Ende August war ich während eines verlängerten Wochenendes nach langer Zeit wieder einmal auf „Seilbahnsafari“. Für vier Tage sollte es in die Westschweiz und in das angrenzende Hochsavoyen in die französischen Alpen gehen. Der sonst eher durchschnittliche Sommer 2011 zeigte sich während der gesamten Zeit bis auf wenige Stunden von seiner besten Seite. Am Morgen des 26. August machten wir uns auf nach Montreux zu einer Fahrt mit der Zahnradbahn auf den Rochers de Naye.
Das Skiliftmysterium am Rochers de Naye
Bereits im Sommer 2006 war ich oberhalb des Genfer Sees unterwegs. Genauer gesagt in Caux und Les Avants, zwei Ortschaften mit malerischem Panorama auf einen der grössten Schweizer Seen. Abgesehen von den besuchten Liftanlagen stiess ich im Nachhinein auf der Landeskarte aber auch noch auf drei weitere Anlagen, die scheinbar völlig im Nirgendwo entlang der altehrwürdigen Zahnradbahn zum Rochers de Naye eingetragen waren. Die anschliessende Recherche zu Informationen im Herbst 2006 über die wahrlich abgefahrene Lage dieser drei Skilifte, aber auch über die möglichen extravaganten Konstruktionen liessen noch einige Zeit Fragen offen. Einen erneuten Besuch hatte ich daher stets im Hinterkopf. Nach langer Zeit sollte es dann fünf Jahre später endlich zu den besagten Anlagen gehen. Auch wenn zwischenzeitlich sämtliche Lifte durch Skiberichte auch im Internet ausführlich dokumentiert wurden, erinnere ich mich immer noch gerne an dieses Mysterium zurück.
Blick vom Bahnhof Caux, bis zu dem wir per Auto gelangten, auf das obere Ende des Genfer Sees. Mittig Port Valais, dahinter die Berge des Chablais und im linken Bildteil das stillgelegte Ölheizkrftwerk Chavalon.
Mit der Zahnradbahn in 2000 Meter Höhe
Seit nunmehr fast 120 Jahren erschliesst die Zahnradbahn Montreux-Glion-Caux-Naye den Rochers de Naye, knapp 1700 Meter oberhalb des Genfer Sees gelegen.
Der Zug trifft im Bahnhof Caux ein, westschweiztypisch mit einer geringfügigen Verspätung. Diese wird auch trotz fünfminütigem Aufenthalt beibehalten, da mit dem Lokführer des Gegenzugs noch die neuesten Erkenntnisse des Tages ausgetauscht werden müssen. Recht happigen Preisen sieht man sich hier übrigens gegenübergestellt.
Nach einer guten Viertelstunde Fahrt eröffnet sich ein erster Blick auf Les Avants mit der auf die sichtbare Anhöhe führenden Standseilbahn.
Weitere zehn Minuten später haben wir bereits die Station „Jaman“ passiert, wo sich der erste der drei ominösen Skilifte befindet. Mit über 400 Höhenmetern ist er gleichzeitig das grösste Exemplar, und verläuft dazu noch in spektakulärer Polygonform. Die 2003 von Leitner erbaute Anlage ersetzte allerdings einen noch um Längen interessanteren Lift aus den 50er Jahren. Dessen Hersteller konnte trotz Bildern noch immer nicht restlos geklärt werden. Der grösste Teil dürfte von Bühler stammen. Vermutlich kamen die Bestandteile aber erst bei einem Umbau hinzu. Wahrscheinlicher ist, dass der ursprüngliche Konstrukteur in der Ecke Müller / Tebru / Skima / Städeli zu suchen ist.
Grandioses Panorama auf den Genfer See
Der starke Föhn verhindert am Morgen noch eine ausgedehnte Wolkenbildung. Doch das Schloss von Caux versinkt in einer kurzzeitig aufziehenden Nebelbank. Für den Abend meldet MeteoSchweiz schwere Unwetter.
Nach einem weiteren Tunnel findet sich in der Combe de Naye der nächste, gleichnamige Skilift. Das erst viele Jahre nach der ersten Anlage erbaute Exemplar von Poma verläuft im unteren Teil mehrheitlich flach, besitzt aber die seltene Ausführung der Gewichtsabspannung im Tal.
