Nach 49 Übernachtungen in dem doch eher notdürftigen Bett meines Campers in Neuseeland ist das Hotelbett am Flughafen von Melbourne ein ungeahnter Luxus. Die zwei Stunden Zeitverschiebung sind für mich wieder einmal nicht wirklich spürbar. Im Gegenteil, der 26-Stunden-Rhythmus kommt mir eigentlich sehr entgegen.
So stehe ich ausgeschlafen und guter Dinge um 8 Uhr Ortszeit auf, um noch einmal die Dusche ohne Vorhang und das Bad unter Wasser zu setzen, ehe ich das spartanisch eingerichtete Hotel verlasse. Beim Checkout bitte ich den Rezeptionist, mir doch ein Taxi zu dem Mietwagenverleih zu bestellen, was auch kein Problem darstellt. Das Taxi ist schnell vor Ort und gefühlt noch schneller bin ich 15 AUD los, die etwas mehr wert sind als das neuseeländische Äquivalent. Ein Euro entspricht etwa 1,5 australischen Dollar.
Chaotische Zustände bei der Campervermietung
Beim Mietwagenverleih, dem gleichen Unternehmen wie in Neuseeland, angekommen treffe ich erst einmal niemanden an, nach fünf Minuten erbarmt sich dann aber doch eine Frau, das Büro zu betreten. Wie sich schnell herausstellt, besitzt die Firma in Melbourne noch eine zweite Filiale. Und natürlich befindet sich mein Mietwagen in der anderen in der Innenstadt und nicht hier am Flughafen. Na klasse. Hätte ich besser mal meinen Voucher gelesen, da steht nämlich tatsächlich eine andere Adresse drin.
Die angegebene Adresse hätte mir aber auch nichts gebracht, denn die Filiale hat vor kurzem den Standort gewechselt. Das erfahre ich aber erst hier, denn im Internet und in allen Prospekten ist noch die alte Adresse angegeben. Service am Kunden wäre jetzt natürlich gewesen, mich einfach schnell zu der anderen Filiale zu fahren. Gibt es hier aber nicht und das habe ich nach den restlichen Erfahrungen mit dem Unternehmen in Neuseeland auch nicht mehr erwartet.
Noch einmal ein Taxi zu bestellen ist mir aber zu teuer, sodass ich mich nach einer Alternative erkundige. Die Mitarbeiterin kann mir nur anbieten, mit einem Shuttle noch einmal zum Flughafen zurückzufahren und von dort den Bus in die Innenstadt zu nehmen – meinetwegen. Irgendwie ist es ihr dann aber doch nicht recht oder zu kompliziert, den Shuttlebus zu rufen, und sie fragt, ob sie mir denn nicht doch ein Taxi bestellen soll. Nö, jetzt ruf‘ den Shuttleservice an. Wenigstens das sollte wohl möglich sein. Dafür muss ich zwar das Büro verlassen und draußen warten, während sie telefoniert, aber immerhin kommt tatsächlich kurze Zeit später ein Kleinbus von einem Privatanbieter, der mich am Flughafen gemeinsam mit rund zehn anderen Fahrgästen wieder auslädt.
Verloren irgendwo in Melbourne
Meine nächste Etappe in die Innenstadt lege ich mit einem öffentlichen Bus zurück, der hier permanent im Pendelverkehr operiert und in rund 25 Minuten Melbourne City erreicht. Problem ist nur, von hier sind es immer noch sieben Kilometer bis zu der Filiale – und dank des angekündigten und inzwischen einsetzenden Regens kann ich die Strecke unmöglich zu Fuß bewältigen. Also versuche ich mich mal schlau zu machen, ob ich mit dem öffentlichen Nahverkehr zu meinem Ziel gelangen kann.
Irgendwo hatte ich aufgeschnappt, dass die Straßenbahn in Melbourne kostenlos benutzt werden kann. Das stellt sich nach einer kurzen Recherche aber nur als teilweise zutreffend heraus, denn nur im touristisch interessanten Teil der Innenstadt verkehren die Tramlinien kostenlos. Außerdem kann ich auch nicht eruieren, welche der hier abfahrenden Linien wenigstens in die richtige Richtung fährt. Linie 86? Linie 96? Oder doch der Bus 220? Keine Ahnung. Also nehme ich notgedrungen doch ein Taxi. Nach weiteren 19 Dollar stehe ich tatsächlich vor der ersehnten Filiale. Dort muss ich wie schon bei allen Filialen in Neuseeland im allgemeinen Chaos einige Zeit warten, kann aber endlich mein Automobil für die nächsten gut zwei Wochen in Empfang nehmen.
