Pässerallye von Ost nach West durch die Pyrenäen

Mehr als 430 Kilometer Breite misst der Gebirgszug der Pyrenäen zwischen der Atlantikküste im Westen und dem Mittelmeer im Osten. Über 200 Dreitausender gibt es zu bestaunen, zahlreiche Nationalparks mit beeindruckenden Landschaften wissen zu begeistern. Die meisten Orte lassen sich dank des Nord-Süd-Verlaufs der Täler recht einfach entweder von der französischen Seite aus dem Norden oder der spanischen Seite im Süden erreichen. Dazwischen trennt der Pyrenäenhauptkamm die beiden Länder. Übergänge zwischen Frankreich und Spanien sind aus diesem Grund nur in geringer Zahl vorhanden. Speziell im Zentrum des Gebirgszugs führen sie gar durch Tunnels, um eine halbwegs wintersichere Verbindung zu ermöglichen.

Umso reizvoller ist daher eine Überquerung des Gebirgszuges in der Ost-West-Richtung. Möglichkeiten bieten sich dazu in den Sommermonaten in großer Zahl. Aufgrund des Verlaufs der Täler quert man die Pyrenäen bei diesem Weg auf unzähligen größeren und kleineren Passstraßen. Auf französischer Seite existiert mit der Route des Cols eine teilweise ausgeschilderte Variante, die allerdings die landschaftlich ebenso reizvolle Südseite der Pyrenäen nicht tangiert. Eine mögliche Route, die auch die Landschaften, Pässe und Nationalparks südlich des Pyrenäenhauptkamms mitnimmt, soll an dieser Stelle eingehend vorgestellt werden.

Perpignan und die Mittelmeerküste

Meine Reise beginnt am Golfe du Lion an der Mittelmeerküste unweit der Stadt Perpignan. Die Hauptstadt des Départements Pyrenées-Orientales mit ihren zahlreiche gotischen Bauwerken wäre durchaus einen Stopp wert. Doch bei den vorherrschenden heißen Spätsommertemperaturen ziehe ich es vor, möglichst zügig in die Berge vorzustoßen.

Von Perpignan starten gleich zwei vielbefahrene Routen in die zentralen Pyrenäen. Die südliche Variante zweigt kurz vor der spanischen Grenze von der Autobahn nach Barcelona ab. Auf einer kurvenreichen Straße überquert sie den rund 40 Kilometer südwestlichen Col d’Ares. Der Passübergang führt in die spanische Stadt Ripoll und ist auf weiter Flur der einzige Übergang zwischen den beiden Staaten.

Ich entscheide mich dagegen für die nördliche Variante, die noch deutlich länger durch Frankreich nach Westen führt. Irgendwann, so lassen es mich die Wegweiser in Perpignan bereits wissen, wird dieses Asphaltband den dritten und kleinsten Anreinerstaat der Pyrenäen erreichen: Andorra. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Zunächst erreicht die gut ausgebaute Straße die Region um die Stadt Prades. Die kleine Gemeinde liegt am Eingang zum Réserve Naturelle National de Mantet, einem 30 km² großen Naturschutzgebiet.

Die Region Prades und der Pic du Canigou

Teil dieses Naturschutzgebiets und bereits von weitem unübersehbar ist der majestätische Pic du Canigou südlich von Prades. Es ist nicht erstaunlich, dass dieser prominente Gipfel schon seit Jahrhunderten als heiliger Berg der Katalanen angesehen wird. Seine Lage in 2785 Metern Höhe überragt alle anderen östlichen Pyrenäengipfel um ein Vielfaches. Der häufig bis in den Frühsommer verschneite Gipfelbereich sticht bereits vom Mittelmeer aus ins Auge und kann bei klarer Sicht auch noch hundert Kilometer jenseits der Küstenlinie wahrgenommen werden.

Vinça und der Pic du Canigou in den Wolken

Nicht weniger imposant ist eine Besteigung des Pic du Canigou. Der Weg zum Gipfel ist auf verschiedenen Routen möglich und stellt je nach Ausgangspunkt eine Tages- oder Mehrtagestour dar. Von Prades aus beträgt die Höhendifferenz mehr als 2000 Meter. Typische Ausgangspunkte sind daher höher gelegene Parkplätze. Alternativ besteht die Möglichkeit, von Prades aus mit einem geländegängigen Taxi zum Refuge des Cortalets zu gelangen. Von hier aus nimmt der Weg zum Gipfel nur noch rund 600 Höhenmeter oder zwei Stunden in Anspruch. Im Refuge des Cortalets besteht auch eine Möglichkeit zur Übernachtung. Die Taxis fahren zu festgelegten Zeiten in der Hochsaison. Über die Abfahrtszeiten und Zustiegsorte sowie Reservationsmöglichkeiten informiert die Webseite des Anbieters.

