Entlang der neuseeländischen Westküste zu den Gletschern der Südalpen

Schon am späten Abend habe ich beobachtet, dass sich langsam Nebel in dem Tal oberhalb von Murchison im Nelson Lakes National Park bildet. So bin ich am folgenden Morgen wenig erstaunt, dass man in der Suppe die Hand nicht vor den Augen sehen kann. Da ein wenig Nebel im Herbst aber in den Bergen nichts Ungewöhnliches ist, bin ich guter Dinge, dass die Sonne ihren Teil schon bald dazu beitragen wird, dass sich der Nebel lichtet.

Durch den Nelson Lakes National Park an die Westküste

Genau so kommt es dann auch während meiner Fahrt talabwärts in Richtung Murchison. Immer mehr blaue Fetzen sind am Himmel zu erkennen, ehe es auf halbem Weg nach Westport vollständig aufreißt und ich einen sonnigen Morgen im Auto erlebe. Westport, eine kleine Stadt an der dünn besiedelten Westküste der neuseeländischen Südinsel, ist meine erste geplante Station für heute. Weniger, weil die Stadt irgendetwas Spannendes zu bieten hätte. Nein, vielmehr brauche ich eine Tankstelle, denn die Nadel will beim Anlassen des Motors nicht mehr recht nach oben wandern. Mit einem viertelvollen Tank bin ich im Holiday Park losgefahren, sodass ich mir keine Sorgen mache, die rund 100 Kilometer, die auch noch mehrheitlich bergab führen, nach Westport zu überstehen.

Morgennebel im Nelson Lakes National Park

Wie schon einmal auf der Nordinsel leuchtet aber völlig überraschend schon mehr als 30 Kilometer vor Westport das Tanklicht auf und die Tankanzeige sinkt schlagartig ab. Eigentlich hätte ich es mir beim Losfahren denken können, dass auf diese Anzeige einfach kein Verlass ist.

So bin ich froh, mit dem letzten Tropfen in Westport anzukommen, wo ich beim Betrachten der Benzinpreise dann fast aus den Socken kippe. 1,99 NZD kostet der Liter hier, das sind sage und schreibe 35 ct/l mehr als beispielsweise in Taupo. Was um alles in der Welt sorgt dafür, dass die Preise so derart unterschiedlich sind? So abgelegen ist Westport nun auch nicht, dass es der Transport alleine sein kann? Wie auch immer, mir bleibt nichts anderes übrig, als den nahezu leeren Tank (2,5 Liter sind noch verblieben) wieder zu füllen. Entlang der Westküste werde ich ansonsten bei den wenigen Orten kaum die Möglichkeit haben, überhaupt neues Benzin zu fassen.

Unwirtliches Cape Foulwind

Der Abstecher nach Westport ist aber letztlich doch nicht nur wegen des Benzins interessant, sondern auch noch wegen einer Attraktion, die von hier aus nach rund zehn Minuten Fahrt erreichbar ist. Das Cape Foulwind mit seinem Leuchtturm und einer Pelzrobbenkolonie ist auf den ersten Blick das Pendant zum Cape Palliser auf der Nordinsel. Am Parkplatz angelangt stellt sich diese Vermutung jedoch als unzutreffend heraus, denn von der magischen Stimmung des Cape Palliser ist hier rein gar nichts zu spüren. Die Landschaft wirkt trostlos, der Leuchtturm hat auch schon optisch bessere Zeiten erlebt und zu allem Überfluss zieht sich ein Wolkenband über die Küste, das die Ausblicke noch öder macht, als sie ohnehin schon sind.

