Zum ersten Mal seit Tagen regnet es beim Aufstehen nicht. So kann ich zunächst einmal im Trockenen frühstücken und zur gewohnten Zeit gegen 10 Uhr aufbrechen. Die heutige Wegstrecke nach Te Araroa ist mit rund 120 Kilometern nicht allzu weit, die Route dürfte aber viele Möglichkeiten zum Anhalten und Fotografieren bieten. Die Küste rund um die nordöstliche Halbinsel auf der Nordinsel Neuseelands ist auch heute noch nahezu ausschließlich von Maori besiedelt. Allerdings nur sehr spärlich. Entlang der Küste gibt es nur wenige kleinere Buchten, in denen man auf Häuser trifft.
Ansonsten findet man zwischen Opotiki und Te Araroa nur Meer, Natur und eben die eine Verbindungsstraße. Wie ich an diesem Morgen feststelle, ist sie nahezu überhaupt nicht frequentiert, sodass ich gemütlich voranschreite und für ein Foto an übersichtlichen Stellen auch schon mal mitten auf der Straße anhalte. Nur etwa alle 10 Minuten kommt mir ein Auto entgegen. Meist sind es Pick-Ups von Einheimischen, denn Touristen verirren sich in diese Gegend nur selten. Viele lassen die Region auf ihrer Reise durch Neuseeland aus, weil sie recht weit von den anderen interessanten Flecken entfernt liegt. Zudem ist die einzige wirklich nennenswerte Attraktion, die man sonst nirgendwo findet – das East Cape – nur mit erheblichem Kilometeraufwand zu erreichen.
Den Sonnenaufgang am East Cape erleben
Da ich aber noch mehr als genug Zeit habe, bis ich am ersten April mit der Fähre zur Südinsel übersetze, möchte ich natürlich den Sonnenaufgang am East Cape erleben. Der erste Ort auf der Welt, an dem die Sonne einen neuen Tag einläutet. Na gut, streng genommen nicht ganz, denn ein paar kleine Inseln im Pazifik sind noch ein wenig früher dran. Das East Cape wird jedenfalls der östlichste Punkt meiner Reise sein. Ab morgen Nachmittag geht es dann weiter nach Südwesten.
Nach einer kleinen Mittagspause auf einem schönen Aussichtspunkt an der Straße erreiche ich kurze Zeit später Te Araroa, die einzige größere Siedlung auf rund 200 Kilometern Strecke und der Ausgangspunkt für Touren zum East Cape. Hier zweigt eine schmale Straße zum Leuchtturm am östlichen Ende Neuseelands ab. Im Ortszentrum – falls man die Kreuzung bei der Touristeninformation als solches bezeichnen kann – stelle ich mein Fahrzeug ab und sondiere nach einigen Fotos am Strand die Lage bezüglich Übernachtungsmöglichkeiten.
Genau genommen gibt es nur deren zwei. Einen Holiday Park westlich von Te Araroa sowie eine Wiese an der Straße zum East Cape. Letztere liegt für eine Fahrt zum East Cape deutlich günstiger, da es von hier aus nur noch rund sechs Kilometer bis zum Leuchtturm sind und ich für den Sonnenaufgang ohnehin schon ziemlich früh aufstehen muss. Andererseits müsste ich unbedingt endlich einmal meine Wäsche waschen und meinen Wassertank auffüllen. Zudem bin ich mir nicht wirklich sicher, inwieweit die Straße zum East Cape asphaltiert ist, denn da bin ich auf widersprüchliche Angaben gestoßen.
Angekommen in Te Araroa
Während ich mir auf einer Bank so meine Gedanken mache, kommt plötzlich eine mir nicht ganz unbekannte Person auf mich zu. Svenja habe ich auf dem Campingplatz in Opotiki zwar kurz gesehen, aber nicht länger mit ihr gesprochen. Sie ist heute Vormittag die gleiche Strecke gefahren wie ich und hat auch genau das gleiche Ziel. Am nächsten Morgen den Sonnenaufgang am East Cape zu erleben. Sie will dafür auf jeden Fall zu dem einfachen Campingplatz an der Straße zum East Cape fahren, um für den nächsten Morgen eine gute Ausgangsposition zu haben.
Natur pur am East Cape
Nachdem ich mir auf Google Maps die Luftbilder der Straße angeschaut habe, bin ich guter Dinge, es ihr gleich zu tun und zu dieser Campingwiese aufzubrechen. Die Straße ist bis auf ein kurzes Stück mehrheitlich asphaltiert, sodass ich mir keine Sorgen machen muss. Gegen 15.30 Uhr erreiche ich schließlich die Kuhwiese mit Trockentoilette, die direkt an der Pazifikküste liegt. Hier gibt es wieder einmal überhaupt nichts außer einem grandiosen Naturerlebnis – keinen Handyempfang, keine Infrastruktur, nur das Meer, die Berge und ein paar verrückte naturliebhabende Camper.
Da die weitere Straße zum East Cape nur geschottert ist und ich gegenüber meinem Vermieter schlecht argumentieren könnte, auf dem Weg zu einem Campingplatz zu sein, beschließe ich ursprünglich, am nächsten Morgen zu Fuß aufzubrechen. Die sechs Kilometer sollten ja in 1,25 Stunden durchaus machbar sein. Das würde aber trotzdem bedeuten, dass ich für den Sonnenaufgang schon gegen 5.30 Uhr aufstehen müsste. So bin ich dankbar, dass mir Svenja, die ich am Abend auf dem Campingplatz wieder treffe, anbietet, in ihrem Auto mitfahren zu können. Das ermöglicht mir dann doch eine Dreiviertelstunde mehr Schlaf. Aber erst einmal heißt es Daumen drücken, dass wir den Sonnenaufgang überhaupt erleben, denn am Abend ziehen wieder dichtere Wolken und einige kleinere Schauer auf.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.