Wer sich eher kulturell interessiert, der sucht die beeindruckend gelegene Abbaye Saint-Martin-du-Canigou auf. Oberhalb der Ortschaft Casteil südlich von Vernet-les-Bains bei Prades liegt die Abtei aus dem 11. Jahrhundert auf einem kleinen Plateau. Umgeben ist sie von mehrheitlich senkrecht abfallenden Felswänden und aufgrund ihrer exponierten Lage nur über einen steilen Fußweg oder mit einem 4×4-Taxi erreichbar.

Die Hochebene rund um Font-Romeu

Vorbei an dem Städtchen Villefranche-de-Conflent führt mich der Weg weiter in Richtung Westen. Anfänglich kaum merkbar, mit der Zeit aber immer deutlicher, gewinnt die Straße an Höhe. Das breite Tal ist inzwischen einem schmalen, tiefen Einschnitt gewichen. Über Serpentinen geht es von Fontpédrouse steil hinauf bis zur Ortschaft Mont-Louis. Hier wartet die nächste kulturelle Sehenswürdigkeit.

Die Zitadelle von Mont-Louis zählt zu den wichtigsten Festungsbauwerken des französischen Baumeisters Sébastien Le Prestre de Vauban. Genau wie elf weitere dieser Anlagen zählt auch die Festung von Mont-Louis seit dem Jahr 2008 zum Unesco-Welterbe. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts errichtet liegt die Anlage strategisch günstig direkt an einer der wichtigen Verkehrsadern der Pyrenäen – jener Straße, die ich von Perpignan kommend hinter mir gelassen habe. Vom Besucherparkplatz aus ist die Zitadelle samt ihrer kleinen Gassen im Inneren frei zugänglich.

Citadelle du Mont-Louis

Citadelle du Mont-Louis

Doch auch landschaftlich erwartet mich in Mont-Louis erneut in ein völlig neues Bild. Von dem engen Tal, durch das ich gekommen bin, ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen blicke ich auf ein Hochplateau, das mehr an ein deutsches Mittelgebirge als an ein alpines Hochgebirge erinnert. Nadelwälder bedecken auch die höchsten sichtbaren Erhebungen, einzelne Seen erwecken den Anschein einer kleinen Modellbaulandschaft. Speziell nach Norden erstreckt sich das Hochplateau rund um den Hauptort Font-Romeu noch deutlich weiter. Besonders Freunde des leichten Wanderns kommen rund um die Orte Matemale, Formiguères und Puyvalador ganz auf ihre Kosten. Und im Winter locken hier die ersten Skigebiete, die mir auf meinem Weg durch das Gebirge begegnen.

Alte Kirche bei Formiguères in den Pyrenäen

Les Angles in den Pyrenäen

Porté-Puymorens

Vorbei an der spanischen Exklave Llívia führt mich der Weg weiter nach Bourg-Madame. Der Ort liegt direkt an der Grenze zur spanischen Stadt Puigcerdà. Hier teilt sich der Weg erneut. Geradeaus geht es weiter zur Südseite der Pyrenäen und im weiteren Verlauf bis nach Barcelona. Ich biege dagegen noch vor dem Ortszentrum nach Nordwesten ab. Was folgt, ist der erste echte Pyrenäenpass auf dieser Ost-West-Verbindung. Anders als zuvor ist die Route in Richtung des Col de Puymorens deutlich weniger befahren. Es liegt aber vielleicht auch einfach an der Uhrzeit. Inzwischen versteckt sich die Sonne bereits hinter den Bergen und die Dunkelheit bricht langsam über die Pyrenäen herein.

Meine Scheinwerfer leuchten mir den Weg vorbei am Eingang des Tunnel du Puymorens. Die mautpflichtige, aber einzig wintersichere Verbindung lasse ich linker Hand liegen, um den letzten Anstieg des Tages zu wagen. Nur noch wenige Kehren trennen mich von der Passhöhe, als ich den Weg zum Lac de l’Estanyol einschlagen will. Leider ist die Straße zu diesem Zeitpunkt bereits gesperrt. Der See in rund 2000 Metern Höhe ist ein Ort in malerischer Landschaft und wäre ein idealer Ort für eine ungestörte Nacht. So beziehe ich in der Nähe der Passhöhe des Col de Puymorens zwischen einigen verdutzten Kühen mein Quartier für die Nacht.

