Die Zugspitze. Mit 2962 Metern über dem Meeresspiegel die höchste Erhebung Deutschlands. Ein unwirtlicher Ort im Hochgebirge. Und trotzdem zieht er seit Jahrzehnten Touristen aus aller Welt an. Einer der Hauptgründe dafür: die einfache Erreichbarkeit. Schon seit den 1930er Jahren ist die Zugspitze per Zahnradbahn und Luftseilbahn erreichbar. Die heute wohl mit Abstand spektakulärste Verbindung führt auf direktem Weg vom Eibsee bis auf den Gipfel. Mit einer 2017 eröffneten Luftseilbahn, die ohne jeden Zweifel zu den herausragendsten ihrer Art weltweit gehört.
Eine der herausragendsten Luftseilbahnen der Welt
Die Liste an Rekorden, die diese Anlage aufstellt, ist kaum zu überblicken. Die Höhendifferenz von 1945 Metern ist die grösste einer öffentlich verkehrenden Seilbahn auf der Welt. Mit 127 Metern Höhe ist auch die einzige Zwischenstütze, die sich in der unteren Streckenhälfte befindet, die höchste ihrer Art in Europa und die höchste Seilbahnstütze in Stahlbauweise weltweit. An sie schliesst sich das mit 3213 Metern längste Spannfeld aller Seilbahnen bis zur Bergstation an. Doch es braucht gar keinen Blick auf die technischen Daten, um zu verstehen, wie aussergewöhnlich diese Seilbahn ist. Allein schon der Anblick der Seile und der winzig erscheinenden Kabinen vor der schroffen Nordwand der Zugspitze lässt den Atem stocken.
Nur gerade zehn Minuten nach Aufbruch am Eibsee in 998 Metern über dem Meer erreicht die Kabine bereits die Bergstation auf der Zugspitze. Die jeweils andere kreuzt dabei unterwegs in der Streckenmitte, rund einen Kilometer oberhalb der Stütze. Auf dem Papier ist die Seilbahn Zugspitze damit eine klassische Pendelbahn. Zwei Kabinen fahren stets auf der gleichen Fahrspur zwischen Tal- und Bergstation hin und her. Ein Prinzip, das in dieser Form schon seit rund einem Jahrhundert für den öffentlichen Personentransport zum Einsatz kommt. Auch in Garmisch-Partenkirchen sind Pendelbahnen schon ähnlich lange bekannt. Bereits 1926 nimmt mit der Kreuzeckbahn nicht weit von der Zugspitze entfernt die erste solche Anlage in den bayerischen Alpen den Betrieb auf.
Lautlos über vier Kilometer hinauf zur Zugspitze
Für die damalige Zeit ist die Bahn eine technische Sensation, mit der heutigen Anlage an der Zugspitze aber natürlich nicht vergleichbar. Nahezu lautlos kämpfen sich die Kabinen hier in immer steilerem Terrain hinauf zur Bergstation. Diese Konstruktion aus Stahl und Glas ragt rund 25 Meter über die Nordflanke der Zugspitze hinaus und ist für sich genommen bereits ein eindrückliches Bauwerk. Das Dach dient als Aussichtsterrasse und eröffnet den Gästen nicht nur ein 360°-Panorama auf die umliegende Gipfelprominenz der Alpen, sondern auch einmalige Tiefblicke in Richtung Eibsee, Grainau, Garmisch-Partenkirchen und weiter bis nach München.
Die offene Bauweise der Station mit ihren überwiegend verglasten Flächen erlaubt aber auch interessante Einblicke in die Technik der Seilbahn. So lassen sich beispielsweise die Laufwerke dabei beobachten, wie sie langsam über die Tragseile in die Station einfahren. Insgesamt 24 Rollen weist ein Laufwerk auf und besitzt auch eine integrierte Fangbremse, die die Kabine im Falle eines Zugseilrisses sicher an den Tragseilen festklemmen würde. Im Leerzustand bringt es eine Kabine gemeinsam mit Gehängearm und Laufwerk auf ein Gesamtgewicht von etwas mehr als elf Tonnen. Bis zu 120 Personen finden während einer Fahrt im Inneren der Kabine Platz.
