Da das Wetter auch für den heutigen Montag nicht wirklich besser angekündigt ist, lasse ich es am Morgen gemütlich angehen. Nichtsdestotrotz möchte ich aber in jedem Fall noch in dem Hotel, zu dem der kostenlose Campingplatz gehört, schnell duschen. Einfach, damit ich die nächsten beiden Tage wieder flexibel auf anderen kostenlosen Plätzen übernachten kann. Wenn sich die Gelegenheit hier bietet, will ich sie natürlich auch nutzen.
Vom Campinggast zum Einbrecher
Also stapfe ich durch den leichten Nieselregen gegen neun Uhr zum Eingang der Bar, in der ich gestern auch nach dem Campingplatz gefragt habe. Dort ist zwar die Tür offen, innen ist aber alles dunkel und kein Mensch zu sehen. Hm, blöd, was mache ich denn jetzt? Ich kann ja nicht einfach so die Dusche suchen gehen. So entschließe ich mich dazu, zunächst wieder einmal zum Auto zurückzugehen und zu frühstücken. Doch als ich mich umdrehe, löse ich plötzlich eine Alarmanlage aus. Wieso ist denn hier eine Alarmanlage angeschaltet, wenn die Tür offen steht? Naja, dann also erst einmal wieder zurück zum Camper. Ist mir das so peinlich! Aber vielleicht sorgt der Alarm wenigstens dafür, dass mal jemand vorbeikommt.
Das ist rund 20 Minuten später tatsächlich auch der Fall, als die Inhaberin mit dem Auto eintrifft und im Haus verschwindet. Ich folge ihr kurze Zeit später und werde in der Bar freundlich begrüßt. Dort entschuldige ich mich für das Auslösen des Alarms und frage nach einer Dusche. Zu meinem Erstaunen ist die Inhaberin gar nicht davon ausgegangen, dass irgendjemand den Alarm ausgelöst hat. Sie vermutete, dass es ein paar Motten waren, die nun am Boden liegen.
World Famous Pies als Wegzehrung
Da ich gleich so ehrlich gewesen bin, bietet sie mir sogar eine kostenlose Dusche an, was mir etwas unangenehm ist, denn bislang habe ich hier alle Sanitäranlagen genutzt, ohne irgendetwas in der Bar oder dem Restaurant zu konsumieren. Daher frage ich, ob schon ein paar der beworbenen hausgemachten „world famous pies“ fertig seien, denn von denen würde ich mir gerne einen mitnehmen. Sie seien gerade in den Ofen geschoben worden, teilt sie mir mit, in einer halben Stunde wären sie fertig. Super, dann muss ich kein schlechtes Gewissen haben und mein Mittagessen ist für heute auch schon geklärt.
Beim Anblick der Dusche frage ich mich zwar, ob ich dort wirklich sauberer werde, aber was soll es. Die Duschen in Grantville für 30 Dollar haben auch nicht gerade hygienischer ausgesehen. Der „Kuchen“ mit Speck, Schinken und einer Art Hackfleischsauce sieht jedenfalls hervorragend aus und riecht auch dementsprechend gut, als ich Bredbo verlasse und meinen Weg in Richtung Canberra antrete.
Missglückte Parkplatzsuche in Canberra
Unterwegs wird das Wetter leider immer schlechter, sodass ich von der australischen Hauptstadt bei meiner Ankunft erst einmal nicht besonders viel zu Gesicht bekomme. Als Ziel habe ich in der Navigations-App einen Parkplatz am Parlamentsgebäude im Süden der Stadt ausgewählt, von wo aus ich mich erst einmal orientieren will. Dumm nur, dass man sich dort natürlich wieder nirgendwo hinstellen kann, ohne gleich etwas bezahlen zu müssen.
Also fahre ich weiter und folge einem Schild zu einem öffentlichen Parkplatz, der sich dann aber als Tiefgarage entpuppt. Na toll, da will ich eigentlich nicht rein. Zurückfahren kann ich jetzt aber nicht mehr, und hinter mir bildet sich schon eine Schlange wartender Taxis. Also löse ich ein Ticket und fahre gleich wieder zum Ausgang. Wird wohl ein paar Minuten kostenlos sein, wie bei uns auch. Das ist auch glücklicherweise der Fall, sodass ich ohne Kosten wieder hinausfahren kann. Nur einen Parkplatz habe ich jetzt natürlich immer noch nicht.
Zeit totschlagen im Kings Park
Fündig werde ich wenig später aber im Kings Park, einer der zahlreichen Parkanlagen Canberras, wo ich auf einem kostenlosen Parkplatz wenigstens einmal für eine Stunde verweilen kann. Zunächst sondiere ich die Wetterlage, die aber leider wenig vielversprechend ist. Erst am Abend soll der Regen nachlassen, was größere Ausflüge unrealistisch erscheinen lässt. Auch für morgen sieht es nicht wirklich besser aus, aber immerhin soll es dann keinen Dauerregen mehr geben, sondern auch ein paar Aufhellungen.
Da der Regen aber in diesen Augenblicken ebenfalls nachlässt, erkunde ich ein wenig die nähere Umgebung. In dem Park gibt es zahlreiche Gedenkstätten zu entdecken. Insgesamt wirkt die Anlage aber für meinen Geschmack zu künstlich. Doch Canberra ist eben eine Planhauptstadt, was sich hier für mich erstmals wirklich bemerkbar macht. Aufgrund der andauernden Rivalität zwischen Sydney und Melbourne wurde Canberra 1908 zur zukünftigen Hauptstadt Australiens bestimmt und ab 1913 nach dem Entwurf des amerikanischen Architekten Walter Burley Griffin errichtet. Die Eröffnung des damaligen Parlamentsgebäudes, mit der die Stadt offiziell zur Hauptstadt Australiens wurde, erfolgte am 9. Mai 1927. Also genau heute vor 89 Jahren. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Canberra!
