Ao-o-Kiwa • Ozeanien 2016

Nach vielen Monaten des Grübelns, ob eine Reise ans andere Ende der Welt alleine für mich das Richtige wäre, dem Entschluss dazu und den mindestens genauso vielen Monaten der Planung und Vorbereitung ist heute der Tag der Wahrheit gekommen. Gegen 17 Uhr begleiten mich meine Mutter und meine Schwester zum Flughafen nach Frankfurt. Von dort wird an diesem Abend mein Flieger über Singapur nach Auckland starten und mich zum ersten Mal in meinem Leben außerhalb der Grenzen Europas absetzen.

Eine Reise ans andere Ende der Welt

Aber der Reihe nach. Lange hatte ich überlegt, wo mich meine Reise hinführen soll. In die Berge – so viel stand schon recht schnell fest. Und nach Möglichkeit in eine Region, die ich so schnell nicht wieder erreichen könnte. Also am besten ans andere Ende der Welt. Nicht zuletzt würde sich durch die Verschiebung der Jahreszeiten bei einer Reise zur Südhalbkugel auch die Möglichkeit ergeben, eine Fahrt in den Herbst zu unternehmen – zum Fotografieren die mit Abstand beste Jahreszeit. Ozeanien erschien mir dabei von Beginn an als die am besten geeignetste Destination. Keine Sprachbarriere, wie es für mich beispielsweise in Südamerika der Fall gewesen wäre, eine große landschaftliche Vielfalt und aufgrund zahlreicher Fotos und Berichte von Bekannten eine riesige Vorfreude, diesen anderen Winkel unseres Planeten endlich einmal kennen zu lernen. Also auf nach Neuseeland und Australien!

Über meine Art des Reisens

Ich bin nicht der typische Backpacker, der sich ohne genauen Plan in ein Abenteuer stürzt, sich einfach treiben lässt und auf diese Weise versucht, zu sich selbst zu finden. Genauso wenig bin ich aber ein Pauschalurlauber, der möglichst alle Eventualitäten schon vor der Reise eliminiert. Nicht, dass ich diese Herangehensweisen irgendwie als falsch betrachte, sie entsprechen einfach nicht meinem Naturell. Meinen Reisestil würde ich irgendwo zwischen diesen beiden Welten ansiedeln. Möglichst gut vorbereitet, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Aber doch mit einem Höchstmaß an Flexibilität unterwegs, um meine Reisepläne spontan notfalls auch komplett über den Haufen werfen zu können.

Aus diesem Grund studiere ich in den Monaten vor meinem Abflug Reiseführer, Wikipedia und Internetblogs, um einen Eindruck davon zu erhalten, was mich am anderen Ende der Welt erwartet. Wichtige Informationsquellen stellen auch Karten und Luftbilder dar. Auf ihnen kann ich am ehesten erkennen, wo sich interessante Fotogelegenheiten ergeben könnten. Denn es wird keine Reise, bei der jeder Tag ein Sonntag ist. Im Fokus steht die Fotografie. Die besten Lichtverhältnisse gibt es stets am frühen Morgen und am späten Abend. Und auch wenn ich die Fotografie nicht professionell betreibe, so habe ich den Ehrgeiz, für ein gutes Foto notfalls ein paar Stunden zu warten, mitten in der Nacht aufzustehen oder unzählige Kilometer zu laufen.

Die Reiseroute

Meine geplante Route steht in der Folge recht schnell fest. Sieben Wochen werde ich ab März zunächst nach einem Flug mit Zwischenstopp in Singapur durch das Land der langen weißen Wolke, Neuseeland, reisen. Von der größten Agglomeration des Landes, Auckland, will ich zunächst den subtropischen Norden erkunden, ehe ich mich kontinuierlich über das zentrale Vulkanplateau der Nordinsel zur Hauptstadt Wellington nach Süden vorarbeite. Mit der Fähre soll es im Anschluss zur Südinsel gehen, die mit den knapp 4.000 Meter hohen Südalpen, ihren Gletschern und Seen den Hauptgrund für meinen Besuch darstellt.

