Viele Ski- und Wanderregionen leben von ihrer Weitläufigkeit, ihrer Grösse oder ihren schroffen Gipfeln. Doch nur die wenigsten unter ihnen bieten einen Blick auf ein grösseres Gewässer. Die Klewenalp oberhalb der Ortschaft Beckenried besitzt mit ihrem Panorama auf den Vierwaldstättersee daher ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Skifahren und Wandern mit einer solchen Aussicht ist trotz der vielfältigen Landschaft in den Alpen einmalig. Allein schon dafür lohnt sich eine Fahrt in die Höhe. Doch auf Seilbahnfans wartet mit der Luftseilbahn von Beckenried auf die Klewenalp auch noch ein historisch wie technisch bedeutsamer Leckerbissen.
Bereits die technischen Daten der Anlage lassen erahnen, in welcher Kategorie diese Seilbahn mitspielen kann. Eine Streckenlänge von über drei Kilometern, 1150 Meter Höhendifferenz zwischen Tal- und Bergstation und das bei einer Fahrzeit von gerade einmal gut sieben Minuten. Auf nur 450 Metern über dem Meer beginnt die Fahrt im östlichen Teil des langgezogenen Strassendorfs Beckenried. Das Ufer und die Schiffsanlegestelle am Vierwaldstättersee liegen nicht weit entfernt. Umso erstaunlicher ist es, dass im Winter nur wenige Minuten später ein ausgewachsenes Skigebiet wartet.
Eine langlebige Konstruktion aus den 70er Jahren
Nach dem Passieren der ersten von vier Zwischenstützen überquert die Luftseilbahn die vielbefahrene Nord-Süd-Achse in Form der Autobahn A2, bevor sie kontinuierlich an Höhe gewinnt. Die Streckenbauwerke sind so platziert, dass die Kabinen sie jeweils etwa gleichzeitig passieren. Wenn die bergfahrende Kabine Stütze eins und zwei hinter sich lässt, befindet sich die talfahrende Kabine zum gleichen Zeitpunkt an Stütze vier respektive drei und umgekehrt. Auf diese Weise kann die Reduktion der Fahrgeschwindigkeit und damit die Fahrzeit auf ein Minimum reduziert werden. Zwischen Stütze Nummer zwei und drei, die beide jeweils eine optionale Zu- und Ausstiegsmöglichkeit besitzen, kreuzen sich die beiden Kabinen.
Es ist eine ausgesprochen langlebige Konstruktion, die die Firma Von Roll 1972 an dieser Stelle konstruieren kann. Zwei Kabinen für 80 Personen, ein doppeltes Tragseil je Fahrspur, mehrere markante Fachwerkstützen und zeitlose Stationsbauten mit viel Sichtbeton. Ein Konzept, das seinerzeit in der gesamten Schweiz zahlreiche Abnehmer findet. Aus gutem Grund, denn nach den spektakulären Erschliessungen der 60er Jahre in Zermatt, am Schilthorn, am Corvatsch oder am Titlis standardisiert Von Roll als erster Konstrukteur zahlreiche Bestandteile seiner Luftseilbahnen, um die Kosten zu reduzieren. Zwischen 1971 und 1972 entstehen daher abgesehen von der Anlage an der Klewenalp noch fünf weitere nach aussen hin quasi identisch aufgebaute grosse Pendelbahnen des Herstellers. Die Langlebigkeit zeigt sich dabei nicht nur an der Klewenalp. Mit einer Ausnahme sind auch die restlichen Bahnen aus dieser Baureihe heute noch in Betrieb – in Sörenberg, Leukerbad, Flims und Unterwasser.
Einmaliges Panorama von der Klewenalp auf den Vierwaldstättersee
An das Panorama von der Klewenalp kommen die restlichen Anlagen allerdings nicht heran. Der Ausblick auf den tiefblauen See ist nicht nur aus der Kabine, sondern auch rund um die Bergstation und auf den Wanderwegen beeindruckend. Während unten im Tal die Schiffe als kleine Punkte über den See fahren, werkelt oben auf der Klewenalp hörbar und unermüdlich die Pendelbahn. Trotz der grossen Länge der Anlage bringen es die beiden Kabinen auf eine stündliche Förderleistung von 550 Personen je Richtung. Damit ist die Anlage stets gut ausgelastet, auch deshalb, weil es im Winter anders als im Nachbarort Emmetten keine Talabfahrt gibt.
Der Bau der Seilbahn ermöglicht dennoch eine erhebliche Steigerung gegenüber dem Vorgänger und ist für die Entwicklung des Ski- und Wandergebiets auf der Klewenalp in den 1970er Jahren von zentraler Bedeutung. Der erste Schlepplift entsteht hier oben bereits im Jahr 1943, wird seinerzeit aber nur von einer vergleichsweise winzigen Pendelbahn erschlossen. Das Erstlingswerk stammt aus dem Jahr 1933 und ist seinerzeit eine der ersten grösseren Luftseilbahnen der Schweiz für den Personentransport. Weil die Anlage aber technisch in vielen Punkten noch unausgereift ist, legt bereits drei Jahre später ein gewisser Hersteller namens Von Roll erneut Hand an. Mit ihren beiden 20-plätzigen Kabinen kann die Luftseilbahn Beckenried-Klewenalp fortan trotz der rekordverdächtigen Länge für die damalige Zeit beeindruckende 220 Personen pro Stunde zur Bergstation befördern.
Seit über 50 Jahren ein wichtiger Zubringer zur Klewenalp
Immer wieder wird die Seilbahn daraufhin umgebaut und erweitert. Der grösste Umbau erfolgt 1955 durch eine Vergrösserung der Kabinen auf 40 Personen, doch mit dem Bau weiterer Schlepplifte rund um die Bergstation und die Anbindung an das Teilgebiet Stockhütte oberhalb von Emmetten ist ein kompletter Neubau unausweichlich. Er folgt schliesslich in Form der heutigen Anlage, die nun bereits ihr 50-jähriges Jubiläum feiern darf. Und das abgesehen von kleineren Umbauten noch weitgehend im Originalzustand. Den bislang letzten grösseren Service erfährt die Bahn im Jahr 2014 durch die Firma Garaventa. Sie ist damit auch heute noch nicht nur ein wichtiger Zubringer in eines gemessen am Panorama vielleicht schönsten Ski- und Wandergebiete der Schweiz, sondern auch ein lebendiger Meilenstein des Seilbahnbaus.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.