Echte Nostalgie-Seilbahnen trifft man in den Alpen heute immer seltener an. An den meisten Orten müssen ältere Anlagen neuen Exemplaren zur Steigerung der Förderleistung oder aufgrund von Verschleisserscheinungen weichen. Speziell in Skigebieten kennt das Wettrüsten oft keine Grenzen. In den bayerischen Alpen geht es da glücklicherweise mancherorts noch etwas geruhsamer zu und her. Auf eine der vielleicht schönsten Nostalgie-Seilbahnen in ganz Mitteleuropa trifft man auf der Winklmoosalm.
Nostalgie und Charme der 50er Jahre
Unweit der Ortschaft Reit im Winkl im Herzen der Chiemgauer Alpen gelegen ist die Winklmoosalm vermutlich in erster Linie als Ski- und Wandergebiet bekannt. Die Hochebene befindet sich direkt an der Grenze zu Österreich und ist wahlweise über eine Mautstraße oder eine Seilbahn erreichbar. Das zugehörige Skigebiet erstreckt sich bis zur Steinplatte auf österreichischer Seite. Die Sesselbahn auf das Dürrnbachhorn ist heute allerdings kein Teil dieses Skigebiets mehr. Sie teilt damit das Schicksal vieler weiterer kleinerer Lifte in Reit im Winkl und Umgebung, an denen der Skibetrieb teilweise schon vor Jahrzehnten aufgegeben wurde. Auch von den Verbindungsliften auf der Winklmoosalm zur Talstation der Sesselbahn auf das Dürrnbachhorn ist heute nichts mehr zu sehen.
Da ist es umso erfreulicher, dass dieser schmucke Oldtimer auch heute noch wie vor fast 70 Jahren daherkommt. Erbaut von der Firma Pohlig ist es eine der letzten original erhaltenen Einersesselbahnen des Kölner Seilbahnherstellers. Mit Baujahr 1952 zählt die Anlage zu den ältesten Sesselbahnen in ganz Deutschland und zweifelsohne zu den beeindruckendsten Exemplaren, die aus dieser Zeit noch erhalten sind. Über 1,8 Kilometer beträgt die Länge der Anlage, auf der die Sessel 24 Stützen und gut 400 Höhenmeter überwinden. Die Fahrt nimmt bei einer Geschwindigkeit von 1,6 m/s ganze 20 Minuten in Anspruch. Einen längeren Einersesselbahn-Genuss findet man nicht so schnell ein zweites Mal!
Sesselbahn-Genuss am Dürrnbachhorn
In einem Skigebiet wäre die Anlage mit ihrer langen Fahrzeit vermutlich schon längst durch eine modernere Seilbahn ersetzt worden. Dass man den Skibetrieb an diesem Südhang in 1600 Metern Höhe aufgegeben hat, ist daher zu verschmerzen. Denn auf diese Weise besitzt das Dürrnbachhorn zumindest in den Sommermonaten eine einmalige Aufstiegshilfe, auf der sich eine Fahrt nicht nur wegen des grandiosen Alpenpanoramas auf jeden Fall lohnt. Gar nicht weit entfernt von der Sesselbahn Dürrnbachhorn liegt übrigens noch ein weiteres Skigebiet. Etwas weiter östlich und bereits in Österreich befinden sich die Schlepplifte Heutal, zu denen aber nie eine direkte Verbindung bestand.
Ein interessantes technisches Detail findet sich übrigens in der Bergstation der Seilbahn. Da es hier oben keinen Strom gibt, muss das angrenzende Bergrestaurant anderweitig versorgt werden. Hierfür ist an der Umlenkscheibe ein kleiner Generator angebracht, der das Restaurant versorgt. Warmes Essen gibt’s also nur in Kombination mit diesem Seilbahnklassiker!
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.
Erstaunlich, welche Bahnen Du immer wieder findest…Dass sie wirtschaftlich noch rentieren und die Bewilligung zum Betrieb kriegen scheint nicht selbstverständlich..