Seilbahnfotografie – Seilbahnen fotografisch in Szene setzen

Zugegeben, Seilbahnfotografie ist sicher nicht gerade ein massentaugliches Hobby. Die meisten Menschen nutzen die seilgezogenen Aufstiegshilfen als Mittel zum Zweck, um nach einer Fahrt möglichst ungestört das Bergpanorama genießen zu können. Aber mal ganz abgesehen von der Ingenieursraffinesse, die Seilbahnen verkörpern, stellen sie mit ihren bunten Kabinen und hohen Stützen auch ein interessantes Fotomotiv in der Landschaft dar. In diesem Beitrag will ich meine Erfahrungen und Vorgehensweisen bei der Fotografie von Seilbahnen darlegen.

Ein Wort zur Ausrüstung

Die Fotografie von Seilbahnen stellt keine besonderen Anforderungen an die Ausrüstung. Da die Anlagen in der Regel nur tagsüber in Betrieb sind, ist entsprechend stets genügend Licht vorhanden. Grundsätzlich eignet sich daher vom Smartphone bis zur Spiegelreflexkamera jede Kamera für gute Fotos. Einzig die im Winter vorherrschende Kälte kann sich unter Umständen negativ auf die Akkulaufzeit auswirken (und gegebenenfalls auch auf die Hände, wenn man ohne Handschuhe fotografiert :-) ). Wie man dieses Problem lösen kann, erkläre ich in diesem Beitrag.

Licht und Tageszeit

Dass man Seilbahnen meist tagsüber fotografiert, sorgt dafür, dass das Licht in der Regel nicht gerade optimal ist. Die Sonne steht zu steil, das Licht ist entsprechend hart. Das ist ein Problem, an dem man nicht grundsätzlich etwas ändern kann. Speziell im Hochwinter ist die Sache aber nicht allzu gravierend, da die Sonne auch am Mittag verhältnismäßig flach steht und erst kurz vor Betriebsbeginn auf- und etwa zu Betriebsbeginn wieder untergeht.

Insofern empfiehlt sich das, was für die Landschaftsfotografie generell gilt. Wirklich gute Fotos entstehen dann, wenn die Sonne tief steht. Daher sollte man morgens zeitig im Skigebiet sein und abends möglichst die letzte Fahrt ausnutzen.

Sesselbahn am Jakobshorn im Sonnenuntergang
Letzte Fahrt am Jakobshorn in Davos, kurz vor Sonnenuntergang.

Sesselbahn in St. Moritz
Sesselbahn Salastrains in St. Moritz im letzten Tageslicht.

Bildkomposition, Ideen und praktische Tipps

Seilbahnen eignen sich wunderbar als interessanten Vordergrund in der Landschaftsfotografie. Es empfehlen sich die grundlegenden Vorgehensweisen zum Bildaufbau, wie sie bei Landschaftsfotos generell sinnvoll sind.

1. Goldener Schnitt und Drittelregel

„Als Goldener Schnitt wird das Teilungsverhältnis einer Strecke oder anderen Größe bezeichnet, bei dem das Verhältnis des Ganzen zu seinem größeren Teil dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil entspricht.“

Der goldene Schnitt ist ein typisches Stilmittel in der Fotografie. Für den Bildaufbau bedeutet das, dass die Motive in einer bestimmten Art und Weise platziert werden sollten. In etwa entspricht der goldene Schnitt einem Verhältnis von 1/3 zu 2/3, weswegen man der Einfachheit halber auch von der Drittelregel spricht. Gedanklich kann man dazu das Foto sowohl vertikal als auch horizontal in drei gleich große Teile teilen, sodass sich insgesamt neun Felder ergeben. Die Motive sollten dann auf den Kreuzungspunkten der vertikalen und horizontalen Linien liegen.

Sesselbahn Leist am Flumserberg
Sesselbahn Leist am Flumserberg. Der Stützenkopf liegt im linken oberen Drittelpunkt, die Sessel im rechten unteren Drittelpunkt. Zudem liegt der Horizont in etwa auf der unteren horizontalen Drittellinie und der Felsen fällt annähernd entlang der linken vertikalen Linie ab.

