Wie entsteht ein gutes Landschaftsfoto? Diese Frage lässt sich wohl nicht pauschal beantworten. Jede Aufnahme ist einzigartig. Und was ein gutes Foto ist, ist auch immer eine höchst subjektive Ansicht des Betrachters. Trotzdem gibt es einige Kriterien, anhand derer man auch objektiv beurteilen kann, warum ein bestimmtes Landschaftsfoto gefällt oder nicht gefällt.
Insbesondere die Bildkomposition spielt dabei eine zentrale Rolle. Bestimmte Formen und Abstände, aber auch Farbkombinationen nimmt unser Auge als wohlgeformt wahr. Diese Elemente in Einklang zu bringen, ist das Geheimnis für eine gute Aufnahme. Ganz egal in welchem Genre der Fotografie. Genau an diesem Punkt setzt dieser Beitrag an und befasst sich mit den (teilweise im wahrsten Sinne des Wortes) goldenen Regeln für die Bildkomposition in der Landschaftsfotografie.
Drittelregel in der Landschaftsfotografie
Eine der vielleicht bekanntesten Regeln der Fotografie insgesamt ist die sogenannte Drittelregel. Diese gibt Aufschluss darüber, an welcher Stelle sich das Hauptmotiv der Aufnahme am besten befinden sollte. Ausgangspunkt sind gedachte Linien, die das Foto sowohl in der Waagerechten als auch in der Senkrechten in drei gleich große Bereiche teilen. So entstehen neun gleich große Rechtecke. Die Drittelregel besagt, dass sich das Hauptmotiv auf den Kreuzungspunkten der Linien befinden oder entlang einer der Linien verlaufen sollte.
In der Landschaftsfotografie lassen sich zahlreiche Anwendungsbereiche für die Drittelregel finden. Ein häufiges Beispiel hierfür ist die Abgrenzung zwischen Himmel und Landschaft, bei der der Horizont entlang der oberen oder unteren Drittellinien verläuft. Bei einem Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang lässt sich die Sonne gut in einem der oberen Drittelpunkte platzieren. Interessant kann es in diesem Fall auch sein, ein Motiv aus dem Vordergrund in den jeweils gegenüberliegenden Drittelpunkt zu legen.
Bei vielen neueren Kameras lässt sich ein Raster mit den Drittel-Linien bereits vor der Aufnahme auf dem Bildschirm einblenden. Auf diese Weise wird dem Fotografen die Bildkomposition leicht gemacht.
Goldener Schnitt in der Landschaftsfotografie
Oft fälschlicherweise mit der Drittelregel gleichgesetzt wird der Goldene Schnitt. Dieser bezeichnet eine Aufteilung einer Strecke in zwei Teile, wobei das Verhältnis der ganzen Strecke zum größeren Teil gleich dem Verhältnis des größeren Teils zum kleineren Teil ist. Das entspricht einer Aufteilung von etwa 62% zu 38%, also nicht ganz dem Verhältnis aus der Drittelregel.
Die Anwendung ist allerdings identisch zur Drittelregel und auch das Ergebnis wird sich wahrscheinlich in den meisten Fällen nicht merklich unterscheiden. Denn auch wenn es häufig behauptet wird, gibt es keine gesicherte Erkenntnis dafür, dass der Goldene Schnitt als ästhetischer empfunden wird als andere Aufteilungen.
Goldene Spirale in der Landschaftsfotografie
Aus dem Goldenen Schnitt lassen sich noch weitere Formen ableiten, die auch für die Bildkomposition in der Landschaftsfotografie eine Rolle spielen. Ein Beispiel dafür ist die Goldene Spirale. Auch diese lässt sich wie der Goldene Schnitt mathematisch beschreiben, was allerdings an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde.
In der Praxis wichtiger ist die grundlegende Form dieser Spirale. Die Anwendung führt letztlich dazu, dass das Motiv etwas weiter am Rand platziert wird als beim Goldenen Schnitt oder der Drittelregel. Das kann die Aussagekraft des Fotos beeinflussen. Ein Motiv am Rand wirkt beispielsweise weniger prominent als eines im Drittelpunkt. Auf diese Weise lässt sich der Blick des Betrachters gegebenenfalls stärker zu einem Nebenmotiv im Hintergrund lenken.