Ausblick vom Cape Foulwind auf die windige Westküste

Immer der Küste entlang nach Greymouth

Nachdem ich der Gegend nicht wirklich etwas abgewinnen kann und mir zudem der kalte Wind unangenehm um die Ohren pfeift, verzichte ich auf eine Wanderung zur Pelzrobbenkolonie und setze stattdessen meinen Weg in Richtung Greymouth fort. Noch liegen rund 300 Kilometer Strecke vor mir, und das ist auf den neuseeländischen Straßen eine ganze Menge! Glücklicherweise bessert sich das Wetter bereits nach kurzer Zeit wieder, sodass ich bei strahlendem Sonnenschein auf der ausnahmsweise nicht allzu kurvenreichen Straße die Westküste entlang düse, wo ich immer mal wieder anhalte und einen Ausblick auf die schroffen Klippen und Küstenstriche werfe. Beeindruckend sind die wegen des zügigen Westwinds teilweise meterhohen Wellen, die sich hier an den schmalen Kiesstränden brechen.

Noch bevor ich in Greymouth eintreffe, lege ich auf einem Parkplatz meine Mittagspause ein. Diese fällt diesmal etwas kürzer aus als sonst. Wenn ich halbwegs bei Zeiten am Campingplatz vor dem Franz Josef Glacier sein will, dann muss ich mich ein wenig ranhalten. Eigentlich ist es schade, dass ich so in Eile bin und gerade deshalb hatte ich ursprünglich auch einen Tag mehr für die Westküste eingeplant. Aber es hilft nichts. An den Gletschern ist auch nach neuester Prognose nur am Dienstag und am Mittwoch schönes Wetter, danach soll es auf unbestimmte Zeit regnen. Und dann könnte ich mir einen Besuch auch sparen.

Spritzende Wellen an der Westküste der Südinsel

Malerisch trassierte Landstraße an der Westküste

Zwischenstopp in Greymouth

In Greymouth besorge ich in einem Supermarkt noch ein wenig Essbares für die nächsten Tage. Meine Vorratskammer ist damit übervoll, aber bevor ich Wanaka auf der anderen Seite der neuseeländischen Alpen irgendwann Ende der Woche erreiche, werde ich wohl keinen der größeren Supermärkte mehr antreffen und in den kleinen Dorfläden findet man meist nur Frischprodukte, mit denen ich in meinem winzigen Kühlschrank einfach nicht viel anfangen kann.

Als ich am Parkplatz meine Einkäufe ins Auto lade, fährt gerade die Eisenbahn von Christchurch kommend in den historischen Bahnhof von Greymouth ein. Dieser Zug fährt einmal am Tag hin und zurück über den Arthur’s Pass und durchkreuzt dabei die kompletten Südalpen, was ein fantastisches Erlebnis sein soll. Je nach Wetter will ich genau diese Tagestour am Ende meines Neuseelandaufenthalts von Christchurch aus in Angriff nehmen. Greymouth sieht mich also unter Umständen noch einmal.

Abstecher nach Hokitika

Bis dahin wird es allerdings noch etwas dauern, sodass ich keine Gedanken an die ferne Zukunft verschwende, sondern gleich wieder weiterfahre in Richtung Haast. Hinter Greymouth ist die Westküste nun auf einmal eine ganz andere, denn die schroffen Felsen und hohen Wellen sind Kuhweiden und sanften Sandstränden gewichen. Auch die Straße führt nun nicht mehr direkt an der Küste entlang, sondern weiter im Landesinneren und mehrheitlich durch dichte Wälder. In dem kleinen Küstenort Hokitika mache ich einen kleinen Abstecher zum Strand, der allerdings nicht wirklich lohnend ist, da der Ausblick eher unspektakulär und das Areal völlig übervölkert ist. Dagegen begeistert mich ein kleiner Turm, der inmitten eines Kreisels im Dorfzentrum steht und in der Nachmittagssonne ein schönes Fotosujet darstellt.