2. Führende Linien nutzen

Führende Linien geben einem Bild mehr Tiefe und leiten den Blick des Betrachters in eine bestimmte Richtung. In der klassischen Landschaftsfotografie eignen sich beispielsweise Wege, Straßen oder Flussverläufe als führende Linien. Diese sind aber nicht immer leicht zu finden. Bei Seilbahnen löst sich das Problem ganz leicht: die Seile eignen sich ideal, um führende Linien in ein Foto einzubauen.

Kabinenbahn Maschgenkamm am Flumserberg
Die Seile der Kabinenbahn Maschgenkamm leiten den Blick von oben links nach unten rechts und geben dem Bild damit deutlich mehr Tiefe.

3. Motiv über dem Horizont platzieren

Oftmals besteht das Problem, dass die Struktur hinter dem eigentlichen Motiv (z. B. weiter entfernte Berge) so ungleichmäßig ist, dass sich der Vordergrund nicht mehr wirklich abhebt. Um dieses Problem zu umgehen, sollte das Motiv möglichst über dem Horizont platziert werden. Dadurch wird die Aufmerksamkeit stärker auf den Vordergrund gelenkt, der sich idealerweise vor einem gleichmäßigen blauen Himmel befindet. Auch bei Wolken ist das natürlich gleichermaßen möglich.

Sesselbahn am Flumserberg mit Churfirsten
Stützenkopf und Sessel an der Sesselbahn Twärchamm liegen über dem Horizont und heben sich so deutlich vom leeren, blauen Himmel ab.

4. Weitwinkel oder Tele?

Die meisten meiner Seilbahnfotos entstehen mit den typischen Reportagebrennweiten im Bereich zwischen 28 und 35 Millimeter. In engen Stationen bietet sich manchmal etwas mehr Weitwinkel an, ich brauche ihn aber eher selten. Ansonsten führt mehr Weitwinkel meist nur dazu, dass die Seilbahn im Verhältnis zur Landschaft zu klein und uninteressant erscheint. Spannender sind Teleaufnahmen, bei denen die Perspektive bewusst komprimiert und verdichtet wird. Das bietet sich insbesondere an, wenn eine Seilbahn steil nach oben führt und vom Tal in Richtung Berg fotografiert wird.

Kabinenbahn Heidbühl in Churwalden
Ultraweitwinkelaufnahme in der Bergstation der Kabinenbahn Heidbühl auf der Lenzerheide. Die Perspektive lässt das Foto dramatischer erscheinen.

Sesselbahn Savoleyres Nord in Verbier
Teleaufnahme an der Sesselbahn Savoleyres Nord in Verbier. Die Perspektive ist verdichtet, der Sesselabstand wirkt viel geringer als es in der Realität der Fall ist.

5. Regeln brechen und ungewohnte Perspektiven suchen

Die zuvor vorgestellten Methoden zur Bildkomposition sind seit Jahrhunderten erprobt und machen ein uninteressantes Foto meist interessanter. Natürlich macht es gegebenenfalls aber auch Sinn, die Regeln zu brechen und ein Bild komplett anders aufzubauen. Nett anzusehen sind bei Seilbahnen auch immer komplett symmetrische Aufnahmen. Oder auch bewusst schräg aufgenommene Fotos, bei denen die Seile parallel zu einer Kante des Bildes verlaufen.

Kabinenbahn Maschgenkamm am Flumserberg
Frei von jeden Regeln, aber trotzdem eine interessante Perspektive. Seilbahnkreuzung am Flumserberg.

