseite des Tals an einem steil abfallenden Hang und ist vom Talgrund aus seit vielen Jahrzehnten mit einer Seilbahn erreichbar. Für die rund 300 Einwohner von Embd ist sie so etwas wie eine Lebensader. Denn vor dem Bau ist Embd nur sehr beschwerlich auf langen Fusswegen erreichbar. Steil schwebt die heutige Seilbahn von Kalpetran vor einer Felswand empor. Die Talstation befindet sich unmittelbar neben dem Bahnhof von Kalpetran an der Linie Visp-Zermatt. Embd ist auf diese Weise trotz seiner unwegsamen Lage bequem mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar.

Die Anlage mit ihren beiden roten Kabinen stammt aus dem Jahr 1987. Erbaut wird sie seinerzeit von der Firma Küpfer und überwindet mit ihrer spektakulären Trassierung auf gut 900 Metern schräger Länge nicht weniger als 523 Höhenmeter. Nur eine einzige Zwischenstütze benötigt sie dabei etwas oberhalb der Streckenmitte. Die Stütze sorgt aber nicht nur für eine spürbare Ablenkung der Seile über dem Abgrund, sondern dient auch noch einem weiteren Zweck. Um auch den unteren Teil des Dorfs zu erschliessen, besitzt die Anlage an dieser Stelle eine Möglichkeit zum Ein- und Ausstieg. Fahrtwünsche können über eine Gegensprechanlage an der Stütze angemeldet werden, andernfalls passieren die Kabinen die Stütze mit verringerter Geschwindigkeit ohne Halt.

Luftseilbahn Kalpetran-Embd

Luftseilbahn Kalpetran-Embd

Luftseilbahn Kalpetran-Embd

Luftseilbahn Kalpetran-Embd

Seit 65 Jahren von Kalpetran nach Embd

Auf dem oberen Streckendrittel kommen schliesslich die ersten Häuser und die Kirche von Embd in Blickfeld. Weit ist es nun nicht mehr bis zur Bergstation, die genau wie alle anderen Gebäude hier oben förmlich am Hang zu kleben scheint. Gleich nebenan befindet sich seit geraumer Zeit ein kleines Parkhaus, das Einheimischen wie Touristen dient. Seit der ersten Hälfte der 80er Jahre ist Embd von Stalden aus nämlich auch über eine Fahrstrasse erreichbar. Ähnlich spektakulär wie die Seilbahn verläuft sie am steilen Hang entlang und ist zweifelsohne nur die zweite Wahl für den Weg nach Embd.

Embd mit Blick ins Mattertal

Strasse in Embd

Trotz der Errichtung der Strasse ist die Seilbahn aber auch heute noch das wichtigste Verkehrsmittel in der Region. Auch in den 80er Jahren ist das nicht anders, sodass man sich seinerzeit zum Ersatz des wesentlich kleineren Vorgängers der heute bestehenden Bahn entscheidet. Zuvor ist an dieser Stelle eine der seltenen Pendelbahnen von Karl Brändle im Einsatz, die der Seilbahnpionier 1957 eröffnen kann. Die damalige Anlage besitzt Kabinen für vier Personen – genau halb so gross wie die heutigen. Ihrerseits ist die Pendelbahn übrigens auch nicht die erste an diesem Hang. Bereits in den 1930er Jahren entsteht eine erste Materialseilbahn, die damals immerhin die Warentransporte von Kalpetran nach Embd übernehmen kann. Im Vergleich dazu sind die heutigen Möglichkeiten um Längen komfortabler.

Mit achtplätzigen Kabinen und einer Förderleistung von 96 Personen pro Stunde je Richtung zählt aber auch die aktuelle Anlage zu den klassischen Kleinseilbahnen. Erstaunlich ist daher, dass sie anders als viele ihrer Artgenossen sogar eine klassische Tragseilbremse besitzt. Bei der eindrücklichen Trassierung mit ihrem gewaltigen Bodenabstand unterhalb der Stütze kann eine solche zusätzliche Sicherheitseinrichtung aber natürlich nicht schaden. Und so ist die Luftseilbahn Kalpetran – Embd nicht nur ein wichtiges Verkehrsmittel für Einwohner und Wanderer, sondern auch für sich genommen bereits ein Erlebnis.

