Nach den anstrengenden Tagen mit viel Programm und vielen neuen Eindrücken bin ich froh, heute Morgen endlich mal wieder etwas länger schlafen zu können. Allzu lange kann ich dann aber auch wieder nicht dösen. Ich möchte das freie WLAN auf dem Campingplatz noch ausnutzen, um meinen Blog zu aktualisieren und ein paar neue Fotos hochzuladen. Zum ersten Mal seit Tatapouri bei Gisborne vor mehr als drei Wochen habe ich Zugang zu einem schnellen und unbegrenzten Internet. Das muss ich natürlich ausnutzen. Zumal ich nicht davon ausgehe, heute im Verlauf des Tages überhaupt noch einmal Handyempfang zu haben.
Um 10 Uhr breche ich in Richtung Süden auf, um an die Pazifikküste zu fahren. Allzu weit ist die Strecke nicht, dafür aber landschaftlich eine Wucht. Während rechter Hand die hohen Berge des Fiordland National Park langsam aber sicher in der Ferne verschwinden, tauchen in näherer Umgebung immer wieder kleinere und größere Hügel auf, auf denen unzählige Schafe weiden.
Durch den Fiordland National Park zur Clifden Suspension Bridge
Die Straße ist dagegen meist kerzengerade durch die Landschaft trassiert und führt durch mehrheitlich unbewohntes Gebiet. Da und dort liegt eine Farm am Wegrand, Menschen oder Autos sind allerdings nirgendwo auszumachen, auch nicht auf der Gegenfahrbahn. Meine Mittagspause lege ich an der Clifden Suspension Bridge ein, einer historischen und bis heute erhaltenen Hängebrücke. Der Straßenverkehr wird seit vielen Jahren über eine neuere, parallele Brückenkonstruktion geleitet. Viel schöner ist aber der Anblick der altehrwürdigen Hängebrücke mit ihrem hölzernen Boden.
Spektakuläre Ausblicke auf die Pazifikküste
Der erste und einzige Ort, den ich heute durchquere, ist Tuatapere. Ein kleines Dörfchen völlig fernab vom Schuss und rund 40 Kilometer von der nächsten Ortschaft entfernt. Dennoch besitzt Tuatapere in touristischer Hinsicht eine gewisse Bedeutung. Es finden sich rund um den Ort einige Seen und die südlichen Ausläufer des Fiordlands, wo sich mit dem Hump Ridge Track ein bekannter mehrtägiger Wanderweg befindet. Der Ort selbst ist dagegen recht schnell abgehakt. An touristisch wertvollen Errungenschaften gibt es hier nichts zu sehen.
Dagegen bieten sich wenige Kilometer außerhalb des Dorfs spektakuläre Blicke auf die Pazifikküste an einem der südlichsten Ausläufer der neuseeländischen Hauptinseln. Nur Stewart Island liegt noch rund 50 Kilometer weiter südlich, dann folgt nur noch Ozean. Und irgendwann die Antarktis.
Monkey Island – Liebe auf den ersten Blick
Weit muss ich von hier nicht mehr fahren. Schon zehn Kilometer hinter Tuatapere passiere ich den kleinen Ort Orepuki, der mit seinem Strand besonders bei Sufern auf der Agenda steht. Kurz darauf biege ich von der Hauptstraße ab zur Monkey Island. Die „Affeninsel“ ist in Wirklichkeit nur eine kleine Erhebung, die hier in einer Bucht direkt in Küstennähe liegt und vom Strand aus zu Fuß erreichbar ist. Affen sind bei meiner Ankunft keine auszumachen. Dafür aber ein prächtiger Strand und eine wunderbare Aussicht auf die in der Ferne liegenden südlichen Berge des Fiordland National Park.
Das Beste an der Bucht dürfte aber wohl die Tatsache sein, dass hier jedermann campen darf. Kostenlos und ohne Einschränkungen. Die Campingausstattung ist dafür mit Toilette und Mülleimer gewohnt einfach, aber für eine vergleichbare Ausstattung zahlt man auf den DOC-Plätzen immerhin 6 NZD. Die Aussicht und die Abgelegenheit tun ihr Übriges dazu, dass sich dieser Campingplatz ganz schnell in meinem persönlichen Favoritenkreis bewegt. Und ganz nebenbei bemerkt, hier, mitten in der Wildnis, gibt es auf einmal hervorragenden Handyempfang. Affengeil, diese Monkey Island!
Sonnenuntergangsfotos am Strand vor Monkey Island
Da die Küste am Campingplatz einen Blick in Richtung Westen mit den Berggipfeln am gegenüberliegenden Ende der Bucht ermöglicht, heißt das für mich natürlich wieder einmal Zeit für Sonnenuntergangsfotos. Um gut gerüstet zu sein, koche ich mir schon am Nachmittag das Abendessen. Das wird dann zwar später kalt sein, aber schließlich bin ich ja zum Fotografieren und nicht zum Essen nach Neuseeland gereist.
Gegen 17 Uhr eignet sich das Licht langsam aber sicher für ordentliche Aufnahmen. So breche ich mit Stativ und Kamera bewaffnet auf zum Strand, an dem ich nachmittags schon ein paar interessante Standorte erkundet habe. Zu einem dieser Standorte komme ich nun aber nicht mehr. Die Monkey Island, die ich am Nachmittag noch problemlos erreicht habe, ist inzwischen vollständig vom Meer umgeben. Dass die Gezeiten in dieser Bucht so ausgeprägt sind, habe ich nicht bedacht. Ein Glück, dass ich mich nur kurz auf dem Hügel aufgehalten habe, sonst hätte ich wohl nasse Füße bekommen. Und mich zum Affen gemacht!
Es gibt aber auch noch ein paar andere Orte, die sich für Fotos eignen. Ein Motiv, das ich schon seit meiner Ankunft in Neuseeland unbedingt fotografieren möchte, ist eine Langzeitbelichtung mit Wasser, Steinen und der untergehenden Sonne im Hintergrund. Bislang ist dieses Vorhaben meist daran gescheitert, dass immer eine der Komponenten nicht verfügbar war. Doch heute scheint der Plan aufzugehen. Vorsichtig arbeite ich mich über die glitschigen Steine vor bis zum salzigen Pazifikwasser, das hier mit recht hohen Wellen gegen die Felsen der Küste schlägt. Immer mit einem Auge auf dem aktuellen Wellengang, um die Kamera im Notfall vor einer Salzwasserdusche zu bewahren, mache ich an verschiedenen Standorten einige Aufnahmen. Und kurz vor Sonnenuntergang gelingt mir dann endlich mein Wunschbild, auf das ich so lange warten musste.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.