Von Amsterdam nach Tansania

Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, dass mich meine nächste Reise nach Afrika führen würde, hätte ich wohl herzlich gelacht. Dem Kontinent irgendwann einmal einen Besuch abzustatten hatte ich zwar definitiv vor, doch wirklich weit oben war ein solcher Trip auf meiner Prioritätenliste nicht. Aber bekanntlich kommt es erstens anders und zweitens als man denkt.

Alles beginnt mit einer E-Mail irgendwann Anfang Februar 2017. Ob ich Lust hätte, auf eine Safari nach Tansania mitzukommen. Teresa und ich kennen uns schon eine gefühlte Ewigkeit. Sie berichtet mir in dieser E-Mail davon, dass sie gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Marie vier Wochen für ein Praktikum in einem Krankenhaus unweit des Kilimanjaro nach Ostafrika fliegt. Im Anschluss soll es auf Safari durch die weltberühmten Nationalparks von Tansania gehen. Und Teresa weiß um meine Reisebegeisterung. Deswegen zögere ich auch nicht lange, das Angebot anzunehmen. Geplant habe ich sonst nämlich noch nichts und meinen Urlaub muss ich ohnehin in dem angestammten Zeitraum im September und Oktober während der Semesterferien nehmen.

Reiseplanungen für den Weg nach Tansania

Der Flug

Wie es dann aber immer so ist, divergieren Wunsch und Realität immer weiter, je tiefer man in die Reiseplanung einsteigt. Einen Flug nach Tansania zu bekommen, ist weitaus schwieriger als gedacht. Zwar gibt es mit dem Kilimanjaro Airport einen internationalen Flughafen unweit unseres Ausgangspunkts, der Metropole Arusha im Norden des Landes. Dieser wird aber nur von wenigen europäischen Fluggesellschaften angeflogen. Von Deutschland aus gibt es nur eine wöchentliche Direktverbindung, was mir zu unflexibel ist. Bei allen anderen Variaten müsste ich umsteigen. Das passt mir auch nicht wirklich. Daher lande ich letztlich bei einem Direktflug mit KLM von Amsterdam-Schiphol zum Kilimanjaro Airport. Und das sogar günstiger als alle anderen Optionen. Dafür muss ich mit dem Zug nach Amsterdam fahren. Aber viel umständlicher als nach Luxemburg oder Frankfurt ist das auch wieder nicht.

Die Safari

Die nächste Hürde ist die Buchung der Safari. Das Unternehmen, bei dem die anderen beiden ihre Safari bereits gebucht haben, wird von einer deutschen Biologin geleitet, die seit über 30 Jahren in Arusha lebt. Hilde ist gemäß der Bewertungen im Internet stets um das Wohlergehen ihrer Gäste bemüht und bietet individuell zusammengeschnittene Safariprogramme durch die Nationalparks rund um Arusha an. Tarangire, Lake Manyara, Arusha, Ngorongoro und Serengeti National Park sind die klingenden Namen, die ich kurz nach meiner Anfrage in meiner Angebotsbeschreibung lese. Viel planen muss ich nicht, denn das haben Teresa und Marie schon übernommen. Ich stimme dem Angebot daher zu. Die Kommunikation mit dem Unternehmen verläuft zwar über eine kryptische Yahoo-Mailadresse und wirkt für deutsche Standards hier und da ein bisschen improvisiert, ist aber sonst recht unkompliziert. Das macht alles schon mal einen guten Eindruck.

Die Gesundheit

Etwas umständlicher wird es mit der Reisevorbereitung dagegen in den folgenden Monaten. Im Gegensatz zu meinen bisherigen Reisezielen spielt Tansania in Sachen Gesundheitsrisiken in einer anderen Liga. Mein Impfmarathon dauert von Juli bis September und erstreckt sich von Typhus über Tollwut bis hin zum Gelbfieber. Aber Anfang September und zwei Wochen vor der Abfahrt habe ich auch das hinter mir. Die anderen beiden sind zu diesem Zeitpunkt bereits im Krankenhaus in Tansania am arbeiten. Maries Schwester Antonia wird zur Safari auch noch zu unserer Gruppe stoßen, sodass wir die Safari zu viert in Angriff nehmen wollen.

Mit dem Zug nach Amsterdam

So mache ich mich am Vormittag des 26. September auf nach Saarbrücken zum Hauptbahnhof, um dort planmäßig in den TGV 9551 um 10.58 Uhr nach Frankfurt einzusteigen. Zu meinem Erstaunen fährt der Zug tatsächlich pünktlich ab. Platz für mein Gepäck ist dagegen Mangelware und so bin ich froh, dass in meinem Viererabteil noch zwei Plätze frei bleiben. Mit wenigen Minuten Verspätung erreiche ich rund zwei Stunden später den Frankfurter Hauptbahnhof.