Dreiecksregel in der Landschaftsfotografie
Die Dreiecksregel eignet sich ebenfalls für eine bewusste Bildkomposition in der Landschaftsfotografie. Sie besagt, dass das Hauptmotiv ein Dreieck aufspannen sollte. Gerade bei Landschaftsformationen ist diese Regel relativ leicht umsetzbar. Ein Berggrat kann das Bild in zwei Dreiecke aufteilen, genauso wie ein Fluss oder ein Weg. Oder aber wie im folgenden Beispiel aus Neuseeland, bei dem Sonne, Insel und die mittig liegenden Steine im Vordergrund ein Dreieck aufspannen.
Symmetrie in der Landschaftsfotografie
Die zuvor geschilderten klassischen Regeln der Bildkomposition haben alle eines gemeinsam. Sie sorgen dafür, dass das Motiv abseits der Mitte positioniert ist. Dadurch wird die Aufnahme asymmetrisch. Und das macht ein Bild für den Betrachter interessant. Doch auch Symmetrien können Aufmerksamkeit erzeugen.
Führende Linien in der Landschaftsfotografie
Führende Linien wecken das Interesse des Betrachters und leiten ihn durch das Bild. Auf diese Weise wird es ihm erleichtert, die Aufnahme in ihrer Gesamtheit wahrzunehmen, ohne dabei einzelne Details zu übergehen. Führende Linien können dazu genutzt werden, den Betrachter sukzessive zum Hauptmotiv der Aufnahme hinzuleiten.
In der Landschaftsfotografie finden sich zahlreiche Elemente, die als führende Linien genutzt werden können. Wasser in Form von Flüssen oder Bächen ist eine beliebte Möglichkeit. Auch Straßen, Feldwege, Spuren im Schnee oder wiederkehrende Elemente wie Baumreihen eignen sich dafür. Eventuell störende Elemente, beispielsweise Seile oder Stromleitungen, lassen sich auf diese Weise ebenfalls in eine Bildkomposition einfügen.
Leerer Raum in der Landschaftsfotografie
Leerer Raum bezeichnet in der Fotografie größere Teile eines Bildes, in denen sich keine oder nur wenig Information für den Betrachter befindet. Diese Bestandteile müssen dabei nicht im wörtlichen Sinne leer sein. Vielmehr sind damit Elemente gemeint, die aufgrund ihrer monotonen Farbe und Form den Inhalt der Aufnahme auf ein Minimum reduzieren. Dadurch kann die Aufmerksamkeit besser auf ein Motiv gelenkt werden, das sich vor oder in dem leeren Raum befindet.
Ein einzelner Baum wird beispielsweise vor einem Hintergrund mit Wald kaum ins Auge stechen. Platziert man den Baum in der Aufnahme dagegen vor dem Himmel oder vor einem See, erscheint er plötzlich sehr viel prominenter. Leerer Raum lässt sich somit bewusst dazu einsetzen, weniger vom eigentlichen Motiv abzulenken. Einsatzmöglichkeiten in der Landschaftsfotografie gibt es zahlreiche. Neben dem erwähnten Himmel oder See lassen sich auch Wiesen, gleichmäßige Felsen, Schnee oder Sand als leerer Raum in einer Aufnahme nutzen.
Geometrische Formen in der Landschaftsfotografie
Unser Auge ist aus dem Alltag zahlreiche geometrische Formen gewohnt. Der Anblick von Kreisen, Dreiecken oder Rechtecken erscheint uns daher auf einem Foto unterbewusst vertraut, wodurch wir das Foto als wohlgeformt wahrnehmen. Solche geometrischen Formen lassen sich daher auch gezielt in der Landschaftsfotografie einsetzen.
Farbkontraste in der Landschaftsfotografie
Nicht nur Strukturen und Formen können eine Rolle für die Bildkomposition in der Landschaftsfotografie spielen. Auch Kontraste und Farben lassen sich dazu einsetzen, eine Aufnahme zu strukturieren.
