Seit weit über einem Jahrhundert zählen die Rigibahnen zu den bekanntesten Bergbahnen der Schweiz. Gemeinhin gilt die 1871 eröffnete Vitznau-Rigi-Bahn als erste Bergbahn Europas. Zum Netz der Rigibahnen zählen aber längst nicht nur die beiden Achsen der Zahnradbahn. Von der Ortschaft Weggis am Ufer des Vierwaldstättersees erschliesst auch eine Luftseilbahn die vielzitierte Königin der Berge.
Spektakulärer Weg in die Höhe
Bereits beim Anblick des Streckenverlaufs oberhalb der Talstation wird deutlich, um welch ein beeindruckendes Bauwerk es sich bei der Anlage handelt. Steil schweben die Kabinen über ein langes Spannfeld hinauf zur ersten Zwischenstütze, die sich bereits knapp 500 Höhenmeter oberhalb befindet. Die Höhendifferenz zwischen den beiden Endpunkten der Luftseilbahn ist sogar noch deutlich grösser. 924 Meter beträgt die vertikale Distanz zwischen der Talstation oberhalb des Vierwaldstättersees in Weggis und der Bergstation Rigi Kaltbad, die sich inmitten eines grossen Hotel- und Sportkomplexes befindet. Dort, auf gut 1400 Metern über dem Meer, besteht auch ein direkter Übergang zur Zahnradbahn, die die Fahrgäste weiter hinauf bis zur Station Rigi Kulm befördert.
Die Seilbahn von Weggis auf die Rigi ist damit ein fester Bestandteil des Bahnnetzes an einem der bekanntesten Gipfel der Alpen. Bis zum Bau dieser Direktverbindung im Jahr 1968 ist es aber ein langer Weg. Schon Ende des 19. Jahrhunderts existieren erste Pläne, den Hang mit einer Seilbahn zu erschliessen. Eine Standseilbahn von Weggis zum heute weitbekannten Aussichtspunkt Känzeli wird von den Behörden mit Verweis auf die bereits bestehenden Zahnradbahnen jedoch nicht genehmigt. Weggis bleibt dennoch ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen auf die Rigi.
Ein weiteres Verkehrsmittel für die Rigi
Zu Beginn der 1960er Jahre hat die Ortschaft dann im zweiten Anlauf mehr Erfolg. Die Konzession für die heutige Luftseilbahn wird 1964 erteilt. Den Zuschlag für den Bau erhält jedoch kurze Zeit später keiner der seinerzeit etablierten Hersteller grosser Luftseilbahnen in der Schweiz, sondern ein aufstrebender Betrieb aus der näheren Umgebung. Eine gewisse Firma namens Garaventa kann noch in der ersten Hälfte der 60er Jahre am Kronberg in der Ostschweiz ihre erste grosse Luftseilbahn dem Betrieb übergeben. Eine ähnliche Anlage folgt zwei Jahre später auf der Fiescheralp, eine noch grössere im Jahr darauf in Zermatt. Mit der neuen Seilbahn an der Rigi kann Garaventa schliesslich die Lücke zu den etablierten Konstrukteuren schliessen. Erstmalig setzt der Innerschweizer Hersteller auf Kabinen mit einer Grösse von 80 Personen.
Entsprechend massiv sind die Konstruktionen der Doppeltragseil-Pendelbahn ausgeführt. Abgesehen von den kalt und nüchtern wirkenden Stationsbauten kommt aber auch bei den drei Zwischenstützen viel Sichtbeton zum Einsatz. Anders als in der Schweiz sonst üblich bestehen die Schäfte der Streckenbauwerke damit nicht aus einer Fachwerk-Stahlkonstruktion. Die Bauweise mit massivem Beton ist in Italien seinerzeit weit verbreitet, in den restlichen Alpenländern dagegen bis heute eine echte Seltenheit.
Tiefblicke auf den Vierwaldstättersee inklusive
Doch nicht nur die Stützen, sondern auch die Fahrt über die 2,3 Kilometer lange Strecke ist ein einmaliges Erlebnis. Abgesehen von dem leicht abschüssigen letzten Spannfeld vor der Bergstation geht es mit 9 m/s und beeindruckenden Tiefblicken dem Vierwaldstättersee entgegen. Seit dem Jahr 1993 übernehmen zwei neue Kabinen den Transport der Fahrgäste und ermöglichen dank ihrer Panoramaverglasung eine imposante Aussicht. Die Seilbahn ist damit die ideale Fortsetzung der allseits bekannten und beliebten Schiffsreise von Luzern nach Weggis und weiter auf die Rigi, denn die Schiffsanlegestelle liegt nur unweit der Seilbahnstation. Ein Klassiker, der schon in einem der wohl bekanntesten Schweizer Volkslieder besungen wird.
Die beliebte Reiseroute sorgt aber auch dafür, dass die Seilbahn an schönen Tagen oftmals hoffnungslos überlastet ist. Denn anders als im Lied laufen die meisten Besucher heute nicht mehr nach Rigi Kaltbad hinauf, sondern nutzen die bequeme Variante am Seil. Mit ihrer Förderleistung von rund 600 Personen pro Stunde und Richtung ist die Bahn daher ein notorischer Engpass. Nicht zuletzt aus diesem Grund plant man bereits seit Jahren einen Ersatz in Form einer Kleinkabinenumlaufbahn. Im Herbst 2022 wird die Konzession der bestehenden Luftseilbahn daher ein letztes Mal verlängert, sodass ihre Tage mittlerweile gezählt sind. Zweifelsohne wird der Ersatz den Komfort deutlich erhöhen. Das einmalige Fahrerlebnis der Pendelbahn mit ihrer hohen Streckengeschwindigkeit wird dagegen fortan der Vergangenheit angehören.
Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.