Skigebiet Lac Blanc – Zwiegespalten in den Wäldern der Vogesen

2005 nimmt die erste kuppelbare Sechsersesselbahn der Vogesen den Betrieb auf. Über zwei Jahrzehnte nach den bis dato einzigen kuppelbaren Anlagen des Gebirges in La Bresse und La Schlucht reiht sich mit dem Skigebiet Lac Blanc ein drittes Areal in die Liste der Gebiete mit kuppelbaren Seilbahnen ein. Für das Skigebiet ist die Sesselbahn Montjoie aber nicht nur wegen ihrer immensen Förderleistung ein Meilenstein. Sie verbindet die beiden bis anhin durch eine Strasse getrennten Teilsektoren am Lac Blanc gemeinsam mit einem neu erstellten Skitunnel und wertet das Skigebiet dadurch erheblich auf.

Skifahren im Skigebiet Lac Blanc in den Vogesen

Front de Neige im Skigebiet Lac Blanc

Skifahren in den Vogesen am Schlepplift Lac Blanc

Montjoie – Die ganzährige Hauptanlage am Lac Blanc

Das Skigebiet Lac Blanc befindet sich unmittelbar am Vogesenhauptkamm unweit des Col de Bonhomme, einem wichtigen Passübergang zwischen Saint-Dié und Colmar. Es ist damit das nördlichste der grossen Vogesen-Skigebiete und mit seiner verkehrstechnisch günstigen Lage auch eines der meistfrequentiertesten. Kein Wunder also, dass man sich nach der Jahrtausendwende zum Bau einer Hochleistungssesselbahn auf den Paradehängen des Skigebiets entschliesst. Den Zuschlag für den Bau erhält die Firma Poma, die an dieser Stelle ein typisches Standardprodukt mit Stationen aus der Baureihe Satellit erstellt. Eine Förderleistung von 2500 Personen pro Stunde, eine Fahrgeschwindigkeit von 5 m/s und gut 1,2 Kilometer Streckenlänge können sich für eine Anlage in einem Mittelgebirge durchaus sehen lassen.

Die Sessel gewinnen bei einer Fahrt kontinuierlich an Höhe. Sie überwinden zwischen der 840 Meter hoch gelegenen Talstation und der in 1240 Meter über dem Meer gelegenen Bergstation ziemlich exakt 300 Höhenmeter. Angetrieben und abgespannt wird die Anlage jeweils in der Talstation. Die Sesselbahn Montjoie bedient damit nahezu den gesamten für fortgeschrittene Skifahrer interessanten Teil des Skigebiets. Sie erschliesst eine ganze Reihe von Abfahrten, die grösstenteils auch mit Beschneiungsanlagen und Flutlicht für den Nachtbetrieb ausgestattet sind. Im Sommer ist die Anlage ebenfalls in Betrieb und bedient dann einen recht ausgewachsenen Park für Downhill-Biker. Auch in dieser Hinsicht erweitert sie das Angebot im bis zu ihrem Bau ausschliesslich aus Schleppliften bestehenden Skigebiet Lac Blanc also deutlich.

Sesselbahn Montjoie im Skigebiet Lac Blanc

Sesselbahn Montjoie von Poma

Sesselbahn Montjoie im Skigebiet Lac Blanc

Abfahrt an der Sesselbahn Montjoie mit Blick auf die Vogesengipfel

Waldabfahrt an der Sesselbahn Montjoie

Von Vorgängern und Ersatzteilspendern

Ihre direkten Vorgänger hat die Sesselbahn Montjoie jedoch nur eingeschränkt ersetzt. Annähernd parallel verläuft auch heute noch ein Stangenschlepplift von Montaz Mautino, der als redundante Anlage aber nur noch in Ausnahmefällen in Betrieb ist. Die ältere Parallelanlage wird schon beim Bau der Sesselbahn zum reinen Ersatzteilspender.

Bei viel Andrang ist der Schlepplift aber nach wie vor eine willkommene Ergänzung. Und der fällt dank der Sesselbahn als Anziehungspunkt am Lac Blanc in der Hauptsaison nicht selten gross aus. Wer die französischen Rennfahrer auf der Piste kennt, kann sich ausmalen, wie es dann auf den Pisten zu und her geht. Unter der Woche oder in der Nebensaison bieten die insgesamt drei Abfahrten an diesem Hang aber eine interessante Mischung aus Genusshängen und anspruchsvollen Abschnitten.

