Spätestens seit dem Siegeszug von Instagram zählt das Berggasthaus Äscher-Wildkirchli oberhalb von Wasserauen im Appenzell zu den wohl bekanntesten Wahrzeichen der Schweiz. Fotos von diesem förmlich an die Felswand geklebten Gebäude finden sich in den sozialen Netzwerken zu tausenden. Das liegt vermutlich auch daran, dass der Ort dank einer Seilbahn recht komfortabel erreichbar ist. Von der Bergstation der Luftseilbahn zur Ebenalp ist es nur ein Katzensprung bis zum Objekt der Begierde zahlreicher Influencer.
Was vielen auf dem hastigen Weg zum ultimativen Foto entgeht, ist jedoch, dass auch die Luftseilbahn optisch eine gute Figur abgibt. Und auch aus seilbahnhistorischer Sicht ist die Anlage definitiv eine Fahrt wert. Denn auch wenn sie heute dank ihrer beiden neuen Kabinen recht modern daherkommt, verbirgt sich hinter den Stationsfassaden eine lange Geschichte, die bis in die 1950er Jahre zurückreicht. Damals ist es die Maschinenfabrik Habegger, die mit der Konstruktion einer Luftseilbahn beauftragt wird. Die nach Norden sanft abfallenden Hänge der Ebenalp sind bereits zu dieser Zeit ein beliebtes Wander- und Ausflugsziel. Fortan soll das Gebiet mit seinem wunderbaren Panorama bis zum Bodensee also auch bequem per Seilbahn zugänglich gemacht werden.
Zum Säntis oder zur Ebenalp?
Während die Hänge rund um die Bergstation teils wenig spektakulär ausfallen, ist die Strecke der Luftseilbahn das genaue Gegenteil. Die Talstation kommt oberhalb der Ortschaft Schwende in einer vom gleichnamigen Bach geformten Auenlandschaft zum Stehen. Schon seit dem Jahr 1912 liegen bis zu diesem Punkt Bahngleise im Talboden. Ein ursprünglich angedachter, aber letztlich nie vollendeter Versuch, den Säntis mit einer Zahnradbahn zu erschliessen. Stattdessen geht es heute von hier weiter per Seilbahn steil bis zu den ersten beiden Stützen eine Felswand in Richtung Ebenalp hinauf.
Es folgt ein weiteres langes Spannfeld, auf dem sich die beiden Kabinen in luftiger Höhe begegnen. Erneut sind es zwei kurz aufeinander folgende Fachwerkstützen, die die Seile daraufhin zur Bergstation auf der Ebenalp ablenken. Eine fünfte, letzte Streckenkonstruktion findet schliesslich kurz vor der Station Platz. Gut 720 Höhenmeter überwinden die beiden Kabinen auf anderthalb Kilometern schräger Länge. Zum Zeitpunkt der Eröffnung sind es 35 Personen, die in den Fahrzeugen jeweils Platz finden, sodass die Anlage je Richtung rund 300 Personen pro Stunde transportieren kann. Mit ihrer Nordhanglage eignet sich die Ebenalp trotz der moderaten Höhe von 1600 Metern über dem Meeresspiegel auch bestens für den Wintersport. Sechs Jahre nach der Eröffnung der Pendelbahn erstellt Habegger daher einen ersten Schlepplift, ein zweiter folgt im Jahr 1966. Beide sind auch heute noch in Betrieb. Anders als am nahegelegenen Hohen Kasten bedient die Luftseilbahn zur Ebenalp daraufhin auch ein kleines Skigebiet.
Mix aus Moderne und Nostalgie
35 Jahre nach ihrer Eröffnung erfährt die Luftseilbahn im Jahr 1990 einen ersten grösseren Umbau. Ausgeführt von der Firma Garaventa werden zahlreiche Bestandteile ersetzt, um die Bahn technisch auf den neuesten Stand zu bringen und gleichzeitig die Förderleistung zu steigern. Fortan kommen neue Kabinen für 40 Personen und neue Laufwerke zum Einsatz, die Stationen und Streckenbauwerke bleiben dagegen weitestgehend erhalten. Mit einer Förderleistung von 380 Personen pro Stunde kommt aber auch die modernisierte Version der Luftseilbahn an schönen Tagen durchaus an ihre Grenzen. Denn egal ob Skifahrer im Winter oder Wanderer, Gleitschirmflieger und Influencer im Sommer, die Ebenalp ist eben zurecht ein beliebtes Ausflugsziel.
Vor rund zehn Jahren erhält die Bahn übrigens erneut eine neue Kabinengeneration, die ihr ihr heutiges modernes Erscheinungsbild verleiht. Die charakteristische rote Farbgebung bleibt aber auch bei den neuen Fahrzeugen erhalten. Und so gibt die Bahn mit ihrem Mix aus Moderne und Nostalgie eine ausgesprochen gute Figur ab.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.