Warum hier für den Parc des Marmottes geworben wird, wird an der Bergstation ersichtlich. Murmeltiere aus aller Welt haben hier ihr Zuhause.
Während wir von der Bergstation zum rund 70 Meter höher liegenden Gipfel aufsteigen, macht sich die Zahnradbahn nach kurzer Pause wieder auf den Weg ins Tal.
Ein weiterer, ausserplanmässiger Zug wartet bereits in der Station Jaman für die Weiterfahrt gen Bergstation. Dahinter ist die beim Neubau 2003 gebaute Brücke des Skilifts ersichtlich. Der Vorgänger endete rechts unterhalb des Tunnels.
Blick auf die Standseilbahn in Les Avants.
Trotz des diesigen Wetters ist der Talblick überwältigend.
Der Weg zum Gipfel kreuzt mehrmals die beiden kurzen Skilifte am Rochers de Naye. Der linke Lift wurde vor gut 50 Jahren von der Firma Müller erstellt und ersetzte bereits ein Exemplar eines Gurtenskilifts der Firma Oehler. Rechts davon findet sich der bereits angesprochene Poma-Skilift.
Skilifte Rochers de Naye, merkwürdigerweise mit einem Langbügel. Zuvor kamen am Bügelschlepplift Kurzbügel zum Einsatz.
Panoramaaufnahme vom Gipfel mit dem Genfer See. Davor Caux, rechts Les Avants und dahinter Les Pléiades, am rechten Seeufer Montreux, Vevey und dahinter im Dunst Lausanne.
Alte Bekannte am Horizont
Nicht nur der Talblick vom Gipfel ist famos, um 180° gedreht erblickt man auch ein nicht gerade natürlich aussehendes Objekt an einem Berg. Zweifelsohne handelt es sich hierbei um die Bergstation der Pendelbahn am Glacier des Diablerets.
Von einem Restaurant, zu dem man durch einen Tunnel auf die andere Seite des Bergs gelangt, bietet sich wiederum ein wunderbarer Blick ins Tal und Richtung Dent de Jaman. Dahinter gab es zum Col de Jaman, den man im Sommer auch per Auto erreichen kann, in frühen Jahren einen weiteren Skilift.
Interessante Seilbahnrelikte auf dem Weg ins Tal
Natürlich darf auch eine Dokumentation des interessanten Skilifts Caux nicht fehlen. Mit Baujahr 1961 entstammt er der Firma Skima / Tebru.
Auf dem Weg zurück ins Tal kreuzt man zwangsläufig die Standseilbahn Territet-Glion, die 1883 eine der ersten Von Roll-Standseilbahnen darstellte. Vor kurzem wurde sie renoviert und automatisiert und übernimmt wie eh und je den urbanen Personentransport.
Diesem Zweck kam die Standseilbahn zum Mont Fleuri auch einmal nach, doch das ist – wie deutlich ersichtlich – schon eine Weile her. Die Überreste der Bahn sind aber nach wie vor erstaunlich gut erhalten.
Nachmittägliche Wanderung nach Les Pléiades
Für den Nachmittag sollte es in ein mir bis dato gänzlich unbekanntes Skigebiet gehen. Les Pléiades stellte bis zu diesem Tag auf meiner Landkarte einen weissen Fleck dar, da mich das Gebiet zum Skifahren bislang nie wirklich reizte. Auch im Sommer bot sich nie eine Gelegenheit, dem Gebiet einmal einen Besuch abzustatten. Gemeinsam hat es mit den Skiliftem am Rochers de Naye, dass es in erster Linie per Zahnradbahn erschlossen wird. Es gibt allerdings auch einen Parkplatz, der entsprechend per Auto erreicht werden kann.
