Das Kitzsteinhorn – in den 60er Jahren entsteht hier hoch über Kaprun das erste Gletscherskigebiet Österreichs. Bis in über 3000 Meter Höhe erstrecken sich Seilbahnen und Pisten. Bis heute zählt Kaprun zu den renommiertesten Skigebieten des Landes und ist das östlichste der grossen Sommerskigebiete der Alpen. Der Name Kaprun ist aber auch unweigerlich verknüpft mit einem der schwersten Seilbahnunglücke der Geschichte. Am 11. November 2000 sterben bei einem Brand im Tunnel der unterirdischen Zubringerbahn in das Gletscherskigebiet 155 Menschen. Eine Gedenkstätte erinnert an der Talstation der heutigen Bahnen an die Opfer der Katastrophe.
Kaprun – Ein geschichtsträchtiger Ort
Nach dem Brand wird die Standseilbahn, die einst als fortschrittlichste Seilbahn der Welt gilt, stillgelegt. Nach Ablauf der Konzession erfolgt 2014 der Rückbau der noch verbliebenen Bestandteile. In das Skigebiet gelangt man heute über andere Seilbahnen. Als einer der beiden Hauptzubringer vom Talgrund dient die 1991 eröffnete Panoramabahn. Sie ist der direkte Nachfolger der allerersten Seilbahn zum Kitzsteinhorngletscher aus den 60er Jahren. Diese Pendelbahn ist mit ihren Kabinen für 35 Personen schon seit ihrer Eröffnung vollkommen überlastet, sodass sie ab 1974 durch die unterirdische Standseilbahn ergänzt wird. Um die Förderleistung weiter zu steigern, erfolgt dann zu Beginn der 90er Jahre der Ersatz der Gletscherbahn Kaprun 1 in zwei Etappen. 1990 wird eine Sesselbahn vom Langwiedboden zum Rand des Gletschers eröffnet. Im Jahr darauf folgt auf der ersten Teilstrecke die Panoramabahn.
Bei dieser handelt es sich um eine klassische Einseilumlaufbahn der Firma Doppelmayr. Es ist eine der ersten Anlagen in Österreich mit achtplätzigen Kabinen. Zuvor entstanden vergleichbare Bahnen bereits in Söll und in Flachau. Die Anlage am Kitzsteinhorn übertrifft die bestehenden Anlagen allerdings in Sachen Länge und Höhendifferenz deutlich. Über 2,5 Kilometer überwinden die Kabinen bei einer Fahrt zur Bergstation. Die Strecke ist dabei speziell im unteren Teil mit einem grossen Bodenabstand ausgesprochen spektakulär. Aufgrund der steilen Trassierung besitzt die Bahn trotz der grossen Länge lediglich elf Stützen, die Höhendifferenz zwischen den beiden Stationen beträgt etwas mehr als 1000 Meter. Bei einer Fahrt mit maximal 5 m/s ist eine Kabine rund 7,5 Minuten unterwegs.
Mit der Panoramabahn ins Skigebiet am Kitzsteinhorn
Neben den beeindruckenden technischen Daten besitzt die Panoramabahn aber auch noch einige Besonderheiten. Am auffälligsten ist zweifelsohne die enorm grosse Seilspur, also der horizontale Abstand des tal- und bergfahrenden Seils. Diese ist aufgrund der langen Spannfelder im unteren Teil der Strecke notwendig und sorgt für sehr beeindruckende Abmessungen der Umlenkscheiben in den Stationen. Angetrieben wird die Bahn dabei von der Talstation aus, die Abspannung ist in der Bergstation untergebracht.
Eine weitere Besonderheit stellt ein spezielles Betriebsmittel für Lastentransporte dar. Um grössere Gegenstände zum Gletscher transportieren zu können, kann ein Gehänge mit insgesamt vier Klemmen eingesetzt werden. Der Transport des Materials erfolgt dann bis zu Stütze 10. An dieser Stelle kann die Last umgeladen werden und mit der noch vorhandenen zweiten Teilstrecke der ehemaligen Zubringer-Pendelbahn zum Gletscher weitertransportiert werden.
Gemeinsam mit dem 2001 nach der Brandkatastrophe eröffneten parallelen Funitel ist die Panoramabahn damit auch heute noch eine der strategisch wichtigsten Anlagen am Kitzsteinhorn. Sie bildet eine von zwei Zubringerachsen und ist gleichzeitig hauptverantwortlich für Materialtransporte zum Gletscher. Gepaart mit der spektakulären Trassierung und den technischen Feinheiten ist eine Fahrt auf dieser besonderen Seilbahn nur zu empfehlen!