Glockenturm von Hokitika

Die Seele baumeln lassen am Lake Ianthe

Am Lake Ianthe, einem größeren See zwischen Straße und Küste, lege ich noch einmal eine kurze Pause ein und überlege sogar, gar nicht mehr weiter zu fahren, sondern hier auf dem kleinen Campingplatz zu übernachten. Letztlich entscheide ich mich aber doch dagegen, da ich gleich beim Aussteigen wieder Bekanntschaft mit den Sandfliegen machen muss. Zudem möchte ich morgen frühzeitig am Franz Josef Glacier sein, weswegen ich die restliche Wegstrecke lieber noch heute zurücklegen will. Kurz vor dem Ziel fahre ich an einem großen, rauschenden Strom vorbei, der mich noch einmal zum Anhalten bewegt. Prächtig schimmert das Wasser in der Nachmittagssonne und die milchig-aquamarine Farbe lässt zweifelsohne nur den Schluss zu, dass dieser Fluss von einem Gletscher gespeist wird. Jetzt habe ich es also nicht mehr weit.

Am Lake Ianthe hinter der Westküste

Fluss mit Gletscherwasser unweit von Franz Josef Glacier

Camping am Lake Mapourika

Um 16.30 Uhr Ortszeit, also 17.30 Uhr nach nicht mehr gültiger, aber nach wie vor von mir genutzter Sommerzeit, erreiche ich endlich den kleinen Campingplatz am Ufer des Lake Mapourika kurz vor dem Ort Franz Josef Glacier. Genau genommen handelt es sich dabei um zwei unabhängige Campingplätze namens MacDonald Campground und Otto‘s Corner. In Gedenken an meinen Großvater entscheide ich mich bei der Einfahrt für letzteren und finde trotz eines bereits gut gefüllten Platzes eine schöne Stelle für die Übernachtung. Zwar plane ich, morgen noch einmal hier zu nächtigen, da ich aber nicht ganz sicher bin, zahle ich erst einmal nur für eine Nacht, um mir alle Optionen offen zu halten.

Zum Abendessen gibt es eine frisch aufgebackene Fertigpizza, da nicht mehr viel Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit verbleibt. Morgen koche ich wieder etwas ausgiebiger und frisch, denn endlich habe ich mir heute mal wieder ein anständiges Stück Fleisch gekauft, was ich nun seit fast zwei Wochen nicht mehr hatte. Zunächst aber hoffe ich, dass sich die Restwolken, die am Abend noch an den Bergspitzen hängen, bis morgen auflösen und tatsächlich der angekündigte sonnige Tag bevorsteht. Die neueste Prognose kann ich nicht abrufen, denn wie so oft auf den etwas abgelegenen Campingplätzen gibt es auch hier keinen Handyempfang.

Camping unter den Sternen

Als ich am Abend noch einmal die Toilette aufsuche, fällt mir auf, dass über mir ein sternenklarer Himmel leuchtet und mit bloßem Auge die Milchstraße erkennbar ist. Keine Frage, auch wenn der Ort hier nicht gerade den spannendsten Vordergrund für ein Foto von der Milchstraße bietet, so will ich doch wenigstens eine spontane Aufnahme machen. Wer weiß schon, ob ich bei meinem Wetterglück innerhalb der nächsten drei Wochen noch einmal die Chance habe, zur richtigen Zeit solch einen klaren Himmel zu sehen.

So packe ich die Fotoausrüstung wieder aus, schraube das Weitwinkelobjektiv an und mache mich mit Stativ bewaffnet auf die Suche nach einem guten Standort. In der Mitte des Campingplatzes werde ich dann auch schnell fündig. Die anderen Camper, die permanent mit ihren Stirnlampen durchs Bild laufen, kommen mir gerade recht, denn sie beleuchten den Vordergrund genau in der richtigen Art und Weise. So benötige ich gerade einmal zwei Aufnahmen, bis das gewünschte Foto im Kasten ist.

Milchstraße über dem Campingplatz Otto's Creek

1 Gedanke zu „Entlang der neuseeländischen Westküste zu den Gletschern der Südalpen“

  1. Hi Felix,

    I love that one.

    Fiza always argues with me about my cameras. Not to mention that her mascara is heavier than my photo equipment.

    You got it mate – a man must make decisions – do not tell my wife :-), please !!!!

    Best wishes,

    Fiza & Ulf

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