Mürren – Schilthorn – Auf den Spuren von James Bond

Das Schilthorn. Einer der wohl bekanntesten Berge der Alpen. Zu verdanken hat der Gipfel im Berner Oberland seinen Ruhm in erster Linie einem Stück Filmgeschichte. Im Geheimdienst ihrer Majestät jagt James Bond Ende der 60er Jahre hier oben auf dem im Film als Piz Gloria bezeichneten Gipfel seinen Erzrivalen Blofeld.

Blofelds geheime Forschungseinrichtung auf dem knapp 3.000 Meter hohen Berg ist ausschliesslich per Seilbahn erreichbar. Und genau jene Seilbahn, die in dem Spielfilm eine bedeutende Rolle einnimmt, verrichtet auch heute noch ihre Dienste. Von Stechelberg im Lauterbrunnental führt sie in mehreren Sektionen über Mürren auf das Schilthorn.

Seilbahn Mürren - Birg

Luftseilbahn von Birg zum Schilthorn

Eine der steilsten Luftseilbahnen der Welt am Schilthorn

Gleich hinter ihrer Talstation führt noch eine weitere spektakuläre Anlage von Stechelberg nach Mürren, die zu Zeiten von James Bond allerdings noch nicht existiert. Die Direktverbindung aus dem Tal übernimmt ab 1987 Warentransporte nach Mürren, seit 2000 befördert sie während der Revisionszeiten der Hauptachse auch Personen. Mit bis zu 160% Steigung zählt die Anlage zu den steilsten Luftseilbahnen der Welt.

Direktverbindung Käthi von Stechelberg nach Mürren

Steile direkte Seilbahn von Stechelberg nach Mürren

Über Umwege von Stechelberg nach Mürren

Die Normalroute von Stechelberg nach Mürren macht einen Umweg. Sie ist aber sowohl aufgrund ihrer Trassierung als auch aufgrund ihrer technischen Besonderheiten der Direktverbindung ebenbürtig. Für eine möglichst günstige Anbindung der Ortschaft Gimmelwald auf der Strecke nach Mürren entscheidet man sich beim Bau im Jahr 1965 für eine Aufteilung der ersten Sektion der Schilthornbahn. Auf diese Weise entstehen zwei gleichlange Teilstrecken, die jeweils nur von einer Kabine befahren werden. Die untere Kabine fährt dabei steil hinauf zur Station Gimmelwald. Die obere schwebt gleichzeitig von Mürren hinab nach Gimmelwald.

Das Seil wird dabei in der Zwischenstation nur umgelenkt. Nach der Hinfahrt setzen sich die beiden Kabinen wieder in Bewegung, um auf gleichem Weg zurück nach Stechelberg und Mürren zu fahren. Konstrukteur dieses Kuriosums ist wie bei den restlichen, später errichteten Sektionen der Seilbahnhersteller Von Roll. 770 Höhenmeter werden auf den beiden Teilstrecken der ersten Sektion insgesamt überwunden, bevor Mürren schliesslich erreicht ist. Dort angekommen trifft man auch wieder auf die Direktverbindung, die diese Höhendifferenz auf gerade einmal 870 Metern schräger Länge überwindet.

Talstation der Schilthornbahn in Stechelberg

Eine neue Dimension des Seilbahnbaus

Spektakulär geht es auch auf der zweiten Sektion weiter, die sowohl in punkto Länge als auch in punkto Höhenmetern den Rekordträger am Schilthorn darstellt. Auch diese Anlage entsteht im Jahr 1965 nach Plänen von Von Roll, einem der seinerzeit führenden Hersteller auf dem Gebiet der grossen Luftseilbahnen. Mürren ist zu jener Zeit bereits seit Jahrzehnten von Lauterbrunnen aus über eine Standseilbahn und eine Schmalspureisenbahn an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Mit der neuen Seilbahnkette ab Stechelberg entsteht fortan eine zweite Achse.

Die Seilbahn von Mürren nach Birg dient dagegen ausschliesslich dem Tourismus. Eine schwindelerregende Höhendifferenz von nicht weniger als 1039 Metern überwinden die beiden 80-plätzigen Kabinen bei einer Fahrt und stossen damit in eine Höhe von 2685 Metern über dem Meer vor. Die knapp 2,8 Kilometer lange Strecke ist vor allem auch deshalb so spektakulär, weil die Bergstation wie eine Burg am oberen Ende einer steilen Felswand zu kleben scheint. Touristische Transportanlagen gibt es in Mürren zwar bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch die Luftseilbahn Birg ist Mitte der 60er Jahre eine neue Dimension.

Seilbahn Mürren - Birg mit Panorama auf Eiger, Mönch und Jungfrau

Seilbahn Mürren - Birg mit Panorama auf Eiger, Mönch und Jungfrau

In vier Sektionen bis aufs Schilthorn

Angetrieben von der Talstation aus geht es mit maximal 10 m/s den Berg hinauf, zwei Stützen lassen die Kabinen dabei hinter sich. 600 Personen kann die Anlage heute stündlich je Richtung transportieren. In ihrer mehr als 50-jährigen Geschichte wird sie immer wieder auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Erwähnenswert sind ein grösserer Umbau im Jahr 1982 und der Ersatz der Originalkabinen und Gehänge durch neue Exemplare im Jahr 2003. Trotz dieser Sanierungen kann sich die Seilbahn aber noch immer zu Recht als einer der ganz grossen Klassiker der Alpen bezeichnen.