Talstation des Schlepplifts Montjoie

Schlepplift Montjoie im Sonnenuntergang

Bergstation des Schlepplifts Montjoie

Abwechslungsreicher unterer Skigebietsteil

Eine dritte Aufstiegshilfe im unteren Teil des Skigebiets stellt der Schlepplift Tinfronce dar. Auch dieser Kurvenschlepplift ist eine typische Konstruktion von Montaz Mautino und erweitert das Skiareal seit dem Jahr 1984 um einige weitere Abfahrten. Weil diese trotz der geringen Höhenlage nicht beschneit sind, steht der Lift dieser Tage aber nicht selten still. Das ist durchaus bedauerlich, denn er erweitert den unteren Sektor noch einmal deutlich.

Schlepplift Tinfronce

Dreh- und Angelpunkt Carrefour

Wenn sich zwei Schlepplifte im Skigebiet Lac Blanc nicht über fehlende Beliebtheit beklagen können, dann definitiv die beiden Carrefour-Lifte. Der erste, etwas kürzere von ihnen entsteht 1971 gemeinsam mit dem ersten Schlepplift Montjoie und erschliesst auf der anderen Seite der Strasse, die das Skigebiet durchquert, einen flachen Hang. Schon damals ist der Hang im oberen Teil des Skigebiets ausgesprochen beliebt und so dauert es nur gerade sechs Jahre, bis wenige Meter rechts daneben die Nummer zwei das Licht der Welt erblickt. Wenig überraschend handelt es sich auch diesmal um ein Produkt der Firma Montaz Mautino.

Rund 600 Meter Länge und 65 Höhenmeter überwinden die beiden Lifte, was sie in dieser Hinsicht nicht gerade zu Rekordhaltern macht. Mit bis zu 3,7 m/s Fahrgeschwindigkeit sind sie aber regelrechte Geschosse. Trotz ihrer flachen Trassierung sind sie daher alles andere als für Anfänger geeignet. Die Talstationen bieten aus diesem Grund regelmässig kuriose Szenen. Und auch an den Bergstationen sind die herumfliegenden Teller durchaus sehenswert.

Talstationen der Schlepplifte Carrefour

Flache Schlepplifte Carrefour am Lac Blanc

Waldabfahrt an den Schleppliften Carrefour

Rückseitiger Höhepunkt am Lac Blanc

Nicht weniger spektakulär wird es am Schlepplift Lac Blanc, der sich unweit des namensgebenden Sees auf der Rückseite des Skigebiets befindet. Er erschliesst den gleichen Gipfel wie die Schlepplifte Carrefour, aber auf weitaus anspruchsvollere Art und Weise. Auf 475 Metern Länge überwindet er satte 110 Höhenmeter, den überwiegenden Teil davon auf der ersten Streckenhälfte. Mit einer maximalen Steigung von 49%, gefolgt von einer Kurve, gehört er definitiv zu den interessantesten Anlagen der ganzen Vogesen.

Schlepplift Lac Blanc in den Vogesen

Unterwegs im Schlepplift Lac Blanc

Kurve am Schlepplift Lac Blanc

Gebaut wird der Schlepplift Lac Blanc 1974 als damals erste echte Erweiterung der beiden bestehenden Schlepplifte Montjoie und Carrefour. Auch bei ihm handelt es sich um eine typische Konstruktion von Montaz Mautino, wenngleich die Bergstation ihre fliegende Umlenkscheibe eingebüsst hat und stattdessen heute mit einem Seilscheibenausstieg ausgestattet ist.

Spannendster Teil einer Fahrt ist daher zweifelsohne die Kurvendurchfahrt, die nach dem steilen Zwischenteil durchaus etwas Konzentration erfordert. Das kontinuierliche Scheppern der Stangenteller, die auf der Talfahrt gegen die Begrenzungsschienen knallen, ist in den Ohren des Seilbahnfans aber echte Musik. Der rustikale und teils rabiate Charme der kuppelbaren Stangenschlepplifte kommt hier so richtig zur Geltung. Auch dieser Lift ist mit bis zu 3,7 m/s unterwegs und damit ein echter Knochenbrecher. Wer Komfort sucht, ist an diesem Hang definitiv falsch. Die nächste Abfahrt will hier erst einmal erarbeitet werden!

