Hohe Wellen am Cape Woolamai auf Phillip Island

Trotz der Festtagsbeleuchtung an der Raststätte schlafe ich zum ersten Mal auf australischem Boden ohne nächtliche Ruhestörungen. Ich wache daher endlich einmal mit gut aufgetankten Batterien am nächsten Morgen auf. Das Wetter ist zwar noch nicht ganz perfekt, aber immerhin ist der Regen verschwunden und am bedeckten Himmel bilden sich erste Wolkenlücken, die wieder etwas Hoffnung aufkeimen lassen.

Aufbruch von der Raststätte

So breche ich gegen 9.30 Uhr von der Raststätte auf und mache mich auf den kurzen Weg in Richtung Phillip Island. Die Insel liegt von hier nur noch rund 25 Fahrminuten entfernt und ist von der Ortschaft San Remo über eine Brücke erreichbar. Phillip Island ist eines der Hauptausflugsziele von Einheimischen wie auch Touristen aus Melbourne, ist die Insel mit ihren zahlreichen Attraktionen doch innerhalb von rund zwei Stunden per Auto von der Metropole aus erreichbar.

Eine Rennstrecke, Tierparks, Wandermöglichkeiten, spektakuläre Blicke auf die steilen Klippen und goldenen Sandstrände, all das macht Phillip Island zu einer Tourismushochburg. Nicht zuletzt ist es aber die sogenannte Pinguinparade, für die die Insel weltbekannt ist. Jeden Tag pilgern hier tausende Zwergpinguine zu Sonnenaufgang aus ihren Nestern zum Strand, um Futter für ihre Jungen zu fangen. Abends geht es dann bei Sonnenuntergang den gleichen Weg wieder zurück.

Wanderung zum Cape Woolamai

Mein erstes Tagesziel ist allerdings keines der unbedingt weltbekannten Areale von Phillip Island, aber doch ein normalerweise recht beliebtes Ausflugsgebiet. Das Cape Woolamai am südlichen Ende der Insel. Um das Kap herum führt ein abwechslungsreicher, rund sieben Kilometer langer Wanderweg mit verschiedenen Wegvarianten, den ich an diesem Vormittag bestreiten möchte.

Am sehr geräumigen Parkplatz muss ich jedoch zu meiner Überraschung feststellen, dass die Gegend völlig ausgestorben ist. Nur ein einziges Fahrzeug finde ich auf dem Parkareal vor, der Kiosk ist geschlossen. Nichts lässt einen zu der Annahme verleiten, dass hier in der Hochsaison tausende Touristen anzutreffen sind. Dass in Australien um diese Zeit kaum noch Campinggäste unterwegs sind, habe ich in den letzten Tagen bereits zur Kenntnis genommen. Aber dass auch sonst überhaupt niemand anzutreffen ist, kommt mir doch sehr merkwürdig vor. Neuseeland ist zum Teil völlig überfüllt mit Touristen, aber hier herrscht tote Hose. Das verstehe wer will!

Cape Woolamai auf Phillip Island

Interessante Vögel und stürmischer Wind

So trete ich bei inzwischen heiterem Wetter meine Wanderung an, die auf dem Wegweiser mit vier Stunden angegeben ist, aber diese Rechnungen kenne ich ja bereits aus Neuseeland. Zunächst führt mich der Weg über den Sandstrand am westlichen Ende des Cape Woolamai, wo ich zum ersten Mal mit der hiesigen Fauna in Form zahlreicher interessanter Vogelarten in Berührung komme. Teilweise kommen mir die Exemplare schon aus Neuseeland bekannt vor, teilweise höre ich aber auch mir gänzlich unbekannte Stimmen. Stören lassen sie sich aber allesamt nicht von mir und widmen sich lieber den Gegenständen, die die hohen Wellen am Strand anspülen. Der Wind ist immer noch extrem stark, kommt aber dankenswerterweise momentan von hinten. Dafür muss ich dann wahrscheinlich auf dem Rückweg etwas mehr kämpfen.

