Jakobsbad – Kronberg – Eine geschichtsträchtige Seilbahn

Mit einer Höhe von 1662 Metern ist der Kronberg im Kanton Appenzell Innerrhoden einer der schönsten Aussichtsgipfel der Ostschweiz. Der Blick reicht vom Säntismassiv über den Hohen Kasten und den Bodensee hinweg bis weit nach Süddeutschland hinein. Und so ist es wenig erstaunlich, dass diese markante Erhebung bereits seit 1964 durch eine Seilbahn bequem zugänglich ist. Eine Luftseilbahn, die in vielen Punkten einmalig ist. Nicht nur wegen ihrer ausgefallenen Trassierung.

Luftseilbahn Jakobsbad - Kronberg

Ihren Weg zum Gipfel beginnen die beiden gelben Kabinen von Jakobsbad aus, einer Ortschaft in 870 Metern Höhe, gelegen zwischen Appenzell und Urnäsch. Heute wirkt die Seilbahn an dieser Stelle fast schon unauffällig, denn inmitten einer Sommerrodelbahn und einem Seilpark ist die Kronberg-Seilbahn mittlerweile nur eine von vielen Attraktionen in Jakobsbad. Doch die erste der drei markanten Fachwerkstützen direkt oberhalb der Talstation ist dann bei genauerem Hinsehen trotzdem schnell als Teil einer Luftseilbahn identifiziert.

Freizeitpark in Jakobsbad mit Seilbahn und Rodelbahn

Talstation der Luftseilbahn in Jakobsbad

Mit zwei gelben Kabinen auf den Kronberg

Die Stützen Nummer zwei und drei lassen nicht lange auf sich warten. Obwohl bereits deutlich höher als das kleine Exemplar im Tal, liegen auch sie beide noch in der unteren Hälfte der Strecke. Und das führt auch bereits zur ersten grossen Besonderheit dieser Anlage. Das Spannfeld zwischen der dritten Stütze und der Bergstation misst nicht weniger als 2,2 Kilometer. Das ist in der Schweiz nicht nur zum Zeitpunkt der Eröffnung im Jahr 1964, sondern auch heute noch ein Rekord. Und es macht die Fahrt zu einem echten Erlebnis. Denn nicht nur die Länge des Spannfelds ist imposant, sondern auch der Bodenabstand, der in diesem Streckenabschnitt erreicht wird. Nur noch als kleine gelbe Punkte erscheinen die beiden Kabinen aus der Ferne, während sie in luftiger Höhe über die stark bewaldete Nordseite des Kronbergs hinauf in Richtung Bergstation schweben.

Luftseilbahn Jakobsbad - Kronberg

Luftseilbahn Jakobsbad - Kronberg

Luftseilbahn Jakobsbad - Kronberg

In der ersten Hälfte der 60er Jahre gibt es in den Alpen noch nicht viele vergleichbare Anlagen. Ebenso gering ist die Zahl der Seilbahnhersteller, die in der Lage sind, ein derart ambitioniertes Projekt zu realisieren. In der Schweizer Seilbahnwelt sind es allen voran die Firmen Von Roll und Habegger, die die Bergwelt erobern. Doch neben den beiden Platzhirschen aus dem Kanton Bern betritt am Kronberg ein neuer Name die Bühne der grossen Luftseilbahnen, der heute allgegenwärtig ist – Garaventa. Die Geschichte dieses heute weltbekannten Unternehmens beginnt 1928, als Karl Garaventa unweit seines Heimatortes im Kanton Schwyz an der Rigi eine Materialseilbahn für den Holztransport erstellen kann. Auch seine beiden Söhne Karl jr. und Willy steigen früh in den Seilbahnbau ein und übernehmen schliesslich ab 1957 gemeinsam den Betrieb des Vaters.

