Landschaftsfotografie mit dem Teleobjektiv

„Für die Landschaftsfotografie nimmst du am besten ein Weitwinkelobjektiv.“ Das ist das allgemeine Credo, das in Fotografie-Lehrbüchern und Internet-Foren stets voller Überzeugung vorgetragen wird. Und natürlich, Landschaften laden dazu ein, möglichst viel von der Szenerie ins Bild zu packen. Nicht umsonst bietet jede bessere Kamera eine Panoramafunktion an.

Weitwinkelfotos benötigen aber einen sauberen Bildaufbau, um wirklich hervorzustechen. Das ist nicht immer ganz einfach umzusetzen. Und mit der Zeit nutzt sich der Effekt auch ab. So ganz eindeutig zu beantworten ist die Frage daher nicht, welcher Objektiv-Typ für die Landschaftsfotografie am besten geeignet ist. Dass sich auch mit einem Teleobjektiv neue, interessante Perspektiven in der Landschaftsfotografie ergeben können, dazu soll dieser Beitrag anregen.

Was ist ein Teleobjektiv?

Zunächst einmal ist die Frage, welche Objektive überhaupt in die Kategorie der Teleobjektive fallen. Hierzu gibt es keine einheitliche Definition. Allgemein gesprochen deckt jedes Objektiv den Telebereich ab, das eine größere Brennweite als die Normalbrennweite von 50mm bezogen auf Kleinbild abdeckt. Einen spürbaren Tele-Effekt bemerkt man ab ca. 70mm aufwärts. Klassischerweise zählen somit Objektive wie ein 70-200mm oder 100-400mm oder Festbrennweiten in diesem Bereich zu den Teleobjektiven.

Die häufigste Anwendung finden Teleobjektive in der Portrait- und Tierfotografie. Doch welche Möglichkeiten und Vorteile bieten sich in der Landschaftsfotografie?

Sonnenaufgang über den Gorges du Verdon

Verdichten der Perspektive mit einem Teleobjektiv

Fotografiert man Landschaften mit kleinen Brennweiten, kommt die Weite gut zur Geltung. Gleichzeitig erscheint der Vordergrund im Verhältnis zu weiter entfernten Bildelementen deutlich größer. Aus diesem Grund macht auch erst ein ansprechender Vordergrund eine weitwinklige Landschaftsaufnahme sehenswert.

Manchmal kann es aber auch interessant sein, die Unterschiede zwischen nahen und fernen Elementen zu verkleinern oder ganz zu eliminieren. Die Perspektive wird verdichtet. Das bedeutet, dass die Abstände und Größenunterschiede zwischen Vorder- und Hintergrundelementen geringer erscheinen. Dieser Effekt lässt sich mit einem Teleobjektiv umsetzen.

Auf diese Weise lässt sich beispielsweise ein weit entferntes Gebäude prominenter in der abgebildeten Landschaft platzieren. Auch näher beisammen erscheinende Bergrücken geben häufig ein interessantes Motiv ab.

Verdichten der Perspektive mit einem Teleobjektiv

Verdichten der Perspektive mit einem Teleobjektiv

Vermeidung störender Vordergrundelemente

Ein weiterer Vorteil bei der Nutzung eines Teleobjektivs ist die Vermeidung von Elementen im Vordergrund. Wie bereits angedeutet lebt eine weitwinklige Landschaftsaufnahme von einem interessanten Vordergrund.

Doch nicht immer findet man dafür passende Elemente. Mit einem Teleobjektiv umgeht man dieses Problem, indem man den Vordergrund einfach auslässt. Gerade bei Aussichtspunkten mit einem erhöhten Standort bietet sich das an. Denn eine weitwinklige Aufnahme oder ein Panorama zeigt dem Betrachter zwar, dass es dort „schön“ ist. Aber Fotos, die über eine reine Dokumentation hinausgehen, sind meistens schwieriger zu erstellen.

Das Teleobjektiv bietet in diesem Fall die Möglichkeit, weiter entfernte Punkte anzuvisieren. Was sich in der näheren Umgebung des Fotografen abspielt, ist dann quasi irrelevant.

Blick vom Klein Matterhorn auf Täsch und Randa

Föhnsturm am Mont Blanc du Tacul

Abwechslungsreiche Motivvielfalt

Fotografiert man im Weitwinkel Landschaften, ergeben sich an einem festen Standort meist nicht mehr als eine Handvoll Motive. Meistens sind die Perspektive und der Bildaufbau durch den Sonnenstand und den Vordergrund determiniert. Viel Spielraum besteht häufig nicht. Auch ich erwische mich manchmal dabei, dass ich gar nicht mehr nach Alternativen suche, wenn ich meine vermeintlich eine optimale Perspektive auf dem Stativ eingestellt habe.