Canberra, die künstliche Hauptstadt Australiens
Die Stadt, die sich um den künstlich aufgestauten und nach dem Architekten benannten Lake Burley Griffin erstreckt, ist in Form eines gleichseitigen Dreiecks aufgebaut. Im Süden das Parlamentsgebäude auf dem Capital Hill, im Norden der City Hill mit dem Vernon Cycle und im Osten das Erholungsgebiet Russell mit verschiedenen Kriegsdenkmälern. Genau in der Mitte zwischen nördlichem und östlichem Eckpunkt befindet sich darüber hinaus etwas nach hinten versetzt das Australian War Memorial.
Die Eckpunkte des sogenannten Parlamentsdreiecks sind über gerade Straßen miteinander verbunden, die mit langen Brücken den See überqueren. Lediglich zwischen nördlichem und östlichem Punkt macht die Straße einen leichten, aber kontinuierlichen Bogen. Rund um den See finden sich verschiedene Parkanlagen, darunter der Commonwealth-Park, diverse Gärten, und eben der Kings Park, in dem ich mich zurzeit befinde.
Daneben gibt es mit der Nationalbibliothek, einigen Museen, diversen architektonisch ausgefallenen Gebäuden und Denkmälern sowie dem nationalen botanischen Garten interessante Dinge zu erkunden. Doch all das hilft mir bei dem derzeitigen suboptimalen Wetter nicht wirklich weiter. So bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten, denn nun gesellt sich zu dem starken Regen auch noch ein stürmischer Wind. Dieser lässt die Motivation, überhaupt einmal aus dem Auto auszusteigen, gegen Null konvergieren.
Schlagartige Wetterbesserung weckt Lust auf Erkundungen
Meine einzige Hoffnung beruht darauf, dass es am Abend und über Nacht nur leicht bewölkt sein soll, bevor die nächste Regenfront morgen früh eintrifft. Aus diesem Grund warte ich noch ein wenig ab, um gegebenenfalls zu einem der beiden Aussichtsberge, dem Black Mountain und dem Mount Ainslie, aufzubrechen, und das abendliche Canberra aus der Vogelperspektive zu fotografieren.
Genau wie vorhergesagt lichtet sich der Himmel gegen 16 Uhr schlagartig und nicht nur der Regen lässt mit einem Mal nach, auch die Sonne zeigt sich zwischen den verbliebenen Wolken. Nachdem ich den ganzen bisherigen Tag im Auto verbracht habe, brenne ich nun darauf, mich endlich etwas zu bewegen und breche bei dem schönen vorabendlichen Licht zu einem kleinen Spaziergang auf.
Der Weg führt mich vom Kings Park zunächst entlang des Seeufers zur Anzac Parade, jener Straße, die zum erwähnten Australian War Memorial führt und in gedachter Verlängerung auf der anderen Seite über den See genau zum südlichen Dreieckspunkt, dem Capital Hill, führt. Auf der anderen Seite des Denkmals befindet sich der Mount Ainslie. Sein Gipfel liegt somit ebenfalls auf einer Linie mit dem Kriegsdenkmal, der Anzac Parade und dem Capital Hill.
Kurz darauf betrete ich den Commonwealth Park, wo sich in der Abendsonne wieder einmal ein paar schöne Herbstfarben in den deutlich sichtbar künstlich angelegten Seen spiegeln. Vorbei an einigen Baustellen und über Umwege erreiche ich schließlich den City Hill, von dem aus ich auf die Commonwealth Avenue blicke, die direkt auf das Parlamentsgebäude zielt.
Fahrt auf den Mount Ainslie
Da die Sonne nun schon untergegangen ist, beeile ich mich auf dem Weg zurück zum Auto etwas, um möglichst vom Mount Ainslie noch einen Teil der blauen Stunde mitnehmen zu können. Der erwähnte Berg ist über eine Straße schnell erreichbar, sodass ich wie erhofft noch einige Fotos anfertigen kann, bevor der Himmel richtig dunkel ist. Von hier oben wird einem die von Grund auf durchgeplante Struktur Canberras noch einmal deutlich vor Augen geführt. Fast unwirklich kommen mir die geraden Straßen vor, die mit ihrer Lage so wunderbar geometrische Formen bilden.
Nachdem es endgültig dunkel wird und die Nacht hereinbricht, ist es für mich an der Zeit, endlich einen Campingplatz aufzusuchen. Für diese Nacht habe ich einen Platz hinter einer Tankstelle nordöstlich der Stadt auserkoren, der mir recht geeignet erscheint. Ein Areal, auf dem mehrheitlich Lastwagenchauffeure übernachten, angeblich soll es aber auch kein Problem sein, hier im Camper zu nächtigen. Bei meiner Ankunft sind neben einigen Lastwagen auch tatsächlich noch zwei andere Autos auszumachen, sodass ich mir keine Sorgen mache, hier zu übernachten. Dank des Lichts von der Tankstelle kann ich mir auch noch schnell meine Fertig-Lasagne warm machen. Mehr liegt heute Abend leider nicht drin, aber ab morgen wird wieder frisch gekocht. Just als ich die Küche aufgeräumt habe und mit dem Essen beginne, fängt es wieder an zu regnen. Aber für heute soll mich das nicht mehr kümmern. Hauptsache morgen wird es wieder besser.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.