Als ich um sieben Uhr von meinem Handy geweckt werde, scheint sich das Wetter wie angekündigt entwickelt zu haben. Am Himmel ist keine Wolke zu erkennen. Was also tun? Doch noch schnell beim Shuttlebus zum Tongariro Crossing anmelden, der in einer Stunde abfährt? Die schlechte Wetterprognose für den Nachmittag lässt mich allerdings nach wie vor zweifeln. Letztlich geben dann aber meine Wanderschuhe den Ausschlag. Diese sind nämlich nach dem Marsch durch den Regen gestern immer noch nicht trocken und damit nicht benutzbar.
Überhaupt herrscht im Auto eine unglaubliche Feuchtigkeit durch die ganzen nassen Kleider, die ich über die Vordersitze gehängt habe. An den Scheiben rinnt das Wasser nur so herunter. An trocknen ist daher ohnehin nicht zu denken, aber immerhin scheint ja nun die Sonne. So öffne ich nach dem Frühstück alle möglichen Türen und hänge die nassen Kleider über selbige, um die Feuchtigkeit zumindest mal aus dem Camper zu bekommen.
Alternativprogramm Silica Rapids
Am schnellsten trocknen glücklicherweise die Wanderschuhe, sodass ich gegen 10.30 Uhr immerhin noch zu einer kleineren Wanderung aufbrechen kann, die ich andernfalls wohl nicht mehr geschafft hätte. Der Weg zu den Silica Rapids startet direkt am Campingplatz und nimmt je Richtung laut Wegweiser 1,25 Stunden in Anspruch. Zunächst führt mich die Route durch einen dichten Buchenwald. Immer entlang eines kleinen Bachs, ehe ich eine Moorlandschaft erreiche, die auf einem Holzsteg überquert wird. Unterwegs komme ich an einer Stelle vorbei, an der der Bach über eine Stelle mit stark eisenhaltigem Gestein führt. Eindrucksvoll ist das an seiner rötlichen Farbe erkennbar.
Von der angesprochenen Moorlandschaft kann ich auch einen Blick auf die weiter entfernten Gefilde rund um den Mount Ngauruhoe werfen, hinter dem ich planmäßig heute gewandert wäre. Die vielen dunklen Wolken entlang der Berge, die sichtbar immer größer werden, lassen nur einen Schluss zu. Am Tongariro Crossing wäre ich heute wohl wieder nass geworden. Insofern ist der Weg zu den Silica Rapids eine gute Alternative. Da auch über mir langsam aber sicher wieder Wolken quellen, marschiere ich etwas flotter in Richtung Zielpunkt, der sich rund 150 Meter höher als Whakapapa befindet. Vorbei an einem imposanten Wasserfall und interessant gefärbten Gesteinen erreiche ich schließlich die Silica Rapids, einen etwa 500 Meter langen Bereich des Tawhainui Streams, der hier terrassenartig über einige hellgelbe Gesteinsfelder hinweg führt. Verantwortlich für die ungewöhnliche Gesteinsfarbe ist Sinter, der hier durch Kalkablagerungen entstanden ist.
Freier Nachmittag in Whakapapa
Da die Wolken bedrohlich dunkler werden, entschließe ich mich zu einer raschen Rückkehr zum Campingplatz, den ich auf demselben Weg nach insgesamt rund eineinhalb Stunden Gesamtweg um kurz nach zwölf Uhr wieder erreiche. Inzwischen zeigt sich zumindest hier unten in Whakapapa die Sonne wieder, sodass ich meine nassen Kleider nochmal zum Trocknen heraushängen kann.
Doch kein Tag ohne Panne, denn als ich um den Camper herumlaufe fliegt mir unerwartet eine kleine Fliege ins Auge. Da ich sie erst einmal nicht finden kann, das Auge aber höllisch juckt, warte ich die nächsten zwei Stunden darauf, dass sie endlich herausgespült wird. Das ist dann nach einem Befeuchten des Auges durch entsprechende Tropfen (was hat man nicht alles dabei!) auch tatsächlich der Fall, sodass ich die Fliege mit einem Taschentuch schließlich aus dem Auge herausholen kann.
Pläne schmieden in der Campingküche
Den restlichen Nachmittag verbringe ich damit, in der Küche des Campingplatzes meinen Laptop wieder aufzuladen. Das kann ich – da ich in den letzten Tagen nicht gefahren bin – nicht wie sonst üblich über die Bordsteckdose im Auto machen. In der Küche funktioniert auch das WLAN besser als im Camper, sodass ich mir einige Gedanken über die nächsten Tage machen kann.
Auf der Nordinsel gibt es mit dem exponierten Mount Egmont im Westen und dem Leuchtturm am Cape Palliser ganz im Süden noch zwei Ziele vor Wellington. Bei diesen bin ich mir aber nicht ganz sicher, ob ich sie beide in der verbleibenden Zeit noch erreichen kann. Ich entschließe mich deswegen dazu, morgen von Whanganui noch soweit Richtung Westen zu fahren, bis der markante Mount Egmont ins Blickfeld kommt. Für den Nachmittag ist in der Region sonniges Wetter angesagt, sodass ich vielleicht in den seltenen Genuss eines wolkenfreien Anblicks dieses exponierten Vulkans komme. Im Anschluss werde ich meinen Weg wie geplant nach Südosten fortsetzen, um dort am Dienstagabend am Cape Palliser den Sonnenuntergang sowie eventuell auch einen Blick auf die Milchstraße zu genießen.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.