Endlich wieder ein fahrbarer Untersatz
Grundsätzlich ist es das gleiche Auto wie in Neuseeland, lediglich mit einer leicht abweichenden Innenausstattung und – und das überrascht mich dann doch – sichtbar neuer und moderner. Offenbar handelt es sich um eine neuere Generation des gleichen Toyota-Modells und statt 312.000 Kilometern in Neuseeland zeigt der Hodometer nur deren 95.000 an. Na immerhin, dann kann es jetzt ja losgehen. Bei dem immer stärkeren Regen haben Ausflüge aber wenig Sinn, sodass ich als erstes einen Supermarkt ansteuere und bei Aldi fündig werde. Der deutsche Discounter ist seit einiger Zeit auch in Australien aktiv, allerdings mit etwas anderem Sortiment als im Heimatland.
In der Tiefgarage komme ich erst einmal gut unter und kann meine Sachen im Trockenen einladen. Für mich ist es tatsächlich der erste Einkauf bei Aldi in meinem Leben. Und das ausgerechnet in Australien! Soweit finde ich auch alles was ich brauche, lediglich Basilikum gibt es keines. Und wie mir im Auto auffällt, habe ich auch ein Feuerzeug vergessen. Das aus Neuseeland durfte ich im Gegensatz zu den Flügen über Singapur weder im Aufgabe- noch im Handgepäck mitführen.
So suche ich den Supermarkt noch ein zweites Mal auf. Bei der Gelegenheit kaufe ich noch eine Packung Spülmittel, Feuerzeuge gibt es bei Aldi aber keine, wie mir auf Nachfrage bestätigt wird. Und wieder einmal frage ich mich, warum es hier unten so schwer ist, ein Feuerzeug zu besorgen? Das ist mir in Neuseeland schon aufgefallen, dass es diese, wenn überhaupt, nur äußerst selten und meist ganz versteckt irgendwo zu kaufen gibt.
Auf der Suche nach einem Feuerzeug
Tja, wo könnte man ein Feuerzeug bekommen, wenn nicht im Supermarkt? Also will ich noch eine Tankstelle ansteuern, dort muss es so etwas ja geben?! Zunächst will ich aber endlich einmal eine Pause einlegen, denn bislang habe ich nicht einmal etwas gefrühstückt. Daher steuere ich den Albert Park an. Der recht weitläufige Stadtpark südlich der Melbourner Skyline ist Motorsportfreunden bestens als Austragungsort des Großen Preises von Australien bekannt. Vor fünf Wochen gastierte hier die Formel 1, bei meinem Besuch heute ist abgesehen vom permanent bestehenden Boxengebäude aber nichts mehr zu sehen, was an Rennsport erinnert.
Nach einer Runde über die Strecke bei 40 km/h zulässiger Höchstgeschwindigkeit, die ich mir auch bei dem heutigen Regenwetter nicht nehmen lasse, will ich eigentlich auf einem der Parkplätze mein Picknick zubereiten. Es gibt aber wie auch im restlichen Melbourne nirgendwo kostenlose Parkplätze. So entschließe ich mich nach kurzer Zeit dazu, doch weiterzufahren und erst einmal auf die Suche nach dem Feuerzeug zu gehen.
An der nächsten Tankstelle, die mir begegnet, werde ich tatsächlich fündig, wobei auch hier die Feuerzeuge nur auf Nachfrage an der Kasse verkauft werden. Viel besser ist aber die Tatsache, dass es neben der Tankstelle für Kunden einen kleinen Parkplatz gibt, der nichts kostet. Und auch wenn ich nur ein Feuerzeug gekauft habe, bin ich ja doch Kunde, oder? Also verbringe ich hier meine Mittagspause, während sich das Wetter nach und nach bessert. Gegen 16 Uhr ist sogar blauer Himmel erkennbar, was mich darin bestärkt, heute Abend noch einmal im Albert Park vorbeizuschauen, dort zu parken und die nahegelegene Innenstadt zu erkunden.
Der Albert Park in Melbourne
Aus irgendwelchen Gründen gibt es im gesamten Albert Park genau ein einziges Parkareal, auf dem das Parken nichts kostet. Und interessanterweise parkt ausgerechnet hier kein Mensch. Ob es wohl an der Lage liegt, die weniger lukrativ als die anderen Bereiche ist? Aber es gibt definitiv keinen Ticketautomaten und auch auf den sonst in Melbourne teilweise sehr verwirrenden Schildern steht klar und deutlich. Maximal drei Stunden parken zwischen 8 und 21 Uhr, ansonsten unlimitiert, ganztags ohne Gebühr.
Auch wenn man von hier gute 20 Minuten bis in die Innenstadt von Melbourne läuft, für den Abend reichen die drei Stunden eigentlich aus. Daher esse ich hier schon einmal zu Abend, um den Tag später am Yarra River mitten im Zentrum von Melbourne ausklingen zu lassen. Nachdem ich meinen Salat gegessen habe, ist mir der Platz aber bei der einbrechenden Dunkelheit doch nicht mehr ganz so recht. Überhaupt keine Beleuchtung, kein anderes Auto und völlig fernab vom Schuss, da will ich meinen Camper eigentlich lieber nicht so lange unbeaufsichtigt stehen lassen. Die Kriminalität ist in Australien zwar nicht so dramatisch viel höher als in Europa, aber dennoch ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, das Auto hier stehen zu lassen.
