Von der Golden Bay zu den Seen des Nelson Lakes National Park

In der Tat hält die Wetterprognose an diesem Sonntagmorgen, was sie versprochen hat. Gegen 6.30 Uhr Ortszeit werde ich von den ersten Sonnenstrahlen des Tages geweckt. Nein, die Sonne geht hier nicht plötzlich eine Stunde früher auf als an der Ostküste und unter die Frühaufsteher bin ich auch nicht gegangen. In der Nacht wurde die Uhr in Neuseeland auf Winterzeit umgestellt und dementsprechend ist es eigentlich schon halb acht, als ich aus dem Camper krieche und mir mein Frühstück zubereite. Da ich mich aber nach wie vor weitestgehend nach dem Tageslicht richte, ist mir die Zeitumstellung relativ gleichgültig. So gleichgültig, dass ich nicht einmal die Armbanduhr umstelle und stattdessen nach Sommerzeit weiterlebe. Irgendwie wäre es sonst einfach zu merkwürdig, um 17 Uhr schon mit dem Abendessen anzufangen.

Der Regen vom Vortag glänzt in der Morgensonne

Pupu Springs in der Morgensonne

Egal ob nach Sommer- oder Winterzeit, bis zum Abend bleibt auf alle Fälle noch jede Menge Zeit für neue Entdeckungen auf der neuseeländischen Südinsel. Nachdem ich die Duschen in dem zum Campingplatz gehörenden Backpackers nicht finden kann und dort auch noch niemand wach zu sein scheint, steuere ich direkt mein erstes Ziel des heutigen Tages an. Te Waikoropupu Springs. Te Wai… was? Genau, deshalb werden Neuseelands stärkste Karstquellen gewöhnlich einfach nur als „Pupu Springs“ bezeichnet. Mehrere dieser Quellen füllen nordwestlich von Takaka ein großes, auf natürliche Weise entstandenes Becken, in welchem eine äußerst artenreiche Unterwasserflora anzutreffen ist.

An diesem Morgen bin ich der erste Besucher der über einen ein Kilometer langen Weg frei zugänglichen Quellen und kann die Natur ganz für mich alleine genießen. So bietet sich mir ein prachtvoller Anblick der sprudelnden Quellen in der Morgensonne, die mit ihren wärmenden Strahlen den leichten Nebel auf der Wasseroberfläche zum Aufsteigen bewegt und die vom Regen des Vortages noch nassen Farnblätter glitzern lässt. Hie und da zwitschert ein Vogel im Wald, auf dem Wasser sehen mir einige scheue Enten schnatternd beim Fotografieren zu. Das ist Neuseeland, wie ich es mir vorgestellt habe!

Eingangsportal zu den Pupu Springs

Farn in der Morgensonne

Die Sonne taucht Pupu Springs in ein malerisches Licht

Noch einmal in den Abel Tasman National Park

Nach einer halben Stunde ist der Nebel verflogen und die höher stehende Sonne sorgt langsam aber sicher dafür, dass die Farbenpracht ein wenig an Eindrücklichkeit einbüßt. Daher breche ich wieder zum Parkplatz auf und setze meinen Weg in Richtung Süden fort.

Weit fahre ich auf der Hauptstraße allerdings nicht, sondern biege schon kurz hinter dem Ortszentrum von Takaka nach links ab, um noch einen Abstecher zum nördlichen Ende des Abel-Tasman-Nationalparks zu machen. Im Gegensatz zu den gestern besuchten südlichen Gefilden der Halbinsel ist die Straße im Norden deutlich näher an der Küste trassiert und bietet dadurch einen besseren Blick auf die legendären Strände des Nationalparks. Über einen kleinen Pass erreiche ich schließlich die Wainui-Bucht. Jenen Ort, vor dem Abel Tasman 1642 ankerte. Glücklicherweise werde ich im Gegensatz zu ihm aber nicht von feindlich gesinnten Maori empfangen, sondern kann problemlos entlang der malerischen Küste flanieren.

Küstenstreifen in der Wainui-Bucht

Nach einigen Fotos und Videos ist es aber auch schon wieder Zeit, nach Takaka zurückzukehren, denn auf mich wartet nun eine längere Fahrt in den nächsten Nationalpark, den der Nelson Lakes. Vorbei an den östlichen Gipfeln des Kahurangi-Nationalparks, die wie erhofft die feuchte Luft weitgehend davon abhalten, bis in die Golden Bay hervorzudringen, erklimme ich wieder den 791 Meter hohen Takaka Hill. Von diesem werfe ich noch ein letztes Mal einen Blick hinab nach Takaka und den Norden der Südinsel. Mein Campervan überlebt diesen Härtetest anstandslos, denn im Gegensatz zu den letzten Passfahrten ist weder Qualm noch Gestank auszumachen. Bleibt nur zu hoffen, dass das auch noch während der nächsten knapp 3.000 Kilometer, die noch vor mir liegen, so weitergeht.