Landschaft am Col de Puymorens

Andorra und die höchste ganzjährig befahrbare Straße Europas

Die Kühe begrüßen bereits vor Sonnenaufgang den neuen Tag am Col de Puymorens. Auch für mich ist es damit Zeit, meine Reise fortzusetzen. Luftlinie trennen mich nur noch wenige Kilometer von der andorranischen Grenze. Und auch auf der Straße ist der Übergang schnell erreicht. Der in diesem Bereich noch kleine Fluss Ariège – in seinem späteren Verlauf namensgebend für ein Département – trennt hier den Zwergstaat von der Grande Nation.

Mit Pas de la Casa erreiche ich wenige Augenblicke später das erste andorranische Dorf meiner Reise. Ganz repräsentativ für Andorra scheint es allerdings bei genauerem Hinsehen nicht wirklich zu sein. Als einzige Siedlung liegt Pas de la Casa jenseits des Port d’Envalìra. Dieser Passübergang trennt das Tal vom restlichen andorranischen Staatsgebiet. Der Lage an der Passstraße ist es zu verdanken, dass das Dorf überhaupt existiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand die Ortschaft aufgrund eines Erbpachtvertrags mit Frankreich. Bis heute ist der größte Teil der Bevölkerung französischen Ursprungs. Auch das Dorfbild kommt überraschend französisch daher. Seitdem Mitte des 20. Jahrhunderts der Wintersporttourismus Einzug gehalten hat, steht Pas de la Casa mit seinen Hochhausappartements und der umfangreichen Berginfrastruktur einer Retortenstation in den Alpen in nichts nach.

Über den Port d’Envalìra setze ich meinen Weg in Richtung der Hauptstadt Andorra-la-Vella fort. Obwohl es mit dem Tùnel d’Envalìra seit 2002 eine alternative Verbindung gibt, ist der Pass nach wie vor auch im Winter geöffnet. Mit einer Seehöhe von 2407 Metern ist der Übergang daher die höchste ganzjährig befahrbare Straße Europas. Vermutlich wird er auch deshalb im Winter noch immer geräumt, um den Tankstelleninhabern entlang der Passstraße das Geschäft nicht zu vermiesen. Denn Tankstellen gibt es in Andorra auffallend viele. Was wenig erstaunt, denn immerhin ist der Sprit rund 50% günstiger als in Frankreich.

Pyrenäen-Landschaft in Andorra

Wege in und aus Andorra

Der Port d’Envalìra ist die einzige Verbindung von Frankreich nach Andorra. Alle anderen Straßenverbindungen führen nach Spanien. Die nördliche Variante zweigt vor der Hauptstadt Andorra-la-Vella nach La Massana ab. Von dort geht es weiter bis zum 2300 Meter hoch gelegenen Port de Cabús, der die Grenze zu Spanien bildet. Die Strecke besitzt für den Durchgangsverkehr nur eine geringe Bedeutung. In erster Linie ist das auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Straße nur auf andorranischer Seite asphaltiert ist. Die spanische Seite ist nicht mehr als ein kleiner Schotterweg mit zahlreichen Schlaglöchern. Die große Masse erreicht und verlässt Andorra daher über die Ortschaft La Farga de Moles ganz im Süden.

Durch die spanischen Pyrenäen zum Pico Aneto

Mein weiterer Weg führt mich nun südlich des Pyrenäenhauptkamms entlang durch Spanien. Bis zur Ortschaft La Seu d’Orgell folge ich einer gut ausgebauten Route nach Süden, bald darauf geht es auf ein Neues ins Gebirge. Der landschaftliche Kontrast zum Vortag könnte nicht größer sein. Die geringeren Niederschlagsmengen im Vergleich zur Nordseite machen sich bei der Vegetation deutlich bemerkbar. Ein markantes, rötliches Gestein begleitet mich auf dem kurvenreichen Eje Pirenaico. Eje Pirenaico, das ist der Name der nördlichsten Nationalstraße Spaniens. Immer wieder führt der Weg an reizvollen Aussichtspunkten vorbei, immer wieder sind es kleine Bergdörfer mit alten Steinhäusern, die mich in ihren Bann ziehen.

Pyrenäen-Landschaft auf spanischer Seite

In der Ortschaft Sort teilt sich der Weg erneut auf in eine ganzjährig befahrbare Südroute und näher am Pyrenäenhauptkamm verlaufende nördliche Variante. Letztere führt mich nun kontinuierlich entlang der Noguera Pallaresa flussaufwärts. Anders als zuvor verläuft die Straße in einem engen Tal mit erneut völlig konträrer Vegetation. Die rötlichen Felsen sind nun wieder dichten Nadelwäldern gewichen.