Auch die Fahrt nach Amsterdam mit dem ICE 124 gestaltet sich alles andere als ausgefallen. So erreiche ich planmäßig den Hauptbahnhof der niederländischen Metropole um 17.28 Uhr und kurz darauf mein Hotel. Natürlich möchte ich mir die Chance auf ein paar schöne Fotos in der blauen Stunde nicht entgehen lassen. Daher breche ich schon kurz darauf zu einer kleinen Bootstour durch die engen Grachten auf und erkunde danach ein wenig den zentralen Bereich rund um den Hauptbahnhof. Im Hinblick auf die lange Reise am morgigen Tag verzichte ich aber auf eine ausgiebigere Erkundung und kehre schon bald ins Hotel zurück.

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Amsterdam

Flug zum Kilimanjaro Airport

Schon um 6.30 Uhr muss ich aufstehen, was mir dank es unbequemen Betts aber auch nicht allzu schwer fällt. Eine schnelle Dusche und ein kleines Frühstück aus dem Rucksack genehmige ich mir noch, bevor ich zu Fuß wieder Richtung Hauptbahnhof schreite. Glücklicherweise erwische ich gerade noch den 7.32-Uhr-Zug zum Flughafen, wo ich eine gute Viertelstunde später ankomme. Meine Bordkarte kann ich am Automaten schnell und einfach ausdrucken. Problematischer wird es da schon bei der Gepäckaufgabe. Diese ist in Schiphol weitgehend automatisiert, läuft aber deswegen keineswegs zügiger ab. Auch ich benötige nach einer halben Stunde Anstehen einen Moment, bis ich das System mit der Selbstaufgabe geschnallt habe. Hoffentlich kommt der Koffer in Tansania an …

Als ich mich am Abfluggate ankomme, springt die Fluganzeige von pünktlich auf eine Stunde Verspätung. Das geht ja gut los. Und tatsächlich starten wir letztlich erst mit 1,5 Stunden Verspätung. Fehlendes Personal zum Einladen des Gepäcks ist die Ursache. Und mangels Slot an dem dicht beflogenen Flughafen kommt nach einer Stunde Warten auf das Boarden noch mal eine halbe Stunde dazu. Der Flug selbst ist dafür angenehm und ruhig, sodass die Verspätung recht schnell vergessen ist. Zumal der Pilot verspricht, dank einer zusätzlichen Kerosinladung schneller zu fliegen als vorgesehen.

Mit rund 50 Minuten Verspätung setzt das Flugzeug schließlich um 20.45 Uhr Ortszeit auf der einzigen Landebahn des Kilimanjaro Airport auf. Der Flughafen im Norden Tansanias dürfte wohl der mit Abstand kleinste internationale Flughafen sein, an dem ich je gelandet bin. Die Fahrt zum Ausstieg ist daher kurz. Unser Pilot verabschiedet sich von allen, die hier von Bord gehen. Und das sind die meisten. Nur wenige Passagiere bleiben für den Weiterflug nach Dar es Salaam sitzen. Überhaupt scheint der Flug eine reine Attraktion für Urlauber zu sein. 80% der Gäste sind aufgrund ihrer Safari-Outfits schnell als Touristen identifiziert.

Das Chaos nimmt seinen Lauf

Bis ich endlich meinen ersten Fuß auf afrikanischen Boden setzen kann, vergeht dann aber doch noch eine knappe Viertelstunde. Der Grund sind Probleme mit dem Anbringen der Gangways an das Flugzeug. Über den hinteren Ausgang komme ich vor den meisten anderen Passagieren nach draußen, weil es an der vorderen Treppe immer noch klemmt. Hier nimmt das afrikanische Chaos seinen Lauf. Zwei Frauen versuchen auf dem Rollfeld, die Bordkarten der Fluggäste zu kontrollieren und scheitern grandios. Es wird gerufen, gedrängelt, geschubst. Die Hälfte der Leute stürmt einfach so an den Beamten vorbei. Und das aus gutem Grund. Die Halle reicht bei weitem nicht aus, um alle Passagiere vor der Einreisekontrolle aufzunehmen. Der Großteil der rund 300 Personen muss daher erst einmal auf dem Rollfeld verharren.

Dazwischen stehen bereits die ersten Angestellten der lokalen Safariunternehmen mit Namensschildern herum. So ganz genau nimmt das hier mit den Sicherheitskontrollen scheinbar niemand. Die Halle selbst gleicht einem Museum. Vereinzelte Holzbänke, Absperrungen mit Baustellenbändern und eine Sammlung von unterschiedlichsten Stühlen, deren Zweck nicht erkennbar ist. Links geht es zum Schalter für Personen mit Visum, alle anderen stellen sich in eine Reihe, die zum Immigration Officer führt. Hier sitzen hinter einer verschmierten Glaswand gleich drei Beamte. Immerzu bewacht von einem Portrait des tansanischen Präsidenten John Magufuli.

