Es ist eine der großen Fragen der Menschheit. Zumindest, wenn man sich die Glaubenskriege in manchen Internetforen durchliest. Festbrennweite oder Zoom setzt manch einer mit richtig oder falsch gleich. Das ist natürlich völlig übertrieben. Da die Frage gerade bei der Reisefotografie aber durchaus von Relevanz ist, soll dieser Beitrag die Vor- und Nachteile beider Varianten erörtern.
Was ist eine Festbrennweite?
Doch worin besteht überhaupt der Unterschied? Festbrennweiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen festen Bildausschnitt besitzen. Das bedeutet, dass der Fotograf das Bild nur dadurch verändern kann, indem er sich selbst vom Motiv entfernt oder näher herangeht. Bis in die 1970er Jahre gab es nahezu ausschließlich Festbrennweiten auf dem Markt. Gerade im Consumerbereich haben Zoomobjektive den Festbrennweiten jedoch seit Jahren zahlenmäßig den Rang abgelaufen.
Was ist ein Zoomobjektiv?
Ein Zoomobjektiv deckt einen ganzen Brennweitenbereich ab. In Kompaktkameras ist meistens ein Objektiv eingebaut, das vom Weitwinkel bis in den Telebereich reicht. Dabei wird häufig der Zoomfaktor angegeben. Dieser ist nichts anderes als der Quotient aus längster und kürzester Brennweite des Objektivs. Bei Kameras mit Wechselobjektiven ist die Angabe des Zoomfaktors eher unüblich, hier wird stattdessen der tatsächliche Brennweitenbereich in Millimetern angegeben. Lange Zeit versuchten sich die Hersteller mit immer größeren Zoombereichen zu übertrumpfen. Mehr Zoom galt als besser – und das hat sich bis heute auch in den Köpfen der Leute gehalten. Dabei ist ein großer Zoombereich mit Kompromissen in der Abbildungsqualität verbunden und gerade für Fotografen ohne ganz spezielle Anwendungsgebiete auch gar nicht notwendig.
Festbrennweiten ohne Zoomfunktion haben daher auch heute noch ihre Berechtigung. Die optischen Konstruktionen sind simpler und ermöglichen daher kleinere, leichtere Bauweisen. Zudem können Festbrennweiten einfacher mit hoher Lichtstärke gebaut werden. Das heißt, dass sie besser in dunklen Umgebungen und für eine attraktive Hintergrundunschärfe (Bokeh) eingesetzt werden können.
Vor- und Nachteile von Festbrennweiten und Zoomobjektiven
Doch was ist nun auf Reisen die bessere Variante? Schauen wir uns zunächst einmal die allgemeinen Vor- und Nachteile von Festbrennweiten und Zoomobjektiven zusammengefasst an:
Vorteile von Festbrennweiten
- Hervorragende Bildqualität mit besserer (Rand-) Schärfe, Kontrast und Bokeh
- Kleiner, leichter und unaufdringlicher als Zoomobjektive
- Lichtstärker als Zoomobjektive
- Fördern durch ihre Einschränkungen die Kreativität
- Durch hochauflösende Sensoren und gute Abbildungsleistung meist noch Potential für Ausschnittsvergrößerungen vorhanden
- Durch Panoramaaufnahmen kann der Blickwinkel auch ohne Objektivwechsel vergrößert werden
Nachteile von Festbrennweiten
- Häufige Objektivwechsel notwendig (fördert Verschmutzung des Kamerasensors)
- Weniger Flexibilität bei schnell wechselnden Motiven
- Häufig keine Bildstabilisierung im Objektiv (bei Sensorstabilisierung der Kamera weniger relevant)
Vorteile von Zoomobjektiven
- Ein Objektiv deckt mehrere Brennweiten ab
- Größere Flexibilität, schnellere Reaktion auf sich verändernde Motive
- Spart Objektivwechsel, eventuell reicht bereits ein einziges Zoomobjektiv für alle gewünschten Anwendungszwecke aus
- Bildstabilisator gleicht schlechtere Lichtstärke gegenüber Festbrennweiten in manchen Anwendungsfällen aus
Nachteile von Zoomobjektiven
- Je größer der Zoombereich, desto schlechter ist in der Regel die (technische) Bildqualität
- Größer, schwerer und auffälliger als Festbrennweiten
- Meist geringere Lichtstärke als Festbrennweiten
- Häufig unruhigeres Bokeh
Offensichtlich gibt es keinen eindeutigen Gewinner. Natürlich wäre ein leichtes, kleines Objektiv mit großem Zoombereich und toller Lichtstärke das Non-Plus-Ultra. Aber eine eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht. Jedes Objektiv ist ein Kompromiss. Je nach Situation und Art der Fotografie kann daher eine Festbrennweite oder ein Zoomobjektiv besser geeignet sein.