Ausblick vom Takaka Hill auf die Golden Bay

Fahrt durch den Nelson Lakes National Park

Auf der Südseite des Takaka Hill ist das Wetter wieder etwas schlechter, denn dicke Nebelschwaden ziehen während der Talfahrt an mir vorbei. Im Talgrund angelangt bietet sich mir ein mehrheitlich bewölkter Himmel, ab und an blitzt aber auch die Sonne durch. So setze ich meinen Weg über Tapawera, wo ich eine Mittagspause einlege, nach Saint Arnaud fort, das sich bereits im Nelson Lakes National Park befindet. Direkt an Saint Arnaud grenzt das Nordufer des Lake Rotoiti, das ich umgehend nach meinem Eintreffen im Ort ansteuere. Im Gegensatz zur sonnigen Fahrt durch den Nationalpark, die mich durch endlose Nadelbaumwälder führt, begrüßt mich der See mit starker Bewölkung und einigen Regentropfen. Wirklich einladend sind die Bedingungen nicht, aber ich kann trotzdem noch einige Aufnahmen machen, bevor es stärker zu regnen beginnt.

Während ich mir im Auto einige Gedanken über den weiteren Tagesablauf mache, reißt das Wetter plötzlich aber doch noch einmal auf und es bietet sich mir ein prachtvoller Blick auf den Lake Rotoiti und die umliegenden Berge. Daher wird die bereits verstaute Fotoausrüstung umgehend wieder parat gemacht und ich starte einen zweiten Anlauf. Diesmal kann ich auch noch eine kurze Zeitrafferaufnahme und ein paar Langzeitbelichtungen der vorüberziehenden Wolken anfertigen. Lediglich die entsetzlich aggressiven Sandfliegen machen mir beim Fotografieren zu schaffen. Zwar sind die Fliegen nicht in der Lage, unter die Kleidung zu gelangen, Hände, Hals und Gesicht sind allerdings nur dann vor den kleinen Blutsaugern sicher, wenn man in Bewegung bleibt.

Vorüberziehende Wolken am Lake Rotoiti

Regenbogen am Lake Rotoiti im Nelson Lakes National Park

Vom Lake Rotoiti zum Lake Rotoroa

Nach dem so erfolgreichen Besuch des Lake Rotoiti mache ich mir Hoffnungen, auch am nahegelegenen Lake Rotoroa einige schöne Motive zu entdecken. Rotoiti und Rotoroa, das bedeutet nichts anderes als kleiner (iti) und langer (roa) See (roto). Mit anderen Worten, der Langensee, Lake Rotoroa, ist also folglich nichts anderes als der Lago Maggiore der Südhalbkugel! Nun, zumindest vom Namen her. Denn mit seinem schweizerisch-italienischen Namensvetter hat der See sonst nicht viel gemeinsam.

Der Lake Rotoroa ist ganz anders als der Lake Rotoiti touristisch eher wenig erschlossen. Lediglich einen kleinen DOC-Campingplatz gibt es am Ufer. Dort möchte ich eigentlich übernachten, werde aber vor Ort von zwei Männern in einem kleinen Zelt darüber aufgeklärt, dass in den nächsten Tagen hier rund um die Uhr ein Bike-Festival stattfindet und es höchst wahrscheinlich unmöglich sein wird, bei dem zu erwartenden Lärm zu schlafen. Äh, ja klar, und das muss ausgerechnet auf dem Campingplatz gemacht werden?

Damit scheidet die Option Lake Rotoroa also aus, allerdings nicht nur wegen des Festivals, sondern auch noch aus einem anderen Grund. Wie schon am Nachbarsee schwirren auch hier unglaubliche Mengen von Sandfliegen um einen herum, sobald man nur für ein paar Sekunden das Auto verlässt. Nein danke, das muss ich nun wirklich nicht haben!

Bootsanlegestelle am Lake Rotoroa

Übernachtung in Murchison

So verlasse ich nach einigen Fotos am Seeufer diesen wenig gastfreundlichen Ort auf gleichem Weg wie bei der Hinfahrt und fahre weiter in Richtung Murchison, wo ich kurz vor der genannten Ortschaft einen Campingplatz ausfindig gemacht habe. Dieser kostet zwar mehr als der einfache DOC-Platz am Lake Rotoroa, ist dafür aber auch bedeutend besser ausgestattet. Insbesondere eine Dusche ist schon von Vorteil. Als ich mir mein Abendessen in der Campingküche zubereite, treffe ich auch zum ersten Mal Saarländer auf meiner Reise. Deutsche findet man in Neuseeland mehr als genug, aber mal wieder im heimischen Dialekt „schwätze“ zu können, ist zur Abwechslung auch ganz nett.

Kerzengerade Straße im Nelson Lakes National Park

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