Nicht lange dauert es, da erreiche ich eine Holztreppe, die mich vom Strand über die steilen Felsen eine Etage nach oben befördert, von wo aus ich in kurzer Zeit die Pinnacles erreiche. Diese Felsformation befindet sich ebenfalls am Westufer des Cape Woolamai und ist so etwas wie der Tourismusmagnet des Kaps. Spektakuläre Blicke bieten sich von oben auf die rötlichen Felsen, die hier aus dem Meer ragen und als Wellenbrecher fungieren. Durch den starken Wind spritzt das Wasser heute besonders hoch, was einerseits beeindruckend, andererseits aber auch etwas beängstigend wirkt.

Schroffe Küste am Cape Woolamai

Schroffe Küste am Cape Woolamai

Cape Woolamai – der südlichste Zipfel von Phillip Island

Von nun an verläuft der Weg etwas kurvenreicher und mit deutlich mehr Höhendifferenzen bis zum eigentlichen Cape Woolamai, der südlichsten Spitze der vorgeschobenen Halbinsel. Hier halte ich es aufgrund des Windes allerdings nicht lange aus, denn es ist kaum möglich, überhaupt stehen zu bleiben, geschweige denn ausgiebig zu fotografieren. Daher setze ich meinen Weg zügig fort, von nun an gegen den Wind in Richtung Norden. Einen Vorteil hat die ganze Sache aber. Der Wind hat die noch verbliebenen Wolken inzwischen vollständig nach Osten getrieben, sodass mich ein strahlend blauer Himmel begleitet.

In einem kleinen Wald werde ich plötzlich auf einen interessanten Vogel aufmerksam, der schräg vor mir auf einem Ast sitzt und mich mit großen Augen anschaut. Ich kann ihm völlig problemlos näher kommen, denn scheu ist er überhaupt nicht. Im Gegenteil, für ein gutes Foto posiert er sogar kurz darauf noch im Profil – ein echter Profi! Ab und an gibt er ein paar Laute von sich, schaut mich dann aber immer wieder nahezu regungslos an, ehe er mit einem Mal abhebt und verschwindet.

Eisvogel auf Phillip Island

Ich tue es ihm kurz darauf gleich und setze meinen Weg zurück zum Auto fort. Es ist eine beschwerliche Wanderung, denn gegen den Wind komme ich auf dem Sandstrand kaum voran. Nach knapp zwei Stunden, also weniger als der Hälfte der auf dem Wegweiser veranschlagten Zeit, erreiche ich den Parkplatz wieder, auf dem sich inzwischen immerhin noch drei andere Fahrzeuge eingefunden haben.

Quer über Phillip Island zum Nobbies Point

Nach einer kurzen Mittagsrast fahre ich weiter, vorbei an der permanenten Rennstrecke, die vor allem für ihre Motorradrennen bekannt ist, zum westlichen Ende von Phillip Island, dem sogenannten Nobbies Point. Dort ist bei meiner Ankunft deutlich mehr Betrieb als am Cape Woolamai, wenngleich der Parkplatz auch hier nur spärlich frequentiert ist. Die Touristeninformation mit Kiosk und Erlebniswelt ist gar nicht mehr geöffnet, lediglich der Rundweg um das Landende ist noch über einen Holzsteg zugänglich. Der Nobbies Point ist bekannt für seine Seerobbenkolonie, eine der größten Australiens, doch heute kann ich leider keine Tiere auf den Felsen ausmachen. Wahrscheinlich ist es auch ihnen viel zu windig, denn hier bläst es so heftig, dass man sich kaum auf den Beinen halten kann.

Stürmischer Ausblick vom Nobbies Point auf Phillip Island

Nichtsdestotrotz versuche ich, die meterhohen Wellen, die hier gegen die Felsen schlagen, foto- und videografisch abzulichten, was allerdings ein schwieriges Unterfangen darstellt. Daher bin ich nicht unglücklich, als ich mit kalten Backen und Ohren endlich wieder am Auto ankomme, wo ich mich vor meiner Weiterfahrt erst einmal ein wenig aufwärme und überlege, wie ich den Rest des Tages angehen soll.

