Widrige Bedingungen an den Tama Lakes

Auch wenn ich inzwischen seit fast drei Wochen in Neuseeland unterwegs bin, stelle ich an diesem Morgen erstaunt fest, dass es immer noch täglich irgendetwas Ungewohntes beim Aufstehen gibt. Gegen 6.40 Uhr werde ich plötzlich von einer laut aufheulenden Sirene geweckt. Was ist denn nun schon wieder los?

Unfreiwilliges Erwachen am Morgen

Ehe ich mich versehe, kommt mir eigentlich nur ein Gedanke in den Sinn. Gestern habe ich noch auf einem Zettel gelesen, den ich an der Rezeption bekommen habe, dass bei einem Vulkanausbruch eine entsprechende Warnung ertönt und sich alle Gäste von Whakapapa in einem Schutzbunker einzufinden haben. Bricht jetzt hier allen Ernstes ausgerechnet heute Morgen zum ersten Mal seit 2007 einer der Vulkane aus?

Weil aber in den anderen Campern auch überall Licht brennt, gehe ich davon aus, dass man tatsächlich den Platz verlassen muss. Daher ziehe ich mich schnell an und packe meinen Rucksack. Ich will eigentlich gerade gehen, als mir noch einmal der Zettel in die Hand fällt. Dort steht, dass bei einem Vulkanausbruch durch eine Textansage informiert wird. Die Sirene dient dagegen zur Information der Feuerwehr. Und in den anderen Campern brennt nur deshalb Licht, weil diese sich gerade auf den Weg zum 7-Uhr-Shuttle zum Tongariro Crossing aufmachen. Herrje, also alles nur falscher Alarm. Und dafür bin ich jetzt extra aufgestanden!

So ziehe ich mich noch einmal zurück und versuche erst einmal, langsam wach zu werden, ehe ich frühstücke und mir die Wetterprognose anschaue. Das ist wieder alles andere als einfach, da das Netz nur gerade eben so ausreicht, damit sich mein Handy einbuchen kann. Ab dem Nachmittag sollen die ersten Schauer aufziehen, bevor es am Abend wieder klar werden soll.

Aufbruch zu den Tama Lakes

Somit mache ich mich trotz des wolkenverhangenen Himmels gegen 8.30 Uhr zeitig auf den Weg zu den Tama Lakes, die ich an diesem Vormittag besuchen will. Die beiden Seen befinden sich auf einer Hochebene zwischen den beiden Vulkanen Mount Ruapehu und Mount Ngauruhoe. Der Eingang zum Weg ist schnell gefunden. Wieder einmal staune ich über die Wegzeiten, die hier angegeben sind. Drei bis vier Stunden soll der Weg bis zum oberen der beiden Seen in Anspruch nehmen. Bei zehn Kilometern Wegstrecke und 400 Metern Höhendifferenz? Das kann ich mir irgendwie nicht recht vorstellen. Daher bin ich auch nicht erstaunt, dass ich das erste Zwischenziel meiner Wanderung, die Taranaki Falls, schon nach 40 Minuten statt der angegebenen einen Stunde erreiche. Ein kleiner Abstecher zu den Wasserfällen ist sehr lohnend. Doch wenn ich trockenen Fußes wieder in Whakapapa ankommen will, muss ich die Uhr ein wenig im Auge behalten.

Wanderung zu den Tama Lakes

Taranaki-Wasserfall

Der gut ausgebaute Weg wird hinter den Taranaki Falls etwas steiler, großartige Höhendifferenzen werden auf diesem Stück aber noch nicht bewältigt. Leider beginnt es beim Aufstieg leicht zu nieseln, zwischendurch gibt es aber auch immer wieder trockene Phasen. Unterwegs überhole ich um die 30 Personen, die sich mit dem Aufstieg etwas schwerer tun als ich. Um 10.30 Uhr, also nach zwei Stunden Marschzeit, erreiche ich dann den unteren der beiden Tama Lakes. Dieser liegt in einem riesigen Krater, füllt diesen aber nur zu einem Bruchteil aus. Weiter oberhalb scheint es also einen – womöglich unterirdischen – Abfluss zu geben.

Der untere der beiden Tama Lakes

Der untere der beiden Tama Lakes

Das große Wetter-Raten

Aufgrund der Wolken, die merklich immer zahlreicher werden, bin ich im Zweifel, ob ich überhaupt noch zum oberen See aufsteigen soll. Bis zu diesem sind noch rund 250 Höhenmeter zu bewältigen. Da der Aussichtspunkt aber nur noch 30 Minuten entfernt liegt, bin ich guter Dinge, doch noch schnell hinauf zu laufen. Letztlich benötige ich aber doch ein wenig mehr Zeit. Das lose Vulkangestein sorgt immer wieder dafür, dass ich beim Laufen zurückrutsche, was den Aufstieg zu einem äußerst anstrengenden Unterfangen macht.

Gerade noch eben so erreiche ich den Gipfel und genieße den Blick auf den oberen Tama Lake, der wie sein tiefer gelegener Bruder in einem imposanten Krater liegt, als einige Nebelschwaden aufziehen und mir die Sicht versperren. Daher packe ich meine Kamera schnell wieder ein und trete den Rückweg an. Doch weit komme ich nicht mehr. Nur etwa eine Minute nach meinem Aufbruch beginnt es aus dem Nichts plötzlich monsunartig zu regnen, sodass ich gerade noch meine Regenjacke anziehen und meinem Rucksack den Regenschutz überziehen kann. Der Regen ist aber so unglaublich heftig, dass binnen Sekunden meine Jeanshose triefend nass und doppelt so schwer wie vorher ist. Hätte ich doch mal besser die Wanderhose angezogen!