Vom Langwiedboden zum Gletscherrand
Die Langwiedbahn auf der zweiten Sektion dient im Gegensatz zur Panoramabahn auf der ersten Sektion gleichzeitig auch als Beschäftigungsanlage. Sie erschliesst einige anspruchsvolle Hänge unterhalb des Gletscherskigebiets und überwindet auf einer Länge von 1,5 Kilometern stattliche 477 Höhenmeter. Aus technischer Sicht handelt es sich um eine klassische kuppelbare Sesselbahn der Firma Doppelmayr aus den frühen 90er Jahren. Die Anlage stammt aus der Anfangszeit der Kompaktstationen, die noch deutlich klobiger daherkommen als das Design, das Doppelmayr ab Mitte der 90er Jahre einsetzt. Ausgestattet sind die Sessel mit Wetterschutzhauben, bei der Klemme handelt es sich um die typische Doppelmayr-Systemklemme, die der Hersteller zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren erfolgreich einsetzt. Eine nahezu baugleiche Anlage, die Gratbahn, entsteht zwei Jahre später als Fortführung im Bereich des Gletschergebiets. Diese wird allerdings bereits 2015 durch eine neue Kombibahn ersetzt.
Die Bergstation der Langwiedbahn beherbergt sowohl den Antrieb als auch die Garagierungshalle für die insgesamt 99 Sessel. Mit einer maximalen Geschwindigkeit von 5 m/s, einer Fahrzeit von gerade einmal fünf Minuten und einer Förderleistung von 2200 Personen pro Stunde ist sie zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung mit das Modernste, das die Seilbahnwelt zu bieten hat. Nach mittlerweile drei Jahrzehnten Betrieb hat sich das naturgemäss etwas relativiert. Da aber seit 2002 mit dem parallel verlaufenden Gletscherjet 2 eine leistungsfähige Ergänzung in Form einer Kabinenbahn besteht, dürfte die Langwiedbahn vermutlich noch einige Zeit ihre Runden drehen.
Mit der Luftseilbahn auf das Kitzsteinhorn
Gleich neben der Bergstation der Langwiedbahn befindet sich mit dem Alpincenter das Zentrum des Skigebiets am Kitzsteinhorn. Einst reicht der Schmiedingergletscher bis auf diese Höhe und ermöglicht ganzjährigen Skibetrieb. Heute ist an dieser Stelle von Gletschereis nicht mehr viel zu sehen. Zahlreiche weitere Seilbahnen prägen dafür die Landschaft. Sie sind aber zum grössten Teil nur noch zwischen Herbst und Frühsommer in Betrieb. Die Gipfelstation am Kitzsteinhorn ist dennoch das ganze Jahr über erreichbar. Wenn der moderne Gletscherjet mit seiner spektakulären Trassierung nicht in Betrieb ist, übernimmt ein Klassiker aus der Vergangenheit den Transport der Fahrgäste. Vom Alpincenter führt eine Luftseilbahn der Firma Waagner Biro seit den 60er Jahren bis zur Bergstation unterhalb des Kitzsteinhorn-Gipfels. Sie ist die Fortführung der allerersten Seilbahn, die vom Talgrund bis auf Höhe des heutigen Alpincenters 1965 eröffnet und später durch die unterirdische Standseilbahn ergänzt wird. Und beide Sektionen Luftseilbahn sind alles andere als gewöhnlich.
Die erste Sektion besteht seinerzeit aus zwei miteinander verbundenen Teilstrecken mit insgesamt vier Kabinen. Exakt in der Streckenmitte unweit der Salzburger Hütte müssen die Fahrgäste umsteigen. Auf diese Weise kann die Förderleistung der kleinen 35-plätzigen Kabinen immerhin ein wenig erhöht werden. Die erste Teilstrecke wird beim Bau der Panoramabahn Anfang der 90er Jahre abgebaut. Der zweite Abschnitt besteht bis heute für Materialtransporte, die im unteren Teil mit dem Spezialgehänge der Panoramabahn durchgeführt werden.
Die einst höchste Seilbahnstütze der Welt
Die Gipfelbahn ist dagegen auch heute noch für den Personentransport im Einsatz. Und diese Anlage hat es ebenfalls in sich. Ihre zweite Stütze misst nach der Eröffnung eine Höhe von 103 Meter, nach einem Umbau im Jahr 1981 sogar 113,6 Meter. Bis zur Eröffnung der Ha-Long-Queen-Seilbahn in Vietnam 2016 ist das ein Weltrekord. Die Pendelbahn in Asien übertrifft die Kitzsteinhorn-Gipfelbahn mit ihrer knapp 189 Meter hohen Stütze allerdings deutlich. Ein Jahr später ist sie dann auch innerhalb Europas ihren Rekord los. Auch die Stütze der Ende 2017 eröffneten Eibsee-Seilbahn von Garmisch-Partenkirchen auf die Zugspitze ist höher.
Doch auch ohne Rekorde ist die Kitzsteinhorn-Gipfelbahn immer noch eine beeindruckende und fahrenswerte Seilbahn. Anfänglich wie die erste Sektion mit 35-plätzigen Kabinen ausgestattet sind seit dem Umbau zu Beginn der 80er Jahre Kabinen für 60 Personen im Einsatz. 680 Personen können so stündlich das Kitzsteinhorn erreichen, eine Fahrt dauert bei einer maximalen Geschwindigkeit von 10 m/s rund acht Minuten. Mittlerweile ist die Gipfelstation mit dem Gletscherjet wie erwähnt auch über eine zweite Achse für Besucher zugänglich. Eine Fahrt mit der altehrwürdigen Pendelbahn ist aber wegen ihrer spektakulären Trassierung und ihrer spannenden Geschichte nach wie vor ein Erlebnis.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.