Festbrennweite oder Zoomobjektiv für die Reisefotografie?
Reisefotografie betrifft verschiedene Fotografie-Genres. Daher macht es Sinn, je nach Schwerpunkten der eigenen Fotografie auf Reisen eine Entscheidung zu treffen.
Wenn deine Hauptmotive in der Landschafts- oder Architekturfotografie angesiedelt sind, dürfte ein Zoomobjektiv die geeignete Wahl sein. Häufig gibt es einfach keine Möglichkeit, einen Schritt nach vorne oder zurück zu machen, um den Bildausschnitt zu optimieren. Zudem reduziert ein Zoomobjektiv die Zahl der Objektivwechsel, sodass bei Wind und Wetter die „Innereien“ der Kamera nicht exponiert werden. Auch die hohe Lichtstärke von Festbrennweiten wird in der Landschaftsfotografie in der Regel nicht benötigt. Abgeblendet liefern auch die meisten Zoomobjektive Schärfe bis in die Ecken des Fotos.
Wenn deine Hauptmotive eher in der Straßen- oder Portraitfotografie liegen, dann ist eine Festbrennweite vielleicht der bessere Weg. Mit einem moderaten Weitwinkel- oder Normalobjektiv im Bereich 35-50mm oder einem 85er-Portraitobjektiv bist du unauffällig unterwegs und kannst spontane Situationen einfangen, bei denen ein großes Objektiv vielleicht eher abschreckend wirkt. Gerade auf Reisen durch fremde Städte ist das ein unschätzbarer Vorteil. Mit einer lichtstarken Festbrennweite gelingen zudem auch am Abend noch Fotos aus der Hand, wenn du andernfalls schon ein Stativ nutzen müsstest.
Zudem fördert eine feste Brennweite in solchen Situationen deine Kreativität. Eine Festbrennweite zwingt dich dazu, mit einem bestimmten Blickwinkel zu fotografieren. Das sorgt für interessante Perspektiven. Du beginnst irgendwann automatisch, den Bildausschnitt bereits im Kopf zu wählen, bevor du durch den Sucher schaust. Vielleicht findest du so auch deinen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil.
Welche Brennweite und welche Objektivkombination für Fotografie auf Reisen?
Aber natürlich gibt es auch in diesem Fall nicht nur schwarz und weiß. Eine Kombination aus einem flexiblen Zoomobjektiv und einer lichtstarken, kleinen Festbrennweite dürfte die vielleicht beste Kombination für die meisten Formen der Reisefotografie sein. Für viele Systeme gibt es kleine Festbrennweiten, die so leicht sind, dass sie im Gepäck gar nicht auffallen. Neben einem flexiblen Zoom finden sie daher immer noch irgendwo Platz. Damit bist du einerseits ohne großen Ballast unterwegs, aber trotzdem mit einer gewissen Flexibilität für eine Vielzahl an Situationen.
Ich selbst setze (überwiegend als Landschaftsfotograf auf Reisen) im Normalfall auf eine Kombination aus einem Standardzoom, einem Weitwinkelobjektiv für Landschafts- und Astrofotografie sowie einer kleinen Festbrennweite für die unauffällige Fotografie in Städten. Auch eine Kombination aus zwei bis drei kleinen Festbrennweiten besitzt sicher ihren Reiz, ist mir persönlich aber zu unflexibel. Nur wenn ich explizit Tiere fotografieren möchte, nehme ich zusätzlich ein Telezoomobjektiv mit. Für Landschaftsfotografie mit Tele reichen mir die Crop-Reserven meiner Kamera aus.
Welche genaue Brennweite du für deine Festbrennweite oder für dein Zoomobjektiv wählen solltest, hängt natürlich von deinen im Vorfeld favorisierten Motiven ab. Ein Landschaftsfotograf hat andere Anforderungen an die Brennweite als ein Portraitfotograf. Ein Tierfotograf wieder andere als ein Makrofotograf. Welche Brennweiten auf Reisen je nach Einsatzgebiet Sinn machen (und welche vielleicht nicht) erkläre ich in diesem Beitrag.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.