Geisterstimmung im Mount Buffalo National Park

Auch wenn ich mich die Nacht über nicht ganz wohl fühle, so völlig alleine an einer kaum befahrenen Landstraße am Waldrand und fernab der Zivilisation, schlafe ich gut. Nur ab und an vernehme ich aus dem Wald auch weiterhin Geräusche von Tieren. Wem die lauten Rufe gelten und von welchem Tier sie stammen, kann ich allerdings nicht herausfinden.

Etwas enttäuscht bin ich vom Wetter, denn aus dem erhofften Sonnenaufgang wird nichts, weil sich eine dichte Wolkendecke über das Tal und die angrenzenden Gipfel zieht. Trotzdem will ich auf schnellstem Wege mein vormittägliches Ziel, den Mount Buffalo National Park, ansteuern, um im weiteren Tagesverlauf noch möglichst weit zu kommen, damit ich am Freitag und am Samstag das angekündigte schöne Wetter am Mount Kosciuszko genießen kann.

Durchwachsenes Wetter auf dem Weg in den Nationalpark

Bereits um 7.30 Uhr breche ich nach Frühstück und Camper-Umbau zu meiner einstündigen Fahrt bis zum Mount Buffalo auf. Eine Straße führt quer durch den Nationalpark hindurch bis fast auf den Gipfel, der sich in 1.800 Meter Höhe befindet. Lediglich das letzte, rund 500 Meter lange Stück, muss zu Fuß bewältigt werden. Nach weniger als einer Viertelstunde Fahrzeit passiere ich den Eingang zum Nationalpark, der ähnlich wie im Wilson’s Promontory mit einem Info-Gebäude und einem kleinen Picknick-Areal ausgestattet ist. Der Eintritt ist scheinbar kostenlos, jedenfalls kann ich nichts Gegenteiliges erkennen und fahre daher weiter über die nun enge und kurvenreiche Straße.

Schon bald wird mir klar, dass die Sicht vom Gipfel ziemlich wahrscheinlich gegen Null geht, denn die Wolkenuntergrenze befindet sich in etwa auf Höhe des Mount Buffalo. Trotzdem will ich es versuchen, den Gipfel zu besteigen, nun, wo ich schon so weit gefahren bin. Die Landschaft ist unterwegs zwar ganz nett anzusehen und der wilden, unberührten Natur kommt man recht nah, doch wirklich begeistern kann mich der Park zunächst nicht.

Das ändert sich allerdings, als ich gegen 8.30 Uhr das Ende der Straße, die wie in Neuseeland merkwürdigerweise auf den beiden letzten der 30 Kilometer nicht mehr asphaltiert ist, und einen prächtigen Ausblick nach Westen erreiche. Die Wolkendecke ist gerade hoch genug, um das Panorama auf die umliegenden bewaldeten Gebiete zu genießen. Von hier aus blickt man auf nichts weiter als unberührte Natur. Von einigen deplatziert wirkenden Schneisen für Stromleitungen einmal abgesehen.

Trostloser Ausblick auf dem Mount Buffalo National Park

Trostloser Ausblick auf dem Mount Buffalo National Park

Wanderung auf den Mount Buffalo

Obwohl die Szenerie schon hier am Ende der Straße durch den Park aufgrund der grauen Wolken und einiger offenbar toter Bäume etwas trist wirkt, will ich den kurzen Marsch zum Gipfel noch in Angriff nehmen. Der Weg dorthin ist steil, aber an den exponierten Stellen durch entsprechende Geländer derart abgesichert, dass er völlig ungefährlich zu begehen ist. Leider versteckt sich die Aussichtsplattform allerdings im Nebel. Schade, denn von hier oben würde man bei gutem Wetter sicher einen tollen Rundumblick haben. Aber man kann nicht überall Glück haben. Besser hier schlechtes Wetter als am Mount Kosciuszko.

Lange halte ich es bei der nasskalten und zugigen Luft auf dem Gipfel nicht aus und mache mich daher auf den Weg zurück zum Auto. Weit habe ich es nicht bis zu meinem nächsten Ziel, das ich völlig unerwartet auf der Hinfahrt entdeckt habe. Hier oben, mitten im Nationalpark, befindet sich doch tatsächlich ein kleines Skigebiet! Dieses nehme ich natürlich etwas genauer unter die Lupe, nachdem ich, was ich der Selbstverständlichkeit her bislang gar nicht erwähnt habe, natürlich der einzige Tourist weit und breit bin. Niemand ist mir seit der Abzweigung von der Hauptstraße vor eineinhalb Stunden mehr begegnet.

Das stillgelegte Skigebiet vom Mount Buffalo

Dass sich hier oben ein Skigebiet versteckt, ist schon seltsam genug, warum jemand allerdings ausgerechnet so einen langen Anfahrtsweg für fünf Anfängeranlagen in Kauf nimmt, das frage ich mich beim Anblick des Skiareals schon. Zwei kleine Schlepplifte und eine Sesselbahn erschließen Pisten mit schätzungsweise 30-50 Höhenmetern, eine weitere Sesselbahn besitzt ihre Bergstation dann immerhin etwa 150 Höhenmeter oberhalb des Parkplatzes.