Auf die Pinguinparade zu warten habe ich eigentlich wenig Lust, denn noch bis zum Sonnenuntergang hier zu bleiben kostet mich einfach zu viel Zeit. Ich muss schauen, dass ich endlich ein wenig vorankomme, denn in weniger als zwei Wochen gebe ich mein Fahrzeug in Sydney schon wieder zurück und bis dahin gibt es noch jede Menge interessante Dinge zu sehen. Da das Fotografieren der Pinguine ohnehin nicht erlaubt ist, verzichte ich auf einen Besuch der Parade und hoffe, dass mir unterwegs entlang der Küste eventuell in freier Wildbahn noch ein paar dieser Tiere begegnen. Die Chancen dafür stehen laut Berichten im Internet gar nicht mal so schlecht.

Campinggas-Rätsel 2.0

Vorbei an zahlreichen Hinweisschildern, die vor Koalas und Kängurus warnen, setze ich meinen Weg in Richtung Osten fort, lasse Phillip Island, die Verbindungsbrücke zum Festland und San Remo schnell hinter mir, ehe ich in Wonthaggi zu einem Einkaufsareal abbiege, wo ich noch ein paar Besorgungen tätigen muss. Neben ein paar Lebensmitteln für die nächsten Tage benötige ich unbedingt einige Campinggas-Kartuschen, denn in Melbourne habe ich keine finden können und mir bleibt nur noch ein volles Exemplar.

Im Supermarkt werde ich nicht fündig, dafür aber im zweiten Anlauf in einem Warenhaus, das auch Campingzubehör verkauft. Wie schon in Neuseeland finden sich an den Regalen riesige Schilder, die darauf hinweisen, dass das Gas nicht an unter 21-jährige verkauft wird. Ist mir ja immer noch ein Rätsel, was jemand macht, der mit seinem Camper durch die Gegend fährt, aber dann kein Gas kaufen kann? Vor allem, wieso sollte ein 18-jähriger nicht in der Lage sein, solch einen winzigen Gaskocher zu bedienen?

Übernachtung auf der Franklin River Reserve Rest Area

Nachdem der Einkauf wieder deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als geplant, muss ich mich nun doch wieder beeilen, um wenigstens heute einmal noch vor Sonnenuntergang kochen zu können. Bis zu meinem angepeilten Campingplatz ist es allerdings noch eine Stunde zu fahren, weswegen dieses Ziel schon bald recht ambitioniert erscheint. Tatsächlich erreiche ich die Franklin River Reserve Rest Area gerade noch im letzten Moment vor Sonnenuntergang, aber es reicht, um mir mein Rahmschnitzel mit Reis im Hellen zuzubereiten. Während des Essens wird es aber schlagartig dunkel – um 18 Uhr. Irgendwie muss ich meinen Rhythmus doch wie in Neuseeland um mindestens eine Stunde nach vorne verlegen, sonst komme ich in den nächsten Tagen wohl noch öfter in die Bredouille.

Abenstimmung an der Brass Coast

Überhaupt muss ich gut planen, was ich wann noch alles mache, denn das Wetter bleibt nach neuester Prognose weiterhin sehr wechselhaft. Der morgige Tag fällt wohl erneut komplett weg, sodass ich am Mittwoch nur einen statt wie geplant zwei Tage im Wilson’s Promontory National Park zum Wandern verbringen werde. Danach muss ich zusehen, dass ich in die Berge komme, damit ich mein Hauptziel noch erreichen kann, eine Besteigung des höchsten Bergs Australiens, des Mount Kosciuszko. Immerhin dort sieht es für die nächste Zeit nach etwas besseren Bedingungen aus, aber es wird ja ohnehin noch einige Tage dauern, bis ich die Snowy Mountains erreiche.

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