Die Höhenlage zwischen 1100 und 1350 Metern Seehöhe kam uns aufgrund des rapide schlechter werdenden Wetters sehr entgegen. Gegen 15 Uhr schliesslich verabschiedete sich der Föhn vom Wallis und die ersten grösseren Wolken zogen auf. Auf dem Regenradar zeigte sich jedoch, dass die eigentliche Kaltfront, die die angekündigten Unwetter bringen sollte, noch sehr weit westlich lag, sodass nichts gegen einen kleinen Rundgang durch das Skigebiet sprach. Startpunkt stellte der Parkplatz oberhalb von Lally dar, von dem es zunächst zur Bergstation der Zahnradbahn hinauf ging. Im Anschluss folgte eine Wanderung via La Châ und Le Prantin zurück zum Ausgangspunkt.
Während des Aufstiegs nach Les Pléiades. Das Wetter sieht hier noch recht ansprechend aus.
Ein kurzer, flacher fix geklemmter Poma-Skilift erschliesst den oberen Hang an der Bergstation der Zahnradbahn. Eine reine Anfängeranlage.
Manche Modellseilbahn scheint stabiler gebaut… ;)
Na, was versteckt sich denn da? Die Bergstation der neuen Pendelbahn zum Moléson.
Rundgang durch das Skigebiet Les Pléiades
Die neueste Errungenschaft des Gebiets, diese fix geklemmte Sesselbahn aus dem Hause Baco-Poma. Wie so oft ist auch diese Bahn mit Leitner-Sesseln ausgestattet, die Stationen zählen zur Marke ultrahässlich.
Die gerade einmal sechs Stützen deuten bereits an, dass die Bahn alles andere als lang ist. Dafür macht sie auf ihren 500 Metern Länge aber fast 200 Höhenmeter. Folglich eine enorm steile Bahn, die einen Skilift auf gleicher Trasse ersetzte.
Der sowohl skifahrerisch als auch seilbahntechnisch interessanteste Lift des Gebiets höhrt auf den Namen Café de la Veveyse-La Châ. Die Besonderheit dieses heutigen Poma-Schlepplifts ist aber nicht etwa die Kurve, sondern …
die vom Vorgänger, einem Oehler-Skilift, übernommenen Fachwerkstützen, die für eine einmalige Optik sorgen und gar ein wenig an die ersten Versuche des Systems von Pomagalski erinnern.
Im gleichen Jahr wie die Sesselbahn folgte 2004 der Skilift Le Prantin. Ein klassischer Poma-Skilift, der entlang des Wandrands mittels mehrerer Kurven trassiert ist. Auch diese Anlage ist zeitweise recht steil, erschliesst aber mehrheitlich blaue Pisten.
Die Talstation dieses modernen Skilifts von Baco-Poma.
Der Weg zurück zum Auto führt durch ein Sumpfgebiet, welches mit diesem gepflegten Wanderweg überwunden wird.
Seilbahnarchäologie vom Feinsten
Die Strecke der kurzen Sesselbahn Motalles-Les Pléiades. Am Horizont liegt bereits die Bergstation.
Ein Fundament auf der Trasse zeugt noch von der Vorgängeranlage. Hierbei muss es sich um einen Skilift mit Rundrohrstützen gehandelt haben, wie deutlich sichtbar ist. Das Baujahr 1974 lässt eigentlich nur einen Schluss zu. Hier muss es sich um einen Poma-Skilift gehandelt haben.
Auch in Lally, einem Ort unterhalb des heutigen Skigebiets, muss inzwischen Fundamentkunde betrieben werden, um Details über den dortigen ehemaligen Skilift zu erfahren. Mit Baujahr 1956 und den deutlich ersichtlichen zwei Fundamenten muss es sich wohl um Portalstützen gehandelt haben. Eine Tatsache, aufgrund derer eigentlich nur die Firma Müller als Konstrukteur in Frage kommt.
Auch das Häuschen, das sich neben der eigentlichen Talstation befunden haben muss, stützt diese Vermutung. Daneben muss wohl eine offene Station mit fahrbarem Antrieb gestanden sein, wie man sie von Müller beispielsweise aus dem Binntal oder aus Langenbruck kennt.
Mit Fotos einiger auf dem Weg liegenden Anlagen machten wir uns aufgrund der nun rapiden Wetterverschlechterung auf den Weg zurück in die Unterkunft. Der geplante Ausflug nach Les Giettes wurde auf den Folgetag verschoben.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.