Ganz links außen kann ich noch einen weiteren Schlepplift ausmachen, der allerdings dem Anschein nach schon länger nicht mehr in Betrieb ist. Er erschloss den höchsten Punkt des Gebiets und dürfte wohl die einzige Anlage gewesen sein, die auch für Fortgeschrittene interessant war. Mit seiner Trassierung quer durch einen steilen Felsabhang sieht er jedenfalls recht spektakulär aus. Wie ich später herausfinde, sind jedoch auch die anderen Anlagen heute nicht mehr in Betrieb. Ein vermutlich durch Brandstiftung entfachtes Feuer zerstörte vor ein paar Jahren das zugehörige Restaurant- und Aufenthaltsgebäude des Skigebiets. Seitdem hat sich am Mount Buffalo keine Rolle mehr gedreht.

Stillgelegte Sesselbahn am Mount Buffalo

Stillgelegter Schlepplift am Mount Buffalo

Tawonga Gap – Zurück zur Zivilisation

Aufgrund des schlechten Wetters trete ich recht bald den Rückzug aus dem Nationalpark an, den ich nun auch als „gesehen“ abhaken kann. Ich glaube nicht, dass es mich hier so schnell wieder hinzieht. Warum die australischen Alpen eigentlich so heißen, ist mir bislang auch nicht wirklich klar geworden. Genau genommen sind sie sowohl von der Höhe als auch landschaftlich eher mit einem deutschen Mittelgebirge zu vergleichen. Wirklich schlauer werde ich auch nicht, als ich meinen Weg nach einem Tankstopp in Bright über das Tawonga Gap fortsetze, einem gut 900 Meter hohen Pass, der mich ins Nachbartal bringt.

An einem der Aussichtspunkte komme ich mit Ian und Christine ins Gespräch, zwei australischen Farmern, die hier wie ich auf Reisen sind. Wir unterhalten uns längere Zeit, sie zeigen mir Bilder von ihrer Farm, die sich irgendwo zwischen Melbourne und Adelaide befindet, und ich bin froh, endlich einmal mit ein paar Australiern in Kontakt zu kommen. Seit meinem Flug nach Melbourne habe ich eigentlich mit niemandem mehr längere Zeit gesprochen. Weil schlichtweg nirgendwo andere Menschen auszumachen waren!

Ausblick vom Tawonga Gap

Abstecher nach Falls Creek

Nachdem ich aufgrund meines verfrühten Aufbruchs aus dem Nationalpark gut in der Zeit liege, entschließe ich mich dazu, von Tawonga noch einen kleinen Abstecher in das 30 Kilometer entfernte Skigebiet von Falls Creek zu machen. Dieses zählt zu den bekanntesten in Australien und wenn man schon in der Nähe ist, kann man es sich ja wenigstens mal anschauen. Ganz so einfach scheint das hier aber nicht zu gehen, denn wenige Kilometer vor meinem Ziel stehe ich plötzlich vor einer Mautstelle, die allerdings wie alles hier einen verlassenen Eindruck macht. Da ich mir nicht recht vorstellen kann, dass ich hier irgendetwas bezahlen muss, fahre ich auf der Straße weiter, ohne in eine der Buchten abzubiegen. Die Straße ist immerhin eine Hauptdurchgangsroute, da kann ja nicht jeder extra bezahlen, der hier durchfährt?!

Ähnlich wie der Mount Buffalo liegen auch die Hänge von Falls Creek leider mehrheitlich im Nebel, sodass ich mich nicht lange hier oben aufhalte, sondern lediglich ein paar Fotos von der Passhöhe aus schieße und kurz darauf den Rückweg ins Tal antrete. Dort angekommen stelle ich während meiner Mittagspause fest, dass die Mautstation nur in der Wintersaison in Betrieb ist.

Dann ist nämlich die Rückseite des Passes gesperrt und Falls Creek eine Sackgasse, in die man nur für 45 Dollar pro Fahrzeug und Tag hineingelassen wird. 45 Dollar dafür, dass man überhaupt in das Dorf fahren darf. Und da ist der Skipass wohlgemerkt noch nicht inbegriffen! Da könnte ich mir meine Touren, so wie ich sie sonst in den Alpen durchführe, wohl abschminken. Mal eben zwei oder drei Skigebiete an einem Tag besuchen, das würde hier äußerst schnell ins Geld gehen.

Aussicht von Falls Creek auf die Snowy Mountains

Vorbei am Hume Lake in Richtung Sonne

Auch wenn der Abstecher nach Falls Creek nicht unbedingt lohnenswert ist, so hat er immerhin doch etwas für sich, denn von der Passhöhe habe ich sehen können, dass weiter östlich deutlich bessere Wetterverhältnisse herrschen. Daher lautet die Devise nun, die wenig erquicklichen Ausflüge der letzten Stunden ad acta zu legen und in Richtung Thredbo, einem Retortenort im Kosciuszko National Park, vorwärts zu kommen. Das Dorf selbst werde ich heute nicht mehr erreichen, dafür aber einen etwa eineinhalb Stunden Fahrzeit davor liegenden Campingplatz in der Nähe der Ortschaft Khancoban, auf dem ich noch einmal kostenlos übernachten will.