Ein Abstecher in die Ortschaft Espot bringt mich an den Rand des Parc Nacional d’Aigüestortes i Estany de Sant Maurici. Er umfasst eine Fläche von 40 km² und stößt mit dem Pic de Comaloformo bis in über 3000 Meter Höhe vor. Der Nationalpark weiß vor allem durch seine zahlreichen kleineren Gletscherseen zu begeistern. Die allgegenwärtigen Kiefernwälder verleihen ihm einen typisch südländischen Charakter.

Das Bergdorf Espot in den spanischen Pyrenäen

Das Bergdorf Espot in den spanischen Pyrenäen

Über den Port de la Bonaigua ins Val d’Aran

Den Talschluss erreiche ich kurz darauf mit der Ortschaft La Bonaigua de Baix. An dieser Stelle weicht die bis dato recht gerade verlaufende Straße zahlreichen Serpentinen. Innert Kürze erreiche ich eine Seehöhe von 2072 Metern und mit ihr den Port de la Bonaigua. Dieser Pass bringt mich jedoch nicht nur in das Val d’Aran und damit weiter nach Westen. Auch in anderer Hinsicht stellt der Pass eine gewisse Besonderheit auf meiner Reise dar. Auf der Passhöhe befindet sich die Europäische Hauptwasserscheide zwischen Mittelmeer und Atlantik. Nicht nur gefühlt komme ich dem großen Weltmeer damit jetzt immer näher.

Straße zum Port de la Bonaigua in den Pyrenäen

Straße zum Port de la Bonaigua in den Pyrenäen

Straße zum Port de la Bonaigua in den Pyrenäen

Bis dorthin ist es aber noch ein weiter Weg. Und so erreiche ich zunächst einmal das Städtchen Viella im Herzen des Val d’Aran. Unweit der Ortschaft befindet sich mit dem Pico Aneto der höchste Gipfel der Pyrenäen. Auch hier besteht wieder die Möglichkeit, das Gebirge nach Süden zu verlassen. Anders als zuvor liegt Viella aber an einer echten Nord-Süd-Verbindung durch die Pyrenäen. Der nördliche Ausgang aus dem Val d’Aran führt nach Frankreich.

Abseits der Hauptrouten – Die Pässe Portillon, Peyresourde und Azet

Dieser Richtung folge ich zunächst, erreiche die Grenze zwischen Spanien und Frankreich aber auf einer etwas spannenderen Nebenstraße. Vor der Ortschaft Bosost zweigt die Route zum Col du Portillon ab. Mit 1293 Metern Höhe kann er mit den vorherigen Pässen zahlenmäßig nicht ganz mithalten, die Straße ist mit ihrer Lage in einem dunklen Wald aber durchaus ein Erlebnis.

Eine ganz andere Landschaft erwartet mich dafür beim nächsten Passübergang, der sich nahtlos anschließt. Von Bagnères-de-Luchon besteht über den Col de Peyresourde die Möglichkeit, das weiter westlich gelegene Vallée du Louron zu erreichen. Die Route steigt nur gemächlich an und führt entlang zahlreicher kleinere Ortschaften durch ein weites Hochtal. Erst kurz vor der Passhöhe sorgen drei Serpentinen dafür, dass die Höhe sprunghaft auf 1569 Metern über dem Meer ansteigt. Oben angekommen weist mich der Markierungsstein darauf hin, dass ich das Département Haute-Garonne verlasse und mich fortan – durchaus sichtbar – in den Hautes-Pyrenées befinde.

Straße zum Col de Peyresourde

Landschaft am Col de Peyresourde in den Pyrenäen

Burg im Vallée du Louron in den Pyrenäen

Das Vallée du Louron durchquere ich allerdings auf dem direkten Weg. Die Landschaft ist durchaus reizvoll, doch mit dem Col d’Azet wartet auf der Westseite des Tals ein weiterer Höhepunkt der Ost-West-Überquerung der Pyrenäen. Ganz anders als der Col de Peyresourde ist diese Passstraße äußerst schmal und wenig befahren. Auf den ersten Kilometern bin ich allein auf weiter Flur. Nur ein einziges Fahrzeug kommt mir bis zu einer Abzweigung, die zum Skigebiet Val Louron führt, entgegen. Auch im Anschluss sind es mehrheitlich freilaufende Kuh- und Schafsherden, die mir das Vorankommen auf der einspurigen Straße erschweren.