Mit bis zu 10,6 m/s oder umgerechnet 38 km/h sind die Fahrzeuge maximal auf der Strecke unterwegs. Im Bereich der Stütze drosselt die Anlage die Geschwindigkeit auf 8,5 m/s, um die Pendelbewegung zu minimieren. Aus diesen Daten ergibt sich bei permanentem Betrieb eine stündliche Förderleistung von 580 Personen pro Richtung. Das ist verglichen mit den in Skigebieten häufig anzutreffenden Kapazitäten im deutlich vierstelligen Bereich vergleichsweise wenig. Doch bei einer solch langen Strecke ist das Pendelbahnprinzip immer im Nachteil. Zumindest ein Rekord, den die Seilbahn Eibsee-Zugspitze nicht für sich verbuchen kann.
Imposante Ausmasse soweit das Auge reicht
In so ziemlich jeder anderen Hinsicht ist sie dagegen aus allen Perspektiven aufs Neue beeindruckend. Allein schon die Abmessungen der Talstation sind imposant. Aus Platzgründen entscheidet man sich hier für den Einbau eines Schiebeperrons, das jeweils in das Lichtraumprofil derjenigen Kabine ragt, die sich gerade in der Bergstation befindet. Während die Kabinen auf der Strecke unterwegs sind, bewegt es sich langsam auf die jeweils andere Seite. Ebenfalls aus Platzgründen ist die komplette Antriebsanlage in der Talstation am Eibsee untergebracht. Zwei jeweils 600 PS starke Antriebe sorgen für die notwendige Kraft zum Bewegen des Zugseils, das zur Sicherstellung einer ausreichenden Treibfähigkeit mehrfach um die beiden Antriebsscheiben geführt wird. Im Normalfall teilen sich die beiden Antriebe die Arbeit, im Bedarfsfall kann der Betrieb mit reduzierter Nutzlast aber auch mit einem Antrieb aufrechterhalten bleiben. Für den unwahrscheinlichen Fall eines simultanen Ausfalls beider Anlagen steht zusätzlich ein Notantrieb bereit.
Der Ernstfall wird regelmässig geprobt. Und bei genau einer solchen Bergeübung kommt es bereits im ersten Betriebsjahr zu einem folgenschweren Unfall. Ein Bergekran, der im Notfall die Passagiere zur nächstgelegenen Station befördern soll, rast nach dem Riss einer Sicherungskette im September 2018 von der Bergstation aus ungebremst in eine Kabine im oberen Teil der Strecke, die dabei völlig zerstört wird. Glücklicherweise befinden sich keine Personen an Bord, sodass niemand verletzt wird. Die Kabine muss allerdings gegen einen Neubau ersetzt werden, woraufhin die Anlage während mehrerer Monate den Betrieb einstellen muss. Der Zwischenfall soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Seilbahn Zugspitze ein technisch herausragendes und sicheres Verkehrsmittel ist.
Zur Geschichte der Seilbahn Zugspitze
Genau wie ihr Vorgänger, der an dieser Stelle ab dem Jahr 1963 in Betrieb ist. Die damalige Eibseeseilbahn entsteht als Ergänzung zur Zahnradbahn, die schon drei Jahrzehnte zuvor das Schneefernerhaus unterhalb des Zugspitzgipfels im Tunnel erreicht. Die sich anschliessende kleine Verbindungsseilbahn zum Gipfel ist chronisch überlastet, sodass eine Direktverbindung sehnsüchtig erwartet wird. Konstruiert wird die Anlage von einem der damals führenden Seilbahnpioniere weltweit – der Firma Ernst Heckel aus Saarbrücken. Noch während der Bauzeit fusioniert Heckel mit den beiden anderen grossen deutschen Herstellern Pohlig und Bleichert zur Firma PHB, die die Anlage schliesslich dem Betrieb übergeben kann.
Es ist schon damals eine der bedeutendsten und beeindruckendsten Seilbahnen der Welt. Doch weil die Förderleistung von 300 Personen pro Stunde permanent zu Warteschlangen führt, wird der Ersatz nach einem halben Jahrhundert schliesslich unausweichlich. Und mit der neuen Seilbahn Zugspitze, konstruiert vom heute führenden Seilbahnhersteller Doppelmayr-Garaventa, erhält die Anlage im Jahr 2017 einen würdigen Nachfolger. Die Reise auf Deutschlands höchsten Berg per Seilbahn ist damit nach wie vor ein einmaliges Erlebnis.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.