Unterer Teil des Schlepplifts Lac Blanc mit Panorama auf die Nordvogesen

Höchster Punkt des Skigebiets Lac Blanc

Weitläufige Skipisten am Lac Blanc

Abfahrten am Schlepplift Lac Blanc

Ein flacher Gipfel mit flachen Übungsliften

Nach so viel aufregender Schleppliftfahrt kann ein Abstecher zum kleinen Schlepplift Baby gewiss nicht schaden. Der Lift bedient eine kurze Abfahrt oberhalb der Bergstation der Sesselbahn und ist für den fortgeschrittenen Skifahrer zugegebenermassen nicht wirklich interessant. Der Hang wird zudem vollständig auch durch die Carrefour-Schlepplifte erschlossen. Der Babylift ist daher eher eine Angelegenheit für all jene, die sich den Katapultstart an dem ruppigen Doppelschlepplift noch nicht zutrauen. Gebaut wird er 1982 durch Montaz Mautino und ist eine Anlage ohne wirklich nennenswerte Besonderheiten.

Übungsschlepplift Baby an der Route des Crêtes

Übungsschlepplift Baby an der Route des Crêtes

Gleiches lässt sich zweifelsohne auch über den Schlepplift Bichettes sagen. Als fünfte und letzte Anlage bedient er ebenfalls die Hänge im oberen Teil des Skigebiets Lac Blanc. Mit 300 Metern ist er etwas länger als der Babylift und überwindet mit 34 Metern auch die doppelte Höhendifferenz. Gebaut wird er 1985 – natürlich – von Montaz Mautino. Auch er erschliesst einen kurzen, aber flachen Hang und ist eher für die ersten Skiversuche interessant. Aber für alle anderen bietet das Skigebiet Lac Blanc ja auch genügend Erlebnispotenzial in Sachen Aufstiegshilfen!

Schlepplift Bichettes

Schlepplift Bichettes

Lac Blanc – ein zwiespältiges Skigebiet?

Zweifelsohne bietet das Skigebiet am Lac Blanc damit ein durchaus abwechslungsreiches Areal. Die überwiegend im Wald liegenden Abfahrten sind nett trassiert und vermitteln das typische Mittelgebirgsgefühl beim Skifahren. Gemessen an der Zahl der Anlagen fällt die Varianz der Abfahrten dann im Vergleich zu den umliegenden Skigebieten aber doch eher gering aus. Hinzu kommen die beiden völlig konträren Sektoren unterhalb und oberhalb der Strasse, die nicht so recht zusammenpassen wollen. Anspruchsvolle Hänge bieten sich nur im unteren Stockwerk des Skigebiets. Diese können sich mit rund 300 Höhenmetern zwar sehen lassen. Irgendwie besteht aber dennoch das Bedürfnis, die komplette Höhendifferenz in einem Zug zu fahren. Dafür allerdings immer noch den flachen Carrefour-Schlepplift zu nehmen, ist auf die Dauer etwas mühsam.

Vielleicht wäre es besser gewesen, hätte man die Sesselbahn beim Bau gleich bis ganz auf den Gipfel hinaufgezogen. So sind die beiden einst getrennten Skigebietsteile zwar teilweise zusammengewachsen, aber eben irgendwie doch noch nicht so ganz. Höhepunkt bleibt daher zweifelsohne der rückseitige Schlepplift Lac Blanc, der das Skigebiet gefühlt um Längen interessanter macht. Der Rest spielt sich dann doch mehr oder weniger am selben Hang ab. Verglichen mit den beiden anderen grossen Skigebieten in den Vogesen, La Bresse und Gérardmer, kann der Lac Blanc daher in Sachen Abwechslung nicht ganz mithalten.

Nichtsdestotrotz ist das Skigebiet für einen Tagesausflug definitiv einen Besuch wert. Auch bei schlechtem Wetter dürften sich angesichts der geschützten Lage im Wald gute Verhältnisse bieten. Und andererseits ist die Struktur des Skigebiets ja auch wieder einmalig. Welches Gebiet kann schon von sich behaupten, dass die Übungslifte den Gipfel erschliessen?

Flache Übungspisten im Skigebiet Lac Blanc

Waldabfahrt an der Sesselbahn Montjoie

Sonnenuntergang in den Vogesen

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