Erst auf der Westseite des 1580 Meter hohen Passes kehre ich zurück zur Zivilisation. Bereits hoch über dem Vallée d’Aure und seinem Hauptort Saint-Lary-Soulan treffe ich auf das kleine Bergdorf Azet. Die Straße führt hier in zahlreichen Kehren zwischen alten, hölzernen Bauernhäuser hindurch. Zwei alteingesessene Einwohner scheinen sich über den Fahrer mit dem ausländischen Kennzeichen zu wundern. Anders als zuvor bin ich hier nun wirklich weit von jeder Hauptverkehrsader entfernt.

Col d'Azet in den Pyrenäen

Col d'Azet in den Pyrenäen

Der französische Nationalpark Pyrenäen

Mit Saint-Lary-Soulan erreiche ich auch den Eingang in den größten Nationalpark der Pyrenäen. Der Parc National des Pyrenées erstreckt sich von hier bis weit in den Westen der französischen Pyrenäen hinein. Einen ersten Eindruck gewinne ich auf der kleinen Passstraße zur Hourquette d’Ancizan. Nördlich von Saint-Lary-Soulan biege ich auf die einspurige Piste ein, die sich während mehrerer Kilometer durch den dichten Nadelwald schlängelt. Erst kurz vor der Passhöhe lichtet sich der Wald gibt den Blick über ein flaches Hochplateau frei. Die Nordwestrampe des Passes verläuft in der Folge deutlich flacher und mündet schließlich am Lac de Payolle auf die von Arreau kommende Passstraße über den Col d’Aspin.

Mit 2115 Metern Höhe über dem Meeresspiegel ist der nächste Passübergang nicht nur einer der bekanntesten der Pyrenäen, sondern auch der höchste asphaltierte. Der Col du Tourmalet zählt zum Standardrepertoire der Tour de France, ist aber auch für den Individualverkehr eine Reise wert. Dass er als höchster Passübergang gilt, verdankt er übrigens der Tatsache, dass der in der Nähe gelegene über 2200 Meter hohe Col des Tentes nur von der Ostseite befahren werden kann. Mitten im Nationalpark Pyrenäen gelegen ist der Pass mit seinem Parkplatz Ausgangspunkt zu zahlreichen Wanderungen. Ich erreiche ihn am Abend nach einer Fahrt durch das Bergdorf Gavarnie mit seinem weltbekannten Wasserfall. Dieser dürfte die wahrscheinlich bekannteste der zahlreichen Sehenswürdigkeiten und beeindruckenden Naturschauspielen des Nationalparks Pyrenäen sein.

Straße zum Col du Tourmalet

Straße zum Col des Tentes

Cirque de Gavarnie im Nationalpark Pyrenäen

Nervenkitzel zum Abschluss am Col d’Aubisque

Den vielleicht verrücktesten Pass hebe ich mir für den Schluss auf. Von der Ortschaft Argèles-Gazots führt der Asphalt zunächst auf den Col de Soulor. Eine kurvenreiche, aber gut ausgebaute Straße überwindet die Ostseite des Passes, ehe die Passhöhe samt mehrere Restaurants in 1474 Metern Höhe erreicht ist. Dann wird es interessant. Anders als man vermuten könnte, führt die andere Seite des Col de Soulor nicht etwa nach Westen weiter, sondern nach Norden. Doch auch nach Westen zweigt eine Straße ab. Es ist eine kleine Gebirgsstraße. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 20 km/h beschränkt, geöffnet ist sie aus Sicherheitsgründen gar nur von 6 bis 20 Uhr.

Landschaft am Col du Soulor in den Pyrenäen

Straße zum Col d'Aubisque

Col d'Aubisque in den Pyrenäen

Col d'Aubisque in den Pyrenäen

Unterwegs verläuft die Strecke an einem steilen Abhang entlang. Immer wieder blockieren freilaufende Kühe, Schafe und Pferde die Strecke. Nach einer halben Stunde ist er dann aber erreicht, der 1709 Meter hohe Col d’Aubisque. Es ist der letzte hohe Pyrenäenpass auf dem Weg nach Westen. Die weitere Route führt vorbei an dem Kurort Eaux-Bonnes und der Stadt Bielles aus dem Pyrenäen-Massiv heraus.

Auf der Passhöhe genieße ich meinen letzten Sonnenuntergang in den Pyrenäen. Weit reicht der Blick, während der nächtliche Hochnebel langsam in die Täler hineinzieht. Hier oben beginnen dagegen langsam die Sterne vom Himmel zu leuchten. Weit ist es von hier aus nicht mehr, bis mit der Atlantikküste das Baskenland und damit der südwestlichste Punkt Frankreichs erreicht ist.

Sonnenuntergang am Col d'Aubisque in den Pyrenäen

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