Zugspitze • Mit der Eibseeseilbahn aufs Dach der Ostalpen

Nach den drei Skitagen in Österreich geht es am ersten November auf dem Weg zurück in die Heimat noch zu einem kleinen Ausflug nach Garmisch-Partenkirchen. Zwei Jahre ist es inzwischen auch schon wieder her, dass ich in der deutschen Alpenmetropole mit der kultigen Kabinenbahn auf den Wank gefahren bin. Diesmal soll es aber noch eine Etage höher hinaus gehen.

Nämlich auf die Zugspitze – Deutschlands höchster Gipfel und ein Berg mit einer der wohl schönsten Aussichten der gesamten Alpen. Vom Großglockner bis zur Bernina, von den Dolomiten bis zu den Westalpen, von der Zugspitze ist bei klarem Wetter so ziemlich die komplette Alpenprominenz sichtbar. Kein Wunder, dass man bei diesem Panorama schon früh an eine Erschliessung des Gipfels mit einer Seilbahn dachte.

Mit der Seilbahn auf die Zugspitze

1926 war es dann soweit. Im jenem Jahr beförderte die erste Seilbahn ihre Fahrgäste auf die Zugspitze. Allerdings nicht von Deutschland aus, sondern auf Tiroler Grund und Boden. Jedoch stammte die Technik der Tiroler Zugspitzbahn aus Deutschland. Die renommierte Firma Bleichert aus Leipzig konstruierte die Bahn, die knapp unterhalb des Gipfels endete. Erst ab 1964 konnte der Gipfel von Österreich aus mit einer weiteren kurzen Seilbahn erreicht werden. Die beiden Sektionen wichen 1991 einer deutlich größeren Anlage aus dem Hause Waagner Biro. Schon 2003 musste die Bahn aber erneut umfangreich saniert werden, nachdem ein Brand die Talstation, Seile und eine Kabine in Mitleidenschaft zog. Die Erneuerungsarbeiten führte die Schweizer Firma Garaventa durch.

Bayern setzt auf die Zahnradbahn

Die Österreicher hatten den Wettlauf zur Ersterschliessung der Zugspitze zwar gewonnen, doch auch auf bayerischer Seite schritten die Planungen einer weiteren Gipfelbahn zu jener Zeit zügig voran. Zwischen 1928 und 1930 erfolgte der Bau einer Zahnradbahn nach dem System Riggenbach, die von Garmisch über Grainau und den Eibsee schliesslich grösstenteils unterirdisch bis in 2656 Meter Höhe führte. Die Bergstation befand sich damit ebenfalls ein gutes Stück unterhalb des eigentlichen Zugspitzgipfels. Direkt an der Bergstation wurde mit dem Schneefernerhaus ein grosszügiges Hotel errichtet.

Der Zugspitzgipfel sollte ursprünglich vom Schneefernerhaus durch eine unterirdische Standseilbahn erschlossen werden. Wegen geologischer Bedenken und zugunsten eines eindrucksvolleren Fahrterlebnisses entschied man sich schliesslich aber für den Bau einer Luftseilbahn. Wie bei der Tiroler Zugspitzbahn erlangte auch hier 1931 wieder die Firma Bleichert den Auftrag für den Bau. Heute wird das Schneefernerhaus als Umweltforschungsstation genutzt. Die Endstation der Zahnradbahn befindet sich seit 1987 etwas weiter unterhalb am Gletscherende auf dem Zugspitzplatt mitten im dortigen Skigebiet. Von hier starten heute eine kleine Luftseilbahn zum Schneefernerhaus sowie eine deutlich grössere Anlage zum Zugspitzgipfel. Letztere stammt aus der Feder des Südtiroler Herstellers Hölzl und ersetzte die Bleichert-Pendelbahn vom Schneefernerhaus zum Gipfel auf neuer Trasse.

Die Eibseeseilbahn

Die angesprochenen Seilbahnen und die Zahnradbahn an der Zugspitze sind alleine schon eine Reise wert. Und doch werden sie von einer weiteren Anlage noch einmal in den Schatten gestellt. Die Eibseeseilbahn. Der Weg mit der Zahnradbahn von Garmisch über Grainau und den Eibsee zum Schneefernerhaus war lang und die Gipfelbahn mit ihren kleinen Kabinen für 25 Personen stellte bei den immer zahlreicher werdenden Touristen in den 50er Jahren einen Engpass dar. Um die Gäste schneller auf den Gipfel befördern zu können, begannen Anfang der 60er Jahre Planungen für den Bau einer Direktverbindung vom Eibsee zur Zugspitze per Luftseilbahn.