Kuriose Verkehrsverhältnisse
Irgendwie muss man aber doch auch in Melbourne selbst zu halbwegs bezahlbaren Preisen parken können? Meine kurzerhand gestartete Internetrecherche ergibt, dass das teilweise in der Tat der Fall ist. Ab dem späten Nachmittag gibt es die Möglichkeit, für relativ günstige zehn Dollar die Nacht über in einem der überwachten Parkhäuser zu verbringen. Das hört sich schon besser an als die drei Stunden für 69 Dollar, von denen ich an anderer Stelle gelesen habe.
Also breche ich in die Innenstadt auf. Einfacher gesagt als getan, denn die Verkehrsverhältnisse hier sind wirklich nicht zu unterschätzen. Ein Glück, dass mir der Linksverkehr inzwischen in Fleisch und Blut übergegangenen ist, denn hier damit zu starten wäre keine gute Idee. Auch wenn ich ursprünglich ein anderes Parkhaus favorisiert habe, biege ich unterwegs spontan in ein Parkareal ab, in dem ich für zwölf Dollar theoretisch bis sechs Uhr parken kann. Bei der Menge an Autos, die in die diversen Parkhäuser fahren, will ich lieber so schnell wie möglich noch einen Platz ergattern. Durchaus die richtige Strategie, denn erst in der zehnten Parkebene finde ich endlich einen freien Stellplatz.
Die nächtliche Skyline von Melbourne aus der Vogelperspektive
Wieder ganz unten angekommen werde ich mit einem prächtigen Ausblick auf die nächtliche Skyline von Melbourne belohnt. Während ich meinen Weg entlang der zahlreichen Brücken über den Yarra River fortsetze, bieten sich mit den beleuchteten Wolkenkratzern im Hintergrund immer wieder herrliche Fotomotive, weshalb ich gar nicht recht zu meinem Ziel, dem Eureka Tower, vorankomme.
Das Hochhaus besitzt im 88. Stock eine Aussichtsetage, von der aus man einen schönen Blick über Melbourne genießen kann. Es ist nämlich der höchste öffentlich zugängliche Ort der Stadt. Aus diesem Grund ist der Turm auch nicht zu übersehen, sodass ich problemlos nach einem längeren Spaziergang über die Southbank Promenade entlang des Yarra River den Eingang zum Hochhaus finde. Nach dem Kauf des Tickets geht es auch schon mit bis zu 9 m/s in die Höhe. Ganz schön unangenehm für die Ohren, aber einmal oben angekommen ist das schnell vergessen. Hier liegt einem die 4,5-Millionen-Stadt Melbourne zu Füßen. Was für ein Anblick!
Todmüde, aber begeistert
Zum Fotografieren ergeben sich aber leider weniger Möglichkeiten als erhofft, denn auf der Etage gibt es zu viele blinkende Lichter und Bildschirme, die sich in den Scheiben spiegeln. Das Problem ergibt sich auf der Aussichtsterrasse nicht, dort verhindert aber ein engmaschiges Gitter einen uneingeschränkten Blick. Letztlich sorgt aber auch das leichte Schwanken des Hochhauses bei dem heutigen Wind dafür, dass aus den Langzeitbelichtungen keine wirklich scharfen Aufnahmen resultieren. Daher entschließe ich mich dazu, den Ausblick ausnahmsweise nicht durch den Sucher zu genießen und nach einiger Zeit wieder hinab zu fahren.
Inzwischen ist es fast 22 Uhr und ich bin langsam aber sicher todmüde nach den ganzen unerwarteten Anstrengungen des Tages, weswegen ich zum Auto zurückkehren will. Entlang der an diesem Freitagabend äußerst belebten Promenade mit ihren zahllosen Restaurants, Kneipen und Straßenkünstlern ergeben sich aber wieder so viele schöne Motive, dass ich nochmals eine gute Stunde benötige, bis ich schließlich das Auto wieder erreiche.
Eigentlich bin ich schon fast gewillt, einfach die Rollos herunterzulassen und hier im Parkhaus zu übernachten, aber morgen schon vor sechs Uhr wieder aufstehen zu müssen motiviert mich dann doch, einen kostenlosen Campingplatz im Süden der Stadt anzusteuern. Campingplatz ist übertrieben, denn eigentlich ist es nichts weiter als ein tagsüber gebührenpflichtiger Parkplatz, auf dem ab 20 Uhr kostenlos übernachtet werden kann. Voraussetzung ist aber, dass man am nächsten Morgen entweder vor 8 Uhr aufbricht oder aber dann ein Parkticket löst. Aufgrund des immer noch unglaublichen Verkehrs um diese Zeit dauert es schließlich noch eine halbe Stunde, bis ich mein Quartier erreiche und müde ins Bett falle. Immerhin sitzen die Handgriffe beim Umbau, denn die Konstruktion ist mir aus Neuseeland schon bestens bekannt.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.