Von der Stadt Christchurch will ich Ende April nach Melbourne fliegen und in der verbleibenden Zeit zumindest einen kleinen Teil Australiens erkunden. Von Melbourne favorisiere ich eine Strecke, die mich zunächst der Südostküste des Kontinents entlang durch einige Nationalparks führt, ehe ich durch die australischen Alpen die Metropole Sydney ansteuere. Von Sydney soll es Mitte Mai nach Singapur gehen, wo ich vor meiner Rückkehr nach Europa einen zweitägigen Aufenthalt plane.

Pläne? Jein.

Hin- und Rückflüge buche ich fix vorab, doch alles, was dazwischen passiert, kann ich nach meinem Gusto spontan entscheiden. Weil ich alleine reise. Diese Tatsache lässt mich zwar immer wieder ein wenig zweifeln, denn das Reisen zu zweit oder in einer Gruppe bringt eine gewisse Sicherheit und einen gewissen Komfort mit sich. Aber nur als Alleinreisender habe ich die Freiheit, alles tun und lassen zu können, was ich möchte. Und so halte ich Anfang März schließlich alle wichtigen Dokumente in den Händen. Reisepass, Impfbuch, eine Reiseroute für 74 Tage, Flugdaten, wichtige Adressen und eine Buchungsbestätigung für meine Mietwagen in Neuseeland und Australien.

Lange habe ich überlegt, wie ich mich in den beiden Ländern fortbewegen soll. Als Alleinreisender sind Bus und Hostels die einfachste Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen. Aber öffentliche Verkehrsmittel und feste Unterkünfte rauben mir jegliche Flexibilität, die gerade für die Fotografie so essentiell ist. Zudem sind die Hostels in Neuseeland trotz anbrechender Nebensaison teils über Wochen im Voraus ausgebucht – keine guten Voraussetzungen für spontane Planänderungen. Daher lautet die Devise Mietwagen und Camping. Eine sowohl in Neuseeland als auch in Australien typische Art und Weise, die Länder auf eigene Faust zu entdecken.

Servus, Europa!

Pünktlich um 21.55 Uhr hebt die Singapore-Airlines-Maschine von der Startbahn ab und nimmt nach einer leichten Linkskurve Kurs Richtung Singapur. Am Fenster sitzend blicke ich auf die hell erleuchteten Städte, die aber schon bald nur mehr schemenhaft zu erkennen sind. Mein sehr netter Sitznachbar auf dieser ersten von zwei Teilstrecken fliegt die Route nach Singapur bereits zum vierten Mal. Ich erzähle ihm von meinen Plänen und er berichtet, dass er nach dem Studium ebenfalls eine Reise nach Nordamerika und Costa Rica unternommen hatte. Diesmal führt ihn der Weg ab Singapur aber nach Malaysia.

Da ich zum Abschied am Flughafen noch einmal ein typisch deutsches Cordon Bleu gegessen habe, überlasse ich das Abendessen im Flieger den anderen. Um 23 Uhr noch zu Abend zu essen ist mir ohnehin zu spät, zumal ich mich bereits etwas an die zwölfstündige Zeitverschiebung anzupassen. Hier gehen die Meinungen von „wirst du nur ein paar Tage merken“ bis hin zu „da gewöhnst du dich nie vollständig dran“ weit auseinander, sodass ich durchaus gespannt bin, wie mein Körper mit dem Jetlag umgeht. Daher versuche ich zu schlafen, was allerdings bei den ganzen flimmernden Bildschirmen um mich herum keine einfache Angelegenheit ist.

Das Frühstück, das kurz vor der Landung um 17 Uhr Ortszeit aufgetischt wird, ist nach knapp 12 Stunden sitzen und mehr schlechtem als rechtem Schlaf eine willkommene Abwechslung. Zudem kann sich die Zusammenstellung durchaus sehen lassen – von Croissant über Joghurt, Obstsalat, Brot, Marmelade und Apfelpfannkuchen in Vanillesauce ist so ziemlich alles vertreten.

Schreibe einen Kommentar

Sicherheitsabfrage *