Kontraste entstehen häufig an der Grenze zwischen Licht und Schatten. Das kann der Schattenwurf eines Gebäudes sein. Oder aber ein einseitig beleuchteter Berggrat in der Abendsonne. Je nachdem lassen sich solche Kanten auch gut als führende Linien für die Bildkomposition in der Landschaftsfotografie einsetzen. Der Kontrast wird umso stärker, je höher die Sonne steht. Auch das eigentlich ungünstige Mittagslicht lässt sich dadurch gegebenenfalls sinnvoll für Aufnahmen nutzen.
Komplementärfarben in der Landschaftsfotografie
Neben Kontrasten kann auch der Farbton einen erheblichen Einfluss auf die Bildkomposition in der Landschaftsfotografie haben. Hierzu lohnt es sich, den Begriff der Komplementärfarbe näher anzusehen. Komplementärfarben liegen sich im Farbkreis genau gegenüber. Das bedeutet, sie heben sich beim Mischen gegenseitig auf. Für die Fotografie ist von Bedeutung, dass sich Komplementärfarben in ihrer Wahrnehmung gegenseitig verstärken.
Der in der Landschaftsfotografie am häufigsten anzutreffende Fall ist die Gegenüberstellung der Komplementärfarben Blau und Orange. Diese Kombination trifft man bei Sonnenauf- und Sonnenuntergängen oder in der Blauen Stunde an. Mit der Farbenlehre lässt sich recht einfach begründen, warum uns solche Aufnahmen oft so gut gefallen.
Spiegelungen in der Landschaftsfotografie
Spiegelungen auf glatten Oberflächen sind ein besonderer Weg der Bildkomposition in der Landschaftsfotografie. Auf diese Weise lässt sich auch ein symmetrischer Bildaufbau realisieren.
Ausgewogenheit in der Landschaftsfotografie
Sämtliche Bildelemente sollten in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist nicht immer objektiv anhand fester Kriterien beschreibbar, sondern eher eine Sache des Gefühls. Eine Ausgewogenheit sollte zwischen Vorder- und Hintergrund bestehen. Auch das Hauptmotiv und Nebensächlichkeiten sollten sich gegenseitig ergänzen, ohne dass einzelne Elemente zu aufdringlich erscheinen.
Einrahmen in der Landschaftsfotografie
Motive lassen sich nicht nur zentral oder entlang der Drittellinien platzieren, sondern gegebenenfalls auch am Rand eines Fotos. Ungleichmäßige, chaotische Strukturen können dazu genutzt werden, das eigentliche Hauptelement einer Aufnahme einzurahmen.
In der Landschaftsfotografie können das beispielsweise Äste sein, oder aber auch Felsen, Blätter, Bäume oder Eiszapfen. Oftmals muss ist auch gar kein vollständig geschlossener Rahmen erforderlich. Auch ein asymmetrisches, einseitiges Einrahmen kann seinen Reiz haben.
Reduktion in der Landschaftsfotografie
Speziell durch den Einsatz von Ultraweitwinkelobjektiven wirken Landschaftsaufnahmen häufig überfrachtet. Zu viele Elemente im Bild, zu viele Details, auf die sich der Betrachter konzentrieren muss. Die Kunst ist es daher, die Bildkomposition zu vereinfachen und zu reduzieren.
Eine Möglichkeit wurde zuvor mit dem leeren Raum bereits vorgestellt. Weitere Möglichkeiten in der Landschaftsfotografie umfassen beispielsweise singuläre Objekte. Ein einzelner, prominenter Stein wird wesentlich interessanter sein als ein Dutzend verschiedener Steine. Auch eine Vereinfachung durch Auslassen von Elementen ist möglich. Vorteilhaft hierfür ist beispielsweise der Einsatz eines Teleobjektivs in der Landschaftsfotografie.
Wiederkehrende Objekte in der Landschaftsfotografie
Genauso wie singuläre Elemente in einem Foto ihren Reiz haben können, sind auch wiederkehrende Objekte ein Anker für die Bildkomposition in der Landschaftsfotografie. Mit wiederkehrenden Objekten sind gleichartige Bildelemente gemeint, die in einer bestimmten Anordnung mehrmals auftreten. Der Informatiker würde sagen: mehrere Instanzen derselben Klasse.
In der Landschaftsfotografie können das beispielsweise Bäume sein, die in einer Reihe stehen. Häufig trifft man diese Szenarien bei Alleen an.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.