Auch wenn der Piemont-Urlaub am folgenden Morgen mehr oder weniger beendet war und es auf die Heimreise ging, hatte ich noch einen für mich besonders wichtigen Programmpunkt auf dem Radar. Schon seit vielen Jahren geisterte mir der legendäre Korblift von Oropa durch den Kopf. Die Anlage, die den Monte di Camino nördlich von Biella erschliesst, ist einer der letzten echten nostalgischen Korblifte in Norditalien und zudem eines der seltenen verbliebenen Exemplare der Firma Marchisio. Schon lange wollte ich ihm einen Besuch abstatten, doch wie so oft ergab sich nie eine gute Gelegenheit, da der Ort weit abseits meiner sonstigen typischen Domizile liegt.
Der mystische Korblift von Oropa
Im Winter 2013 wurde der Lift dann aufgrund der italienischen Gesetzgebung vorübergehend stillgelegt, eine Wiedereröffnung schien fraglich. Umso schöner war daher die Meldung, dass der Lift zumindest in diesem Sommer noch einmal in Betrieb gehen sollte, wenn auch nur bis Ende August. Schnell waren alle Zweifel beseitigt, diese Legende wollte ich unbedingt gefahren sein. Doch um einen Besuch im Rahmen des Aufenthalts in Cuneo einzubauen lag Oropa wiederum eher ungünstig, denn bei 2,5 Stunden Fahrzeit konnte ich niemanden meiner Mitfahrer für einen Tagesausflug begeistern. Dafür lag Oropa unweit unserer Rückfahrroute, sodass wir uns schliesslich darauf verständigten, auf dem Heimweg die 40 Minuten Umweg in Kauf zu nehmen.
Noch nie hatte ich den Hauch einer Chance, den Korblift von Oropa zu fahren. Und vermutlich würde sich auch keine gute Gelegenheit mehr bieten, in naher Zukunft noch einmal dort vorbeizuschauen. Der 27. August 2014 war die einzige Möglichkeit für eine Fahrt mit dem Korblift. Schon Tage im Voraus beobachtete ich gespannt die Wettervorhersagen. Nach anfänglich wenig optimistischen Prognosen kristallisierte sich dann zwei Tage vor Aufbruch heraus, dass doch gute Wetterbedingungen vorherrschen würden. Als es dann am Morgen des 27. Augusts über Turin nach Biella ging, konnte ich allerdings mein Glück kaum fassen – strahlender Sonnenschein mit nur einer Hand voll Wolken am Himmel!
Mit der Luftseilbahn zum Lago di Mucrone
Talstation der Seilbahnen von Oropa – wenige Meter oberhalb der bekannten Pilgerstätte Sacro Monte di Oropa.
Um den Korblift zum Monte di Camino zu erreichen, kann man entweder die 700 Höhenmeter zu Fuss bewältigen, oder aber man nimmt die bequemere Variante, eine Luftseilbahn zum Lago di Mucrone. Die Pendelbahn ist für mich eine Premiere, denn es ist meine erste der Firma Piemonte Funivie. Erbaut wurde sie 1962, als parallele Erweiterung einer bestehenden, kleineren Anlage. Diese wurde dann nach einigen Jahren Betrieb mit beiden Bahnen ohne Ersatz stillgelegt.
Blick auf die über 2,3 Kilometer lange Strecke der Luftseilbahn zum Lago di Mucrone, die nur eine Zwischenstütze auf dem sichtbaren Grat besitzt. Die ältere, stillgelegte Anlage verlief weiter links unter deutlich tiefer. Eine der beiden stattlichen Betonstützen ist auf diesem Foto zu erkennen.
Unterwegs zum Lago di Mucrone.
Sehnsüchtiger Blick zum Monte Mucrone
Aus der Kabine kann man die Bergstation einer weiteren ehemaligen Luftseilbahn erkennen. Zwei kleine Kabinen pendelten einst zwischen dem Lago di Mucrone und einer Station knapp unterhalb des Gipfels des Monte di Mucrone. Die stützenlose Anlage erschloss eine äusserst spektakuläre Skiabfahrt, wurde aber bereits 1982 stillgelegt. Die Bergstation ist bis heute erhalten geblieben, soll aber im Zuge diverser geplanter Rückbauten demnächst entfernt werden. Die Talstation der Bahn wurde vor kurzem bereits vollständig dem Erdboden gleich gemacht.
Die Station am Lago di Mucrone ist schon bald erreicht. Doch wo ist eigentlich der Korblift?
Ein Ausblick aus der Bergstation der alten Pendelbahn zum Lago di Mucrone. Schon von hier ist der Blick auf die Poebene gewaltig.
Endlich am Ziel
Der Korblift zum Monte di Camino. Endlich hatte ich es geschafft!
Impressionen von der Bergfahrt zum Monte di Camino. Der Korblift ist für derartige Panoramen einfach die genialste seilbahntechnische Errungenschaft, denn mit keinem anderen Seilbahntyp ist ein derartiger Rundumblick möglich.
Beeindruckendes Panorama auf Monte Rosa, Matterhorn und Mittelmeer
Einige Meter oberhalb der Bergstation bietet sich dann nicht nur ein Blick auf die Poebene, sondern auch auf den kompletten Alpenbogen vom Monviso über Grand Combin, Matterhorn, Monte Rosa bis zum Gran Paradiso.
Grand Combin und rechts davon – womit ich nie gerechnet hätte, dass man den von hier aus sehen kann – der Mont Gélé.
Das Monte-Rosa-Massiv versteckte sich leider hinter einer Wolke, dafür posierte immerhin das Matterhorn links davon im Sonnenschein.
Ausblick vom Monte di Camino Richtung Norden.
Um 180° gedreht bietet sich diese Aussicht auf den Korblift, im Talgrund Biella und die Poebene. Die Wolken am Horizont befinden sich bereits entlang der Mittelmeerküste.
Blick zum Monte di Mucrone, unterhalb auf dem Grat die ehemalige Bergstation der Pendelbahn. Die Skiabfahrt verlief rechter Hand über den Grat bis zum sichtbaren Sattel am rechten unteren Bildrand.
Wunderbar posiert der Korblift vor Biella.
Einen Blick warf ich dann auch noch in die Bergstation einer weiteren ehemaligen Seilbahn von Oropa: der Vorgänger des Korblifts. Einst führte eine Einersesselbahn auf den Monte di Camino, die aber relativ schnell durch das heutige Korblift-Exemplar ersetzt wurde. Übrig geblieben sind Italien-typisch einige Relikte wie die Stationen und Stützenfundamente.
Beginn der Skiabfahrt vom Monte di Mucrone. Im Winter bieten sich hier im schroffen Gelände sicher einige interessante Hänge.
Eindrücke von der Talfahrt zurück zum Lago di Mucrone.
Unterer Streckenabschnitt des Korblifts.
Strecke der ehemaligen Pendelbahn zum Monte di Mucrone. Wirklich schade, dass die Bahn schon so früh wieder stillgelegt wurde, denn die Abfahrt dürfte ein wahres Schmuckstück gewesen sein!
Rifugio nahe der Station Lago di Mucrone.
Blick von der Mittelstation auf die Trassen der Pendelbahnen und das imposante Sacro Monte di Oropa.
Auf Talfahrt mit der Pendelbahn nach Oropa.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.