Stürmischer Wilson’s Promontory National Park

Entgegen meiner Erwartungen werde ich am Morgen von strahlendem Sonnenschein geweckt. Irgendwie habe ich es aber schon vermutet, dass sich die Wetterverschlechterung noch etwas verzögert. Gestern hat es auch deutlich länger gedauert als vorhergesagt, bis sich die Wolken verzogen haben. Schnell steht fest, dass das gute Wetter an diesem Morgen noch ausgenutzt werden sollte, damit ich schon heute eine weitere Etappe in Richtung Snowy Mountains zurücklegen kann und nicht noch einen weiteren Tag vergeude, an dem ich auf besseres Wetter für den Wilson’s Promontory National Park warte. Morgen soll das Wetter dort nach neuester Prognose nämlich auch nicht signifikant besser sein. Von daher werde ich es einfach heute probieren und das Wetter nehmen wie es kommt.

Zweifelhaftes Vergnügen auf dem Weg in den Nationalpark

Trotz des strahlend blauen Himmels habe ich aber schon bald meine Zweifel, ob ein Besuch des Nationalparks heute wirklich Sinn macht, denn unterwegs muss ich feststellen, dass der starke Wind von gestern inzwischen zu einem regelrechten Sturm gewachsen ist. Während meiner Fahrt muss ich immer wieder heruntergefallenen Ästen auf der Straße ausweichen und immer wieder muss ich die Spur wegen der starken Windböen korrigieren.

Wirklich wohl ist mir beim Fahren nicht, denn wo so viele Äste herumliegen, braucht es auch nicht viel, bis mal ein ganzer Baum auf die Straße fällt. Genau diese Situation treffe ich kurze Zeit später an, wo ein kleinerer Baum entwurzelt die halbe Fahrbahn blockiert. Da das Schlimmste nach dieser Stelle aber vorerst überstanden ist, setze ich nach kurzer Bedenkzeit meinen Weg in den Nationalpark doch noch fort.

Am Eingang zum Wilson’s Promontory National Park

Am einzigen Eingang des Nationalparks, der sich über eine Halbinsel erstreckt, treffe ich zu meiner Überraschung ein Wärterhäuschen an, in dem sich zwar niemand befindet, aber jeder Besucher ist verpflichtet, an dieser Stelle anzuhalten und eines der bereitliegenden Infoblätter mitzunehmen. Darauf ist zu lesen, dass der Eintritt in den Park kostenlos ist, man ihn aber vor Sonnenuntergang entweder verlassen oder einen Stellplatz auf einem der Campingplätze buchen muss.

Das kommt für mich etwas unerwartet, denn in Neuseeland habe ich bei keinem einzigen Nationalpark mehr als ein Hinweisschild angetroffen. Offenbar scheint das in Australien aber ganz anders abzulaufen. Da muss ich mich unbedingt erkundigen, wie das in den anderen Nationalparks abläuft, die ich noch besuchen werde. Und ob diese gegebenenfalls sogar Eintritt kosten.

Straße durch den Wilson's Promontory National Park

Kurvenreiche Straße zur Whisky Bay

Die Straße durch den Nationalpark schlängelt sich kurvenreich, aber ohne nennenswerte Höhendifferenzen immer weiter nach Süden. Schon von der Straße aus ergeben sich einige interessante Blicke auf die hauptsächlich bewaldeten Flächen, wirklich spannende Ausblicke ergeben sich aber erst an der Whisky Bay, an der ich einen kurzen Zwischenstopp einlege. Leider ist es allerdings auch hier so stürmisch, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann und daher relativ schnell wieder ins Auto zurückkehre.

Whisky Bay im Wilson's Promontory National Park

Whisky Bay im Wilson's Promontory National Park

Orkanartige Zustände auf dem Telegraph Saddle

Eigentlich ist eine Besteigung des Mount Oberon das Ziel der ganzen Fahrt in den Nationalpark, doch am Parkplatz auf dem Telegraph Saddle, rund 300 Höhenmeter unterhalb des Gipfels, ist für mich Endstation. Hier oben ist der Sturm derart heftig, dass es mir viel zu gefährlich erscheint, die einstündige Wanderung durch den Wald bis zum Gipfel in Angriff zu nehmen.

Überall fliegen Äste herum und die Bäume biegen sich über den Wegen. Ganz abgesehen von der Gefahr, die von den umherfliegenden Gegenständen ausgeht, macht es bei diesen Verhältnissen auch einfach keinen Spaß, wandern zu gehen. Wie ich im Auto feststelle, ist in der Wetterprognose für den Nationalpark von Böen bis zu 110 km/h die Rede. Und die dürfte es auf dem exponierten Mount Oberon durchaus geben.