6. Sonnenstand beachten & Gegenlichtaufnahmen

Alle Ideen zur Komposition helfen nichts, wenn die Sonne am falschen Ort steht. Daher sollte man sich im Optimalfall schon vor dem Skitag Gedanken machen, wann die Sonne wo steht, um die Route durch das Skigebiet optimal zu planen (für die ganz Harten ;-) ). Gegen die Sonne zu fotografieren, wenn sie nicht gerade sehr tief steht, ist selten eine gute Idee. Ausnahme, wenn die Sonne zumindest teilweise abgedeckt werden kann. Bei Seilbahnen eignen sich die Stützen, speziell Fachwerkstützen genau dafür und ermöglichen interessante Aufnahmen. Wenn man im richtigen Moment auslöst, können natürlich auch Kabinen oder Haubensessel die Aufgabe des Abdeckens übernehmen.

Skilift Windegga auf der Lenzerheide
Skilift Windegga auf der Lenzerheide im Gegenlicht. Die Sonne wird durch die Fachwerkstütze teilweise verdeckt, sodass das Foto trotz Gegenlicht einen guten Kontrast aufweist.

Sesselbahn Totalp im Skigebiet Davos-Parsenn

„Sauna“-Sessel auf der Totalp im Skigebiet Davos-Parsenn.

7. Fotografieren in geschlossenen Kabinen

Fotografieren in geschlossenen Kabinen ist wegen der meist zerkratzten Scheiben problematisch. Einerseits besteht die Möglichkeit, die Kamera aus dem Fenster zu halten und auf gut Glück zu fotografieren. Das wird aber selten zum gewünschten Ergebnis führen. Empfehlenswerter ist es daher, das Objektiv an einer möglichst kratzfreien Stelle an der Scheibe anzulehnen und eine etwas mehr in den Telebereich zu gehen. Dann sollten die Kratzer im Foto nicht stören.

Problematisch ist zudem, dass die Kabinenscheiben in der Regel getönt sind. Das fällt unserem Auge vor Ort nach einer Zeit nicht mehr auf, beim Betrachten der Fotos zu Hause kann aber plötzlich ein Blau- oder Rotstich auftreten. Hierfür muss im Nachhinein der Weißabgleich angepasst werden. Das ist ohne Einbußen bei der Bildqualität aber nur möglich, wenn man im Raw-Format fotografiert. Was das Raw-Format ist und wie man den Weißabgleich bei der Bearbeitung am Rechner anpassen kann, erkläre ich in diesem Beitrag.

Weißabgleich anpassen mit Lightroom
Durch die getönten Scheiben der Kabinenbahn Prodalp am Flumserberg erscheint die Bergwelt mit einem Gelbstich. Nimmt man das Foto im Raw-Format auf, lässt sich das auch nachträglich verlustfrei beheben.

8. Fotografieren bei schlechtem Wetter

Schlechtes Wetter bei der Landschaftsfotografie gibt es nicht. Gut, strömender Regen ist vielleicht die Ausnahme. Aber auch wenn es schneit oder bewölkt ist, ergeben sich tolle Fotogelegenheiten. Gerade Seilbahnen bieten mit ihren bunten Kabinen und dunklen, feuerverzinkten Stützen schöne Kontraste zum sonst so grau-weißen Himmel und dem Schnee.

Schlepplifte Olperer am Hintertuxer Gletscher
Die Schlepplifte am Olperer in Hintertux geben dem sonst so kontrastlosen Foto einen Inhalt.

Sesselbahn auf der Lenzerheide im Nebel
Dramatische Wolkenstimmung an der Sesselbahn Urdenfürggli auf der Lenzerheide.

Nachbearbeitung für Fortgeschrittene in der Seilbahnfotografie

Für die Nachbearbeitung empfehle ich einen Blick in den ausführlichen Ratgeber zur elektronischen Bildbearbeitung. Wer im Raw-Format fotografiert, dem eröffnen sich viele umfassende Möglichkeiten zur Optimierung der Fotos. Insbesondere stürzende Linien bei Seilbahnstationen können in der Nachbearbeitung relativ einfach gerade gestellt werden. Dadurch verbessert sich manches Foto erheblich.

Stürzende Linien gerade ausrichten mit Lightroom
Vergleich zwischen einer nicht korrigierten Aufnahme mit stürzenden Linien und der korrigierten Variante am Beispiel der Sesselbahn Maschgenkamm am Flumserberg.

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