Ein abitioniertes Projekt

Aufgrund des unwegsamen und steilen Geländes erschienen die Planungen äusserst ambitioniert. Noch nie war eine Luftseilbahn gebaut worden, die eine derartige Länge und eine derartige Höhendifferenz in einer einzigen Sektion überwinden sollte. In der Schweiz hatten diverse Hersteller, allen voran die beiden Firmen Von Roll und Habegger, bereits zahlreiche spektakuläre Bahnen errichtet, doch eine Anlage mit derartigem Ausmass hatten auch die eidgenössischen Spezialisten noch nicht im Portfolio. So kam schliesslich eine andere Firma zum Zug. Die Firma Ernst Heckel aus Saarbrücken zählte zur damaligen Zeit neben Julius Pohlig aus Köln und Adolph Bleichert aus Leipzig zu den drei bedeutendesten deutschen Seilbahnherstellern. Schon in den 30er Jahren erstellte die Firma Grosskabinenumlaufbahnen im fernen Caracas in Venezuela. 1955 konnte Heckel auch eine der bis heute spektakulärsten Seilbahnen der Alpen einweihen – die Luftseilbahn auf die Aiguille du Midi in Chamonix.

Dank der Eigenständigkeit des Saarlandes und der engen wirtschaftlichen Verbundenheit mit Frankreich nach dem zweiten Weltkrieg fiel die Wahl des Konstrukteurs in Chamonix auf Heckel. Nach dem Beitritt des Saarlandes zur Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1957 eröffnete sich für die Saarbrücker Firma auch der Weg auf den deutschen Markt. So erhielt Heckel im Sommer 1961 daher den Auftrag zum Bau der Eibseeseilbahn. Während des Baus fusionierte Heckel dann mit Pohlig und Bleichert zur neuen Firma PHB.

Schwindelerregende Zahlen und eine missglückte Eröffnung

Noch im selben Jahr vervollständigte man den Rohbau der Talstation. Auch die beiden markanten Stützen konnten 1961 fertiggestellt werden. Beide befinden sich in der unteren Streckenhälfte und zählten zur Zeit des Baus mit 65 respektive 85 Metern Höhe zu den höchsten je errichteten Seilbahnstützen der Welt. Dass die Anlage eine Seilbahn der Superlative ist, wird auch bei den technischen Daten deutlich. Die 1.950 Meter Höhenunterschied zwischen Tal- und Bergstation sind bis heute die grösste Höhendifferenz, die jemals bei einer Seilbahn in einer einzigen Sektion verwirklicht wurden. Mit einer schrägen Länge von 4.450 Metern ist die Eibseeseilbahn auch heute noch eine der längsten Luftseilbahnen der Welt.

Aufgrund der ungünstigen Witterung zogen sich die Bauarbeiten aber letztlich doch bis Ende 1962 hin. Und damit nicht genug – bei der Jungfernfahrt am 1. Dezember 1962 kam es aufgrund einer Überbremsung zu einem Zugseilüberschlag und die festlich geschmückte Kabine musste langsam wieder ins Tal zurückgefahren werden. Nur zwei Wochen später warf ein Orkan ein Tragseil von einer der Stützen ab, sodass die Sicherheitseinrichtungen nachgebessert werden mussten. Am 15. Mai 1963 konnte die Eibseebahn dann endlich feierlich eingeweiht werden.

Eine Seilbahn der Superlative

In technischer Hinsicht handelt es sich um eine Pendelbahn mit je zwei Trag- und Zugseilen pro Fahrspur. Der Antrieb sowie die Abspannung der Seile erfolgt anders als bei den meisten anderen Luftseilbahnen in der Talstation. Eine Installation des Antriebs in der Bergstation kam aufgrund der beengten Platzverhältnisse auf dem Zugspitzgipfel nicht in Frage. Der geringe zur Verfügung stehende Platz ist auch der Grund für eine Besonderheit der Bahn. Die Fahrspuren entfernen sich zur Bergstation hin immer weiter voneinander, sodass die beiden Perrons rund 24 Meter auseinanderliegen. Die daraus resultierende unterschiedliche Länge der Fahrspuren sorgt dafür, dass der Zugang zu den Kabinen auch in der Talstation um einige Meter in Längsrichtung verschoben ist.