Regenwolken am oberen Tama Lake

Im Monsun zurück ins Tal

Auch wenn ich mit der nassen Hose kaum noch vorwärts komme, muss ich nun so schnell wie möglich zurück nach Whakapapa. Doch das liegt noch zehn Kilometer und damit rund zwei Stunden entfernt. Einen Unterstand oder eine andere Schutzmöglichkeit sucht man in der kargen Landschaft inmitten des Vulkangesteins vergeblich. Meine einzige Hoffnung ist es daher, dass der Regen vielleicht doch noch einmal nachlässt.

Doch alle Hoffnungen sind vergebens. Während der knapp zwei Stunden, die ich bis nach Whakapapa benötige, hat das Wetter kein Einsehen und es regnet gnadenlos weiter. Etwa eine Stunde vor dem Ziel ist die Jeans soweit durchgeweicht, dass das Regenwasser einfach von der Hose direkt in die Schuhe läuft, sodass auch meine Socken schließlich völlig durchnässt sind. Sorgen bereitet mir darüber hinaus auch meine Fotoausrüstung. Der Rucksack sollte zwar einiges aushalten, aber irgendwann ist auch der beste Wetterschutz am Ende seiner Möglichkeiten angelangt.

Unterschlupf auf dem Campingplatz

Am Campingplatz angelangt bringe ich erst einmal die Ausrüstung in Sicherheit, ehe ich versuche, die nassen Sachen auszuziehen. Es ist unfassbar, aber selbst die Unterwäsche kann ich wie einen Schwamm ausdrücken. So nass ist die Kleidung. Glück habe ich aber, dass zumindest der Technik nichts zugestoßen ist. Im Inneren des Rucksacks ist es zwar ziemlich feucht, aber Kamera und Laptop sind trocken. Lediglich im oberen Fach ist mein internationaler Führerschein etwas nass geworden.

Regenjacke und Jeans hänge ich erst einmal über die beiden Vordersitze, um im Anschluss meine Schuhe mit Küchenrolle auszustopfen, damit die Feuchtigkeit aufgesaugt wird. Inzwischen ist die Luft im Auto aber so feucht, dass an ein schnelles Trocknen nicht zu denken ist. So breite ich erst einmal alle nassen und feuchten Sachen im Auto aus, ehe ich mir eine wohltuende warme Dusche und frische, trockene Kleider gönne. Zurück im Camper werfe ich dann den Motor an, um mit dem Gebläse und viel heißer Luft die Feuchtigkeit etwas einzudämmen. Das funktioniert auch ganz gut. Gepaart mit permanentem Trockenwischen durch Küchenrolle wird auch der nasse Rucksack schnell wieder trockener.

Problem Nummer eins bleiben aber die Schuhe, die ich morgen ja schon wieder in trockenem Zustand für die nächste Wanderung, das Tongariro Alpine Crossing, benötige. Egal was ich aber auch tue, so wirklich trocken werden sie bis zum Abend nicht. Obwohl sich tatsächlich wie angekündigt noch einmal kurz die Sonne zeigt. Pullover, Jacke und Hose kann ich zur Not auch noch in den Trockner werfen, aber ohne die Schuhe kann ich die Wanderung morgen vergessen. Mit dem Gebläse würde ich sie vielleicht einigermaßen trocknen können, aber ich kann ja auch nicht die ganze Zeit den Motor laufen lassen.

Wetterbesserung in Sicht?

Als ich vor dem Abendessen die Wetterprognose noch einmal routinehalber überprüfe, bin ich mir dann aber ohnehin nicht mehr so sicher, ob ich das Tongariro Crossing morgen in Angriff nehmen soll. Völlig entgegen der bisherigen Prognose sind nun auch für morgen bereits ab dem Mittag wieder Schauer zu erwarten. Auch am Vormittag soll es bewölkt sein. Unabhängig von den Schuhen erscheint es mir daher nicht wirklich sinnvoll, solch eine lange Wanderung in Angriff zu nehmen. Ich werde deswegen morgen in jedem Fall zeitig aufstehen, um eine endgültige Entscheidung zu treffen. Aber ich tendiere eher zu einem Verzicht und zu einer alternativen, kleineren Wanderung, denn noch einmal so nass werden, das brauche ich nun wirklich nicht. Auch wenn es natürlich schade ist. Aber man kann eben nichts erzwingen.

3 Gedanken zu „Widrige Bedingungen an den Tama Lakes“

  1. Hallo Felix, mit großer Begeisterung und jeder Menge Fernweh lesen wir Deine wunderbaren Berichte ( schauen die Bilder )…. und freuen uns immer Neues von Dir zu lesen. Weiterhin gaaaaanz viel Spaß, gute Reise, tolle Erlebnisse… und am anderen Ende der Welt wünschen wir Dir ein schönes Osterfest und essen ein paar Schoki-Eier für Dich mit :)
    Alles Liebe
    Sabine&Thomas&Constanze

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    • Hallo ihr drei, vielen Dank für eure Nachricht! Freut mich sehr, dass ihr meine Berichte verfolgt. Ich gebe mir Mühe, euch auch weiterhin auf dem Laufenden zu halten. Liebe Grüße und ebenfalls ein schönes Osterfest!

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