Blick aus der Seilbahn auf Kalpetran

Luftseilbahn Kalpetran-Embd

Luftseilbahn Kalpetran-Embd

Niederberger-Schiffli von Embd nach Schalb

Die Seilbahn vom Talgrund nach Embd ist aber längst nicht die einzige in der näheren Umgebung. Nur wenige Fussminuten von der Bergstation entfernt trifft man gleich auf die nächste, nicht weniger spektakuläre Anlage. Eine zweite Sektion führt von Embd weiter den Berg hinauf bis nach Schalb in knapp 1900 Meter über dem Meer. Erstellt wird die Seilbahn ursprünglich als Anbindung einiger Gebäude oberhalb von Embd, ist heute aber auch eine bei Wanderern beliebte Aufstiegshilfe. Die Bergstation befindet sich am Höhenwanderweg von der Moosalp nach Jungen oberhalb von St. Niklaus. Auch dieser Weiler ist per Luftseilbahn mit dem Talgrund des Mattertals verbunden.

Luftseilbahn Embd-Schalb

Wanderweg zur Moosalp

Die Luftseilbahn vom Embd nach Schalb ist nochmals eine Nummer kleiner als die erste Sektion. Es handelt sich um eine typische Kleinpendelbahn des Herstellers Niederberger. Der Pionier aus Dallenwil in der Zentralschweiz erstellte während mehr als einem Jahrhundert unzählige dieser kleinen Anlagen für Material- und Personentransporte. Anfänglich mit kleinen Barellen und Wasserballastantrieben, später dann auch mit halboffenen Kabinen. Diese Schiffchen mit ihren zwei Aufhängungen sind in der Zentralschweiz ein fester Bestandteil der Bergwelt. Im Wallis trifft man sie nur äusserst selten an – die Anlage in Embd ist daher ein Unikat auf weiter Flur.

Doch das macht sie nur umso interessanter. Seilbahn-Neulinge benötigen schon etwas Überwindung, um in die kleinen, vierplätzigen Kabinen einzusteigen. Zwei Holzbänke und ein schwenkbares Gatter auf beiden Seiten sorgen nämlich für eine ausgesprochen luftige Fahrt. Im hinteren Bereich der Kabine ist Platz für Wanderrucksäcke und andere Waren. Das war es dann aber auch. Die Seilbahn verkehrt ohne weitere Sicherheitsvorkehrungen und ohne doppelten Boden. Letztmalig umfassend saniert wird sie übrigens im Jahr 2005 durch die Firma Von Rotz & Wiedemar.

Luftseilbahn Embd-Schalb

Luftseilbahn Embd-Schalb

Luftseilbahn Embd-Schalb

Ein Ort mit Kleinseilbahn-Tradition im Mattertal

An der Bergstation angekommen wartet dann die Schönheit der Walliser Bergwelt. Das Panorama auf das Mattertal kann sich ebenso sehen lassen wie die Wandermöglichkeiten rund um die Bergstation. Mit einer Förderleistung von 80 Personen pro Stunde und Richtung ist die Bahn an schönen Tagen daher im Dauereinsatz. Doch genau wie die erste Sektion ist die Seilbahn nicht nur ein Zubringer, sondern auch schon selbst ein Erlebnis. Speziell die Talfahrt hat es in sich. Kaum ist die Kabine in der Bergstation aufgebrochen, beginnt nach der einzigen Zwischenstütze der steilste Abschnitt der Strecke. Nicht weniger als 477 Höhenmeter überwinden die kleinen Schiffchen auf gerade einmal gut 730 Metern schräger Länge, und das erneut mit beachtlichen Bodenabständen. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte während der Fahrt vielleicht besser die Augen schliessen. Alle anderen geniessen unterwegs die fabelhafte Aussicht auf das Mattertal.

Die Seilbahn nach Schalb ist übrigens nicht die einzige Kleinseilbahn in Embd. Lange Jahre existieren noch zwei weitere, ähnlich spetakuläre Anlagen, die den nahegelegenen Grossberg erschliessen. Beide Bahnen schweben damals mit mehr als 150 Metern Bodenabstand über einen tiefen Taleinschnitt und sind in erster Linie für die Bewohner des Grossbergs von Bedeutung. Rund zwei Jahrzehnte lang ist dort aber auch ein Skilift in Betrieb. Genau wie eine der beiden Bahnen ist er aber längst Geschichte. Die andere Anlage ist nach wie vor existent, steht aber nicht für den öffentlichen Personentransport zur Verfügung. So oder so ist Embd aber mit seinen beiden öffentlichen Seilbahnen ein Eldorado für Freunde der seilgezogenen Aufstiegshilfen. Ganz anders als die touristischen Zentren in der näheren Umgebung, aber gerade deshalb einen Ausflug wert!

Seilbahn-Bergstation in Embd

Vergletscherte Gipfel im Wallis

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