Bereits von der Station Birg bietet sich ein eindrücklicher Ausblick auf die umliegenden Berge, allen voran auf das Dreigestirn von Eiger, Mönch und Jungfrau. Doch das eigentliche Ziel ist 1965 noch nicht erreicht. Erst zwei Jahre später kann Von Roll auch die letzte Sektion bis auf den Schilthorn-Gipfel fertigstellen. Ähnlich wie auf der Strecke von Stechelberg über Gimmelwald nach Mürren kommt auch hier eine einspurige Anlage zum Stehen. Diesmal aber mit nur einer einzigen Kabine, die wie jene auf der untersten Sektion 100 Personen Platz bietet. Die technischen Daten der Anlage sind mit 283 Höhenmetern auf knapp 1,8 Kilometern schräger Länge nicht ganz so spektakulär wie bei der mittleren Sektion, beeindruckend ist die Anlage aber dennoch. Die einzige Stütze befindet sich kurz vor der Bergstation. Davor überwindet die Kabine ein langes Spannfeld in luftiger Höhe.

Luftseilbahn von Birg zum Schilthorn

Luftseilbahn von Birg zum Schilthorn

Im Geheimdienst ihrer Majestät in den Schweizer Alpen

Weil das Geld 1967 jedoch nur noch für den Rohbau der Gipfelstation ausreicht, kann das Projekt, das auch ein Bergrestaurant auf dem Schilthorn vorsieht, vorerst nicht abgeschlossen werden. Doch wie es der Zufall will, ist zur selben Zeit eine Filmproduktionsfirma auf der Suche nach einem geeigneten Drehort in den Alpen für die Verfilmung des James-Bond-Romans Im Geheimdienst ihrer Majestät. Das Schilthorn mit seiner exponierten Lage und dem exklusiven Zugang per Seilbahn scheint dafür wie gemacht zu sein.

Kurzerhand einigen sich die Betreiber der Schilthornbahn und die Filmproduzenten daraufhin auf einen bemerkenswerten Deal. Die Bahnbetreiber überlassen den Berg der Produktionsfirma als Drehort, während diese die Kosten für den dauerhaften Ausbau des Gipfels und sämtliche Betriebs-, Transport- und Personalkosten der Schilthornbahn übernimmt. Auch wenn das Interieur des Gebäudes bereits im Hinblick auf die touristische Nutzung konzipiert wird, so zeugt die Infrastruktur auch heute noch von speziell für den Film erstellten Bereichen. Ein für den Film benötigter Helikopterlandeplatz dient beispielsweise heute als Aussichtsplattform.

Die Seilbahn, bei der sogar der Maschinenraum im Film als Drehort dient, bleibt nach Ende der Aufnahmen im Mai 1969 über viele Jahre weitgehend unverändert im Einsatz. Sogar die in orange gefärbte Kabine inklusive Blofeld-Wappen bleibt erhalten, bis sie 1995 durch ein neues Exemplar ersetzt wird.

Luftseilbahn von Birg zum Schilthorn

Panorama auf Eiger, Mönch und Jungfrau

Eine neue Seilbahn für das Schilthorn

Lange werden die altehrwürdigen Anlagen rund um Mürren und das Schilthorn jedoch nicht mehr in Betrieb sein. Im Rahmen eines gross angelegten Projekts sollen die spektakulären Von-Roll-Pendelbahnen in mehreren Etappen neuen Luftseilbahnen weichen. Bis 2025 soll dabei eine klassische Pendelbahn auf der direkten Strecke zwischen Stechelberg und Mürren entstehen und jeweils zwei voneinander unabhängige Anlagen nach dem Funifor-System sollen von Mürren über Birg das Schilthorn erreichen. Auf diese Weise kann nicht nur die Förderleistung gegenüber den heutigen Anlagen gesteigert werden, auch die Fahrzeit reduziert sich deutlich und das Schilthorn ist dank der Redundanz auf den beiden oberen Teilstrecken an 365 Tagen im Jahr erreichbar.

Die bedeutendste Seilbahn der Filmgeschichte

Die kuriose Anlage von Stechelberg über Gimmelwald nach Mürren soll gemäß den Plänen als einzige erhalten bleiben. Da die Hauptpersonenströme fortan über die neu erstellte Direktverbindung geführt werden sollen, wird die bestehende Seilbahn jedoch zukünftig an strategischer Bedeutung verlieren. Die Ortschaft Gimmelwald wird auf diese Weise jedoch auch weiterhin an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden sein. Immerhin ein wenig Nostalgie bleibt auf diese Weise ebenfalls noch erhalten. Und auch einem Genuss der beeindruckenden Fahrt zurück ins Lauterbrunnental, wie man sie seit 1965 erleben darf, steht zukünftig nichts im Wege.

Zweifelsohne werden auch die neuen Anlagen wieder ein Spektakel und eine Aussicht bieten, wie man sie alpenweit nur an wenigen anderen Orten antrifft. Wer einen echten Seilbahn-Dinosaurier aus den 60er Jahren und die gleichzeitig vielleicht bedeutendste Seilbahn der Filmgeschichte einmal fahren möchte, der sollte die letzte Chance aber demnächst unbedingt nutzen!

Panorama vom Schilthorn

Luftseilbahn von Birg zum Schilthorn

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