Die Nacht ist dann tatsächlich sehr ruhig, doch am nächsten Morgen werden meine Befürchtungen wahr. Es hat die ganze Nacht über leicht genieselt und ich mache mir ernsthaft Sorgen, ob der Wasserpegel im Flussbett nicht doch gestiegen ist. Erst einmal marschiere ich aber zu einer der spartanischen kalten Duschen, die mehr oder weniger im Freien stehen. Nach dem Frühstück breche ich schließlich mit ein paar Bauchschmerzen auf. Wie sich kurze Zeit später herausstellt, sind diese aber völlig unbegründet. Interessanterweise ist kaum noch Wasser im Flussbett – Glück gehabt!
Zu früh gefreut
Wieder auf der Hauptstraße angelangt wiege ich mich in Sicherheit. Doch etwa 20 Kilometer vor meinem ersten Tagesziel, Tauranga in der Bay of Plenty, übersehe ich eines der zahlreichen Schlaglöcher auf der Straße. Nach einem Knall spüre ich, dass am Auto links vorne irgendetwas nicht mehr stimmt. Das Problem ist schnell ausfindig gemacht. Am vorderen linken Radkasten ist ein Stück von der Innenverkleidung lose, was angesichts des völlig verrosteten Innenlebens wohl nur noch eine Frage der Zeit war, bis dieses Teil der Zahn der Zeit segnet.
Glücklicherweise hält in derselben Haltebucht kurze Zeit darauf ein Lastwagenchauffeur an, dem exakt dasselbe widerfahren ist. Er hat keinen Schaden davongetragen, hilft mir aber dankenswerterweise dabei, das Stück Verkleidung soweit zu fixieren, dass es nicht mehr am Reifen reibt. Trotzdem kann ich nun alle weiteren Pläne über den Haufen werfen, denn mein nächstes Ziel ist jetzt erst einmal eine Werkstatt. Wieder mal rettet mich meine Offline-Navigation in der Not und lotst mich zu einer AA Service Station. AA ist vergleichbar mit dem deutschen ADAC und bietet mir bei meinem Mietwagen einen 24-Stunden-Notservice.
Zum Glück ist die Werkstatt samstags bis ein Uhr nachmittags geöffnet. So schaffe ich es noch, mein Problem zu erläutern, in die Warteschlange aufgenommen zu werden und einen Mechaniker werkeln lasse. Der macht genau das, was ich auch getan hätte. Er montiert die lose Innenverkleidung einfach ab, denn zum Fahren ist sie ohnehin nicht zwingend notwendig. Die Reparatur ist sogar kostenlos, was mir immerhin eine höchstwahrscheinlich komplizierte und nervenaufreibende Rückerstattung vom Vermieter erspart. Trotzdem muss ich den Mietwagenverleih natürlich über den Vorfall informieren. Was ich auch zeitnah tue.
Die gute alte Telefonzelle als Retter in der Not
Doch auch das läuft wieder nicht ohne Probleme ab, denn nachdem ich schon keinen eigentlich versprochenen WLAN-Hotspot mit der Prepaid-Karte aufbauen kann, ist es mir nun nicht einmal möglich, damit zu telefonieren. Angeblich muss ich erst ein weiteres Guthaben aufladen, bevor ich telefonieren kann. Sapperlot, was für ein Reinfall! Wiederum Glück im Unglück habe ich dann aber, als ich feststelle, dass ich genau neben einer Telefonzelle geparkt habe. So führe ich also mein erstes Telefonat seit Jahren aus einer Telefonzelle. Kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal auf diese Weise telefoniert habe. Aber seit ich 2001 mein erstes Handy in den Händen hielt sicher nicht mehr! Der Service ist dann recht schnell erreicht und der Vorfall schnell erläutert. Kein Problem, ich soll einfach weiterfahren.
Während ich gerade wieder starten will, stelle ich aber das nächste Problem fest. Unter Umständen hat mich das Navigationsgerät bei der Suche nach der Werkstatt über eine der beiden Mautstraßen in Tauranga geleitet. Mir sind zwar keine Schilder aufgefallen, aber vielleicht sind die hier nicht so verbreitet wie auf der Strecke nördlich von Auckland. Da ich vermeiden will, dass ich am Ende noch eine Strafe bezahlen muss, mache ich mich schlau, wie man die Maut denn bezahlen kann. Und zunächst einmal feststellen kann, ob man überhaupt auf der Mautstraße gefahren ist.