Luftseilbahn Jakobsbad - Kronberg

Kabine auf dem Weg zum Kronberg

Die erste grosse Luftseilbahn von Garaventa

Dass die erste grosse Luftseilbahn des Unternehmens ausgerechnet am Kronberg das Licht der Welt erblickt, ist kein Zufall. Bereits Mitte der 1930er Jahre entsteht auf dem 1662 Meter hohen Gipfel ein Berggasthaus, das wegen des beginnenden Zweiten Weltkriegs aber schnell wieder seine Pforten schliesst. Über zwei Jahrzehnte später findet sich mit Karl Garaventa jr. ein Käufer für die mittlerweile vom Zahn der Zeit gekennzeichneten Anlagen. Bestandteil des Komplexes ist auch eine Materialseilbahn zum Gasthaus, die Garaventa bei der Verwirklichung seines Traums kurze Zeit später gute Dienste leistet. Er will den Kronberg mit einer Grosskabinenpendelbahn neu erschliessen und so auch dem Berggasthaus ein neues Leben verleihen. Für den Neubau wird daher die bestehende Materialseilbahn reaktiviert und nach Gründung einer Betreibergesellschaft kann 1963 mit dem Bau der neuen Bahn begonnen werden. Ein Jahr später befördert die erste ausgewachsene Luftseilbahn von Garaventa die ersten Fahrgäste zum Kronberg.

Luftseilbahn Jakobsbad - Kronberg

Nach dem Bau der Luftseilbahn entsteht am Kronberg auch ein kleines, aber durchaus abwechslungsreiches Skigebiet. Zwei Schlepplifte im Gipfelbereich nehmen noch in den 60er Jahren den Betrieb auf, ein dritter folgt 1970 unweit der Talstation. Zwei lange Talabfahrten verbinden die beiden Bereiche. Konstrukteur der Anlagen ist – wie sollte es auch anders sein – natürlich wieder die Firma Garaventa. Anders als bei der Luftseilbahn ist der Betrieb der Schlepplifte aber aufgrund der moderaten Höhenlage häufig problematisch. Das kleine Skigebiet kann zudem mit den gestiegenen Komfortansprüchen der Gäste nicht mehr mithalten, sodass die Lifte im Jahr 2011 letztmalig geöffnet und kurz darauf abgebaut werden.

Stillgelegter Schlepplift in Jakobsbad

Aussicht statt Skifahren am Kronberg

Was bleibt, ist die Luftseilbahn, die in technischer Hinsicht zum Zeitpunkt der Eröffnung ein Meilenstein ist. Anders als bei den deutlich kleineren vorherigen Anlagen setzt Garaventa wegen des langen Spannfelds auf zwei Tragseile pro Fahrspur. Ein Prinzip, das der Hersteller anders als die Konkurrenz von Habegger und von Von Roll jedoch anschliessend nicht flächendeckend übernimmt, sondern nur an ausgewählten Anlagen einsetzt.  Ähnliche Bahnen entstehen in den darauffolgenden Jahren beispielsweise zur Fiescheralp oder in Zermatt.

Mit einer Streckenlänge von über 3,2 Kilometern und einer Höhendifferenz von 773 Metern bleibt die Seilbahn am Kronberg aber über Jahrzehnte das Vorzeigeobjekt der Firma Garaventa. Und auch wenn der einst so kleine Betrieb in den folgenden Jahren weltweit an zahlreichen renommierten Orten spektakuläre Anlagen errichten kann, so erzählt der Kronberg auch heute noch die Geschichte der Anfänge von Garaventa im Bau grosser Luftseilbahnen. In modernisierter Form ist die Anlage noch immer in Betrieb und optisch abgesehen von den beiden erneuerten Kabinen noch in vielen Bereichen ziemlich original erhalten. Eine Reise zu den Ursprüngen des heute weltgrössten Seilbahnherstellers ist daher wärmstens zu empfehlen.

Säntis

Panorama vom Kronberg

Blick ins Appenzell

Hoher Kasten und Ebenalp

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