Hume Lake

Der Weg führt mich von nun an mehrheitlich über meist gut ausgebaute, gerade Straßen, sodass die verbleibenden 200 Kilometer Strecke auf der Navigations-App schnell herunter ticken. Immer wieder halte ich allerdings unterwegs an, um die wunderschönen Herbstfarben abzulichten, die sich hier inzwischen bei sonnigem Wetter entlang der Straße finden. Um 16.30 Uhr erreiche ich mein Domizil. Und … ein Wunder! Keine weiteren Umwege nötig, keine Suche nach Alternativen, denn der Campingplatz ist offen, es stehen sogar zwei andere Wohnwagen da und im Gegensatz zu gestern stimmt auch das Ambiente. Campen, wie ich es aus Neuseeland gewohnt bin, dass ich das in Australien auch mal erleben darf!

Bunte Platanen zum Sonnenuntergang

Ich komme gerade noch rechtzeitig, um die bunten Blätter der Platanen in der Abendsonne bestaunen und fotografieren zu können, bevor die Sonne am Horizont verschwindet und ich mir vor Einbruch der Dunkelheit noch mein Abendessen zubereiten kann. Damit kann ich guten Mutes morgen in aller Frühe ins 100 Kilometer entfernte Thredbo starten, wo ich gerne möglichst am frühen Vormittag zu meiner Wanderung auf den Mount Kosciuszko aufbrechen will.

Sonnenuntergang in Towong

Nach dem Verfassen des Tagebuchs und Aktualisieren meines Blogs, was in Australien glücklicherweise dank schnellerem Netz auch über das Handy funktioniert, will ich eigentlich nur noch einmal zur Toilette laufen, um mich danach schlafen zu legen. Doch als ich zurück zum Auto komme, fällt mein Blick auf den sternenklaren Himmel, in dem ich mit bloßem Auge die Milchstraße sehen kann. Ich blicke genau in das galaktische Zentrum, das sich gerade im Osten über den Horizont schiebt. Ein atemberaubender Anblick!

Unerwarteter Blick auf den Sternenhimmel

Auch wenn ich die Milchstraße schon oft am nächtlichen Himmel beobachtet und auch fotografiert habe, dieser Anblick stellt eine völlig neue Dimension dar. Weil man ihn auf der Nordhalbkugel in dieser Form gar nicht genießen kann, selbst bei völliger Dunkelheit, denn das Zentrum der Milchstraße ist nur aus den südlichen Gefilden unseres Planeten wirklich gut sichtbar.

Keine Frage, an Schlaf ist überhaupt nicht zu denken, stattdessen baue ich hastig meine Kameraausrüstung auf und suche nach einem geeigneten Standort. Einige Justierungen und Standortwechsel sind notwendig, doch nach einer knappen Viertelstunde habe ich die ersten Ergebnisse auf dem Sensor. Erwartungsgemäß kann die Kamera die Milchstraße noch etwas besser einfangen als das menschliche Auge, doch der dunkle Vordergrund gefällt mir noch nicht wirklich. Daher hole ich im Auto die Taschenlampe und leuchte die nahegelegenen Bäume während eines Teils der Aufnahme an. Auch hier dauert es wieder ein wenig, bis ich die optimale Dauer der Baum-Beleuchtung gefunden habe, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Endlich habe ich das Foto von der Milchstraße im Kasten, auf das ich nun so lange gewartet habe. In Neuseeland hat es trotz zahlreicher Anläufe nicht geklappt, hier haben nun an diesem Abend endlich alle Voraussetzungen gepasst. Und das bei solch einer völlig spontanen Aktion!

Milchstraße über Australien

Zufrieden baue ich die Kamera wieder ab, verstaue das Stativ und will mich eigentlich nun endgültig schlafen legen. Doch irgendwie kann ich es nicht unterlassen, die gerade geschossenen Fotos noch schnell am Laptop anzusehen und ein wenig zu bearbeiten. So bin ich letztlich noch eine gute Stunde beschäftigt, ehe ich den Camper in den Nachtmodus umbaue und mich schließlich aufs Ohr lege. Dann muss ich eben heute ausnahmsweise etwas schneller schlafen. Aber nach solch einem Erlebnis fällt das natürlich nicht besonders schwer.

1 Gedanke zu „Geisterstimmung im Mount Buffalo National Park“

  1. Okie dokie matie,
    I really love your adventures and your reports.
    Bratkartoffen mit Gemuese?
    How about Fish and chips with pea mash, dim sum, a croc or Joey steak – instead of a Mc D?!?
    Mate – you are half way around the world. My recommendation: eat local – it is part of the adventure.
    Travel safe.
    Fiza and Ulf

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