Bezahlen geht nur online oder an ausgewählten Tankstellen in Tauranga. So steuere ich eine dieser Tankstellen an und hake dort nach, ob mein Kennzeichen vom System registriert worden ist. Das ist nicht der Fall, aber die Dame an der Kasse meint, es könnte sein, dass das Kennzeichen vielleicht noch nicht ins System übertragen worden ist. Ich solle einfach morgen nochmal online prüfen. Aber nachdem ich ihr meine Route erläutere meint sie, es sei unwahrscheinlich, dass ich überhaupt in das Mautgebiet gekommen bin. Na gut, dann will ich das einfach mal hoffen.
Die Geysire von Rotorua
Nach den ganzen Strapazen ist es inzwischen nach 14 Uhr, sodass vom Tag eigentlich nicht mehr viel übrig ist. In Tauranga und Umgebung regnet es sowieso schon den ganzen Tag wie aus Kübeln, sodass sich meine Lust in Grenzen hält, dort etwas zu unternehmen. So setze ich meinen Weg weiter ins Landesinnere nach Rotorua fort. In der Hoffnung, dass dort etwas angenehmere Bedingungen herrschen. Das ist dann auch tatsächlich der Fall, als ich kurz nach 15 Uhr die Stadt erreiche, die den Eingang zum zentralen Vulkanplateau der Nordinsel darstellt.
Rotorua liegt am gleichnamigen See, der – wie so viele Gegenenden in Neuseeland – nach einem gewaltigen Vulkanausbruch entstanden ist. Noch heute zeugen hier eine Vielzahl von Geysiren und ein entsetzlicher Gestank nach faulen Eiern von der fortwährenden Erdaktivität. Am bekanntesten ist zweifelsohne der Pohutu-Geysir, der permanent seinen heißen Wasserstrahl bis zu 30 Meter in die Luft katapultiert. Genau zu diesem breche ich bei inzwischen halbwegs annehmbaren Wetterbedingungen auf und stelle mein Fahrzeug am Parkplatz in Te Puia ab. Der Eintritt zu den Geysiren ist happig, aber letztlich ist das Spektakel auch wieder jeden Dollar wert. Nicht nur der Geysir, sondern auch die umliegenden heißen Quellen und Schlammbäder sind ein eindrucksvolles Naturschauspiel, dem ich eine ganze Weile beiwohne.
Tagesausklang am Lake Okareka
Erst zwei Stunden später kehre ich nach einer Rundwanderung durch die doch recht weitläufige Anlage wieder zum Auto zurück, um mir einen Campingplatz zu suchen. Heute und morgen will ich nochmals auf einfachen DOC-Plätzen übernachten, um am Montag wieder einmal in einen Holiday Park zu fahren. Dort will ich meine Wäsche waschen, den Wassertank auffüllen und meinen Müll loswerden. Mein Domizil erreiche ich eine halbe Stunde später am Lake Okareka, östlich von Rotorua. Dort befindet sich ein kleiner Campingplatz mit etwa 15 Stellplätzen direkt am Seeufer. Angesichts des Betriebs in Rotorua bin ich etwas skeptisch, ob überhaupt noch Platz vorhanden ist. Doch wie sich herausstellt, füllt sich der Campingplatz erst nach meiner Ankunft.
Auf dem Stellplatz neben mir sind zwei Österreicher gestrandet. Eine leere Autobatterie verhindert, dass sie ihren Camper wieder starten können. Da es hier oben auch keinen Handyempfang gibt, sind die zwei auf ziemlich verlorenem Posten. Ich biete ihnen daher an, am nächsten Morgen in eine Werkstatt zu fahren, um dort ein Überbrückungskabel auszuleihen. Wie es der Zufall will, kommt aber einige Zeit später doch noch jemand vorbei, der ein solches Kabel mit sich führt. So können die beiden wieder loslegen und starten kurze Zeit später in Richtung Rotorua, um dort auf einem besser ausgestatteten Campingplatz ihr Fahrzeug an den Strom anzuschließen.
Nachdem die beiden aufgebrochen sind, widme ich mich meinem Abendessen, das heute mal wieder aus der typischen Campermahlzeit Pasta besteht, diesmal aber mit Fleisch und Sauce. Auch wenn es auf dem winzigen Gasherd ewig dauert, das Ergebnis ist zufriedenstellend. So kann ich bei einbrechender Dunkelheit noch ein wunderschönes Abendrot am See genießen, denn die Wolken haben sich inzwischen fast gänzlich verzogen.
Wie ich nun in den nächsten Tagen weiterfahre, will ich vom Wetter abhängig machen. Zum East Cape zu fahren hat eigentlich nur Sinn, wenn dort auch halbwegs gutes Wetter herrscht. Mein Hauptziel dort sind Sonnenaufgangsfotos. Mangels Handyempfang kann ich aber nichts planen und muss mich auf den nächsten Morgen vertrösten. Vielleicht erwartet mich ja schon hier am Lake Okareka ein schöner Sonnenaufgang?
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.