Komplizierte Einreise nach Tansania

Im Vorfeld hatte ich gelesen, dass es keine schlechte Idee sei, sich noch vor der Reise bei der tansanischen Botschaft in Deutschland ein Visum ausstellen zu lassen und nicht erst vor Ort am Flughafen. Das haben anscheinend die meisten anderen auch mitbekommen. So ist die Schlange vor der Schalter für Personen mit Visum deutlich länger als an jenem ohne Visum. Insofern erweist es sich für mich als vorteilhaft, mir das Visum erst hier ausstellen zu lassen. Recht schnell bezahle daher ich beim ersten Officer die 50 USD für den Stempel. Danach wird es kompliziert. Bevor ich mein Gepäck in Empfang nehmen kann, muss ich noch das eigentliche Visum ausfüllen lassen.

Weitere 20 Minuten vergehen, bis ich am Schalter auf eine unscheinbare Dame mit Lolli im Mund treffe. Sie ist scheinbar nur dazu da, in den Reisepass noch einmal handschriftlich einzutragen, dass die Visumsgebühr bezahlt wurde. Länger dauert es bei Officer Nummer drei, bei dem ich meine Fingerabdrücke elektronisch abgebe. Ein vierter Herr in Uniform kontrolliert dann abermals meinen Reisepass, bevor ich mein Aufgabegepäck in Empfang nehmen kann. Ein Laufband gibt es nicht, die Taschen stehen kreuz und quer in der Halle herum.

Haarsträubende Verkehrsverhältnisse auf dem Weg nach Arusha

Nach dem obligatorischen Gepäckcheck inmitten einer Baustelle und ohne Angestellten am Scanner kann ich den Flughafen endlich verlassen. Einen Kiosk oder einen Shop für eine Sim-Karte suche ich vergeblich. Am Ausgang erwarten mich stattdessen rund 50 Personen mit Namensschildern – meines finde ich aber schnell. Mein Fahrer führt mich zu einem Kleinbus, mit dem wir Kurs auf Arusha nehmen. Die Strecke beträgt 50 Kilometer und nimmt etwa eine Stunde in Anspruch. Schon auf den ersten Metern wird deutlich, warum das größte Gesundheitsrisiko in Tansania eine Verletzung bei einem Verkehrsunfall ist. Nicht umsonst wird vor Überlandfahrten bei Nacht dringend abgeraten.

Mit haarsträubenden Manövern und unter Missachtung sämtlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen überholt mein Fahrer einen halb auseinandergefallenen Lastwagen nach dem anderen. Ich spreche ihn auf die Bumps an, die man in regelmäßigen Abständen in den 50er-Zonen antrifft. Sie seien in besiedelten Gebieten dazu da, für Sicherheit zu sorgen, weiß der Fahrer stolz zu berichten. Aber im selben Satz merkt er wie selbstverständlich an, dass man die meisten auch mit 80 km/h nehmen kann.

Obwohl der Fahrer meist nur eine Armlänge Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug hält, erzählt er mir in einer Seelenruhe, was man entlang der Strecke alles sehen würde, wenn es nicht schon seit vier Stunden dunkel wäre. Das, was man sehen kann, ist allerdings auch nicht uninteressant. Für die Uhrzeit ist nicht nur ein unglaublicher Verkehr, sondern auch eine erstaunliche Dichte an Fußgängern entlang der Straße unterwegs. Auch die kleinen Geschäfte rechts und links der Straße sind noch belebt. Die Besiedelungsdichte ist in diesem Gebiet relativ hoch. Schon bald tauchen die ersten Vororte der Millionenstadt Arusha auf. Was sich vor meinen Augen abspielt wirkt wie im Film. Chaotische Verkehrsverhältnisse im Kreuzungsbereich, hupende Mofas rechts und links, bei jedem zweiten Stopp klopft ein Verkäufer an die Autoscheibe. So langsam bin ich im Abenteuerurlaub angekommen!

Endlich angekommen in der Unterkunft

Dennoch bin ich froh, als wir das Hotel Arusha Tourist Center Inn erreichen. In einer dunklen Gasse begleitet mich mein Fahrer noch zur Rezeption, die sich in einem kleinen Innenhof befindet. Auch mein spartanisch eingerichtetes Zimmer entspricht in etwa dem, was ich erwartet habe. Nichtsdestotrotz ziehe ich es für eine ruhige Nacht vor, mein eigenes Moskitonetz unter dem durchlöcherten des Hotels aufzuhängen. Am nächsten Morgen soll mich nach neuestem Stand um 9 Uhr ein Fahrer zum Büro des Safariunternehmens bringen.

Schreibe einen Kommentar

Sicherheitsabfrage *