Ein Teleobjektiv bietet in diesen Fällen deutlich mehr Möglichkeiten. Weil immer nur ein kleiner Ausschnitt der Landschaft auf dem Sensor landet, ergeben sich entsprechend viele unterschiedliche Motive. Und – salopp gesprochen – ist eine Teleaufnahme eben einfach mal „was anderes“.

Neue Perspektiven entdecken mit einem Teleobjektiv

Konzentration auf Details mit einem Teleobjektiv

Oftmals sind weite Landschaftsaufnahmen überfrachtet mit zahlreichen kleinen Bildelementen. Hier ein Hügel, dort ein Stein, im Hintergrund eine Kirche oder ein Dorf. Da macht es Sinn, sich diese einzelnen Bildelemente herauszupicken und sich auf einzelne Bestandteile zu konzentrieren. Das macht die Sache für den Betrachter interessanter und steigert gleichzeitig auch die Motivvielfalt.

Sonnenaufgang mit Heißluftballon über dem Elsass

Hervorheben von Kontrasten

Luft erscheint in den meisten Fällen komplett durchsichtig. Doch das ist sie eigentlich nicht. Deutlich wird das, wenn die Luftfeuchtigkeit steigt und sich in Dunst oder gar Nebel widerspiegelt. Was auf den ersten Blick eigentlich als Nachteil erscheint, kann man sich mit einem Teleobjektiv zunutze machen.

Speziell in den Bergen erscheinen Gebirgszüge je nach Entfernung aufgrund der dunstigen Luft mit unterschiedlich starkem Kontrast. Das kommt bei einer verdichteten Perspektive mit einem Teleobjektiv besonders gut zur Geltung.

Auch Nebel oder Hochnebel eignet sich perfekt für solche Aufnahmen. Mit Nebel gefüllte Täler rücken durch die Verdichtung der Perspektive nah zusammen. So scheint es, dass der Nebel nur durch die strichförmigen Bergrücken oder Hügel unterbrochen wird. Ganz besonders interessant wirkt dieser Effekt in Gegenlichtsituationen.

Sonnenaufgang auf der Göttelborner Höhe

Sonnenaufgang in der Serengeti

Minimalistischer und abstrakter Bildaufbau

Landschaftsfotografie lebt von Linien, die sich durch das Bild ziehen. Bei weitwinkligen Aufnahmen können das Wege, Flüsse oder Gebirgszüge sein. Bei Aufnahmen mit einem Teleobjektiv lässt sich dies auch auf Mikroebene übertragen. Da kann eine Weinrebe, ein Rinnsal oder sogar ein Grashalm als führende Linie dienen.

Häufig lassen sich durch das Herausarbeiten solcher Details auch sehr abstrakte Bilder erstellen. Nicht immer muss es der klassische Bildaufbau mit der Drittelregel sein. Nicht immer eine waagerechte Linie in Form des Horizonts. Auch Wasser eignet sich wie so oft in der Landschaftsfotografie auch in diesem Fall bestens für Fotos der etwas anderen Art.

Landschaftsausschnitt mit einem Teleobjektiv

Landschaftsfotografie mit dem Teleobjektiv

Es zeigt sich also, dass Landschaftsfotografie durchaus umfangreiche Möglichkeiten für die Anwendung eines Teleobjektivs bietet. Natürlich kann ein Tele die zum Staunen anregenden Weitwinkelperspektiven niemals ersetzen. Und gerade wegen des Gewichts überlegt man sich natürlich gerne zweimal, ob man das Teleobjektiv wirklich braucht.

Aber es kann sich lohnen. Ein Teleobjektiv ist eine Ergänzung, die den Horizont in der Landschaftsfotografie sprichwörtlich erweitert. Und vielleicht inspiriert dieser Beitrag ja auch dich, zukünftig auch mal abseits der klassischen Weitwinkelperspektiven auf Motivsuche zu gehen!

1 Gedanke zu „Landschaftsfotografie mit dem Teleobjektiv“

  1. Hallo, interessanter Ansatz.
    Mein Ansatz ist eine Festbrennweite für Landschaft:
    ABS-C 50 mm / HP Steinbruch bzw. 75 mm / HP Frühling.
    Ich finde eine Fotoreihe mit mit einer Festbrennweite viel schöner.
    Grüße aus dem Schwarzwald Jens.

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