Ausblick vom Telegrpah Saddle auf den Wilson's Promontory National Park

Alternativwanderung zur Küste vor Tidal River

So setze ich meinen Weg zurück auf Meeresniveau fort und halte für eine kurze Wanderung in Tidal River, dem einzigen echten Ort im Nationalpark, wo sich auch der einzige Campingplatz für Fahrzeuge befindet. Alle anderen Plätze sind nur zu Fuß erreichbar. Da das Wetter zusehends schlechter wird, entschließe ich mich dazu, nur zu einem nahegelegenen Aussichtspunkt zu laufen, von wo aus ich einen Blick auf die Küste und einen Strand erhalte, der von meterhohen Wellen überspült wird. Der Wind ist hier so stark, dass das aufschäumende Wasser der Wellen wieder in die entgegengesetzte Richtung geschleudert wird. Ein spektakulärer Anblick, aber dementsprechend ungemütlich, sich draußen aufzuhalten.

Tidal River im Wilson's Promontory National Park

Zurück im Auto zähle ich die ersten Regentropfen auf der Windschutzscheibe und mache mir Gedanken, wo es als nächstes hingehen soll. Das schlechte Wetter soll sich gemäß der neuesten Prognose auf den Nationalpark im Süden beschränken, entlang meiner weiteren Route nach Lakes Entrance ist dagegen wieder mit sonnigen Bedingungen zu rechnen.

Aus diesem Grund fällt es mir nicht schwer, zeitig wieder aus dem Wilson’s Promontory National Park aufzubrechen und den weiteren Weg in Richtung Osten einzuschlagen. Darüber hinaus ist es aber auch dringend notwendig, dass ich ein wenig vorankomme. Am Freitag will ich bereits im noch über 1.000 Kilometer entfernten Thredo sein, um dort das schöne Wetter zum Wandern im Mount Kosciuszko National Park auszunutzen. In den Tagen danach sieht es dort nämlich nach winterlichen Bedingungen mit Frost und Schneefall aus. Im Moment bei schwülwarmen 22° C hier an der Küste kaum vorstellbar!

Nach wie vor kritische Bedingungen auf der Straße

Auf dem Rückweg begegne ich einigen Straßenarbeitern, die die größeren heruntergefallenen Äste wegräumen und die umgefallenen Bäume zerkleinern. Weil der Wind aber immer noch nicht merklich nachgelassen hat, werden sie den Tag über wohl noch einiges zu tun haben. In der Nähe von Foster, unweit meiner gestrigen Übernachtungsstätte, fasse ich zum ersten Mal australisches Benzin. Schon in Melbourne ist mir aufgefallen, wie unglaublich günstig der Sprit hier ist. Umgerechnet kostet der Liter Benzin zwischen 70 und 80 Euro-Cent und ist damit um Längen preiswerter als in Neuseeland.

An dem Campingplatz, an dem ich heute Morgen aufgebrochen bin, lege ich kurz darauf meine Mittagspause ein, ehe ich den langen Weg in Richtung Lakes Entrance beginne. Die Strecke ist gut ausgebaut, zu gut sogar, denn teilweise führt die Straße über 30 Kilometer ohne eine einzige Kurve. 20 Minuten lang nur geradeaus fahren, keine Abwechslung in Sachen Landschaft, da muss man sich schon sehr konzentrieren, dass man nicht unterwegs einschläft.

Übernachtung in Paynesville

Südlich von Bairnsdale, dem Hauptort der östlichen Gippsland-Region, biege ich von der Hauptstraße ab und setze meinen Weg in das nahegelegene Paynesville fort, das sich an der Küste befindet. Dort habe ich einen Holiday Park ausfindig gemacht, auf dem ich nach drei Tagen endlich wieder einmal duschen möchte. Erleichtert stelle ich vor Ort fest, dass sogar das Büro besetzt ist und so kann ich ohne weitere Hindernisse einen Stellplatz für 17 Dollar mieten. Das ist zwar immer noch etwas teurer als in Neuseeland, aber doch deutlich günstiger als der sündhaft teure Platz in Grantville, der sein Geld in keiner Weise wert war.

Hier sind die Toiletten und Duschen in fabelhaftem Zustand, dafür muss ich aber feststellen, dass die Campingküche wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist. Also komme ich doch nicht in den Genuss einer Mikrowelle, in der ich eigentlich meine Quiche Lorraine warm machen wollte, sondern muss doch wieder Gaskocher und Pfanne benutzen. Aber immerhin geht es diesmal recht schnell, sodass ich zeitig mit allem fertig bin, um früh ins Bett gehen zu können. Morgen erhoffe ich mir dann einen schönen Sonnenaufgang am Strand.

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