Mit Volldampf durch den Serengeti National Park

Die Nacht im Zelt ist kalt und ich bin froh darüber, dass ich nach langem Überlegen doch meine Thermounterwäsche in den Koffer gepackt habe. Am nächsten Morgen stehen wir aus verschiedenen Gründen deutlich früher auf als an den Tagen zuvor. Zum einen läuft unsere Zeit im Ngorongoro-Gebiet nach 24 Stunden gegen 10.30 Uhr ab. Daher müssen wir den Park spätestens zu dieser Uhrzeit verlassen haben. Und vor uns liegen noch rund zwei Stunden Autofahrt bis zum nördlichen Ausgang, der gleichzeitig auch die Grenze zum Serengeti National Park darstellt. Zum anderen hat uns Fadhili aber am Vorabend den Sonnenaufgang schmackhaft gemacht, den wir gegen 6 Uhr erwarten.

Sonnenaufgang über dem Ngorongoro-Krater

So wirklich erfolgreich sind wir hier anfänglich nicht. Beim morgendlichen Blick aus dem Zelt ist nur ein wolkenverhangener Ngorongoro-Krater zu sehen. Doch es dauert nicht lange, bis sich die Sonne eine Lücke sucht. Gepaart mit den dunklen Wolken ergibt sich so eine dramatische Stimmung, der wir eine ganze Weile beiwohnen.

Sonnenaufgang über dem Ngorongoro-Krater

Sonnenaufgang über dem Ngorongoro-Krater

Sonnenaufgang über dem Ngorongoro-Krater

Der Abbau der Zelte und das Verstauen der Gepäckstücke dauert länger als erhofft, sodass wir uns beeilen müssen, um pünktlich am Gate zu sein. Die Strecke dorthin ist landschaftlich abermals etwas völlig Anderes als wir es an den Tagen zuvor gesehen haben. Herrschte südlich des Ngorongoro-Kraters eine recht üppige, fast regenwaldähnliche Vegetation mit rötlicher Erde vor, so ähnelt die Landschaft nordwestlich des Kraters einer trockenen Staubwüste. Immer wieder treffen wir in dieser Gegend auf Massai-Dörfer und einzelne Viehherden, die sich über die wenigen Grashalme hermachen. Ansonsten ist wenig Leben rechts und links des Weges zu entdecken. Dafür wird die Straße unerwartet stark durch Lastwagen frequentiert. Immer wieder wird die Sicht durch die Staubwolken eingetrübt, die die Fahrzeuge hinter sich her ziehen.

Weg vom Ngorongoro-Krater in die Serengeti

Weg vom Ngorongoro-Krater in die Serengeti

Straße durch die Serengeti

Staubgetränkt in Richtung Serengeti National Park

Nach eineinhalb Stunden Schaukelei auf der Schotterpiste taucht plötzlich das Eingangstor zum Serengeti National Park vor uns auf. An dieser Stelle legen wir einen kurzen Stopp für ein Foto ein. Viel mehr als das Tor gibt es allerdings nicht zu sehen. Zu staubig und diesig ist die Luft rundherum. Das ändert sich eine Weile später, als wir mit dem Registrierungsbüro den eigentlichen Eingang in den Nationalpark erreichen. Hier gibt es dann doch immerhin wieder einzelne grüne Bäume, wenngleich der ganze Komplex wie eine Oase inmitten einer Wüste daherkommt. Überhaupt ist das ganze Areal so touristisch erschlossen, wie ich es auf unserer bisherigen Reise noch nicht ansatzweise erlebt habe. Museum, Souvenirgeschäft, aufwendig angelegte Spazierwege und Toilettengebäude. Hier, mitten in der afrikanischen Pampa, mangelt es plötzlich an nichts.

Eingang in den Serengeti National Park

Eingang in den Serengeti National Park

Panorama auf den Serengeti National Park

Von Geparden, Leoparden und Leberwurstbäumen

Und doch kommt natürlich wieder etwas dazwischen, was uns zunächst an der Weiterreise hindert. Bei der anderen Gruppe gibt es Probleme mit der Kartenzahlung des Eintrittspreises für den Nationalpark. Letztlich können sie erst zwei Stunden nach uns in den Park eintreten. Wir setzen unseren Weg derweil weiter in Richtung Norden fort. Anders als vorgesehen werden wir die nächste Nacht auf einem Campingplatz in der nördlichen Serengeti verbringen und erst am Tag darauf in Seronera übernachten, das sich etwas zentraler befindet. Auf dem Weg in den Norden begegnen wir wieder einmal Giraffen und Zebras, bevor eine Gruppe Geparden unsere Aufmerksamkeit weckt. Etwas versteckt im Schatten eines Baumes betrachten sie die unzähligen Safari-Jeeps, Touristen und Kameras, die auf sie gerichtet werden. Das ist scheinbar für die Tiere längst zur Normalität geworden.