Mit ihren beiden relativ kleinen Kabinen für 44 Personen und ihrer grossen Länge kann die Eibseeseilbahn nur 300 Personen pro Stunde befördern. Schon zum Zeitpunkt der Eröffnung war diese Förderleistung im Vergleich zu anderen Anlagen sehr gering, heute ist die Bahn daher erst recht ein Kapazitätsengpass. Daher wird die Anlage zurzeit durch einen Neubau ersetzt, der die Förderleistung verdoppeln soll. Die von der Firma Garaventa konstruierte Anlage soll Ende 2017 eröffnet werden und wird wieder eine Bahn der Superlative. Mit 130 Metern Höhe erhält sie die höchste je gebaute Seilbahnstütze der Welt. Bis Mai 2017 wird jedoch noch die altehrwürdige Anlage aus dem Hause Heckel die Gäste zur Zugspitze befördern. Eine Fahrt mit dieser Jahrhundertanlage sollte man sich keinesfalls entgehen lassen!

Impressionen rund um die Zuspitze

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Die Eibseeseilbahn in ihrer ganzen Pracht am frühen Morgen. Ausser im Hochsommer ist der Bereich rund um die Talstation ein rechtes Schattenloch.

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Eine der beiden Kabinen bei der Einfahrt in die Talstation.

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Vor der Felswand wirkt die Kabine wie ein Spielzeugprodukt. Zwischen den beiden Stützen sind auch bereits die Bautätigkeiten der neuen Anlage erkennbar.

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Die neue Talstation wird seitlich etwas versetzt zum Stehen kommen, damit der Betrieb der alten Anlage noch bis im Mai aufrecht erhalten werden kann.

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Kabine 1 bei der Einfahrt in die Talstation.

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Auch von unterwegs fällt der Blick auf den Bau der einzigen Stütze, die die neue Bahn erhält. Schon anhand der Fundamente lässt sich erahnen, welch gewaltige Ausmasse die neue Bahn haben wird!

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Zwei Stockwerke müssen noch zu Fuss überwunden werden, bis sich diese phänomenale Aussicht vom Gipfel geniessen lässt. Dank ihrer exponierten Lage ist die Zugspitze defintiv in Sachen Fernsicht einer der besten (wenn nicht der beste) Aussichtsgipfel der Alpen.

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Bei meinem letzten Besuch im Sommer 2006 standen noch einige Überreste, inzwischen ist die Sesselbahn Neue Welt Geschichte. Sie verlief in spektakulärer Art und Weise entlang des sichtbaren Grats rechts des noch bestehenden Schlepplifts hinauf auf den markanten Felsvorsprung. Dort erschloss sie eine Abfahrt, die ihresgleichen suchte.

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Panorama in Richtung Norden mit dem Eibsee und Garmisch-Partenkirchen im Tal.

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Blick hinüber zum Wank mit der auffälligen Schneise der zugehörigen Kabinenbahn.

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Auf der anderen Seite des Gipfelbauwerks fällt der Blick auf die Tiroler Zugspitzbahn, die von Ehrwald aus unermüdlich Gäste auf den Gipfel befördert.

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Links davon kommt auch die ehemalige Mittelstation der beiden Vorgängersektionen zum Vorschein. Hier müsste auch noch der Fussgängerstollen zum Schneefernerhaus aus den 30er Jahren erreichbar sein. Wäre die ultimative LSAP-Erkundung ;).

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Wer genau hinschaut, erkennt die Skipisten an der Gefrorenen Wand in Hintertux.

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Noch sind die Tragseilsättel in der Bergstation leer, doch in gut einem Jahr werden hier die Kabinen der neuen Bahn die Bergstation erreichen.

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Ein Versuch, die unglaubliche Trassierung der Eibseeseilbahn einzufangen.

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Weitaus weniger spektakulär, aber doch ebenfalls interessant: die Luftseilbahn vom Zugspitzplatt zum Zugspitzgipfel.

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Das Schneefernerhaus ist vom Zugspitzplatt mit dieser kleinen, einspurigen Luftseilbahn verbunden.

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Die traurigen Überreste des Schneeferners mit dem letzten verbliebenen Schlepplift, erstellt von Doppelmayr. Früher gab es rechts davon noch einen weiteren Doppelschlepplift aus dem Hause Heuss, von dem aber nur noch das Talstationsgebäude existiert.

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Auf die Fahrt mit der Zahnradbahn verzichten wir zugunsten der Talfahrt mit der Eibseeseilbahn. Die letzte Fahrt mit dieser Anlage, die aus meiner Sicht zusammen mit der Kleinmatterhornbahn und der Aiguille du Midi zu den drei genialsten Luftseilbahnen der Alpen zählt.

 
 

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