Giraffen und Zebras im Serengeti National Park

Geparden im Serengeti National Park

Geparden im Serengeti National Park

Geparden im Serengeti National Park

Spielende Löwen im Serengeti National Park

Je weiter wir Richtung Norden fortschreiten, desto grüner wird die Landschaft. Lucas erzählt uns, dass die nördliche Serengeti deutlich höhere Niederschläge verzeichnen kann als der Süden. Das Ganze macht sich bei der Vegetation deutlich bemerkbar. Konnten wir am Vormittag die grünen Stellen in der Landschaft noch an einer Hand abzählen, finden wir nun zahlreiche Bäume, hohes Gras und der Staub ist auch erheblich weniger geworden. Kurz vor Seronera entdeckt Lucas auf einem der zahlreichen Leberwurstbäume einen Leoparden. Zwar schlafend und weit entfernt, aber immerhin. Damit fehlt uns aus der Gruppe der Big Five nach wie vor nur ein Nashorn. Ein solches in der Serengeti zu entdecken, sei aber eher unwahrscheinlich, dämpft Lucas unsere Euphorie.

Leopard auf Leberwurstbaum im Serengeti National Park

Zwischenstopp in Seronera

Kurz darauf stoppen wir am Touristeninformationszentrum in Seronera. Genau genommen handelt es sich bei Seronera nicht um eine Ortschaft, sondern um eine Retortenstation für Touristen, die man ziemlich genau in die Mitte des Nationalparks gepflanzt hat. Einige Campingplätze im näheren Umkreis findet man hier, eine Tankstelle, das erwähnte Infozentrum und natürlich auch eine Lodge mit Pool und anderen Annehmlichkeiten. Eine Oase der europäischen Dekadenz mitten im afrikanischen Nirgendwo, was zu dem sonst so unberührten Nationalpark irgendwie so gar nicht passen will. Wir machen einen halbstündigen Rundgang durch das Infozentrum, das mit durchaus spannenden Hintergrundinformationen zum Serengeti-Nationalpark und der dortigen Flora und Fauna zu begeistern weiß. Auch einige interessante und bunte Reptilien begegnen uns auf dem Weg.

Serengeti National Park

Elefanten im Serengeti National Park

Straße im Serengeti National Park

Straße im Serengeti National Park

Lobo Campsite – Symbiose mit der Natur

Am späten Nachmittag führt uns der Weg in den äußersten Norden der Serengeti. Die Lobo Area befindet sich unmittelbar an der Grenze zu Kenia. Hier erreichen wir einen malerisch gelegenen Campingplatz mit Aussicht über hunderte Akazienbäume und eine beeindruckende Weite mitten in der unberührten Natur. Irgendwie lebt man an dieser Stelle in völliger Symbiose mit der afrikanischen Natur. Kein Zaun, keine Absperrung, nichts trennt einen hier von der Pflanzen- und Tierwelt Tansanias.

Und zum ersten Mal auf dieser Reise habe ich so wirklich das Gefühl, nicht mehr durch ein Schaufenster auf die Natur zu blicken, sondern ein Teil von ihr geworden zu sein. Ein spartanisches Sanitärgebäude, bei dem es auf der Herrentoilette nicht mal ein Waschbecken gibt, ein Küchentrakt und ein halboffener Speiseraum, das ist alles, was es auf diesem Campingplatz gibt. Und so ist es doch irgendwie ein wenig paradox, dass ich im Gras sitzend mit dem letzten Rest Akkuladung kurz nach Sonnenuntergang noch die Fotos des heutigen Tages auf meinem Laptop sichere.

Serengeti National Park

Eine Nacht in der afrikanischen Wildnis

Am Abend kochen wir zusammen mit George, der nach den Eskapaden mit der Bezahlung erst spät am Campingplatz eintrifft, und verbessern bei dieser Gelegenheit auch unsere Swahili-Kenntnisse. Unterstützt werden wir dabei von einem netten Guide mit dem Spitznamen UK. Ihn haben wir bereits am Nachmittag kennen gelernt. Er ist mit einer wenig gesprächigen alleinreisenden Asiatin unterwegs und freut sich sichtlich über unsere deutlich aufgewecktere Gesellschaft.

Mussten wir uns am Nachmittag noch vor Diebstählen von Affen schützen, wird es am späten Abend noch eine Nummer brenzliger. Fadhili warnt uns davor, nachts alleine zu dem etwas abgelegenen Toilettentrakt zu laufen, da jederzeit aggressive Büffel auf dem Platz herumstreunen können. Letztlich erschrecken wir bloß wegen zahlreicher Fledermäuse auf den Toiletten. Doch in der Nacht kann ich direkt neben mir auf der anderen Seite der Zeltplane ein grasendes Tier schnaufen hören. Auch die Rufe der Hyänen aus der Ferne erinnern daran, dass wir uns hier mitten in der ungeschützten Wildnis befinden. Und dennoch fallen mir nach den spannenden Erlebnissen des Tages schon bald die Augen zu.

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